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§ 63 FamFG: Beschwerdefrist

Änderungsdienst
veröffentlicht am

04.10.2022

Änderung

In Abschnitt 5 und 5.1 wurden Ergänzungen im Hinblick auf den Beginn der Beschwerdefrist bei elektronischer Übermittlung von Beschlüssen vorgenommen.

Dokumentdaten
Stand26.09.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05.12.2012 in Kraft getreten am 01.01.2013
Rechtsgrundlage

§ 63 FamFG

Version003.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift regelt die Frist zur Einlegung einer Beschwerde sowie den Fristbeginn.

Nach Absatz 1 ist die Beschwerde grundsätzlich innerhalb eines Monats einzulegen.

Richtet sich die Beschwerde gegen Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts, gilt nach Absatz 2 eine Beschwerdefrist von zwei Wochen.

Der Beginn der Beschwerdefrist ist in Absatz 3 geregelt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit den Regelungen zum Beschwerdeverfahren und zur Rechtskraft zu sehen, unter anderem mit:

Allgemeines

§ 63 FamFG enthält eine zeitliche Befristung für alle Beschwerden gegen Endentscheidungen im Sinne von § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG (zum Begriff der Endentscheidung siehe GRA zu § 38 FamFG, Abschnitt 3.1), also auch gegen Endentscheidungen zum Versorgungsausgleich.

Die Vorschrift findet nur in Versorgungsausgleichssachen der ersten Instanz Anwendung. Hierzu gehören in erster Linie Entscheidungen der Amtsgerichte über

Für die Rechtsbeschwerde gegen zweitinstanzliche Entscheidungen von Oberlandesgerichten/des Kammergerichts Berlin gelten die §§ 70 ff. FamFG.

Die regelmäßige Beschwerdefrist beträgt einen Monat (Abschnitt 3). Für Beschwerden gegen Endentscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung oder über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts beträgt die Beschwerdefrist aus Beschleunigungsgründen nur zwei Wochen (Abschnitt 4).

Für den Fristbeginn kommt es auf die schriftliche Bekanntgabe an den jeweiligen Beteiligten an (siehe Abschnitt 5).

Hinsichtlich des Endes der Beschwerdefrist ist zu beachten, dass die Beschwerde zur Fristwahrung beim zuständigen Gericht am Tag des Fristablaufs bis zum Ende des Tages eingehen muss. Einzelheiten hierzu sind in der GRA zu § 64 FamFG beschrieben.

Beschwerdefrist von einem Monat (Absatz 1)

Die Beschwerdefrist für Entscheidungen in Versorgungsausgleichssachen beträgt grundsätzlich einen Monat. Ausnahmen ergeben sich nur, wenn gesetzlich eine andere Frist bestimmt ist sowie in den Fällen des Absatzes 2 (siehe Abschnitt 4).

Berechnung der Frist

Die Berechnung der Frist richtet sich nach den §§ 187 bis 193 BGB, § 222 ZPO, § 16 Abs. 2 FamFG. Wird zum Beispiel eine Entscheidung am 15.06. bekannt gegeben, läuft die Monatsfrist am 15.07. ab. Bei einer Bekanntgabe am 31.01. ist Fristablauf der 28.02. oder in Schaltjahren der 29.02.

Für die Dauer der Frist ist unerheblich, ob die Bekanntgabe auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt. Fällt dagegen der Tag des Fristablaufs auf einen solchen Tag, endet die Frist erst mit Ablauf des auf diesen folgenden Werktags. Bei einem nicht bundesweiten Feiertag wird das Ende der Rechtsmittelfrist allerdings nur dann hinausgeschoben, wenn der betreffende Tag bei dem Amtsgericht, bei dem die Beschwerde einzulegen ist, gesetzlicher Feiertag ist (BGH vom 10.01.2012, AZ: VI ZA 27/11).

