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XII ZB 405/16

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 27. Juli 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1.305 €

Gründe

I.

Auf den am 28. August 2014 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 26. Juli 1996 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Das Familiengericht hat Versorgungsauskünfte für die von ihm angenommene Ehezeit vom 1. Juli 1996 bis 31. August 2014 eingeholt. Danach hat der Ehemann unter anderem ein betriebliches Anrecht bei der Beteiligten zu 6 erworben, dessen Ehezeitanteil der Versorgungsträger mit einer monatlichen Rentenhöhe von 538,43 € angegeben und als Ausgleichswert eine monatliche Rentenhöhe von 404,69 € vorgeschlagen hat. Den Kapitalwert des Ehezeitanteils hat der Versorgungsträger mit 81.908 € angegeben und daraus - nach Abzug von insgesamt 250 € Teilungskosten - einen mit dem Ausgleichswert korrespondierenden hälftigen Kapitalwert von 40.829 € errechnet. Das Familiengericht hat mit am 16. März 2015 verkündetem Beschluss das Anrecht auf Verlangen des Versorgungsträgers extern geteilt und zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der Beteiligten zu 6 ein Anrecht zugunsten der Ehefrau in Höhe von monatlich 404,69 €, bezogen auf den 31. August 2014, auf einem für sie zu errichtenden Versicherungskonto bei der Versorgungsausgleichskasse begründet sowie die Beteiligte zu 6 verpflichtet, einen Kapitalbetrag von 40.829 € nebst Zinsen in Höhe von 4,88 % p.a. ab dem 1. September 2014 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an den Versorgungsträger der Ehefrau zu zahlen. Diese Entscheidung ist der Versorgungsausgleichskasse, die nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden ist, nicht zugestellt worden. Allen übrigen Beteiligten ist die Entscheidung bis spätestens 24. April 2015 zugestellt worden.

Am 2. Februar 2016 hat die Versorgungsausgleichskasse Beschwerde eingelegt, nachdem sie am 27. Januar 2016 Kenntnis von der Entscheidung erlangt hatte. Auf die Beschwerde hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich des betroffenen Anrechts abgeändert und zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der Beteiligten zu 6 ein Anrecht zugunsten der Ehefrau in Höhe von 40.829 €, bezogen auf den 1. September 2014, auf einem für sie zu errichtenden Versicherungskonto bei der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVAG begründet sowie die Beteiligte zu 6 verpflichtet, einen Kapitalbetrag von 40.829 € nebst Zinsen in Höhe von 4,88 % p.a. ab dem 1. September 2014 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an den Versorgungsträger der Ehefrau zu zahlen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Beschwerde sei als fristgerecht eingelegt anzusehen. Mangels schriftlicher Bekanntgabe an die Versorgungsausgleichskasse habe die einmonatige Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG ihr gegenüber nicht zu laufen begonnen. Auch die fünfmonatige Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG habe gegenüber der Versorgungsausgleichskasse nicht zu laufen begonnen, denn dies würde voraussetzen, dass die Zustellung an sie nicht habe bewirkt werden können. Auf den Fall, dass ein zwingend zu Beteiligender tatsächlich nicht am Verfahren beteiligt worden sei, sei die Vorschrift nicht anwendbar. Dafür spreche schon, dass die Versagung des Beschwerderechts für einen "vergessenen", zwingend am Verfahren zu Beteiligenden nur schwer mit Art. 103 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG zu vereinbaren wäre. Die grundsätzlich gegebenen Möglichkeiten einer Wiedereinsetzung oder eines Wiederaufnahmeverfahrens reichten zur Gewährleistung der im Grundgesetz verankerten Rechte nicht aus, weil auch diese nur in engen Grenzen gewährt werden könnten. Eine Rechtsmittelfrist für die Versorgungsausgleichskasse könne daher allenfalls in entsprechender Anwendung des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG durch die Kenntnisnahme von dem Beschluss am 27. Januar 2016 in Gang gesetzt worden sein; diese Frist sei allerdings gewahrt.

