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§ 1 ZRBG: Anwendungsbereich

Änderungsdienst
veröffentlicht am

13.05.2024

Änderung

Der Abschnitt 4.4 "Zeiten der Kindererziehung" wurde neu aufgenommen.

Dokumentdaten
Stand25.04.2024
Rechtsgrundlage

§ 1 ZRBG

Version005.00

Inhalt der Regelung

Das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) gilt für Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG), die sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben und dort aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt beschäftigt waren. Hierbei wird für die Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto für die Berechnung der Rente und für die Erbringung von Leistungen eine Beitragsleistung fingiert (Ghetto-Beitragszeiten). Ghetto-Beitragszeiten sind anrechenbar, wenn das Ghetto in einem Gebiet des nationalsozialistischen Einflussbereichs lag.

Ergänzende/Korrespondierende Regelungen

Nach § 1 Abs. 2 ZRBG bleiben die Vorschriften des WGSVG weiterhin anwendbar. Gemäß § 7 WGSVG gilt dies auch für das Hauptrecht (SGB VI) und für die Regelungen des FRG/FANG. Diese Vorschriften ergänzen die Regelungen des ZRBG, sofern es für den Verfolgten günstiger ist.

Ausgangslage

Der 13. Senat des BSG hat in drei Entscheidungen BSG vom 02.06.2009, AZ: B 13 R 81/08 R, AZ: B 13 85/08 R und AZ: B 13 R 139/08 R) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und neue Maßstäbe für die Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten im Rahmen des ZRBG gesetzt. In diesem Zusammenhang hat der Senat für die Anwendung des ZRBG Leitlinien zur "Freiwilligkeit" und "Entgeltlichkeit" von Beschäftigungen in einem Ghetto aufgestellt. Der 5. Senat des BSG hat in zwei weiteren Verfahren (BSG vom 03.06.2009, AZ: B 5 R 26/08 R und AZ: B 5 R 66/08 R) die Leitlinien konkretisiert. Davor hatte das BSG die Frage nach dem "maßgeblichen" Entgelt im Sinne des ZRBG danach ausgerichtet, ob dieses Entgelt dem Grunde nach zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung geführt hätte. Das hatte zur Folge, dass der Großteil der Anträge abgelehnt werden musste.

Die Deutsche Rentenversicherung setzt die vorgenannte Rechtsprechung des BSG auf der Grundlage der Beschlüsse der Lenkungsgruppe ZRBG (LGZRBG) einheitlich um und hat dazu in der Vergangenheit abgelehnte Anträge von Amts wegen nach § 44 SGB X überprüft. Aufgrund der rückwirkenden Überprüfung und Bewilligung hatten viele Betroffene aber erst einen verspäteten Rentenbeginn (vergleiche auch GRA zu § 3 ZRBG). Durch das ZRBG-ÄndG ist dieser Nachteil ausgeräumt und allen Berechtigten der frühestmögliche Rentenbeginn eröffnet worden.

Mit dem Urteil des BSG vom 20.05.2020, AZ: B 13 R 9/19 R wurde eine wichtige Grundsatzentscheidung zum Ghettobegriff getroffen. Danach ist das ZRBG auch auf Sachverhaltsgestaltungen anzuwenden, die einem zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto gleichstehen. Das ist dann der Fall, wenn eine verfolgte Person unter vergleichbar intensiven räumlichen Freiheitsbeschränkungen (siehe Abschnitt 4.1) leben musste, aber noch aus eigenem Willensentschluss einer Beschäftigung nachgehen konnte. Die Deutsche Rentenversicherung folgt auch dieser Entscheidung. Fälle, die in der Vergangenheit abgelehnt wurden, weil nicht von einem Ghettoaufenthalt ausgegangen worden war, werden daher nach § 44 SGB X von Amts wegen überprüft.

Personenkreis

Das ZRBG gilt für Verfolgte im Sinne des BEG, die durch die Verfolgung Schaden in der Sozialversicherung erlitten haben, sowie für ihre Hinterbliebenen. Eine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (DSK) oder zum Personenkreis des FRG ist nicht erforderlich. Hinsichtlich der Verfolgteneigenschaft wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 6 verwiesen.

Wurde die Verfolgteneigenschaft nach § 1 BEG in der Vergangenheit bereits in einem Entschädigungsverfahren nach dem BEG anerkannt, ist diese Feststellung zu übernehmen. Dies gilt auch für entsprechende Feststellungen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) oder der Jewish Claims Conference (JCC).

Liegen noch keine verwertbaren Angaben vor, ist die Verfolgteneigenschaft durch den RV-Träger festzustellen. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 und 2 ZRBG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 WGSVG und § 1 BEG werden vom ZRBG alle Personen erfasst, die unter anderem aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch NS-Gewaltmaßnahmen Schaden in der Sozialversicherung erlitten haben. Dazu gehören neben Personen jüdischer Abstammung auch die Sinti und Roma.

Bei einem zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto kann bei diesen Personen in der Regel die Verfolgteneigenschaft unterstellt werden (vergleiche zum Beispiel Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen, AZ: L 14 R 44/07).

Entgeltliche Beschäftigung während des zwangsweisen Aufenthaltes in einem Ghetto

Das Gesetz ist auf Verfolgte anzuwenden, die sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten (vergleich Abschnitt 4.1) und während dieses Zwangsaufenthaltes im Ghetto aus eigenem Willensentschluss eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt haben (Ghetto-Beitragszeiten).

Ghetto-Beitragszeiten kommen für Beschäftigungen in den Ghettos in Betracht, die im Gebiet des nationalsozialistischen Einflussbereichs lagen (vergleiche auch Abschnitt 4.2).

Für die Anerkennung von Beschäftigungszeiten im Rahmen des ZRBG ist es unerheblich, dass in Einzelfällen eine Beschäftigung bereits vor Errichtung des Ghettos ausgeübt wurde.

Zwangsweiser Aufenthalt in einem Ghetto

Das ZRBG enthält zum Begriff “Ghetto” keine Legaldefinition. Nach seinen Ursprüngen aus dem 16. Jahrhundert ist ein Ghetto ein Stadtteil oder eine Straße, in der ausschließlich Juden wohnen; es ist ein eingegrenzter und von anderen Teilen der Stadt abgegrenzter Bereich.

Die Rentenversicherungsträger orientieren sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs eines zwangsweisen Ghettoaufenthaltes an den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien. Nach dem Urteil des BSG vom 20.05.2020, AZ: B 13 R 9/19 R sind neben einem „zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto“ im Rahmen des ZRBG auch „vergleichbare Zwangssituationen“ zu berücksichtigen.

