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7 RAr 13/86

Gründe I.

Streitig ist die Auszahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) des Klägers an die Beigeladene zu 3), einen Sozialhilfeträger.

Die Beklagte gewährte dem Kläger vom 31. Dezember 1982 bis 10. April 1983 und wieder ab 12. November 1983 Alhi. Der wöchentliche Leistungssatz betrug 210,00 DM und ab 1. Januar 1984 210,60 DM.

Auf Antrag der Beigeladenen zu 3), die der geschiedenen Ehefrau und den 1968 und 1974 geborenen Kindern des Klägers, den Beigeladenen zu 1) und 2), Sozialhilfe gewährt, verfügte die Beklagte gemäß § 48 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) die Auszahlung von wöchentlich 51,06 DM ab 31. Dezember 1982 und 56,70 DM ab 25. Januar 1983 von der Alhi an die Beigeladene zu 3). Der Betrag, dessen Höhe die Beklagte in Anlehnung an § 850c Zivilprozeßordnung (ZPO) bestimmt hatte, war zum Unterhalt der Kinder gedacht (Bescheide vom 10. Januar und 1. Februar 1983, Widerspruchsbescheid vom 18. März 1983).

Durch Urteil vom 20. Dezember 1983, hinsichtlich des verkündeten Entscheidungssatzes berichtigt durch Beschluß vom 7. März 1984, hat das Sozialgericht (SG) die genannten Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Es hat angenommen, der Auszahlungsbetrag sei nicht in Anlehnung an das Vollstreckungsrecht, sondern nach Unterhaltsrecht zu beurteilen; die Beklagte müsse dabei den Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Klägers berücksichtigen, der im Bereich des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) Bremen 850,00 DM betrage. Soweit das Einkommen die Selbstbehaltgrenze überschreite und die im Ermessen der Beklagten stehende Abzweigung in Betracht komme, habe die Beklagte gerichtlich überprüfbare Ermessenserwägungen anzustellen und diese in dem dem Kläger zu erteilenden Bescheid aufzunehmen; zu berücksichtigen sei notwendiger privater Mehrbedarf wie Pflege- und Diätkosten, sonstige Vermögensbildung (z.B. Hauskauf während der Ehe). Die Berufung hat das SG zugelassen.

Schon vor der Verhandlung des Rechtsstreits vor dem SG hatte die Beklagte von der ab 12. November 1983 wiederbewilligten Alhi wiederum 56,70 DM wöchentlich zugunsten der Beigeladenen zu 3) abgezweigt (Bescheid vom 20. November 1983). Danach hat die Beklagte den Abzweigungsbetrag wiederholt neu festgesetzt, zuletzt mit Bescheid vom 15. März 1985 rückwirkend, und zwar ab 31. Dezember 1982 auf 19,62 DM, ab 1. Januar 1984 auf 20,22 DM und ab 1. Januar 1985 auf 6,60 DM in der Woche.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen, soweit die Beklagte zu einer Neubescheidung für die Zeit vom 31. Dezember 1982 bis 10. April 1983 verurteilt worden ist. Ferner hat das LSG auf Klage den Bescheid vom 15. März 1985 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Abzweigungen an die Beigeladene zu 3) für die Zeit vom 12. November 1983 bis 31. Dezember 1984 einen neuen Bescheid zu erteilen. Schließlich hat das LSG die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte für die Zeit ab 1. Januar 1985 eine wöchentliche Abzweigung in Höhe von 6,60 DM zugunsten der Beigeladenen zu 3) vorgenommen hat (Urteil vom 17. Oktober 1985).