Die Beschwerde sei auch begründet, da die vom Familiengericht gefasste Beschlussformel den unzutreffenden Eindruck aufkommen lasse, dass die Versorgungsausgleichskasse der Ehefrau im Falle des Rentenbezugs einen bestimmten monatlichen Rentenbetrag schulde; richtigerweise würden Pflichten im Rahmen einer externen Teilung aber lediglich insoweit begründet, als der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person den Ausgleichswert als Kapitalbetrag an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu zahlen habe. Sei dieser Betrag nicht bereits als Kapitalwert bestimmt, so habe der Versorgungsträger den korrespondierenden Kapitalbetrag zu zahlen. Einer Feststellung des an sich vom Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen angegebenen Ausgleichswerts in der Beschlussformel bedürfe es dann nicht. Die Beschlussformel müsse nämlich hinreichend bestimmt und zur Zwangsvollstreckung im Verhältnis zwischen den beteiligten Versorgungsträgern geeignet sein. Das für den Ausgleichsberechtigten bei der Versorgungsausgleichskasse zu begründende Rechtsverhältnis richte sich allein nach den Rechtsgrundlagen des Zielversorgungsträgers.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Mit rechtlich zutreffenden Erwägungen ist das Oberlandesgericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen. Nachdem die Versorgungsausgleichskasse entgegen der zwingenden Vorschrift des § 219 Nr. 3 FamFG weder am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt noch ihr der erstinstanzliche Beschluss zugestellt worden war, konnte eine Rechtsmittelfrist für sie jedenfalls nicht vor der Möglichkeit einer Kenntnisnahme von dem Beschluss beginnen.

aa) Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, welche Rechtsmittelfristen für einen zwingend am Verfahren zu Beteiligenden laufen, wenn dieser tatsächlich nicht am Verfahren beteiligt worden ist, auch anderweitig keine Kenntnis vom Verfahren erlangt hat und ihm der instanzabschließende Beschluss nicht bekannt gegeben worden ist.

(1) Verbreitet ist die Auffassung, wonach in einem solchen Fall die Rechtsmittelfrist für den vergessenen Beteiligten mit der zeitlich letzten schriftlichen Bekanntgabe an die formell Beteiligten in Gang gesetzt werde. Dies sei im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erforderlich und entspreche auch der Intention des Gesetzgebers, wie sie in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags zu § 63 Abs. 3 FamFG (BT-Drucks. 16/9733 S. 289) zum Ausdruck komme. Danach stelle die vom Rechtsausschuss vorgeschlagene Einfügung klar, dass derjenige, der am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt gewesen sei, aber von dem Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt werde und daher beschwerdebefugt sei, nur fristgemäß Beschwerde einlegen könne, bis die Frist für den letzten Beteiligten abgelaufen sei. Der vergessene Beteiligte werde ausreichend dadurch geschützt, dass er nach Ablauf der für ihn maßgeblichen Rechtsmittelfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen könne (OLG Celle Beschluss vom 4. Oktober 2011 - 17 W 16/11 - juris Rn. 12 ff.; OLG Hamm FamRZ 2011, 396, 397; Keidel/Sternal FamFG 19. Aufl. § 63 Rn. 45 ff., 45d; Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 11. Aufl. § 63 Rn. 6; Büte FuR 2011, 361, 363; Preuß DNotZ 2010, 265, 276 ff.; Harders DNotZ 2009, 725, 727 f.; Schürmann FuR 2010, 425, 431; Bassenge/Roth/Gottwald FamFG 12. Aufl. § 63 Rn. 5; Zöller/Feskorn ZPO 31. Aufl. § 63 FamFG Rn. 6; Rackl Das Rechtsmittelrecht nach dem FamFG S. 88; vgl. auch Kölmel NotBZ 2010, 2, 8 ff.).

Vereinzelt wird vertreten, dass für diesen Fall die fünfmonatige Frist des § 63 Abs. 3 FamFG gelte (vgl. Litzenburger RNotZ 2010, 32, 37).

(2) Anderer Auffassung zufolge beginnt eine Rechtsmittelfrist für einen vergessenen Beteiligten ohne eine nachgeholte Bekanntgabe an ihn überhaupt nicht zu laufen (OLG Köln FamRZ 2013, 1913, 1914; OLG München GRUR-RR 2012, 68, 69 und GRUR-RR 2012, 333; OLG Dresden FamRZ 2014, 681; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 521 und FamRZ 2015, 1048, 1049; Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 63 Rn. 10; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 9 VersAusglG Rn. 15; Bolkart MittBayNot 2009, 268, 270; Brambring NotBZ 2009, 394, 395; Böttcher Rpfleger 2011, 53, 64; vgl. auch Borth Versorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 1393; DNotI-Gutachten DNotI-Report 2009, 145, 150).