  • Ghettos im Sinne des ZRBG sind alle abgrenzbaren Orte, die den Verfolgten zwangsweise zum Wohnen und regelmäßigen Aufenthalt zugewiesen wurden und an denen eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gleichwohl noch möglich war. Sie existierten in der Regel in größeren Ortschaften oder Städten.
  • Vergleichbare Zwangssituationen außerhalb von Ghettos im Sinne des ZRBG lagen bei Verfolgten vor, die in ihrem räumlichen Lebensbereich (zum Beispiel eigene Wohnung/Haus) einem Aufenthaltszwang unterstanden, der gleichwohl noch eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zuließ. Voraussetzung für eine solche, die Gleichstellung mit einem Ghettoaufenthalt rechtfertigende Freizügigkeitsbeschränkung ist eine hohe Intensität des Aufenthaltszwangs; ein Verlassen des räumlichen Lebensbereichs nach freiem Belieben muss nahezu ausgeschlossen gewesen sein. In dem vom BSG entschiedenen Fall ging es um einen Verfolgten in einer kleinen polnischen Gemeinde (im sogenannten Generalgouvernement), der – bedingt durch die dörfliche Umgebung und die damit verbundenen wirksamen Kontrollen durch Besatzer und Nachbarn - sein Haus faktisch nur zum Zwecke der Beschäftigung und für lebenswichtige Besorgungen verlassen konnte. Die Freiheitsbeschränkungen müssen über eine Kennzeichnungspflicht, eine nächtliche Ausgangssperre und das grundsätzliche Verbot der gemeindeüberschreitenden Wohnsitzverlegung hinausgehen; im Ergebnis muss die verfolgte Person unter nahezu haftähnlichen Bedingungen gelebt haben. Nach dem Urteil des BSG ist zwischen den Verfolgungssituationen zu unterscheiden, denen einerseits alle Verfolgten ausgesetzt waren und andererseits den spezifischen (vom ZRBG erfassten) Zwangssituationen, die in einem Ghetto geherrscht haben beziehungsweise diesen vergleichbar sind. Ob Verfolgte in ihrem räumlichen Lebensbereich zum Zeitpunkt der Beschäftigung einer vergleichbaren Zwangssituation ausgesetzt waren, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

Beachte:

Das Urteil des BSG vom 20.05.2020, AZ: B 13 R 9/19 R, wonach neben dem Aufenthalt in einem Ghetto auch eine vergleichbare Zwangssituation zu berücksichtigen ist, befasst sich ausschließlich mit einer Fallkonstellation im ländlichen Raum. Es kann grundsätzlich nicht auf die Situation in Städten und Großstädten übertragen werden, so dass hier weiterhin eine Prüfung entsprechend der Ghettoliste erfolgt.

Anhaltspunkte für einen zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto beziehungsweise einer „vergleichbaren Zwangssituation“ können sich aus der Verordnungslage in den jeweiligen Gebieten ergeben. Hiernach kann für den Beginn der Ghettoisierung auf die folgenden Zeitpunkte abgestellt werden:

  • Generalgouvernement (ohne Galizien): 01.01.1940
  • Galizien: 06.09.1941
  • Bialystok: 02.08.1941
  • Reichskommissariat Ostland (Weißrussland/Weißruthenien): 02.08.1941
  • Reichskommissariat Ukraine (Wolhynien/Shitomir): 05.09.1941
  • Transnistrien: 30.08.1941
  • Ungarn: 16.04.1944

Zeiten der Beschäftigung und eines Aufenthaltes in einem Konzentrationslager stehen einer Beschäftigung und einem zwangsweisen Aufenthalt im Ghetto nicht gleich. Dies gilt entsprechend für die Arbeitskräfte, die in geschlossenen Zwangsarbeitslagern kaserniert waren.

Ghetto in einem Gebiet des nationalsozialistischen Einflussbereichs

Das Ghetto muss sich in einem Gebiet befunden haben, das im nationalsozialistischen Einflussbereich lag. In Folge des ZRBG-ÄndG wurde das Gebiet somit rückwirkend zum 01.07.1997 erweitert.

Zum nationalsozialistischen Einflussbereich gehörten:

  • Das Gebiet des Deutschen Reichs in den Grenzen von 31.12.1937 sowie die vor und während des 2. Weltkrieges in das Deutsche Reich eingegliederten Gebiete (zum Beispiel ab 01.10.1938 das Sudetenland oder nach Kriegsbeginn die zuvor polnischen sogenannten eingegliederten Ostgebiete).
  • Gebiete, die vom Deutschen Reich während des 2. Weltkrieges besetzt waren. Das gilt unabhängig davon, ob sie bereits unter eine deutsche Zivilverwaltung gestellt waren (wie zum Beispiel die Reichskommissariate Ostland oder Ukraine) oder noch unter militärischer Verwaltung standen.
  • In ausländischen Staaten gelegene Gebiete gehörten dann zum nationalsozialistischen Einflussbereich, wenn die handelnden Organe die Freiheitsentziehungen auf Veranlassung der deutschen Regierung vorgenommen haben. Dies trifft für die sogenannten Satellitenstaaten zu, die aufgrund verschiedener Vereinbarungen vom Deutschen Reich dominiert wurden (zum Beispiel Slowakei oder Kroatien) sowie ab 06.04.1941 für Bulgarien, Rumänien und Ungarn aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BEG. Einbezogen ist deren jeweiliges Staatsgebiet einschließlich der von diesen Staaten besetzten Gebiete.

Folgende Gebiete fielen in den nationalsozialistischen Einflussbereich:

  • Albanien (09.09.1943 bis 30.11.1944)
    ab deutscher Besetzung am 09.09.1943; in der Zeit vom 07.04.1939 - 08.09.1943 war Albanien italienisch besetzt, in dieser Zeit lag keine NS-Einflussnahme vor
  • Bezirk Bialystok
    ab deutscher Besetzung am 27.06.1941 in Folge des Russlandfeldzuges
  • Bezirk Ziechenau
    ab deutscher Besetzung beginnend am 01.09.1939
  • Bulgarien (06.04.1941 bis 31.08.1944)
    NS-Einflussnahme ab 06.04.1941 (§ 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BEG)
  • Danzig-Westpreußen (30.01.1933 bis 30.03.1945)
    NS-Einflussnahme bereits ab 30.01.1933; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Erlass vom 08.10.1939 – RGBl. I S. 2042)
  • Frankreich (Juni 1940 bis August 1944)
    im westlichen und nördlichen Teil erfolgte die deutsche Besetzung im Juni 1940; im zunächst bis 10.11.1942 unter dem „Vichy-Regime“ stehenden unbesetzten südlichen Teil Frankreichs lag NS-Einflussnahme jedoch erst ab 01.07.1940 vor
  • Generalgouvernement
    in den Distrikten Krakau, Lublin, Radom und Warschau ab deutscher Besetzung beginnend am 01.09.1939, im Distrikt Galizien ab 01.08.1941 in Folge des Russlandfeldzuges
  • Griechenland (06.04.1941 bis 08.05.1945)
    Griechenland wurde in drei Besatzungszonen (deutsche, italienische und bulgarische) aufgeteilt. Im Gegensatz zum restlichen Gebiet Griechenlands lag NS-Einflussnahme im italienisch besetzten Gebiet bis zum 08.09.1943 nicht vor.
  • Italien (09.09.1943 bis April 1945)
    gilt nur für Nord- und Mittelitalien in der Zeit der deutschen Besetzung nach der Kapitulation Italiens am 08.09.1943, der südliche Teil fiel an die Alliierten; keine NS-Einflussnahme bis zum 08.09.1943
  • Japan (18.02.1943 bis 08.05.1945)
    NS-Einflussnahme ab 18.02.1943 (Brunn/Hebenstreit, Bundesentschädigungsgesetz Kommentar, Erich Schmidt Verlag, 1965, S. 171)
  • Jugoslawien (06.04.1941 bis 08.05.1945)
    Jugoslawien wurde im April 1941 unter den an der Invasion beteiligten Staaten (Italien, Ungarn und Rumänien) aufgeteilt. Zu dem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet gehörten das nordöstliche Slowenien und das unter deutscher Militärverwaltung gestellte Serbien. Makedonien wurde von Bulgarien, das Backa-Gebiet von Ungarn und Montenegro sowie der größte Teil der Adriaküste von Italien annektiert. Aus Kroatien, Bosnien und Herzegowina wurde der unabhängige Staat Kroatien gebildet, in dem eine kroatisch nationalistische Organisation (Ustasa) die Macht übernahm.
    Im Gegensatz zum restlichen Gebiet Jugoslawiens lag NS-Einflussnahme in den italienisch besetzten Gebieten (OLG Zweibrücken vom 24.02.1965, AZ: 4 U (WG) 196/62) und in der italienischen Zone Kroatiens erst ab 01.11.1942 vor (OLG Zweibrücken vom 10.02.1965, AZ: 4 U (WG) 188/62 sowie vom 23.06.1965, AZ: 4 U (WG) 49/65).
  • Memelgebiet
    ab Einmarsch deutscher Truppen am 23.03.1939; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Gesetz vom 23.03.1939 – RGBl. I S. 559)
  • Niederlande (10.05.1940 bis November 1944)
  • Österreich (12.03.1938 bis 08.05.1945)
    ab Einmarsch deutscher Truppen; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Gesetz vom 13.03.1938 – RGBl. I S. 237); bereits ab 30.03.1945 erfolgte der Einmarsch der alliierten Truppen in Teilen Österreichs
  • Ost-Oberschlesien
    ab Zeitpunkt der tatsächlichen militärischen Besetzung am 18.09.1939; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Erlass vom 08.10.1939 – RGBl. I S. 2042)
  • Protektorat Böhmen und Mähren
    ab Errichtung des Protektorats am 16.03.1939; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Erlass vom 16.03.1939 – RGBl. I S. 485, BSG vom 26.06.1959 im BSGE 10, 118)
  • Reichskommissariat Ostland
    ab deutscher Besetzung beginnend am 22.06.1941 in Folge des Russlandfeldzuges; das Reichskommissariat Ostland umfasste die Gebiete Estland, Lettland, Litauen sowie Teile Weißrusslands
  • Reichskommissariat Ukraine
    ab deutscher Besetzung beginnend am 22.06.1941 in Folge des Russlandfeldzuges
  • Rumänien (06.04.1941 bis 25.08.1944)
    NS-Einflussnahme ab 06.04.1941 (§ 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BEG); NS-Einflussnahme für die Gebiete der Nord-Bukowina und Bessarabiens erst ab 06.07.1941 (Zeitpunkt der Wiedereingliederung in den rumänischen Staat); am 23.08.1944 überschritt die Rote Armee die rumänische Grenze; am 25.08.1944 erfolgte die rumänische Kriegserklärung an Deutschland
  • Slowakei (14.03.1939 bis 29.04.1945)
    NS-Einflussnahme bereits ab der Unabhängigkeitserklärung der Slowakei vom tschechischen Teilstaat
  • Sudetenland (01.10.1938 bis 08.05.1945)
    ab Zeitpunkt der deutschen Besetzung; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Gesetz vom 21.11.1938 – RGBl. I S. 1641)
  • Transnistrien (30.08.1941 bis 18.03.1944)
  • Ungarn (06.04.1941 bis 17.01.1945)
    NS-Einflussnahme bereits ab 06.04.1941 (§ 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BEG); deutsche Besetzung ab 19.03.1944
  • Wartheland beziehungsweise Warthegau (18.09.1939 - 31.01.1945)
    ab Zeitpunkt der tatsächlichen militärischen Besetzung; gehörte zu den eingegliederten Gebieten (Erlass vom 08.10.1939 - RGBl. I S. 2042)

Zu den besetzten Ostgebieten gehörten auch die während des Russlandfeldzuges in den Jahren 1941/1942 eroberten Gebiete östlich der Reichskommissariate Ostland und Ukraine.

Darüber hinaus gehören zu den berücksichtigungsfähigen Gebieten unter anderem auch Belgien, Dänemark, das Deutsche Reich in den Grenzen vom 31.12.1937, Finnland, Luxemburg, Norwegen, San Marino sowie einige nordafrikanische Staaten. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand existierten dort jedoch keine Ghettos im Sinne des ZRBG.

Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt

Die Beschäftigung muss sowohl aus eigenem Willensentschluss als auch gegen Entgelt ausgeübt worden sein. Es muss im Rahmen der Verhältnisse des Ghettos ein Arbeitsmarkt bestanden haben, auf dem aus eigenem Antrieb Beschäftigungsverhältnisse begründet werden konnten. Es ist nach dem ZRBG eine Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten unabhängig davon möglich,

  • welches Sozialversicherungsrecht (deutsches Recht oder weiter geltendes Recht des Aufenthaltstaates) in dem betroffenen Gebiet seinerzeit galt,
  • ob die Beschäftigung nach dem in dem jeweiligen Gebiet geltenden Recht zur Versicherungspflicht geführt hätte und
  • ob gegebenenfalls die Voraussetzungen für die Anwendung des FRG (zum Beispiel Personenkreis §§ 1, 17a FRG oder Beitragsübergang nach § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG in der Fassung bis 31.12.1991.) erfüllt sind.

Das ZRBG reduziert die Anerkennungsvoraussetzungen auf das Grundelement der “frei gewählten” Beschäftigung gegen Entgelt.

Eigener Willensentschluss

Die Tatbestandsvoraussetzung "aus eigenem Willensentschluss" dient der Abgrenzung zur Zwangsarbeit. Das ZRBG übernimmt insoweit den schon bisher vom BSG festgestellten Tatbestand, dass Freiheitsbeschränkungen beziehungsweise -entziehungen im allgemeinen Lebensbereich (wie der zwangsweise Aufenthalt im Ghetto) einem frei gewählten Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen stehen, weil die Sphären ”Lebensbereich” und ”Beschäftigungsverhältnis” grundsätzlich voneinander zu trennen sind (BSG vom 18.06.1997, AZ: 5 RJ 68/95).
Ergeben sich nach Aktenlage Hinweise auf eine durch den Judenrat vermittelte Arbeit oder eine Arbeit aufgrund eigener Bemühungen, ist das Tatbestandsmerkmal "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen" erfüllt.
Auch ein tatsächlicher oder rechtlicher Arbeitszwang steht einer Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss nicht entgegen; eine davon abzugrenzende Zwangsarbeit liegt nach Auffassung des BSG vor, wenn die/der Betroffene gegen ihren/seinen Willen zu einer spezifischen Arbeit gezwungen wurde, der Einsatz der Arbeitskraft somit in jeder Beziehung fremdbestimmt war. Es kommt daher nicht auf die "Freiwilligkeit" einer Beschäftigung an, sondern nur auf den Willensentschluss, die Beschäftigung aufzunehmen.
Bei einer Beschäftigung über einen gewissen Zeitraum ist regelmäßig davon auszugehen, dass es sich um eine Arbeit gehandelt hat, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen war.