Siehe Beispiel 1

Die Beschwerdefrist kann weder durch das Familiengericht noch durch eine Vereinbarung der Beteiligten verkürzt oder verlängert werden (§ 16 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 224 Abs. 2 letzter Halbs. ZPO). Die Ehegatten können zwar auf Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel hinsichtlich der Scheidung und ihrer Folgesachen wirksam verzichten. Der Rechtsmittelverzicht kann jedoch nur den Scheidungsausspruch betreffen und nicht den Versorgungsausgleich, da die am Versorgungsausgleich beteiligten Rentenversicherungs- und Versorgungsträger Rechtsmittel einlegen können. Wird die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt, kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen (§§ 17ff. FamFG).

Ausnahmen von der Monatsfrist

Neben den in Absatz 2 beschriebenen Ausnahmefällen, für die eine Zweiwochenfrist gilt (siehe Abschnitt 4), gibt es weitere Ausnahmen von der Monatsfrist. Hierzu zählen in erster Linie die Fälle, in denen Vorschriften des FamFG auf das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 567 ff. ZPO verweisen. Die sofortige Beschwerde ist grundsätzlich binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen. Die Einlegung erfolgt bei dem Gericht, das entschieden hat, oder bei dem Beschwerdegericht.

Die gesetzliche Rentenversicherung hat in bestimmten Fällen auch in Versorgungsausgleichssachen die Zweiwochenfrist zu beachten, zum Beispiel bei der Anfechtung von

Beschwerdefrist von zwei Wochen (Absatz 2)

Für Beschwerden gegen Endentscheidungen

  • in Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
  • über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts beträgt die Beschwerdefrist zwei Wochen.

Die Zweiwochenfrist dient in erster Linie der Verfahrensbeschleunigung.

Die gesetzliche Rentenversicherung kann im Einzelfall von einer einstweiligen Anordnung betroffen sein, wenn zum Beispiel in einem langwierigen Verfahren über die Anpassung wegen Unterhalt nach § 33 VersAusglG eine abschließende Entscheidung noch nicht getroffen werden kann. In solchen Fällen kann das Familiengericht durch eine einstweilige Anordnung bestimmen, dass vom Rentenversicherungsträger bereits ein Anpassungsbetrag zu zahlen ist.

Von Beschlüssen, die die Genehmigung von Rechtsgeschäften zum Gegenstand haben, ist die gesetzliche Rentenversicherung grundsätzlich nicht berührt. Genehmigungsvorbehalte finden sich zum Beispiel im Eherecht für betreute Personen: § 1411 BGB (Ehevertrag), § 1484 Abs. 2 BGB (Ablehnung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft) und im Kindschaftsrecht: §§ 1596, 1597, 1599 BGB (Vaterschaftsanerkennung und Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung).

Für die Berechnung der Zweiwochenfrist gelten die gleichen Grundsätze wie für die Monatsfrist (Abschnitt 3.1).

Beginn der Beschwerdefrist (Absatz 3)

Die Beschwerdefrist beginnt nach § 63 Abs. 3 S. 1 FamFG mit der schriftlichen Bekanntgabe an die Beteiligten. Es genügt die Bekanntgabe einer beglaubigten Abschrift des Beschlusses. Eine Ausfertigung muss seit dem 01.07.2014 nicht mehr zugestellt werden (siehe GRA zu § 41 FamFG, Abschnitt 5). Eine nur mündliche Bekanntgabe setzt die Frist nicht in Lauf.

Die schriftliche Bekanntgabe kann auch durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gegen elektronisches Empfangsbekenntnis bewirkt werden. Das elektronische Empfangsbekenntnis wird neben dem Beschluss in Form eines strukturierten Datensatzes übersandt und kann vom Empfänger durch einfaches Klicken bestätigt werden. Als zurücklaufender Datensatz wird es dann sofort dem Dokument zugeordnet und entsprechend dokumentiert. Als Datum der Bekanntgabe beim Rentenversicherungsträger gilt das Datum des Datensatzes, mit dem der Eingang des elektronischen Dokuments bestätigt wird (siehe auch GRA zu § 41 FamFG, Abschnitt 3.1.1).