In den Entscheidungsgründen hat das LSG zunächst ausgeführt, daß Gegenstand der Berufung der Beklagten die die Zeit vom 31. Dezember 1982 bis 10. April 1983 betreffenden Abzweigungen seien, gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aber auch alle weiteren Abzweigungsbescheide Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Da der Bescheid vom 15. März 1985 alle vorangegangenen Bescheide ersetzt habe, habe das Berufungsgericht nur noch über diesen Bescheid zu befinden, und zwar entscheide das LSG über diesen während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid erstinstanzlich aufgrund Klage. Dieser Bescheid habe, was der Senat nicht beachtet habe, auch die vom SG aufgehobenen Bescheide ersetzt. Die Berufung der Beklagten sei daher gegenstandslos geworden und hätte mangels Beschwer- bzw. fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen werden müssen. Die von der Beklagten vorgenommenen Abzweigungen bis zum 31. Dezember 1984 seien rechtswidrig. Voraussetzung für die im Ermessen der Beklagten stehende Abzweigung sei nach § 48 SGB I, daß der Leistungsberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sei. Was den nach Unterhaltsrecht einem Unterhaltsverpflichteten in jedem Falle zum eigenen Unterhalt zu belassenden notwendigen Selbstbehalt angehe, genüge nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zwar die Berücksichtigung generalisierender Sätze, wie sie etwa die sogenannte Düsseldorfer Tabelle enthalte (BSGE 57, 59 = SozR 1200 § 48 Nr. 8). Ob nicht besser darauf abzustellen sei, welchen Unterhaltsanspruch die Unterhaltsberechtigten in einem Zivilprozeß in ihrem Gerichtsbezirk unter Beachtung der dort allgemein angewandten Unterhaltsrichtlinien realisieren könnten, bleibe offen; denn jedenfalls habe das BSG angedeutet, daß die Beklagte dann gehalten sei, anstelle der Werte der Düsseldorfer Tabelle die im konkreten Einzelfalle geltenden Werte zugrunde zu legen, wenn ein Leistungsberechtigter dies konkret geltend mache (BSGE 57, 59, 71). Das sei hier geschehen. Für den streitigen Zeitraum sei daher nicht der notwendige Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern von 825,00 DM im Monat zugrunde zu legen, wie ihn die Düsseldorfer Tabelle vorsehe (vgl. NJW 1982, 19), sondern ein solcher von 850,00 DM, der der Unterhaltsleitlinie des OLG Bremen entspreche (vgl. NJW 1984, 279). Angesichts der Alhi des Klägers von monatlich 910,00 DM bzw. 912,60 DM habe somit bis zum 31. Dezember 1984 monatlich nur 60,00 DM bzw. 62,60 DM oder wöchentlich 13,85 DM bzw. 14,45 DM zur Abzweigung zur Verfügung gestanden. Ob die Beklagte die Beträge an die Beigeladene auszahlen wolle und ggf. in welcher Höhe, bleibe ihrer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung überlassen. Das SG habe daher zutreffend die Beklagte hinsichtlich des von ihm entschiedenen Zeitraums verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen. Für die weitere Zeit bis zum 31. Dezember 1984 habe der Senat auf die Klage ein entsprechendes Bescheidungsurteil erlassen. Unbegründet sei die Klage dagegen, soweit sie die Abzweigung ab 1. Januar 1985 betreffe. Der Selbstbehalt von 910,00 DM monatlich, den die Beklagte berücksichtigt habe, werde seit diesem Zeitpunkt auch vom OLG Bremen empfohlen (NJW 1985, 305).

Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 123 SGG und des 3 48 SGB I. Sie macht geltend, schon nach Verfahrensrecht habe das LSG sie zu Unrecht verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das Gericht sei zwar nicht an die Fassung der Klageanträge, wohl aber an den Inhalt derselben gebunden. Deshalb sei das LSG gehindert gewesen, die Beklagte über den Antrag des Klägers hinaus zur Erteilung eines neuen Bescheides zu verurteilen. Der Kläger habe nämlich in beiden Instanzen nur die Aufhebung der streitigen und ihn belastenden Bescheide beantragt. Selbst wenn der Kläger eine Neubescheidung beantragt hätte, hätte das LSG hierzu nicht verpflichten dürfen. Dem Leistungsberechtigten stehe zwar gegen Verwaltungsakte, die durch Abzweigungsanträge Dritter herbeigeführt würden, ein Abwehrrecht zu. Ein eigenes Antragsrecht habe der Leistungsberechtigte indessen nicht. Infolgedessen komme in Fällen wie dem vorliegenden lediglich nur die Anfechtungsklage in Betracht. In der Sache weiche das LSG von BSGE 57, 59 = SozR 1200 § 48 Nr. 8 ab. Nach diesem Urteil habe sich der Kläger mit dem notwendigen Selbstbehalt zu begnügen, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle bestimme. Aus der Gegenüberstellung dieses Selbstbehalts in Höhe von monatlich 825,00 DM (= wöchentlich 190,38 DM) mit dem jeweiligen wöchentlichen Leistungssatz der Alhi ergebe sich, daß die Beklagte berechtigt gewesen sei, die mit Bescheid vom 15. März 1985 errechneten Beträge an die Beigeladene zu 3) zu zahlen. Regionale Besonderheiten könnten bei der Abzweigung nicht berücksichtigt werden. Da diese zu einer materiell-rechtlichen Änderung der Sozialleistungen führe, müßten für bürgerlich-rechtliche Vorfragen bei regional unterschiedlicher Rechtsprechung der Zivilgerichte entweder eigene Maßstäbe dafür entwickelt oder diese anhand der weitest verbreitetsten Rechtsmeinung beantwortet werden. Würde man im Einzelfalle die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten zulassen, würde bald in einer Vielzahl von Fällen entweder der Leistungsberechtigte oder der Unterhaltsberechtigte darauf dringen, daß ein anderer Selbstbehalt als der der Düsseldorfer Tabelle herangezogen werde. Eine solche Erschwernis sei für die Beklagte nicht vertretbar. Da sie durch ihre Arbeitsämter bundesweit tätig werden müsse, erfordere der Grundsatz der Gleichbehandlung auch ein gleiches Vorgehen aller Arbeitsämter.