Teilweise wird vertreten, die Rechtsmittelfrist beginne für den vergessenen Beteiligten in entsprechender Anwendung des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG mit dem Empfang der Entscheidung in Textform zu laufen (Wick Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 615; Prütting/Helms/Abramenko FamFG 2. Aufl. § 63 Rn. 7a; MünchKommFamFG/A. Fischer 2. Aufl. § 63 Rn. 34 ff.). Beides wird - wie auch in der angefochtenen Entscheidung - damit begründet, dass andernfalls die Verfahrensgrundrechte des vergessenen Beteiligten verletzt würden.

bb) Zutreffend ist die Auffassung, wonach eine Rechtsmittelfrist für den nicht hinzugezogenen Beteiligten jedenfalls nicht vor der Möglichkeit seiner Kenntnisnahme von der anzufechtenden Entscheidung beginnt.

(1) Für das Verfahren auf Auskunftserteilung nach dem Urheberrechtsgesetz hat der Bundesgerichtshof bereits durch Beschluss vom 5. Dezember 2012 (I ZB 48/12 - NJW-RR 2013, 751 Rn. 21 ff.) entschieden, dass der Wortlaut des § 63 Abs. 3 FamFG keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür bietet, dass die dort geregelte Beschwerdefrist auch für diejenigen gelten soll, die am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt waren, aber durch den Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt werden und daher beschwerdebefugt sind. Die davon abweichende Begründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu § 63 Abs. 3 FamFG kann danach für die Auslegung der Vorschrift nicht maßgeblich sein. Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann nicht durch Motive gebunden werden, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben (BGH Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 48/12 - NJW-RR 2013, 751 Rn. 21).

Die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG kann zudem nicht für einen in seinen Rechten Betroffenen gelten, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Gewährleistung von Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) sonst verletzt würde. Einen Anspruch auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren hat nicht nur derjenige, der an einem gerichtlichen Verfahren als Partei oder in ähnlicher Stellung beteiligt ist, sondern auch derjenige, der unmittelbar rechtlich von einem solchen Verfahren betroffen ist (vgl. BVerfGE 101, 397, 404 mwN). Die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG erfordert zwar keine zeitlich unbegrenzte Zugänglichkeit des Rechtsweges; der Anspruch des Einzelnen auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle darf aber nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 101, 397, 408 mwN; BGH Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 48/12 - NJW-RR 2013, 751 Rn. 23).

Ebenso hat auch der erkennende Senat bereits für das Kindschaftsverfahren ausgesprochen, dass ohne die erforderliche Beteiligung der Mutter eine Entscheidung des Amtsgerichts nicht in formelle Rechtskraft erwachsen kann (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 353/13 - FamRZ 2014, 1357 Rn. 5).

(2) Der materiell Betroffene könnte in einem solchen Fall auch nicht auf das Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 48 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (analog) anstelle des Zugangs zum Rechtsmittelverfahren verwiesen werden (vgl. OLG Köln FamRZ 2013, 1913, 1914). Andernfalls ließe man nämlich eine unter Verletzung von Verfahrensgrundrechten ergangene Entscheidung in Rechtskraft erwachsen. Dies ist zwar auch bei der Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO bzw. § 44 FamFG der Fall und begegnet insoweit keinen durchgreifenden Bedenken. Indessen handelt es sich bei der Anhörungsrüge um einen Rechtsbehelf, der zu einer Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung unter dem speziellen Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht in einem neuen, sondern in demselben Verfahren und in derselben Instanz führt. Im Verfahren der Wiederaufnahme geht es hingegen nicht um die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in demselben Verfahren und dessen Fortführung, sondern um ein neues Verfahren, wenn auch vor demselben Gericht. Die mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG den Gerichten obliegende Heilung vorangegangener Verfassungsverstöße setzt indessen eine Gewährung des rechtlichen Gehörs und des effektiven Rechtsschutzes noch in demselben Verfahren voraus. Demgegenüber ist der Verweis auf ein ordnungsgemäß geführtes späteres Verfahren, mit dem der Gehörsverstoß "geheilt" werde, jedenfalls dann unzulässig, wenn bereits das erste Verfahren Rechtsfolgen auslöst, die in dem sich anschließenden Verfahren prozessual nicht mehr beseitigt werden können (vgl. BVerfGE 42, 172, 175 f.). Für die Auslegung des Rechtsmittelrechts und hier des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG bedeutet dies, dass von Verfassungs wegen einer Auslegung der Vorzug zu geben ist, die eine Heilung des Verfassungsverstoßes durch Nachholung des rechtlichen Gehörs und des effektiven Rechtsschutzes noch im selben Verfahren erlaubt.