Wann die Beschwerdefrist für den Rentenversicherungsträger beginnt, hängt davon ab, ob die Versorgungsausgleichsentscheidung diesem ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde oder nicht (Abschnitte 5.1 und 5.2). Bei Bekanntgabe eines fehlerhaften Beschlusses richtet sich der Beginn der Beschwerdefrist nach Abschnitt 5.3. In Abschnitt 5.4 ist der Beginn der Beschwerdefrist beschrieben, wenn der Rentenversicherungsträger am Versorgungsausgleichsverfahren überhaupt nicht beteiligt war.

Beginn der Beschwerdefrist bei ordnungsgemäßer Bekanntgabe

Um die Beschwerdefrist in Gang zu setzen, muss der Beschluss den im Verfahren Beteiligten schriftlich bekannt gegeben werden (§ 63 Abs. 3 S. 1 FamFG). Die Bekanntgabe von Beschlüssen ist in § 41 FamFG geregelt. Wer Beteiligter ist, ergibt sich aus der GRA zu § 219 FamFG.

Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe an mehrere beschwerdeberechtigte Beteiligte zu unterschiedlichen Zeitpunkten, beginnt auch die Frist zur Beschwerdeeinlegung für die einzelnen Beteiligten zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

Führt ein Rentenversicherungsträger sowohl das Konto der ausgleichspflichtigen Person als auch das Konto der ausgleichsberechtigten Person, wird die Beschwerdefrist durch die einmalige Zustellung ausgelöst; eine Mehrfachzustellung ist nicht geboten (OLG Bamberg vom 21.05.2014, AZ: 2 UF 56/14, FamRZ 2015, 275). Die Beschwerdefrist wird durch die erste Zustellung in Gang gesetzt (OLG Frankfurt vom 14.08.2020, AZ: 4 UF 122/20, FamRZ 2021, 353).

Für die Bewirkung der Bekanntgabe gilt in Versorgungsausgleichssachen stets die allgemeine Regelung des § 15 FamFG zur Bekanntgabe von fristsetzenden und verfahrensbestimmenden Dokumenten. Es spielt keine Rolle, ob über den Versorgungsausgleich im Verbund mit der Scheidung oder in einem selbständigen Verfahren entschieden wurde (BGH vom 13.11.2013, AZ: XII ZB 414/13, FamRZ 2014, 109, und BGH vom 27.11.2013, AZ: XII ZB 464/13).

Die schriftliche Bekanntgabe von Beschlüssen in Versorgungsausgleichssachen erfolgt entweder durch förmliche Zustellung nach §§ 166 bis 195 ZPO (§ 15 Abs. 2 Halbs. 1 FamFG) oder durch Aufgabe zur Post (§ 15 Abs. 2 Halbs. 2 FamFG).

In welcher Form die Bekanntgabe erfolgt, steht dabei grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Eine Einschränkung des Ermessens enthält § 41 Abs. 1 S. 2 FamFG. Danach ist eine förmliche Zustellung vorgeschrieben, wenn ein Beschluss demjenigen zugestellt werden soll, dessen Willen er nicht entspricht (siehe GRA zu § 41 FamFG, Abschnitt 3). Hier ist die förmliche Zustellung Voraussetzung für eine wirksame Bekanntgabe.

Bei der förmlichen Zustellung darf das Familiengericht nach den derzeitigen gesetzlichen Regelungen wählen, ob es

Anders als für die Versorgungsträger und die Rechtsanwälte ist die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für die Familiengerichte (noch) nicht verpflichtend.

Bei der Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post ist die widerlegbare Zustellungsfiktion vorgesehen, nach der ein Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben gilt, wenn nicht der Beteiligte einen späteren oder fehlenden Zugang glaubhaft macht (§ 15 Abs. 2 S. 2 FamFG). Dies bedeutet aber nicht, dass die Bekanntgabe erst drei Tage nach der Aufgabe zur Post erfolgt ist. Die gesetzliche Vermutung der Bekanntgabe nach § 15 Abs. 2 S. 2 FamFG schließt den früheren Zugang nicht aus (BGH vom 12.09.2012, AZ: XII ZB 27/12, FamRZ 2012, 1867).