Die Bewachung auf dem Weg zur Arbeit und am Arbeitsplatz außerhalb des Ghettos steht der Annahme einer aus eigenem Willensentschluss aufgenommenen Beschäftigung dann nicht entgegen, wenn durch diese Bewachung nur der zwangsweise Aufenthalt im Ghetto gesichert wurde.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Arbeitsaufnahme aus eigenem Willensentschluss, also nicht durch obrigkeitliche Zuweisung erfolgt ist und sich die Bewachung am Arbeitsplatz auf das gesamte Betriebsgelände, also nicht auf die Arbeitssituation des Einzelnen, erstreckt hat.

Bei der Abgrenzung einer aus eigenem Willensentschluss ausgeübten Beschäftigung gegenüber einer Zwangsarbeit ist darauf abzustellen, dass trotz des seinerzeit regulierten Arbeitsmarktes und des allgemein geltenden Arbeitszwanges ein gewisses Maß an eigener Entscheidungsfreiheit zur Beschäftigungsaufnahme geführt hat.

Es steht der Annahme eines aus freiem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen, dass der Verfolgte einfache Tätigkeiten, wie zum Beispiel Straßenreinigungs-, Straßenbau- oder Aufräumungsarbeiten, verrichtet hat. Hierbei ist für die Prüfung, ob ein freiwilliges und entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Einzelfall vorliegt, auf das Gesamtbild der von dem Verfolgten ausgeübten Tätigkeit abzustellen. Diese Tätigkeiten sind somit nicht von vornherein als Zwangsarbeit zu werten.

Abgrenzung zur Zwangsarbeit

Zwangsarbeiten werden vom ZRBG nicht erfasst. Zwangsarbeiten sind unfreiwillige Arbeitsleistungen, die in der Regel unentgeltlich aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses erbracht worden sind. Hierbei führen aber die seinerzeit geltende allgemeine Regulierung des Arbeitsmarktes sowie der angeordnete grundsätzliche Arbeitszwang (zum Beispiel Arbeiten auf der Grundlage der VO über die Einführung des Arbeitszwanges für die jüdische Bevölkerung des Generalgouvernements vom 26.10.1939 und der hierzu erlassenen 2. DVO vom 12.12.1939) nicht dazu, in jedem Fall notwendig ein Zwangsarbeitsverhältnis anzunehmen. Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse, die im Einzelfall zu klären und zu würdigen sind.

Nach den früheren Kriterien zur Abgrenzung einer Ghetto-Beschäftigung im Sinne des ZRBG von einer nicht davon erfassten Zwangsarbeit war nicht nur auf den Grad der Freiwilligkeit abzustellen, sondern auch auf eine von Zwangsarbeitsbedingungen deutlich unterscheidbare Entgelthöhe. Da es nach der BSG-Rechtsprechung vom 02.06.2009 und 03.06.2009 (vergleiche Abschnitt 2) nicht mehr darauf ankommt, dass ein Entgelt gewährt wurde, das über den freien Unterhalt hinausgeht, insbesondere die gewährten Naturalien keine Geringfügigkeitsgrenze überschreiten müssen (vergleiche Abschnitt 4.3.6), können die bisherigen Feststellungen (auch die der Gerichte), dass Zwangsarbeit vorlag, nicht ohne Weiteres Bestand haben. Sie sind unter Berücksichtigung der neuen Maßstäbe im Einzelfall zu überprüfen.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten BSG-Entscheidungen (vergleiche Abschnitt 2) und den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalten ist davon auszugehen, dass eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss dann ausscheidet, wenn der Betroffene gegen seinen Willen zu einer spezifischen Arbeit gezwungen wurde, der Einsatz der Arbeitskraft somit in jeder Beziehung fremdbestimmt war, zum Beispiel bei Strafgefangenen oder KZ-Häftlingen. Dies gilt entsprechend für die jüdischen Arbeitskräfte, die in geschlossenen Zwangsarbeitslagern kaserniert waren.

Kurzzeitige Zwangsarbeiten können auch von Ghetto-Bewohnern verrichtet worden sein. Diese stehen jedoch der Anerkennung einer Beschäftigung, die daneben, davor oder danach über einen gewissen Zeitraum ausgeübt wurde, als Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG nicht entgegen.

Beschäftigung außerhalb eines Ghettos

Zu den Beschäftigungen im Sinne von § 1 Abs. 1 ZRBG gehören auch Zeiten einer Beschäftigung außerhalb des Ghettos, wenn die Verfolgten regelmäßig, das heißt in der Regel mindestens einmal monatlich, in das Ghetto zurückgekehrt sind. Sofern keine regelmäßige Rückkehr in das Ghetto erfolgte, ist nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ghetto auszugehen. In besonders gelagerten Einzelfällen, wie zum Beispiel bei Saisonarbeitern, kann auch eine regelmäßige Rückkehr ins Ghetto in größeren Zeitintervallen ausreichen.

Mindestalter

Für die Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten gibt es keine starre Altersgrenze (Mindestalter). Die Beschäftigung von Kindern ist nach den gleichen Maßstäben wie eine Beschäftigung von Erwachsenen zu beurteilen. Es ist in jedem Einzelfall im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu prüfen, ob eine entgeltliche Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss vorgelegen hat.

Eine Ghetto-Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 ZRBG liegt danach nur vor, wenn es sich um eine eigenständige, von der Arbeit von Familienangehörigen abgrenzbare, Arbeit gehandelt hat und der "freie" Austausch von Arbeit und Lohn im Ansatz erkennbar ist.

Bei Kindern, die am Ende der Ghetto-Zeit das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, kann unterstellt werden, dass die für eine Ghetto-Beschäftigung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht vorhanden waren.

Eine Ghetto-Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 ZRBG liegt über das dritte Lebensjahr hinaus im Übrigen nur vor, wenn die vorstehenden Kriterien für eine eigenständige, von der Arbeit von Familienangehörigen abgrenzbare Arbeit erfüllt sind (vergleiche auch Abschnitt 4.3.5).

Familienhafte Mitarbeit

Eine familienhafte Mitarbeit im elterlichen Betrieb kann grundsätzlich keine Beitragszeiten nach § 1 ZRBG begründen.

Die Mitarbeit in einem von Familienmitgliedern geführten Betrieb führt regelmäßig nicht zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses. Nach den Vorschriften des Familienrechts (§§ 1360, 1619 BGB) sind Familienangehörige zur Mitarbeit im Haus und Geschäft im Rahmen des Familienverbundes verpflichtet.

Nur beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen wie zum Beispiel Ersatz einer fremden Arbeitskraft kann von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden (zum Beispiel Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.11.2006, AZ: L 4 KR 3981/04, Urteil des SG Karlsruhe vom 30.08.2006, AZ: S 9 KR 2444/05). Diese allgemeinen Maßstäbe gelten gleichermaßen für die Beurteilung familienhafter Mithilfe im elterlichen Betrieb im Ghetto.

Entgelt

Nach den Festlegungen des BSG ist "Entgelt" jegliche Entlohnung, ob in Geld oder Naturalien (zum Beispiel in Nahrungsmitteln). Geringfügigkeitsgrenzen sind nicht zu prüfen. Unerheblich ist, ob lediglich "freier Unterhalt" gewährt wurde. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Entgelt dem Beschäftigten direkt ausgehändigt wurde oder an einen Dritten (zum Beispiel den Judenrat zur Versorgung des Ghettos) floss.