Hinzu kommt, dass die Anwendung der Regeln über die Wiederaufnahme nicht ohne weiteres möglich ist, sondern es dazu einer über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Auslegung und Anwendung sowohl des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO als auch des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO bedürfte. So regelt § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO unmittelbar lediglich den Fall der nicht ordnungsgemäßen gesetzlichen Vertretung und betrifft den hier vorliegenden Fall einer unterbliebenen formellen Beteiligung am Verfahren allenfalls in analoger Anwendung. § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO sieht für die Statthaftigkeit einer Wiederaufnahmeklage eine mit Eintritt der Rechtskraft und unabhängig von der Kenntnisnahme der Entscheidung beginnende Frist von fünf Jahren vor und bedarf, sollen die verfassungsrechtlich garantierten Rechte des nicht formell beteiligten Betroffenen geschützt werden, einer teleologischen Reduktion für den Fall der (analogen) Anwendung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 586 Rn. 20 ff. zu § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO in den Fällen des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Beides begegnet auch mit Rücksicht auf das Gebot der Rechtsmittelklarheit verfassungsrechtlichen Bedenken und ist einem Verständnis des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG, welches Rechtsmittelfristen für einen vergessenen Beteiligten nicht in Lauf setzt, nicht vorzugswürdig (vgl. OLG Köln FamRZ 2013, 1913, 1914).

Auch durch die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden die Rechte vergessener Beteiligter nicht ausreichend gewahrt, da eine solche nur bis zum Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden kann (§ 18 Abs. 4 FamFG; § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 234 Abs. 3 ZPO).

(3) Für diese Auffassung spricht auch, dass der Gesetzgeber durch Gesetz vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I 2222) die Regelung des § 145 Abs. 3 FamFG eingefügt hat, wonach durch die Anschließung an die Beschwerde eines Versorgungsträgers der Scheidungsausspruch nicht angefochten werden kann. Zur Gesetzesbegründung wurde angeführt, dass eine Verbundentscheidung - einschließlich des Scheidungsausspruchs - nicht rechtskräftig werden könne, wenn ein Versorgungsträger entgegen § 219 Nr. 2 oder 3 FamFG nicht beteiligt oder einem beteiligten Versorgungsträger die Entscheidung nicht bekannt gegeben werde, denn die Beschwerdefrist für den betroffenen Versorgungsträger werde erst durch die schriftliche Bekanntgabe der Entscheidung an diesen in Gang gesetzt (§ 63 Abs. 3 FamFG). Werde der Fehler nicht bemerkt, sei die Erteilung eines fehlerhaften Rechtskraftzeugnisses nicht ausgeschlossen und aufgrund dessen könne es bei einer kurzfristig nach dem Ehescheidungsverfahren geschlossenen neuen Ehe zu einer Doppelehe kommen. Um deren komplizierte Rechtsfolgen zu vermeiden, werde das Anschlussrechtsmittel der Ehegatten zum Scheidungsausspruch im Falle des (späteren) Rechtsmittels eines Versorgungsträgers ausgeschlossen (vgl. BT-Drucks. 18/6985 S. 16).

Mit diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber es hingenommen, dass die Rechtsprechung - entgegen der ursprünglich vom Rechtsausschuss des Bundestags verfolgten Intention - Rechtsmittel von vergessenen Beteiligten in verfassungskonformer Auslegung auch noch nach Ablauf der für die übrigen Beteiligten geltenden Rechtsmittelfristen für zulässig erachtet hat.

(4) Aus der Senatsentscheidung vom 11. März 2015 (XII ZB 571/13 - FamRZ 2015, 839) ergibt sich nichts anderes. Dort hat der Senat den Lauf der nach fünf Monaten beginnenden Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG für eine dem Beteiligten nicht zugestellte Entscheidung unter der Voraussetzung angenommen, dass der Beteiligte zum Verfahren hinzugezogen worden und die anzufechtende Entscheidung wirksam verkündet worden war. Dies ist hier nicht der Fall.