Die Beklagte beantragt,

  • das Urteil des LSG insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 15. März 1985 aufgehoben und die Beklagte verurteilt worden ist, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über Abzweigungen an die Beigeladene zu 3) einen neuen Bescheid für die Zeit vom 12. November 1983 bis 31. Dezember 1984 zu erteilen, und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Er macht geltend, seinem Klagebegehren könne nur mit einer Bescheidungsklage Rechnung getragen werden. Sein Rechtsschutzbedürfnis beziehe sich auch darauf, daß durch Urteil festgestellt werde, wie hoch die vorgenommenen Abzweigungen sein dürften. Ein Verstoß gegen § 123 SGG liege daher nicht vor. Auch im übrigen sei das Urteil des LSG nicht fehlerhaft. Was die Revision gegen die Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten anführe, könne nicht überzeugen. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Anwendung der Richtlinien des OLG Bremen, die auch veröffentlicht würden, zu unvertretbaren Ergebnissen führen sollte. Gerade weil die Beklagte bundesweit tätig sei, habe sie sich auf die Besonderheiten der regional unterschiedlichen wirtschaftlichen Situation einzustellen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung fordere auch eine regionale Unterscheidung und nicht die pauschale Bezugnahme auf die Werte aus der Düsseldorfer Tabelle.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt § 124 Abs. 2 SGG).

Gründe II.

Die Revision der Beklagten ist im wesentlichen unbegründet.

Der Revisionsantrag der Beklagten erweckt zwar den Eindruck, als ob die Beklagte das Urteil des LSG nur anficht, soweit dieses den Bescheid vom 15. März 1985 geändert und die Beklagte verurteilt hat, den Kläger für die Zeit vom 12. November 1983 bis 31. Dezember 1984 erneut zu bescheiden. Das ist jedoch nicht der Fall, wie sich aus den Gründen ergibt, mit denen die Beklagte ihren Revisionsantrag gerechtfertigt hat. Das LSG hat über die von der Beklagten vorgenommenen Abzweigungen für drei Zeiträume entschieden, wobei es nach der Urteilsformel über den ersten Zeitraum im Rahmen der Berufung der Beklagten und über die beiden anderen Zeiträume im Rahmen einer vor dem LSG anhängig gewordenen Klage des Klägers befunden hat. Die Entscheidung für den letzten Zeitraum, die Zeit ab 1. Januar 1985, hat der Beklagten keine Veranlassung für ein Rechtsmittel geben können, weil das LSG insoweit die Abzweigung von 6,60 DM wöchentlich für rechtmäßig angesehen und die Klage dementsprechend abgewiesen hat. Dagegen hat das LSG die Abzweigungen für die ersten beiden Zeiträume - 31. Dezember 1982 bis 10. April 1983 und 12. November 1983 bis 31. Dezember 1984 - für rechtswidrig und die Beklagte insoweit für verpflichtet angesehen, den Kläger erneut zu bescheiden. Wenn die Revision geltend macht, entgegen der Auffassung des LSG dürfe der Sozialleistungsträger hinsichtlich des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen von dem in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehenen Satz ausgehen, betrifft dies die Entscheidung des LSG zu beiden Zeiträumen. Gleiches gilt für die Rüge der Revision, die Beklagte habe in keinem Falle zur Neubescheidung verurteilt werden dürfen. Es ist auch sonst kein Grund ersichtlich, daß die Beklagte das Urteil des LSG, soweit es die Abzweigung für den ersten Zeitraum betrifft, hat hinnehmen wollen. Eine nicht am Revisionsantrag haftende, sondern dem erkennbaren Revisionsbestreben entsprechende Deutung des Revisionsumfanges erscheint im vorliegenden Falle auch deshalb geboten, weil das angefochtene Urteil zu Zweifeln Anlaß gibt, welche Bedeutung der Entscheidung des LSG über die Berufung noch zukommt; denn obwohl die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen worden ist, ist in den Entscheidungsgründen ausgeführt worden, daß die Berufung unzulässig sei und auch über die Abzweigung im ersten Zeitraum im Rahmen der Klage gegen den Bescheid vom 15. März 1985 hätte befunden werden müssen. Der Senat entnimmt daher der Revisionsbegründung, daß die Beklagte das Urteil des LSG in dem Umfange anfechten wollte, in dem das LSG die Abzweigungen nicht gebilligt hat, also auch, soweit das LSG über die Abzweigung im ersten Zeitraum im Rahmen der Berufung entschieden hat.