Das Tatbestandsmerkmal "gegen Entgelt" ist damit in jedem Fall als erfüllt anzusehen und braucht nicht geprüft zu werden.

Zeiten bei der Ostbahn

Die Reichsbahn übernahm in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten die dort vorhandenen Eisenbahnen und führte sie unter der Bezeichnung Ostbahn fort. Somit fallen Beschäftigungen bei der Ostbahn grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der DRV Knappschaft-Bahn-See (KBS). Entscheidend für die Zuordnung einer Ghetto-Beitragszeit zur DRV KBS ist, dass eine arbeitsrechtliche Beziehung zwischen der Ghettobewohnerin/dem Ghettobewohner und der Ostbahn bestanden hatte beziehungsweise zu unterstellen ist, das heißt, wenn die Arbeitsleistung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Ostbahn erbracht wurde. Wurde dagegen die Arbeitsleistung nur für die Ostbahn auf Veranlassung eines Dritten erbracht, zum Beispiel Arbeitsausführungen von einem Subunternehmer, von einem Arbeitslager oder auf Veranlassung der Wehrmacht (Be- und Entladen von Waggons, Streckenarbeiten und so weiter), ist die Zuständigkeit der DRV KBS nicht gegeben. Fälle, in denen es nach Prüfung der vorhandenen Unterlagen überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Ghettobewohnerin/der Ghettobewohner Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer der Ostbahn war, können daher an die DRV KBS abgegeben werden.

Ausschlussgrund "Ausländischer Rentenbezug"

Mit Urteil des BSG vom 12.02.2009, AZ: B 5 R 70/06 R wurde festgestellt, dass der Ausschlussgrund "Ausländischer Rentenbezug" nicht schon deshalb greift, weil die Zeit im Ghetto im ausländischen Versicherungsverlauf als Versicherungszeit berücksichtigt wird. Nach Ansicht des BSG greift der Ausschluss wegen des Zweckes, Doppelleistungen zu vermeiden, vielmehr nur dann und insoweit, als sich die Berücksichtigung der fraglichen Zeit auf die Höhe der ausländischen Rente tatsächlich auswirkt.

Ob sich die fragliche Zeit auf die Höhe der ausländischen Rente tatsächlich auswirkt, kann in der Regel nur durch eine Vergleichsberechnung durch den ausländischen RV-Träger festgestellt werden. Eine solche Vorgehensweise wäre jedoch sehr zeitintensiv. Vor dem Hintergrund einer einheitlichen, schnellen und unbürokratischen Umsetzung der Rechtsprechung des BSG ist hier der Rechtsauffassung des BMF bezüglich des ausländischen Rentenbezuges bei der Anerkennungsrichtlinie (vergleiche Abschnitt 8) zu folgen.

Danach steht die Berücksichtigung der Ghetto-Zeit in einer ausländischen Rente der Zahlung einer Rente nach dem ZRBG nicht entgegen, weil ausländische Rechtsordnungen regelmäßig nicht an die Arbeitsleitung im Ghetto, sondern an die Verfolgung allgemein oder den Aufenthalt im Ghetto anknüpfen. Der Ausschlussgrund "soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird" liegt damit regelmäßig nicht vor und braucht nicht geprüft zu werden.

Zeiten der Kindererziehung

Erziehungszeiten (Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten) können regelmäßig neben einer anerkannten Ghetto-Beitragszeit in analoger Anwendung von § 56 Abs. 3 S. 2 SGB VI berücksichtigt werden, unabhängig davon, ob es sich um ein Ghetto in den eingegliederten Gebieten handelt. Sofern sich Fälle im Geschäftsgang befinden, bei denen aus dem Akteninhalt die Geburt von Kindern während des Ghettoaufenthaltes ersichtlich ist oder bei denen Erziehungszeiten während des Ghettoaufenthaltes abgelehnt wurden, werden diese von Amts wegen überprüft.

Überprüfungsanträge werden entsprechend beschieden.

Während verfolgungsbedingter Ersatzzeiten beziehungsweise neben Ersatzzzeiten wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthaltes können Erziehungszeiten nach § 12a WGSVG anerkannt werden, sofern Ghetto-Beitragszeiten vorliegen.

Gleiches gilt auch für eine KLG-Leistung: Bei Anwendung des § 294 SGB VI steht die Geburt eines Kindes während einer Ghetto-Beitragszeit oder während verfolgungsbedingter Ersatzzeiten beziehungsweise neben Ersatzzeiten wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthalts einer Geburt im Inland gleich, wenn der Mutter eine Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG anerkannt werden kann.

Beachte:

Hinsichtlich einer KLG-Leistung, die grundsätzlich auch frühestens ab 01.07.1997 gezahlt werden kann, ergibt sich lediglich die Besonderheit, dass diese aufgrund von § 294 Abs. 5 SGB VI nur bei einer vorliegenden Gebietsgleichstellung oder im Rahmen von §§ 18, 19 WGSVG ab diesem Zeitpunkt erbracht werden kann.

Glaubhaftmachung

Es gelten die allgemeinen Kriterien für die Anerkennung von Beitragszeiten. Danach reicht für die Anerkennung der Ghetto-Beitragszeiten die Glaubhaftmachung aus. Eine Tatsache ist glaubhaft, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist. Es muss somit im Einzelfall im Rahmen der freien Beweiswürdigung geprüft werden, ob eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde.

Die neuen Maßstäbe zur Beurteilung der ZRBG-Sachverhalte nach der BSG-Rechtsprechung, der über 65 Jahre zurückreichende Zeitablauf und die spezifische Art der NS-Verfolgung haben auch Auswirkungen auf die Beweiswürdigung. Es sind keine strengen Maßstäbe anzusetzen.

Bei der Beweiswürdigung ist vorrangig auf das aktuelle und jüngste Tatsachenvorbringen abzustellen. Sofern aus den Akten auch Angaben der Verfolgten oder von Zeugen aus früheren (Entschädigungs-)Verfahren ersichtlich sind, ist zu berücksichtigen, dass Widersprüche zwischen diesen Angaben der Glaubhaftigkeit der heutigen Erklärungen im Sinne einer guten Möglichkeit insbesondere dann nicht entgegenstehen, wenn die Angaben der Antragsteller bezogen auf den geltend gemachten Zeitraum bei allen Unterschieden im Einzelnen im Kern im Wesentlichen übereinstimmen und sich verbleibende Widersprüche bei wohlwollender Betrachtungsweise erklären lassen. Dies gilt umso mehr, wenn die Angaben in den wichtigsten Zügen historisch plausibel erscheinen.