Die fünfmonatige Auffangfrist gilt auch nicht analog für diejenigen, die - wie hier die Versorgungsausgleichskasse - am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt worden sind, aber von dem Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt werden, weil sonst deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Gewährleistung von Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verletzt würde. Sie haben - anders als die zum Verfahren Hinzugezogenen - keine Kenntnis von dem Verfahren und daher auch keinen Anlass, sich nach dessen Stand zu erkundigen (vgl. BGH Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 48/12 - NJW-RR 2013, 751 Rn. 26; s. auch Senatsbeschluss vom 21. Juli 2010 - XII ZB 135/09 - FamRZ 2010, 1646 Rn. 14 mwN).

cc) Hier kann offenbleiben, ob für denjenigen, der am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war, aber von dem Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist, keine Beschwerdefrist gilt oder ob die Beschwerdefrist für ihn in entsprechender Anwendung des § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG mit einer schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an ihn oder einer anderweitigen Kenntnisnahme beginnt. Denn diese Frist wäre jedenfalls durch die am 2. Februar 2016 eingelegte Beschwerde eingehalten, nachdem die Versorgungsausgleichskasse erstmals am 27. Januar 2016 Kenntnis von der Existenz und dem Inhalt des Beschlusses erhalten hat.

b) Die Erstbeschwerde war auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil mit ihr keine sachliche Änderung der Ausgangsentscheidung, sondern lediglich deren Klarstellung erstrebt worden sei, welche im Wege einer Berichtigung gemäß § 42 FamFG hätte ausgesprochen werden können und müssen.

Eine Berichtigung der erstinstanzlichen Beschlussformel gemäß § 42 FamFG wäre nur in Betracht gekommen, um einem in der Formel unvollkommen oder sprachlich falsch zum Ausdruck gebrachten, davon abweichenden tatsächlichen Entscheidungswillen des Gerichts Geltung zu verschaffen (OLG München NJW-RR 1986, 1447; Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Aufl. § 42 Rn. 21). Das hätte vorausgesetzt, dass sich die Tatsache eines anderen, von der Formel abweichenden Entscheidungswillens aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst ergeben hätte (vgl. OLG München NJW-RR 1986, 1447). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, da das Familiengericht ausweislich der Entscheidungsgründe ein Anrecht in Höhe von monatlich 404,69 € begründen wollte und dies mit der Beschlussformel übereinstimmt.

c) Die Rechtsbeschwerde ist allerdings in der Sache begründet.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend und auch von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen hat das Oberlandesgericht das bei der Versorgungsausgleichskasse zu begründende Anrecht nicht als monatlichen Rentenbetrag, sondern als Kapitalbetrag in Höhe des Ausgleichswerts bestimmt (§ 14 Abs. 1, 4 VersAusglG). Dieser entspricht dem hälftigen ehezeitlichen Übertragungswert nach § 45 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. 4 Abs. 5 BetrAVG und bildet die Grundlage für die spätere von der Versorgungsausgleichskasse zu beziehende Versorgung (vgl. § 7 Abs. 2 der Satzung der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG, Stand: 24. Oktober 2013).

bb) Unzutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings von einem Ehezeitende am 31. August 2014 ausgegangen. Der Scheidungsantrag der Ehefrau ist dem Ehemann am 28. August 2014 zugestellt worden, wovon auch das Oberlandesgericht ausgeht. Gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG endet die für den Versorgungsausgleich maßgebliche Ehezeit am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags, das ist hier der 31. Juli 2014.

Durch diesen Rechtsfehler ist zwar die das Rechtsmittel führende Ehefrau nicht beschwert, weil ein auf die kürzere Ehezeit ermittelter Ehezeitanteil, der sich aus monatlich erworbenen Bausteinen zusammensetzt, nicht höher ausfallen kann als der vom Oberlandesgericht zugrunde gelegte. Der Versorgungsträger hat jedoch außerdem vom ehezeitlichen Kapitalwert der Versorgung Teilungskosten in Höhe von 250 € in Abzug gebracht, obgleich das Gesetz eine Verrechnung von Teilungskosten mit den Anrechten bei der externen Teilung nicht zulässt, sondern nur bei der internen Teilung (§ 13 VersAusglG). Dieser weitere Rechtsfehler wirkt sich zulasten der Ehefrau aus. Dass er durch den erstgenannten, der Ehefrau günstigen Berechnungsfehler vollständig aufgewogen wird, kann der Senat nicht feststellen.

3. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da die Einholung einer neuen Versorgungsauskunft erforderlich ist, bezogen auf das Ehezeitende am 31. Juli 2014 und ohne Berücksichtigung von Teilungskosten.

Bei der neuen Abfassung der Beschlussformel ist sodann zu beachten, dass das zu begründende Anrecht auf das Ehezeitende als den letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags zu beziehen ist und nicht auf den ersten Tag des darauf folgenden Monats. Nur die Verzinsung des Kapitalbetrags beginnt am ersten Tag des darauf folgenden Monats, so dass sich das Ehezeitende und der Beginn der Verzinsung um genau einen Tag unterscheiden.

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