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Art. 12 SVA-Brasilien: Besonderheiten für den deutschen Träger

Änderungsdienst
veröffentlicht am

17.02.2020

Änderung

Aufgrund einer geänerten Rechtsauffassung wurde Abschnitt 2.4 überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand06.02.2020
Rechtsgrundlage

Art. 12 SVA-Brasilien

Version002.00

Inhalt der Regelung

Art. 12 SVA-Brasilien enthält die Besonderheiten für die deutschen Träger zur Berechnung von Renten nach deutschen Rechtsvorschriften, zur Zusammenrechnung von Versicherungszeiten sowie zur Gleichstellung vergleichbarer brasilianischer Tatbestände als „Dehnungstatbestände“. Sie sind einseitig für die Träger der Deutschen Rentenversicherung anzuwenden.

Nach Absatz 1 wird die deutsche Rente allein aus den deutschen Versicherungszeiten und den sich aus ihnen ergebenden persönlichen Entgeltpunkten berechnet (vergleiche Abschnitt 2).

Absatz 2 regelt, dass die Bestimmung über die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten (Art. 11 SVA-Brasilien) auch für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe (Ermessensleistungen) gilt (vergleiche Abschnitt 3).

Absatz 3 enthält Besonderheiten zur Berücksichtigung bestimmter brasilianischer Versicherungszeiten in bergbaulichen Betrieben unter Tage in der knappschaftlichen Rentenversicherung. Für die Träger der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung ist die Regelung nicht von Bedeutung.

Nach Absatz 4 können vergleichbare brasilianische Dehnungstatbestände einen Rahmenzeitraum des deutschen Rechts, in dem eine bestimmte Anzahl von Beiträgen enthalten sein muss, verlängern (vergleiche Abschnitt 4).

Absatz 5 bestimmt, dass bei der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten für den Anspruchserwerb die zu berücksichtigenden brasilianischen Versicherungszeiten nur im tatsächlichen zeitlichen Ausmaß berücksichtigt werden können (vergleiche Abschnitt 5).

Absatz 6 enthält Besonderheiten zur Berücksichtigung brasilianischer Versicherungszeiten als selbständiger Landwirt in der Alterssicherung der Landwirte. Für die Träger der Deutschen Rentenversicherung ist die Regelung nicht von Bedeutung.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 11 SVA-Brasilien
    Die Vorschrift regelt die Zusammenrechnung der vertragsstaatlichen Zeiten für den Anspruchserwerb.
  • Art. 13 SVA-Brasilien
    Analog Art. 12 SVA-Brasilien sind die Besonderheiten zur Leistungsfeststellung nach brasilianischem Recht für die brasilianischen Träger in Art. 13 SVA-Brasilien enthalten.
  • Nummer 3 Buchst. a SP zum SVA-Brasilien
    Die Vorschrift schränkt das Verbot der multilateralen Vertragsanwendung ein und bestimmt, dass der deutsche Träger - soweit erforderlich - auch Versicherungszeiten einer Person berücksichtigt, die in einem Staat, in dem die VO (EWG) Nr. 1408/71 oder die VO (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden ist, zurückgelegt worden sind.
  • § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 4 SGB VI, § 45 Absatz 4 SGB VI, § 237 Absatz 1 Nummer 4 und Absatz 2 Satz 2 SGB VI
    Diese Vorschriften des deutschen Rechts enthalten Rahmenzeiträume (fünf oder zehn Jahre), deren Verlängerung auch durch die in Art. 12 Absatz 4 SVA-Brasilien genannten brasilianischen Tatbestände möglich ist.
  • §§ 241 Absatz 2, 242 Absatz 2 SGB VI
    Für die nach diesen Vorschriften des deutschen Rechts erforderliche Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten ab 01.01.1984 können auch die in Art. 12 Absatz 4 SVA-Brasilien aufgeführten brasilianischen Tatbestände berücksichtigt werden.

Berechnung der Rente aus deutschen Zeiten

Die Berechnung der deutschen Rente erfolgt nach innerstaatlichem Recht, weil eine zwischenstaatliche Rentenberechnung durch Art. 11 Absatz 2 SVA-Brasilien in Verbindung mit Art. 12 Absatz 1 SVA-Brasilien ausdrücklich ausgeschlossen wird.

Dies bedeutet, dass

  • Entgeltpunkte nur aus den rentenrechtlichen Zeiten ermittelt werden können, die nach den deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen sind;
  • brasilianische Versicherungszeiten weder in die Grundbewertung (§ 72 Absatz 1 SGB VI) noch in die Vergleichsbewertung (§ 73 SGB VI) als rentenrechtliche Zeiten einfließen. Sie gelten insoweit als Beitragslücke und haben danach keinen Einfluss auf die Bewertung deutscher beitragsfreier beziehungsweise beitragsgeminderter Zeiten.