Es ist ferner zu berücksichtigen, dass

  • die persönliche Wertung der tatsächlichen Umstände durch die Betroffenen ("Ich habe die Arbeit als Zwang empfunden") keinen Einfluss auf deren rechtliche Beurteilung haben kann,
  • es unter Berücksichtigung der Arbeitspflicht, Ghetto-Einschließung, der ständigen Todesangst und anderer Auswirkungen des Naziterrors nachvollziehbar ist, wenn Arbeit unter diesen Bedingungen als "Zwangsarbeit" empfunden und bis zur Neubewertung von Ghetto-Beschäftigungen durch das BSG auch als solche bezeichnet wurde,
  • eine hohe Sterblichkeitsrate von Ghetto-Beschäftigten für sich allein kein Beleg für Zwangsarbeit ist, weil eine schlechte Nahrungsmittelversorgung der Ghettos und eine unzureichende gesundheitliche Betreuung die generelle Lage in den Ghettos prägten und nach den für das ZRBG grundlegenden Urteilen des BSG vom 18.06.1997 die allgemeinen sonstigen Lebensumstände bei der Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses außer Betracht zu lassen sind,
  • es auch in den Ghettos zu massiven Körperverletzungen durch Misshandlungen gekommen ist, aber Exzesse durch einzelne, besonders grausame Deutsche oder deren Verbündete nicht maßgebend für die Gesamtwürdigung des Arbeitsverhältnisses und die Art seines Zustandekommens sind,
  • die aufzuklärenden Sachverhalte bereits mehr als 65 Jahre zurückliegen,
  • es keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingebend gibt, dass man sich an lang zurückliegende Geschehnisse nicht erinnern kann,
  • die Annahme, dass die zeitnäheren Angaben immer Vorrang vor den späteren genießen, ein Verstoß gegen das Verbot vorweggenommener Beweiswürdigung wäre,
  • es im Rahmen früherer Entschädigungsverfahren um Fragen der Freiheitsentziehung ging und (heute rentenrechtlich differenziert zu betrachtende) Zeiträume und Aufenthaltsorte zusammengefasst werden konnten,
  • verbleibende Widersprüche möglicherweise durch eine Befragung der Antragsteller an ihrem Wohnort aufgeklärt werden könnten, die jedoch zeitaufwändig und belastend für die Antragsteller sein könnte und in Anbetracht der Eilbedürftigkeit einer Entscheidung nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden kann,
  • verbleibende Zweifel bei dem hier geforderten Beweismaß unschädlich sind,
  • es sich bei den NS-Verfolgten mit hoher Wahrscheinlichkeit um traumatisierte Menschen handelt,
  • die Arbeit für die Verfolger von Überlebenden als massiv ambivalent erlebt wird, indem die Arbeit nicht nur als Mittel angesehen wird, sich der Verfolgung erfolgreich zu widersetzen, sondern auch als Versuch, sich den Verfolgern "anzubiedern" und sich selbst sowie die Mitverfolgten zu verraten,
  • es deshalb nachvollziehbar ist, wenn Arbeiten "aus eigenem Willensentschluss" in früheren (Entschädigungs-)Verfahren unerwähnt blieben.

Diese bei weitem nicht erschöpfende Aufzählung verdeutlicht, dass sich scheinbar widersprüchliche Angaben bei wohlwollender Betrachtungsweise erklären lassen und diese Aspekte bei der Glaubhaftmachung nicht vernachlässigt werden dürfen.

Die Frage der Glaubhaftmachung stellt sich sowohl bei der Prüfung von Altersrentenansprüchen als auch bei Anträgen von Hinterbliebenen (Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten) sowie von Rechtsnachfolgern (Überprüfungsanträge/ Eintritt in ein offenes oder noch anhängiges Verfahren - vergleiche hierzu analog GRA zu § 3 ZRBG, Abschnitt 3.6). Auch bei Hinterbliebenen und Rechtsnachfolgern müssen alle Tatbestände (Ghettoaufenthalt oder vergleichbare Zwangssituation sowie Beschäftigung, in Einzelfällen eventuell auch der Verfolgtenstatus) glaubhaft gemacht werden.

Angaben von Personen, die ihre Kenntnisse nur vom Hörensagen haben, haben einen schwächeren Beweiswert; sie können dennoch zur Sachverhaltsaufklärung beitragen und sind daher zu berücksichtigen. Die Angaben dieser Personen können – sofern sie im betroffenen Zeitraum nicht mit der verstorbenen Person zusammen waren – nicht auf eigenen Erfahrungen und Erlebnissen beruhen, sondern nur auf Erzählungen des Verstorbenen. Ergibt sich nicht bereits aus den vorliegenden Unterlagen, auf welchen Informationsquellen diese Angaben basieren, sind die antragstellenden Personen zu bitten, dies mitzuteilen. Insbesondere ist zu fragen, ob es Zeitzeugen gibt, die die Angaben bestätigen können und gegebenenfalls selbst eine Leistung nach dem ZRBG für diese Zeit erhalten. Die Glaubhaftmachung einer einem Ghettoaufenthalt vergleichbaren Zwangssituation ist bei Hinterbliebenen/Rechtsnachfolgern regelmäßig möglich, wenn das Vorbringen durch etwaige Angaben der verstorbenen Person zu Lebzeiten oder durch Zeitzeugen bestätigt wird.

Eine Ausnahme gilt für Eheleute, die jahrzehntelang miteinander verheiratet waren. Hier kann davon ausgegangen werden, dass die/der Hinterbliebene mit dem Verfolgungsschicksal der bereits verstorbenen Person vertraut ist. Werden in einem solchen Fall ergänzend zu den Angaben im Antragsvordruck plausible und detaillierte Angaben gemacht, die ins Gesamtbild des Vorgangs passen (zum Beispiel nicht im Widerspruch zu von der verstorbenen Person zu Lebzeiten zur Verfügung gestellten Informationen stehen), ist eine Glaubhaftmachung möglich.

Ergänzung zu den Regelungen des WGSVG und des SGB VI

Das ZRBG schließt die Anwendung anderer Vorschriften des WGSVG, des SGB VI und des FRG/FANG nicht aus. Nach § 1 Abs. 2 ZRBG ergänzen sich die oben angegebenen Vorschriften, wenn dies für den Verfolgten günstiger ist.

Die Ergänzung hat insbesondere Bedeutung für die in den anderen Vorschriften zum Leistungsrecht getroffenen Regelungen über die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten, die besondere Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten und die Bewertung von Verfolgungsersatzzeiten für pflichtversicherte Verfolgte. Hinsichtlich der Bewertung der Ghetto-Beitragszeiten und der Bewertung der Verfolgungsersatzzeit wird auf die GRA zu § 2 ZRBG verwiesen.

Sind die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Zeiten der entgeltlichen Beschäftigung in einem Ghetto sowohl als Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG als auch als Beitragszeiten nach dem FRG beziehungsweise als reichsgesetzliche Beitragszeiten erfüllt, ist die für den Berechtigten jeweils günstigste Regelung anzuwenden. Gegebenenfalls kann es auch zu einem Zusammenwirken der Regelungen kommen.

Ausschluss der Kleinstzeiten-Regelungen

Nach § 1 Abs. 3 ZRBG besteht der Anspruch auf eine Rente nach diesem Gesetz selbst dann, wenn die zur Leistungspflicht nach über- oder zwischenstaatlichem Recht erforderliche Mindestanzahl an rentenrechtlichen Zeiten für die Rentenberechnung nicht vorliegt.

Hierdurch wird lediglich die Anwendung der ”Kleinstzeiten-Regelungen” (zum Beispiel bei Vorliegen von weniger als 12 Monaten im Verhältnis zu Israel - Art. 20 Abs. 2 SVA-Israel - und den EU-Mitgliedstaaten - Art. 57 VO (EG) Nr. 883/2004 - oder weniger als 18 Monate im Verhältnis zu den USA - Art. 7 Abs. 2 SVA-USA ausgeschlossen.