Allerdings hat der Kläger, wenn er vor dem LSG neben der Aufhebung des während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheids vom 15. März 1985 auch die Aufhebung der Bescheide vom 10. Januar und 1. Februar 1983 und des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1983 verlangte, wie das durch den Antrag, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, geschehen ist, den streitigen Verwaltungsakt als Gegenstand des Verfahrens nicht richtig benannt. Wie in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils zutreffend ausgeführt worden ist, hat die Beklagte alle bisher vorgenommenen Abzweigungen i.S. des § 96 Abs. 1 SGG durch die Regelungen ersetzt, die in dem Bescheid vom 15. März 1985 niedergelegt worden sind. Die Beklagte hat nicht nur die Höhe der wöchentlichen Abzweigungsbeträge vermindert, sie hat die Abzweigungen, die nach § 48 Abs. 1 SGB I im Ermessen des Leistungsträgers stehen, auch nach veränderten Gesichtspunkten vorgenommen. Waren die Abzweigungen nämlich zunächst allein danach ausgerichtet worden, ob dem Kläger der pfändungsfreie Betrag verblieb, den die Tabelle zu § 850c ZPO vorsieht, berücksichtigte die Beklagte nunmehr auch für die Vergangenheit den materiellen Unterhaltsanspruch, wobei sie dem Kläger als notwendigen Selbstbehalt den Betrag von 825,00 DM im Monat einräumte, den die Düsseldorfer Tabelle als Mindestselbstbehalt vorschlägt. Nach dem auch im Berufungsverfahren anwendbaren § 96 Abs. 1 SGG war damit der Sache nach Gegenstand des Verfahrens allein der Verwaltungsakt vom 15. März 1985, weil die in ihm getroffenen Regelungen sämtliche früheren Abzweigungen ersetzt haben. Dementsprechend wäre es richtig gewesen, wenn der Kläger sein Rechtsschutzbegehren formal allein gegen diesen Bescheid gerichtet hätte und im übrigen, d.h. hinsichtlich der Bescheide, die das SG aufgehoben hatte, und der weiteren Bescheide, die nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden waren, die Erledigung der Hauptsache bewirkt worden wäre. Dann wäre auch formal sichtbar geworden, daß allein noch über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 15. März 1985 zu entscheiden war. Das Urteil des SG hätte dann ggf. für wirkungslos erklärt werden können; es bedeutete übrigens entgegen den Ausführungen im LSG-Urteil auch nach der Neuregelung der Abzweigungsbeträge noch eine Beschwer für die Beklagte, weil sie im Falle des Eintritts der Rechtskraft gehindert gewesen wäre, Abzweigungen vorzunehmen, ohne einen Selbstbehalt von 850,00 DM im Monat zu beachten. Daß die gestellten Anträge den Gegenstand des Verfahrens formal nicht richtig bezeichnet haben, ist jedoch unschädlich; denn an die Fassung der Anträge ist das Gericht nicht gebunden (§ 123 SGG).