Nur in besonderen Fällen können brasilianische Versicherungszeiten die Ermittlung von Entgeltpunkten und damit die Höhe der deutschen Rente beeinflussen (vergleiche Abschnitt 2.1, 2.2 und 2.3).

Mindestentgeltpunkte

Die Entgeltpunkte für Beitragszeiten können bei geringem Arbeitsverdienst erhöht werden, wenn mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind (§ 262 Absatz 1 SGB VI).

Diese Voraussetzung (35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten) kann auch unter Zusammenrechnung mit den brasilianischen Versicherungszeiten erfüllt werden, da im SVA-Brasilien eine Abwehrklausel für diese spezielle Zusammenrechnung fehlt.

Beachte:

Über die Regelung von Nummer 3 Buchst. a SP zum SVA-Brasilien können hierfür auch Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz berücksichtigt werden.

EP-Gutschrift für Zeiten der Erziehung beziehungsweise Pflege von Kindern

Für Leistungsfälle mit einem Rentenbeginn ab dem 01.01.2002 können für nach dem 31.12.1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder mit Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zusätzliche Entgeltpunkte gutgeschrieben werden, sofern mindestens 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorliegen (§ 70 Absatz 3a SGB VI).

Diese Voraussetzung (25 Jahre rentenrechtliche Zeiten) kann auch unter Zusammenrechnung mit brasilianischen Versicherungszeiten erfüllt werden.

Beachte:

Über die Regelung von Nummer 3 Buchst. a SP zum SVA-Brasilien können hierfür auch Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz berücksichtigt werden.

Zeiten, für die Entgeltpunkte nach § 70 Absatz 3a Satz 2 Buchst. b SGB VI gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen, gelten als Beitragszeiten (§ 55 Absatz 1 Satz 3 SGB VI) und fließen entsprechend in die Rentenberechnung ein.

Beitragzeiten im Sinne von § 55 Absatz 1 Satz 3 SGB VI werden bei der Berechnung der Rente auch berücksichtigt, wenn die Voraussetzung „25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten“ aus § 70 Absatz 3a SGB VI nur unter Zusammenrechnung mit brasilianischen Versicherungszeiten und gegebenenfalls Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz erfüllt ist.

Vertrauensschutzregelung für die Ermittlung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten

Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenrenten wird das Referenzalter für die Bestimmung des Zugangsfaktors bei einem Beginn der Erwerbsminderungsrente beziehungsweise bei Tod des Versicherten ab 01.01.2012 stufenweise angehoben (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB VI in Verbindung mit § 264d Satz 1 SGB VI).

Die Anhebung des Referenzalters gilt im Rahmen des Vertrauensschutzes nicht, wenn der Versicherte 35 Jahre (ab 01.01.2024 40 Jahre) mit den in § 51 Abs. 3a und 4 SGB VI, § 52 Abs. 2 SGB VI und § 244a SGB VI genannten Zeiten zurückgelegt hat (§ 77 Abs. 4 in Verbindung mit § 264d Satz 2 SGB VI).

Welche Versicherungszeiten in Brasilien beziehungsweise in den EU-/EWR-Mitgliedstaaten oder der Schweiz berücksichtigt werden können, ist der GRA zu Art. 11 SVA-Brasilien, Abschnitt 5.5 zu entnehmen.

Werden die 35 Jahre (ab 01.01.2024 40 Jahre) mit brasilianischen Versicherungszeiten und gegebenenfalls den Versicherungszeiten in einem EU/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz erstmalig erfüllt, kann die laufende Rente neu festgestellt werden (Art. 23 Abs. 5 SVA-Brasilien).

Keine „weniger als Monate“ Regelung

Das SVA-Brasilien enthält keine Regelung über eine Mindestversicherungszeit.

Dies bedeutet, dass gegebenenfalls nur aus einem für die Wartezeit anrechenbaren deutschen Monat eine Rente zu gewähren ist, sofern die Wartezeit unter Berücksichtigung der brasilianischen Versicherungszeiten und gegebenenfalls Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz zwischenstaatlich erfüllt wird.

Rentensplitting

Ehegatten können bei Erfüllung besonderer Voraussetzungen - unter anderem Zurücklegung einer Mindestversicherungszeit von 25 Jahren mit rentenrechtlichen Zeiten - ein Splitting ihrer in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften bestimmen (vergleiche §§ 120a ff. SGB VI).

Die Voraussetzung „25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten“ kann auch unter Zusammenrechnung mit brasilianischen Versicherungszeiten und gegebenenfalls Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz erfüllt werden.