Beginn der Beschwerdefrist bei unvollständiger oder fehlender Bekanntgabe

Wurde ein Beschluss einem im Verfahren förmlich Beteiligten nicht oder nur unvollständig bekannt gegeben, wird die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 Abs. 3 FamFG) zunächst nicht in Gang gesetzt. Von einer förmlichen Beteiligung des Rentenversicherungsträgers ist auszugehen, wenn das Familiengericht bei ihm eine Auskunft nach § 5 VersAusglG über den Ehezeitanteil eines Ehegatten eingeholt hat und die Beteiligung des Rentenversicherungsträgers vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht ausdrücklich beendet wurde.

Damit in solchen Fällen die Versorgungsausgleichsentscheidung dennoch rechtskräftig werden kann, beginnt die Beschwerdefrist spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach Erlass der Entscheidung (§ 63 Abs. 3 S. 2 FamFG). Die Fünfmonatsfrist gilt, wenn die schriftliche Bekanntgabe des wirksam erlassenen Beschlusses an den bereits förmlich beteiligten Rechtsmittelführer entweder mit Mängeln behaftet war oder ganz unterblieben ist (BGH vom 10.07.2013, AZ: XII ZB 411/12, FamRZ 2013, 1566-1567; BGH vom 11.03.2015, AZ: XII ZB 572/13, FamRZ 2015, 1006; BGH vom 22.04.2020, AZ: XII ZB 131/19, FamRZ 2020, 1392).

Erfolgt die wirksame Bekanntgabe an einen Beteiligten noch vor Ablauf der Fünfmonatsfrist, so beginnt ab diesem Zeitpunkt für ihn die Beschwerdefrist zu laufen (AGVA 2/2015, TOP 10). Ist die Fünfmonatsfrist bereits abgelaufen, kann durch eine anschließend erfolgte schriftliche Bekanntgabe die Beschwerdefrist nicht erneut in Gang gesetzt werden.

Die Fünfmonatsfrist des § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG beginnt am Tag des Erlasses der Entscheidung, also mit der Übergabe des unterschriebenen Originals des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder seiner Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (vergleiche § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG). Das Ende der Fünfmonatsfrist bestimmt sich nach § 16 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der letzte Tag dieser Frist ein Sonnabend, Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag ist.

Das Ende der sich anschließenden Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) oder zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 FamFG) verschiebt sich dagegen auf den nächsten Werktag, wenn es auf einen Sonnabend, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt.

Siehe Beispiel 2

Beginn der Beschwerdefrist bei Bekanntgabe eines fehlerhaften Beschlusses

Die Bekanntgabe eines fehlerhaften Beschlusses hat nicht immer Auswirkungen auf den Beginn der Beschwerdefrist (siehe Abschnitte 5.3.1 ff.).

Berichtigungsbeschluss

Die Berichtigung einer Versorgungsausgleichsentscheidung wegen offenbarer Unrichtigkeiten (§ 42 FamFG) hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Beginn und den Lauf der Rechtsmittelfrist (BGH vom 09.11.2016, AZ: XII ZB 275/15, MDR 2017, 228-229), da die Beschlussformel der berichtigten Entscheidung in der Regel nicht verändert wird.

Richtige Urschrift, aber fehlerhafte Abschrift

Enthält die Urschrift des Beschlusses keine Fehler, ist aber die den Beteiligten bekannt gegebene Abschrift fehlerhaft, kommt es darauf an, ob die Abschrift geeignet war, dem Beteiligten die Entscheidung über Einlegung oder Nichteinlegung der Beschwerde zu ermöglichen. Aus der Abschrift müssen wenigstens der Inhalt der Urschrift und der Umfang einer möglichen Beschwer sowie die tragenden Entscheidungsgründe erkennbar sein. Die Wirksamkeit der Bekanntgabe wird jedoch nicht berührt, wenn es sich um einen Fehler handelt, der - wäre er bei der Beschlussfassung unterlaufen - im Wege der Berichtigung hätte korrigiert werden können (BGH vom 24.05.2006, AZ: IV ZB 47/05, FamRZ 2006, 1114).