Das LSG hat, obwohl der Kläger nur die Aufhebung der Bescheide beantragt hatte, die Verurteilung der Beklagten gebilligt bzw. diese selbst verurteilt, den Kläger erneut zu bescheiden. Die Revision rügt insoweit zu Recht eine Verletzung des § 123 SGG. Hiernach ist das Gericht zwar nicht an die Fassung der Anträge gebunden, es darf indessen nur über die geltend gemachten Ansprüche entscheiden. Über ein Bescheidungsbegehren hätten die Vorinstanzen nur zu entscheiden gehabt, wenn sich aus dem Vorbringen des Klägers ein solches Begehren ergeben hätte. Das ist aber schon deshalb nicht der Fall, weil es dem gewöhnlichen Interesse eines Sozialleistungsberechtigten nicht entspricht, daß der Sozialleistungsträger verpflichtet wird, zu Lasten des Sozialleistungsberechtigten eine Abzweigung vorzunehmen. Ein Bescheidungsantrag wäre im übrigen auch unzulässig gewesen. In Fällen vorliegender Art ist lediglich über ein Anfechtungsbegehren zu entscheiden, für ein Bescheidungsbegehren fehlt dem Sozialleistungsberechtigten das Rechtsschutzbedürfnis. Die auf § 48 SGB I gestützte Verfügung des Sozialleistungsträgers, eine Sozialleistung in bestimmter Höhe an einen Dritten und nicht an den Sozialleistungsberechtigten auszuzahlen, ändert zwar nichts an der Anspruchsberechtigung des Sozialleistungsberechtigten (BSGE 49, 243, 246 = SozR 2200 § 205 Nr. 32); jedoch verfügt der Sozialleistungsträger, soweit er die Leistung dem Dritten zukommen läßt, über die Leistung anstelle des Sozialleistungsberechtigten und greift damit in dessen Rechtskreis ein. Es bedarf daher nur der Aufhebung der Abzweigung, um den Eingriff zu beseitigen; mit der Aufhebung ist dem Sozialleistungsberechtigten die Sozialleistung nach Maßgabe der Bewilligung zu erbringen, solange der Sozialleistungsträger nicht erneut eine Abzweigung anordnet. Hat ein Gericht eine Abzweigung rechtskräftig aufgehoben, ist der Sozialleistungsberechtigte vor einer bloßen Wiederholung der gleichen Entscheidung durch den Sozialleistungsträger bewahrt; denn wie auch sonst hat die Rechtskraft eines einen Verwaltungsakt aufhebenden Urteils zur Folge, daß die Verwaltung den aufgehobenen Verwaltungsakt bei gleicher Sachlage nicht mit derselben Begründung wiederholen darf. Ist die Abzweigung aufgehoben worden, weil es - z.B. mangels einer Unterhaltspflicht des Sozialleistungsberechtigten - an einer zwingenden Voraussetzung des § 48 Abs. 1 SGB I fehlt, muß jede Wiederholung der Abzweigung für die gleiche Zeit an der Rechtskraft scheitern. Ist die Abzweigung dagegen aufgehoben worden, weil der Sozialleistungsträger das ihm bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 48 SGB I eingeräumte Ermessen nicht oder nicht in der der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt hat, kann der Sozialleistungsträger die Abzweigung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zwar erneut vornehmen; er muß dabei jedoch die Grenzen beachten, die ihm durch das Urteil gezogen sind. Ein Interesse des Sozialleistungsberechtigten an einer darüber hinausgehenden urteilsmäßigen Feststellung, wie hoch Abzweigungen sein dürfen, auf die die Revisionserwiderung hinweist, könnte allenfalls das Rechtsschutzbedürfnis an einer vorbeugenden Unterlassungsklage begründen, nicht aber an einer Bescheidungsklage des Sozialleistungsberechtigten gegen den Sozialleistungsträger. Gegen ein Bescheidungsbegehren in derartigen Fällen spricht auch, daß es an einem Bescheidungsanspruch fehlt. Ein aus § 48 SGB I ableitbarer Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen nicht beschiedenen Abzweigungsantrag mag den Unterhaltsberechtigten und den Personen und Stellen zukommen, zu deren Gunsten abgezweigt werden kann. Der Sozialleistungsberechtigte kann dagegen nur gegen eine erfolgte Abzweigung geltend machen, daß sie nicht rechtmäßig ist; ein Anspruch darauf, daß der Sozialleistungsträger erneut über das Abzweigungsbegehren entscheidet, steht ihm nicht zu. Eines solchen Anspruchs bedarf es nicht; denn er kann, wenn er den Unterhaltsberechtigten zukommen lassen will, was er ihnen schuldet, dies ohne Abzweigung tun. Die Verurteilung der Beklagten, den Kläger neu zu bescheiden, kann daher keinen Bestand haben.

Im übrigen hat das LSG im Ergebnis zu Recht die Abzweigungen für die beiden noch streitigen Zeiten als rechtswidrig angesehen.

Nach § 48 Abs. 1 SGB I können laufende Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sind, wie das bei der Alhi der Fall ist, in angemessener Höhe an die Kinder des Leistungsberechtigten oder an die Person oder Stelle, die den Kindern Unterhalt gewährt, ggf. damit auch an den Sozialhilfeträger (vgl. dazu BSGE 59, 30, 37 f. = SozR 1200 § 48 Nr. 10), ausgezahlt werden, wenn der Leistungsberechtigte den Kindern gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.

Letzteres ist hier der Fall. Daß ein rechtskräftiges Unterhaltsurteil nicht vorliegt, das den Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht bestimmt, ist unschädlich. Ist ein solches Urteil nicht ergangen und sind auch keine verbindlichen Vereinbarungen über den zu leistenden Unterhalt getroffen, wie das hier offenbar der Fall ist, hat der Sozialleistungsträger und im Rechtsstreit das Gericht zu prüfen, ob und in welchem Umfange der Sozialleistungsberechtigte zur Gewährung von Unterhalt für die Zeit verpflichtet ist, für die abgezweigt werden soll; denn wenn die Auszahlung der Sozialleistung an andere als den Sozialleistungsberechtigten nach § 48 Abs. 1 SGB I als solche auch im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen des Sozialleistungsträgers steht, kommt eine Ermessensausübung zum Nachteil des Leistungsberechtigten erst in Betracht, wenn dieser seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.