Entsprechend den Regelungen von Art. 11 Absatz 3 SVA-Brasilien in Verbindung mit Art. 12 Absatz 1 SVA-Brasilien, die eine zwischenstaatliche Rentenberechnung ausdrücklich ausschließen, wird jedoch auch im Falle eines Rentensplittings die Höhe der von den Ehegatten während der Splittingzeit erworbenen Rentenanwartschaften allein nach innerstaatlichem Recht berechnet.

Brasilianische Versicherungszeiten und gegebenenfalls Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz haben nur in besonderen Fällen Einfluss auf die Ermittlung von Entgeltpunkten und damit auch auf die Höhe der in der Splittingzeit erworbenen Ansprüche (vergleiche Abschnitt 2.1, 2.2 und 2.3).

Ermessensleistungen

Gemäß Art. 12 Absatz 2 SVA-Brasilien sind auch bei deutschen Ermessensleistungen die Anspruchsvoraussetzungen unter Zusammenrechnung der deutschen und brasilianischen Versicherungszeiten zu prüfen, soweit mit den deutschen Versicherungszeiten allein die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Damit ist sichergestellt, dass auch bei Gewährung von deutschen Leistungen zur Teilhabe die Vorschrift des Art. 11 Absatz 1 SVA-Brasilien über die Zusammenrechnung von deutschen und brasilianischen Versicherungszeiten zu beachten ist.

Beachte:

Über die Regelung von Nummer 3 Buchst. a) SP zum SVA-Brasilien können hierfür auch Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz berücksichtigt werden.

Gleichstellung der Dehnungstatbestände

Der Anspruch auf bestimmte deutsche Renten setzt unter anderem voraus, dass innerhalb eines festgelegten Zeitraums (eines sogenannten Rahmenzeitraums) eine bestimmte Anzahl von Pflichtbeiträgen vorhanden sein muss, wobei sich der Rahmenzeitraum um verschiedene Tatbestände (sogenannte Dehnungstatbestände) verlängert (vergleiche GRA zu § 43 SGB VI, Abschnitt 6.1.2, GRA zu § 237 SGB VI, Abschnitt 8.2). Art. 12 Absatz 4 SVA-Brasilien stellt dabei bestimmte brasilianische Tatbestände entsprechenden deutschen Tatbeständen gleich.

Dies sind nach Art. 12 Absatz 4 Satz 2 SVA-Brasilien:

  • Zeiten des Bezuges einer brasilianischen Invaliditäts- oder Altersrente (vergleiche Abschnitt 4.1),
  • Zeiten des Bezuges von brasilianischen Leistungen wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen - mit Ausnahme von Renten - (vergleiche Abschnitt 4.2),
  • Zeiten der Kindererziehung in der Föderativen Republik Brasilien (vergleiche Abschnitt 4.3).

Nicht ausdrücklich in Art. 12 Abs. 4 Satz 2 SVA-Brasilien genannt, aber dennoch als Dehnungstatbestände zu berücksichtigen sind

  • Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft (vergleiche Abschnitt 4.4).

Sofern einzelne dieser Tatbestände aufgrund des SVA-Brasilien jedoch bereits als brasilianische Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zu berücksichtigen sind, scheidet eine (zusätzliche) Verwendung als Dehnungstatbestand aus.

Beachte:

Dehnungstatbestände aus einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz können im Rahmen des SVA-Brasilien nicht für die Verlängerung eines Rahmenzeitraums des deutschen Rechts berücksichtigt werden (vergleiche Verbindliche Entscheidung in RVaktuell 5/6 2011, 180). Die in Nummer 3 Buchst. a SP zum SVA-Brasilien getroffene Regelung zur Berücksichtigung mitgliedstaatlicher Versicherungszeiten für den Anspruchserwerb bezieht sich nach dem Wortlaut nicht auf mitgliedstaatliche „Dehnungstatbestände“.

Nach Sinn und Zweck der Regelung werden diese brasilianischen Dehnungstatbestände auch den entsprechenden innerstaatlichen Anwartschaftserhaltungszeiten nach § 241 Abs. 2 SGB VI gleichgestellt (vergleiche auch Abschnitt 4.5).

Brasilianische Invaliditäts- oder Altersrenten

Der Bezug einer brasilianischen Invaliditäts- oder Altersrente entspricht (zur Erfüllung eines Dehnungstatbestandes) dem Bezug einer deutschen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Obwohl das innerstaatliche deutsche Recht Altersrenten als Dehnungstatbestand nicht kennt, wurden brasilianische Altersrenten in die Zeitverlängerung einbezogen, um den abweichenden brasilianischen Altersgrenzen Rechnung zu tragen.

Leistungsbezug wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen

Zeiten des Leistungsbezugs wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen (mit Ausnahme von Unfallrenten) entsprechen deutschen Anrechnungszeiten. Es ist nicht erforderlich, dass diese Zeiten eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen haben.