Die erforderliche Mindestanzahl an rentenrechtlichen Zeiten für den Rentenanspruch wird von dieser Regelung nicht berührt (keine Wartezeitfiktion). Das heißt, die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren für die Regelalters- beziehungsweise Hinterbliebenenrente nach § 50 Abs. 1 SGB VI muss - gegebenenfalls unter Zusammenrechnung mit den nach über- und zwischenstaatlichem Recht zu berücksichtigenden Zeiten - erfüllt sein.

Mit dem Ausschluss der Kleinstzeitenregelung wird sichergestellt, dass der Verfolgte oder seine Hinterbliebenen tatsächlich Leistungen aus der deutschen Rentenversicherung erhalten. Ansonsten würden die überwiegend kurzen Zeiträume der Beschäftigung im Ghetto zwar in der deutschen Rentenversicherung angerechnet, sie wären aber durch den anderen beteiligten Staat abzugelten. Ob sie sich dann in der ausländischen Rente auswirken würden, ist fraglich und hängt vom jeweiligen ausländischen Rentenrecht ab.

Art der Leistung

Rentenleistungen nach dem ZRBG gelten nicht als Leistungen der sozialen Sicherheit (§ 1 Abs. 4 ZRBG). Es handelt sich vielmehr um Leistungen, deren Gewährung in das pflichtgemäße Ermessen des Versicherungsträgers gestellt ist. Daraus folgt, dass der Rentenversicherungsträger zu prüfen hat, ob dem Berechtigten die Leistung nach dem ZRBG tatsächlich zu Gute kommt. Die Rente ist daher grundsätzlich nicht in das Ausland zu zahlen, wenn staatliche Leistungen des Aufenthaltsstaates (zum Beispiel ausländische Sozialhilfe) deswegen gekürzt würden oder entfielen. Bescheide, mit denen eine Rente nach dem ZRBG bewilligt wird, sind daher mit einem entsprechenden Bescheidtext zu versehen.

§ 1 Abs. 4 ZRBG steht dabei der Anwendung des über-und zwischenstaatlichen Rechts nicht entgegen. Dies bedeutet unter anderem, dass Renten unter Berücksichtigung des ZRBG im Rahmen der Anwendung des Europarechts uneingeschränkt an Berechtigte mit Wohnsitz in den Mitgliedstaaten ausgezahlt werden können.

Im Verhältnis zu einzelnen Staaten ist diesbezüglich Folgendes bekannt:

  • In Israel ist durch eine Gesetzesänderung festgelegt worden, dass Renten nach dem ZRBG bei der Berechnung der israelischen Sozialhilfe nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und damit nicht zur Minderung oder zum Wegfall der Sozialhilfe führen können.
  • In Australien sind staatliche Renten grundsätzlich einkommensabhängig. Bei der Einkommensprüfung werden aber deutsche Entschädigungs- und Wiedergutmachungsleistungen nicht berücksichtigt. Dazu gehören auch Leistungen nach dem ZRBG. Dies gilt auch, wenn die ZRBG-Rente neben den Ghetto-Beitragszeiten noch andere rentenrechtliche Zeiten enthält. Im Interesse der Rentenbezieher sollte der australische Versicherungsträger (Centrelink) bei Bescheiderteilung darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine ZRBG-Leistung handelt. Hierfür genügt der Hinweis „ZRBG-Rente“ auf dem Mitteilungsformblatt 2 (D/AUS 5) unter Ziffer 2.1, letztes Feld. Die Abkürzung „ZRBG“ ist Centrelink bekannt.
  • In den USA sollen amerikanische Leistungen (zum Beispiel Social Security Income - SSI ist gleich vergleichbar Sozialhilfe/Grundsicherung) regelmäßig auf Grund des „Victims of Nazi Persecution Act of 1994“ nicht gekürzt werden. Im Einzelfall kann den betroffenen Berechtigten auf Antrag eine ausdrückliche Bescheinigung ausgestellt werden, dass ihr deutscher Rentenanspruch auf dem ZRBG basiert.
  • In den Niederlanden wurde durch das Amsterdamer Gericht entschieden, dass eine ZRBG-Rente nicht als Altersrente eines anderen Landes betrachtet werden kann und dass der Bezug einer ZRBG-Rente für Personen, die sich im Ghetto in Amsterdam aufgehalten haben, unabhängig vom Wohnsitz nicht zur Kürzung der AOW-Leistung führen darf.

Erstattungsansprüche

Die Zahlung einer Rente nach dem ZRBG ist nicht ausgeschlossen, wenn dies zur Kürzung oder zum Wegfall einer deutschen staatlichen Leistung (zum Beispiel der Grundsicherung nach den Vorschriften des SGB XII) führt. Die Anwendung des § 1 Abs. 4 ZRBG ist auf ausländische staatliche Leistungen beschränkt.

Grundsicherungsämter

Nach Abstimmung in der LGZRBG ist in Fällen eines Zusammentreffens von Leistungen nach dem ZRBG und Leistungen der Grundsicherung daher wie folgt zu verfahren:

  1. ZRBG-Leistungen sind als zweckbestimmte Leistungen nach § 83 Abs. 1 SGB XI nicht auf die Grundsicherung anzurechnen; Erstattungsansprüche der Grundsicherungsämter auf die Rentennachzahlung sind insoweit ausgeschlossen.
  2. Zur ZRBG-Leistung gehören die Rentenanteile, die auf den Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG, den Verfolgungsersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI und - gegebenenfalls als WGSVG-Rentenanteil - auf rentenrechtlichen Zeiten beruhen, die nach den §§ 12 bis 16 WGSVG angerechnet beziehungsweise bewertet wurden (einschließlich der gegebenenfalls bewerteten Verfolgungsersatzzeiten).
  3. Die gegebenenfalls daneben auf anderen Zeiten (zum Beispiel auf "normalen" Bundesgebiets-Beitragszeiten, nachentrichteten Beiträgen und Zeiten der freiwilligen Versicherung nach dem WGSVG) beruhenden Rentenanteile sind keine ZRBG-Leistungen und damit nicht anrechnungsfrei. Dies gilt auch dann, wenn mit diesen Zeiten erst die Wartezeit für eine ZRBG-Rente erfüllt wurde oder allein aus diesen Zeiten kein Rentenanspruch entstünde.
  4. Die in diesen Fällen notwendige Anteilsberechnung der für die Erstattung zur Verfügung stehenden Rentenbeträge ist bei Erstfeststellungen durch eine Probeberechnung allein auf der Grundlage der "anderen" Zeiten nach Ziffer 3 vorzunehmen. Die sich bei dieser Berechnung ergebende Nachzahlung stellt den erstattungsfähigen Rentenbetrag dar.
  5. Ist eine laufende Rente unter Berücksichtigung des ZRBG neu festzustellen, ist der gesamte Erhöhungsbetrag der Rente als anrechnungsfreie ZRBG-Leistung anzusehen, wenn der neu festgestellten Rente allein zusätzliche Zeiten nach Ziffer 2 zugrunde liegen.

In den "Mischfällen" (anteiliger Erstattungsanspruch) sind die Grundsicherungsämter über den erstattungsfähigen Rentenanteil zu unterrichten. Dies gilt auch dann, wenn Grundsicherungsämter im Einzelfall die Höhe des erstattungsfähigen Rentenanteiles erfragen.