Da die Kinder des Klägers in den streitigen Zeiten noch im Schulalter standen und Sozialhilfe bezogen, kann, auch wenn das LSG dies nicht ausdrücklich festgestellt hat, ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sie zumindest in Höhe der abgezweigten Beträge bedürftig waren. Eine Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1601, 1602 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) könnte daher nur an der Leistungsfähigkeit des Klägers scheitern. Während an sich unterhaltspflichtig nicht ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, sind Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden; nur wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter der Kinder vorhanden ist oder der Kindesunterhalt aus dem Stamm des Kindesvermögens bestritten werden kann, was hier offenbar nicht der Fall ist, tritt diese gesteigerte Verpflichtung der Eltern nicht ein (§ 1603 BGB). Jedoch findet die gesteigerte Unterhaltspflicht ihre gewissermaßen natürliche Grenze dort, wo die Möglichkeit der Existenz des Unterhaltspflichtigen in Frage gestellt würde und ihm nicht mehr die Mittel zur Bestreitung des unentbehrlichen Lebensbedarfs verbleiben wurden. Praxis und Lehre stehen daher übereinstimmend auf dem Standpunkt, daß die Mittel, die auch in einfachsten Lebensverhältnissen einer Person für den eigenen Unterhalt verbleiben müssen, nicht als verfügbar i.S. des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen sind, wobei diese Opfergrenze als notwendiger oder kleiner Selbstbehalt bezeichnet wird (vgl. BGH LM § 1603 BGB Nr. 24 = NJW 1984, 1614 = MDR 1984, 920 = SGb 1985, 524). Der für den notwendigen Unterhalt eines Unterhaltspflichtigen erforderliche genaue Betrag, der in etwa dem entsprechen dürfte, was dem Unterhaltspflichtigen als Sozialhilfe zustehen würde (vgl. BSGE 57, 59, 63 = SozR 1300 § 48 Nr. 8), ist dem Grunde nach nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Die Rechtspraxis verwendet hierzu Erfahrungs- oder Richtwerte, die in den verschiedenen Unterhaltstabellen und -leitlinien für den notwendigen Selbstbehalt vorgesehen sind. In diesen Tabellen und Leitlinien wird, was nicht zu beanstanden ist, dieser Selbstbehalt mit einem Betrag angesetzt, der etwas über den Sätzen der Sozialhilfe liegt (vgl. BGH a.a.O.).

Wie der Senat wiederholt entschieden hat, kann ein Sozialleistungsträger bei der Abzweigung hinsichtlich der Beträge, die dem in Anspruch genommenen Leistungsberechtigten nach Maßgabe des gesetzlichen Unterhaltsrechts zur Deckung des eigenen angemessenen oder des eigenen notwendigen Bedarfs zu belassen sind, grundsätzlich schematisierte Werte zugrunde legen. Das ist damit begründet worden, daß eine darüber hinausgehende Prüfung jedes Einzelfalles dem Charakter der Abzweigung als Soforthilfemaßnahme widersprechen würde; außerdem seien Richtwerte dieser Art auch in der Praxis der Familiengerichte verbreitet (BSGE 57, 59, 64 f. = SozR 1200 § 48 Nr. 8; BSGE 59, 30, 34 = SozR 1200 § 48 Nr. 10). Der Senat hat den Sozialleistungsträger nicht für verpflichtet gehalten, gerade die Richtwerte zugrunde zu legen, von denen das OLG auszugehen pflegt, das bei einem Unterhaltsrechtsstreit zwischen dem Sozialleistungsberechtigten und dem Unterhaltsberechtigten als Rechtsmittelgericht zu entscheiden hätte, auch wenn der Sozialleistungsträger hieran von Rechts wegen nicht gehindert ist. Der zugrunde gelegte Wert muß allerdings geeignet sein, d.h. im allgemeinen die Opfergrenze zutreffend wiedergeben. In diesem Zusammenhang hat der Senat es gebilligt, wenn die Beklagte grundsätzlich einheitlich die in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Werte zugrunde legt, die bei den Familiengerichten eine besonders weite Verbreitung erlangt hat (a.a.O.). Hieran ist festzuhalten.