Fehlende Begründung oder Rechtsbehelfsbelehrung

Fehlt in der Abschrift die schriftliche Begründung des Beschlusses, beginnt die Beschwerdefrist dennoch zu laufen (BGH vom 11.03.2015, AZ: XII ZB 571/13, NJW 2015, 1529).

Gleiches gilt bei einer fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung; allerdings kann hier bei einem Fristversäumnis ein fehlendes Verschulden vermutet werden, sodass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen kann (§ 17 Abs. 2 FamFG).

Die Wiedereinsetzung ist aber nicht möglich, wenn es sich bei dem Beteiligten um einen anwaltlich vertretenen Beteiligten oder um eine sach- und rechtskundige Behörde (zum Beispiel einen Rentenversicherungsträger) handelt (BGH vom 23.06.2010, AZ: XII ZB 82/10, FamRZ 2010, 1425; OLG Bremen vom 29.03.2021, AZ: 4 UF 25/21, FamRZ 2021, 1140).

Hinweis:

Die Ehegatten können im Scheidungstermin auf das Einlegen eines Rechtsmittels verzichten, so dass der Scheidungsbeschluss sofort rechtskräftig wird. Der Rechtsmittelverzicht betrifft jedoch nur den Scheidungsausspruch und nicht den Versorgungsausgleich, da die beteiligten Versorgungs- und Rentenversicherungsträger Rechtsmittel einlegen können.

Beginn der Beschwerdefrist bei fehlender Beteiligung

Wurde ein materiell betroffener Rentenversicherungsträger im Verfahren über den Versorgungsausgleich vergessen oder übergangen und wurde ihm auch der Versorgungsausgleichsbeschluss des Familiengerichts nicht bekannt gegeben, gelten die Beschwerdefristen des § 63 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG nicht. Die Rechtsmittelfrist des nicht hinzu gezogenen Rentenversicherungsträgers beginnt in diesem Fall jedenfalls nicht vor der Möglichkeit seiner Kenntnisnahme von der anzufechtenden Entscheidung (BGH vom 15.02.2017, AZ: XII ZB 405/16, FamRZ 2017, 727-731). In der Regel kommt es für den Beginn der Beschwerdefrist also darauf an, wann dem Rentenversicherungsträger der Beschluss nachträglich ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde. Stellt der Rentenversicherungsträger in einem solchen Fall die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses fest und liegt ein Beschwerdegrund vor, ist die Beschwerdeeinlegung innerhalb eines Monats nach der ordnungsgemäßen Bekanntgabe noch zulässig (siehe auch AGVA 2/2013, TOP 9). Zum Eintritt der Rechtskraft und Wirksamkeit siehe GRA zu § 224 FamFG.

In seinem Beschluss vom 15.02.2017 hatte der BGH offen gelassen, ob die Beschwerdefrist nur durch ordnungsgemäße Bekanntgabe oder auch durch anderweitige Kenntnisnahme vom Beschluss (zum Beispiel durch Weiterleitung des Beschlusses vom unzuständigen Rentenversicherungsträger an den bisher nicht beteiligten zuständigen Rentenversicherungsträger) in Gang gesetzt werden kann.

Diese Frage wurde mit Beschluss vom 10.06.2021, AZ: IX ZR 6/18, NZFam 2021, 701, beantwortet. Danach wird die Beschwerdefrist jedenfalls dann in Gang gesetzt, sobald einem nicht beteiligten beschwerdeberechtigten Rentenversicherungsträger die Entscheidung vollständig in Textform vorliegt. Hat der Rentenversicherungsträger also Kenntnis von ihrem Inhalt, könne verlangt werden, dass er zur Wahrung seiner Rechte ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegt.

Der Rentenversicherungsträger darf mit der Beschwerdeeinlegung also nicht bis zur Nachholung der ordnungsgemäßen Bekanntgabe warten. Dadurch soll vermieden werden, dass trotz Kenntnis von einer Entscheidung durch bloßes Untätigbleiben erreicht werden kann, dass diese Entscheidung für unbestimmte Zeit nicht in Rechtskraft erwächst.

Nähere Erläuterungen zur Bekanntgabe von Beschlüssen sind der GRA zu § 41 FamFG zu entnehmen.