In den Fällen einer "reinen" ZRBG-Rente sind keine Rentenmitteilungen an die Grundsicherungsämter zu versenden, vielmehr sind die Grundsicherungsämter im Einzelfall entsprechend Ziffer 1 zu unterrichten. Werden Erstattungsansprüche bereits im Vorfeld geltend gemacht, sind bei "reinen" ZRBG-Renten die Grundsicherungsämter im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu informieren.

Entschädigungsbehörden

Die Entschädigungsbehörden können im Rahmen der §§ 102 ff. SGB X keinen Erstattungsanspruch auf die Rentennachzahlung geltend machen, weil sie nicht zu den Trägern von Sozialleistungen im Sinne von § 12 SGB I in Verbindung mit §§ 18 bis 29 SGB l gehören. Die Rentenversicherungsträger sind auch nicht verpflichtet, die Entschädigungsbehörden über die Bewilligung einer ZRBG-Rente von Amts wegen zu unterrichten. Dies ist vielmehr Aufgabe des Berechtigten selbst. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich regelmäßig aus dem Bescheid über die Bewilligung der Entschädigungsrente. Von einer Unterrichtung der Entschädigungsbehörden über die Bewilligung einer Rente nach dem ZRBG ist daher grundsätzlich abzusehen.

Im Rahmen des Datenschutzes gehören die Entschädigungsbehörden allerdings zu den Stellen im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 1 SGB X, die den Sozialleistungsträgern gleichgestellt sind. Auf Ersuchen sind ihnen daher die Daten über den Bezug einer ZRBG-Rente zu übermitteln, soweit sie diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen.

Anerkennungsrichtlinie der Bundesregierung

Nach der Richtlinie der Bundesregierung über eine Anerkennungsleistung an Verfolgte für Arbeit in einem Ghetto, die keine Zwangsarbeit war (Anerkennungsrichtlinie), können Verfolgte im Sinne des § 1 BEG, die in einem beschäftigungsähnlichen Verhältnis in einem Ghetto gearbeitet haben, unter bestimmten Voraussetzungen eine einmalige Anerkennungsleistung in Höhe von 2.000,00 Euro erhalten. Die Anerkennungsrichtlinie vom 01.10.2007 war zunächst durch die Richtlinie vom 20.07.2011 (BAnz Nr. 110, S. 2624) neu gefasst worden. Durch die Neufassung der Anerkennungsrichtlinie vom 20.12.2011 (BAnz Nr. 195, S. 4608) sind die Bestimmungen der Richtlinie erneut geändert worden. Die Neufassung ist rückwirkend zum 06.10.2007 in Kraft getreten. Gleichzeitig ist die Anerkennungsrichtlinie vom 20.07.2011 außer Kraft getreten. Durch eine weitere Neufassung vom 12.07.2017 (BAnz AT 14.07.2017 B1), die am 14.07.2017 in Kraft getreten ist, sind die Bestimmungen der Richtlinie erweitert worden.

Nach der ursprünglichen Fassung der Richtlinie bestand kein Anspruch auf die Anerkennungsleistung, wenn die Arbeit im Ghetto bereits als Beitragszeit (das heißt als Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG, als Beitrags- oder Beschäftigungszeit nach dem FRG oder als reichsgesetzliche Beitragszeit) in der deutschen Rente berücksichtigt wurde. Die Berücksichtigung der Ghetto-Zeit in einer ausländischen Rente oder als Ersatzzeit in der deutschen Rente schloss dagegen die Zahlung der Anerkennungsleistung nicht aus.

Nach der Neufassung der Richtlinie steht die rentenrechtliche Berücksichtigung der Arbeit im Ghetto der Zahlung der Anerkennungsleistung nicht mehr entgegen, das heißt, beide Leistungen können gezahlt werden.

Darüber hinaus kann durch die Änderung vom 14.07.2017 ein weiterer zusätzlicher Anspruch auf einen einmaligen Rentenersatzzuschlag in Höhe von 1.500,00 Euro für die Berechtigten bestehen, deren Antrag auf Versichertenrente trotz anerkannter Ghetto-Beitragszeiten abgelehnt wurde, weil sie die allgemeine Wartezeit (Mindestversicherungszeit) von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt haben.

Zuständig für die Durchführung der Richtlinie ist das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV), 11055 Berlin, das nach Weisung des BMI arbeitet.

In der Fassung der Richtlinie vom 20.07.2011 (§ 8) konnten erstmalige Anträge auf die Anerkennungsleistung wirksam nur noch bis 31.12.2011 gestellt werden. In der Neufassung der Richtlinie vom 20.12.2011 ist der bisherige § 8 ersatzlos gestrichen worden. Anträge auf die Anerkennungsleistung für Ghetto-Arbeit können nunmehr auch über den 31.12.2011 hinaus gestellt werden.

Anträge, die nach der ursprünglichen Fassung der Richtlinie wegen einer rentenrechtlichen Berücksichtigung der Ghetto-Zeit abgelehnt wurden, sind von Amts wegen wieder aufgenommen worden (§ 7 Satz 1 der Richtlinie). Soweit Verfahren über die Anerkennungsleistung entsprechend der bisherigen Rechtslage für die Dauer des Renten- und Widerspruchsverfahrens beim Rentenversicherungsträger ruhten, ist dieser Ruhensgrund entfallen.

Besteuerung von ZRBG-Renten

Bezieher einer Rente aus der Deutschen Rentenversicherung sind seit 2005 mit ihren Bezügen in Deutschland steuerpflichtig. Dies gilt auch für im Ausland ansässige Personen, sofern sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen nichts Abweichendes ergibt.

Von der Besteuerung ausgenommen sind Renten für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung im Sinne des § 1 BEG. Durch § 3 Nr. 8a EStG werden die Sozialversicherungsrenten dieser Personen rückwirkend steuerfrei gestellt. Hierbei wird die Steuerbefreiung auf alle Fälle angewendet, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

Rechtsfolge dieser Änderung ist, dass die Deutsche Rentenversicherung künftig keine Rentenbezugsmitteilungen für diesen Personenkreis mehr abzugeben hat. Bereits erteilte Rentenbezugsmitteilungen müssen storniert werden.

Es ist bei der Erteilung von Rentenbewilligungsbescheiden für ZRBG-Berechtigte darauf zu achten, dass die Hinweise zur Besteuerung nicht mehr in den Bescheid aufgenommen werden.

Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vom 15.07.2014

Inkrafttreten: 01.07.1997

Quelle: BGBl. I S. 952 f

§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG wurde durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG-ÄndG) vom 15.07.2014 geändert. Nach der Änderung ist nun auf das Gebiet des nationalsozialistischen Einflussbereichs abzustellen und nicht mehr auf die vom Deutschen Reich besetzten oder diesem eingegliederte Gebiete. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG entspricht daher der Formulierung aus der sogenannten Anerkennungsrichtlinie.

Nach Art. 2 Abs. 2 ZRBG-ÄndG ist die Änderung rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft getreten. 

Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vom 20.06.2002

Inkrafttreten: 01.07.1997

Quelle: BGBl. I S. 2074

Das ZRBG vom 20.06.2002 wurde am 27.06.2002 veröffentlicht und ist nach seinem Artikel 3 Absatz 2 rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 1 ZRBG