Wenn das LSG meint, im Interesse einer größeren Einzelfallgerechtigkeit erscheine es geboten, die Unterhaltsleitlinien der jeweiligen OLG entsprechend ihrer örtlichen Zuständigkeit zu beachten, übersieht es, daß es nicht Aufgabe der Sozialleistungsträger und der Sozialgerichte ist, im Rahmen der als Soforthilfemaßnahme gedachten Abzweigung anstelle der Familiengerichte im Einzelfalle den Unterhaltsanspruch bindend zu regeln. Die Abzweigung setzt zwar in den Fällen des § 48 Abs. 1 SGB I einen Unterhaltsanspruch voraus. Vielfach wird eine zivilrechtliche Klärung des Unterhaltsanspruchs daher überflüssig werden, wenn ein Sozialleistungsträger verfügt hat, daß ein Teil der Sozialleistung an den Unterhaltsberechtigten bzw. eine Person oder Stelle, die diesen Unterhalt gewährt, auszuzahlen ist. Indessen hat eine solche Auszahlungsverfügung wie die Ablehnung eines entsprechenden Antrags rechtlich keine unmittelbare Auswirkung hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs. Ein Unterhaltsanspruch wird lediglich befriedigt, wenn tatsächlich ausgezahlt wird, und zwar in dem Umfange, in dem dem Unterhaltsberechtigten die Auszahlung letztlich zugute kommt (BSGE 59, 30, 31 = SozR 1200 § 48 Nr. 10). Für eine größere Plausibilität der Richtwerte des jeweils zuständigen OLG kann auch nicht geltend gemacht werden, daß sich in ihnen regional unterschiedliche Lebenshaltungskosten besser widerspiegelten; denn die Richtwerte der verschiedenen OLG beschränken sich im allgemeinen nicht auf den Fall, daß der Unterhaltsberechtigte bzw. Verpflichtete im Gerichtsbezirk des OLG wohnt. Infolgedessen kann es auch keinen Unterschied machen, ob der Unterhaltspflichtige sich auf den für ihn günstigeren Selbstbehalt-Richtwert „seines“ OLG beruft oder nicht. Gegen die generelle Zugrundelegung des Betrages von 825,00 DM im Monat, den die Düsseldorfer Tabelle in den Jahren 1982 bis 1984 für den notwendigen Eigenbedarf (Selbstbehalt) des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen vorgesehen hat (vgl. Anm. 5 zu A der Düsseldorfer Tabelle - Stand: 1. Januar 1982 - NJW 1982, 19), kann schließlich nicht eingewendet werden, daß ein Betrag von 825,00 DM die oben näher gekennzeichnete Opfergrenze allgemein nicht richtig wiedergegeben hat. Dafür sind angesichts der damaligen Höhe der Leistungen der Sozialhilfe keine Gründe ersichtlich; denn die Eckregelsätze der Sozialhilfe, also die Regelsätze für den Haushaltsvorstand und Alleinstehende, zu denen für die Unterkunft noch laufende Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen treten, betrugen Mitte 1983 nur zwischen 335,00 und 352,00 DM und Mitte 1984 zwischen 346,00 und 363,00 DM monatlich (vgl. Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1983, 149 und 1984, 150).

Allerdings kann ein Richtwert dann nicht für die Bestimmung des notwendigen Selbstbehalts zugrunde gelegt werden, wenn der durch den Richtwert gekennzeichnete Betrag im Einzelfalle den notwendigen Eigenbedarf nicht befriedigen kann, die Anwendung des Richtwerts also dazu führen würde, daß dem Sozialleistungsberechtigten ein geringerer Selbstbehalt belassen bliebe, als ihm unterhaltsrechtlich zusteht. Wird das vom Sozialleistungsberechtigten substantiiert geltend gemacht und will der Sozialleistungsträger dennoch abzweigen bzw. an einer erfolgten Abzweigung festhalten, muß anhand des Einzelfalles geprüft werden, ob von dem Richtwert abzuweichen ist. Das hat der Senat schon in BSGE 57, 59, 71 = SozR 1300 § 48 Nr. 8 angedeutet. Eine von einem Richtwert abweichende Bemessung des Selbstbehalts ist z.B. dann veranlaßt, wenn die Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen wesentlich höher sind als der Betrag, der in dem herangezogenen Richtsatz hierfür veranschlagt worden ist (BGH a.a.O.). Der Senat hat daher in einem Falle, in dem der Sozialleistungsberechtigte geltend machte, an Miete 450,00 DM im Monat aufbringen zu müssen, eine entsprechende Erhöhung des Richtwerts von 825,00 DM im Monat ggf. für erforderlich gehalten, weil der Richtwert lediglich einen Anteil von 220,00 DM für die Miete und 110,00 DM für Mietnebenkosten berücksichtige (Urteil des Senats vom 26. Juni 1986 - 7 RAr 44/84 - FamRZ 1987, 274, 276 f.). Das LSG hat jedoch im vorliegenden Falle weder festgestellt noch ist dies substantiiert vom Kläger geltend gemacht worden, daß aus gleichen oder anderen Gründen ein Selbstbehalt von 825,00 DM zur Bestreitung seines als unentbehrlich anzusehenden Lebensbedarfs nicht ausreicht. Infolgedessen kann es auch im vorliegenden Falle nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte für die hier noch streitigen Zeiten einen Selbstbehaltsbetrag von 825,00 DM im Monat zugrunde gelegt hat.