Umsetzung von Entscheidungen bei versäumter Beschwerdefrist

Wird die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels versäumt, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 S. 2 FamFG) mit der Folge, dass eine möglicherweise fehlerhafte Entscheidung rechtskräftig und wirksam wird.

Entscheidungen über den Versorgungsausgleich müssen ausgeführt werden, wenn sie rechtskräftig und wirksam sind (BSG vom 10.06.2013, AZ: B 13 R 1/13 BH, FamRZ 2013, 1578; BGH vom 05.05.2021, AZ: XII ZR 45/20, FamRZ 2021, 1185). Das gilt auch für fehlerhafte Entscheidungen, gegen die die Rentenversicherungsträger oder Versorgungsträger Rechtsmittel hätten einlegen können und andere Korrekturmöglichkeiten nicht vorhanden sind (zum Beispiel über eine Berichtigung der Entscheidung nach § 42 FamFG oder die Feststellung der Unwirksamkeit/Nichtigkeit einer Entscheidung nach § 256 ZPO). Fehlerhafte rechtskräftige und wirksame Entscheidungen über den Versorgungsausgleich sind daher umzusetzen, sofern dies nach den Vorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung möglich ist.

Beispiel 1: Berechnung der Beschwerdefrist von einem Monat

(Beispiel zu Abschnitt 3.1)

Über die Durchführung des Versorgungsausgleichs hat das Familiengericht mit Beschluss vom 29.12.2020 entschieden. Der Beschluss wurde dem formell beteiligten Rentenversicherungsträger am 07.01.2021 bekannt gegeben.

Frage:

Wann beginnt und endet die Beschwerdefrist für den Rentenversicherungsträger?

Lösung:

Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 FamFG einen Monat.

Sie beginnt für den Rentenversicherungsträger am 08.01.2021 und endet am 07.02.2021.

Da das errechnete Ende der Beschwerdefrist auf einen Sonntag fällt, läuft die Beschwerdefrist erst am nächsten Werktag, dem 08.02.2021, ab.

Beispiel 2: Beschwerdefrist bei nicht erfolgter Bekanntgabe eines Beschlusses an den formell beteiligten Rentenversicherungsträger

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Über die Durchführung des Versorgungsausgleichs hat das Familiengericht mit einem am 31.08.2020 erlassenen Beschluss entschieden. Der Beschluss wurde dem formell beteiligten Rentenversicherungsträger nicht bekannt gegeben.

Frage:

Wann beginnt und endet die Beschwerdefrist für den Rentenversicherungsträger?

Lösung:

Die Beschwerdefrist beginnt gemäß § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG mit Ablauf von 5 Monaten nach Erlass des Beschlusses am 31.08.2020 (Einzelheiten zum Erlass siehe GRA zu § 38 FamFG, Abschnitt 5.3).

Die Fünfmonatsfrist beginnt am Tag des Erlasses der Versorgungsausgleichsentscheidung am 31.08.2020 und endet am 30.01.2021. Obwohl der 30.01.2021 auf einen Sonnabend fällt, verschiebt sich das Ende der Fünfmonatsfrist nicht.

Die sich anschließende Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) beginnt für den Rentenversicherungsträger am 31.01.2021 und endet am 28.02.2021. Da das errechnete Ende der Beschwerdefrist auf einen Sonntag fällt, läuft die Beschwerdefrist erst am nächsten Werktag, dem 01.03.2021, ab.

Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05.12.2012 (BGBl. I S. 2418)

Inkrafttreten: 01.01.2013

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 17/10490, BR-Drucksache 308/12

Mit Artikel 6 des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften wurde klargestellt, dass die für bestimmte Sachverhalte vorgesehene verkürzte Beschwerdefrist des § 63 Abs. 2 FamFG sowohl für stattgebende als auch für ablehnende Entscheidungen gilt. Betroffen sind beispielsweise Beschlüsse in Verfahren der einstweiligen Anordnung.

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 309/07, BT-Drucksachen 16/6308, 16/9733

Artikel 1 des FGG-RG enthält das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Die Vorschrift ist Teil dieses Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 63 FamFG