Ist der Kläger hiernach unterhaltspflichtig, soweit die ihm gewährte Alhi von 910,00 DM (= 210,00 DM x 13 : 3) und 912,60 DM (= 210,60 DM x 13 : 3) den Betrag von 825,00 DM im Monat übersteigt, standen an sich 85,00 DM bzw. 87,60 DM im Monat oder 19,61 DM bzw. 20,21 DM in der Woche zur Abzweigung zur Verfügung.

Ob die Abzweigungen, die die Beklagte aufgrund des Bescheides vom 15. März 1985 für die hier noch streitigen Zeiten vorgenommen hat, allein deswegen rechtswidrig sind, weil die wöchentlichen Abzweigungsbeträge um jeweils 1 Pfennig zu hoch sind und der Kläger, würde es bei diesen Abzweigungsbeträgen bleiben, im Monat weniger als die 825,00 DM hätte, die ihm die Düsseldorfer Tabelle als Mindestbetrag zubilligt, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls erweist sich die Abzweigung aus einem anderen Gesichtspunkt als rechtswidrig.

Die Abzweigung steht, wie der Senat insbesondere in BSGE 59, 30, 38 ff. = SozR 1200 § 48 Nr. 10 näher ausgeführt hat, im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers. Das bedeutet, daß grundsätzlich die Wahl zwischen mehreren Verhaltensweisen besteht, die rechtlich gleichwertig sind. Der Leistungsträger kann daher selbst dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abzweigung gegeben sind, wie das hier der Fall ist, von der an sich möglichen Abzweigung absehen, etwa weil ihm eine solche Maßnahme angesichts der näheren Umstände nicht angezeigt erscheint. Entscheidet sich der Leistungsträger für eine Abzweigung, bestimmt grundsätzlich er, welcher Betrag ausgezahlt werden soll. Auch in dieser Beziehung hat er, begrenzt allerdings durch das Unterhaltsrecht, die Wahl. zwischen mehreren rechtlichen Verhaltensweisen. Als auf Ermessen beruhend muß die Abzweigung daher den Anforderungen entsprechen, die an eine Ermessensentscheidung zu stellen sind. Das bedeutet zunächst, daß der Sozialleistungsträger grundsätzlich überhaupt Ermessenserwägungen angestellt haben muß. Das setzt voraus, daß im Zeitpunkt der Entscheidung, deren Rechtmäßigkeit zu beurteilen ist, dem Sozialleistungsträger bewußt war, daß er zwischen mehreren Verhaltensweisen wählen kann. Daß eine Ermessensentscheidung getroffen ist, muß ersichtlich sein. Hinzu kommt, daß die schriftliche Begründung, die § 35 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) für den schriftlich erteilten Verwaltungsakt vorsieht, die Gesichtspunkte erkennen läßt, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

Diesen Anforderungen entspricht der Bescheid vom 15. März 1985 nicht. Im Widerspruchsbescheid vom 18. März 1983 ist zwar ausgeführt worden, daß sowohl bei der Frage, ob überhaupt abgezweigt werden solle, als auch hinsichtlich der Höhe der Abzweigung Ermessen auszuüben sei. An die Stelle der in dem Widerspruchsbescheid bestätigten Abzweigung sind jedoch die Abzweigungsbeträge getreten, die in dem Bescheid vom 15. März 1985 genannt sind. In diesem Bescheid ist zwar ausgeführt worden, welche Änderungen sich unter Zugrundelegung des Selbstbehalts der Düsseldorfer Tabelle hinsichtlich der Abzweigungsbeträge ergeben. Aus dem Bescheid vom 15. März 1985 ist jedoch nicht ersichtlich, daß die Beklagte nach der völligen Änderung des rechtlichen Ausgangspunktes, die das Abstellen auf den materiellen Unterhaltsanspruch gegenüber der Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO darstellt, sich noch bewußt gewesen ist, die Wahl zwischen mehreren Verhaltensweisen zu haben. Daß die Beklagte andere Überlegungen angestellt hat als die, daß nicht mehr abgezweigt werden darf, als § 48 Abs. 1 SGB I nach der Rechtsprechung des Senats zuläßt, ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Gesichtspunkte, die über die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB I hinaus erkennen lassen, warum die Beklagte sich für die Abzweigung, so wie sie nun vorgenommen worden ist, entschlossen hat, fehlen.

Sind somit die Abzweigungen, soweit über ihre Anfechtung noch zu befinden ist, schon wegen einer fehlenden Ermessensentscheidung bzw. wegen Begründungsmangels rechtswidrig, erweist sich das Urteil des LSG im wesentlichen im Ergebnis als zutreffend. Entsprechend war über die Revision zu befinden; dabei erschien die Klarstellung tunlich, daß alle Abzweigungen von der Alhi für Zeiten bis zum 31. Dezember 1984 aufgehoben sind.

Die Entscheidung über die dem Kläger und den Beigeladenen zu 1) und 2) entstandenen Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, im übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 193 Abs. 4 SGG.

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