Nach dem derzeitigen brasilianischen Recht sind Zeiten des brasilianischen Leistungsbezugs wegen Krankheit in der Regel Pflichtbeitragszeiten und werden als solche im Formblatt BRA/AL 5 bescheinigt. Insoweit scheidet eine (zusätzliche) Verwendung als Dehnungstatbestand aus.

Mit „Leistungen aufgrund eines Arbeitsunfalls“ sind nur Leistungen gemeint, die einem deutschen Verletztengeld entsprechen. Dazu gehört insbesondere die nach brasilianischen Rechtsvorschriften zu zahlende Unterstützungsleistung wegen eines Unfalls (Auxilio-acidente), die von INSS gezahlt und auf gesonderte Anforderung von INSS zu bestätigen ist.

Brasilianische Leistungen der Arbeitslosigkeit werden von INSS nicht gezahlt und können durch INSS auch nicht bestätigt werden. Das brasilianische Arbeitslosengeld wird nicht vom Ministerium für Sozialversicherung, sondern von einer besonderen Behörde des Ministeriums für Arbeit und Beschäftigung ausgezahlt. Ob diese Behörde Zeiten des brasilianischen Arbeitslosengeldbezuges bestätigt, ist derzeit nicht bekannt. Gegebenenfalls werden entsprechende Nachweise beim Versicherten angefordert.

Zeiten der Kindererziehung

Zeiten der Kindererziehung in Brasilien entsprechen der deutschen „Berücksichtigungszeit“. Sie sind in Anlehnung an § 57 SGB VI bis zu einer Höchstdauer von 10 Jahren zu berücksichtigen.

Der Kreis der Kinder bestimmt sich nach innerstaatlichem Recht (vergleiche GRA zu § 56 SGB I, Abschnitt 3.2 unter 2.). Die Zeit der Kindererziehung kann als Dehnungstatbestand nur von einem Elternteil in Anspruch genommen werden.

Das Heranziehen von Zeiten der Kindererziehung in Brasilien als Dehnungstatbestand führt jedoch nicht zum Entstehen von Berücksichtigungszeiten nach deutschem Recht.

Beachte:

Gemäß § 57 Satz 2 SGB VI sind Berücksichtigungszeiten ausgeschlossen für Selbständige, die mehr als eine geringfügige Tätigkeit ausüben. Eine Ausnahme gilt, wenn diese in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

Demzufolge entspricht bei Selbständigen eine in Brasilien erfolgte Kindererziehung im Rahmen des Art. 12 Absatz 4 SVA-Brasilien nur dann einer dehnenden Berücksichtigungszeit, wenn diese nach den brasilianischen Rechtsvorschriften pflichtversichert sind. Besteht jedoch Versicherungspflicht nach brasilianischen Rechtsvorschriften, führen die Zeiten der Kindererziehung nicht zur Verlängerung des Rahmenzeitraums, da zeitgleich bereits eine Pflichtbeitragszeit vorhanden ist.

Zeiten der Kindererziehung in Brasilien sind erforderlichenfalls durch Vorlage eines Geburtsnachweises sowie einer Erklärung der Versicherten, dass sie das Kind während dieses Zeitraumes erzogen haben, nachzuweisen.

Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft

Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft in Brasilien sind als Dehnungstatbestände anzuerkennen, auch wenn sie nicht ausdrücklich im Abkommen genannt sind.

Für Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres und nach Vollendung des 25. Lebensjahres ist für die Anerkennung als Dehnungstatbestand grundsätzlich die Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit erforderlich. Bei Renten wegen Erwerbsminderung ist es jedoch ausreichend, wenn in den letzten sechs Monaten vor dem Beginn der Zeit der Schwangerschaft oder Mutterschaft ein deutscher oder brasilianischer Pflichtbeitrag für eine Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt wurde.

Für den zeitlichen Umfang des Dehnungstatbestandes sind grundsätzlich die brasilianischen Schutzfristen maßgebend (AGZWSR 1/2006, TOP 6).

Auswirkungen auf deutsche Rechtsvorschriften

Gemäß Art. 12 Absatz 4 SVA-Brasilien werden die Dehnungstatbestände des innerstaatlichen deutschen Rechts durch entsprechende Tatbestände beziehungsweise Sachverhalte des brasilianischen Rechts erfüllt.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

§ 43 Absatz 4 Nummer 1 und 2 SGB VI, § 45 Absatz 4 SGB VI

Zur Verlängerung des Rahmenzeitraumes von 5 Jahren sind zu berücksichtigen:

  • Zeiten des Bezugs einer brasilianischen Invaliditäts- oder Altersrente (Abschnitt 4.1),
  • Zeiten des Bezugs von brasilianischen Leistungen wegen Krankheit (soweit sie nach brasilianischem Recht nicht bereits Pflichtbeiträge sind), Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen (Abschnitt 4.2),
  • Zeiten der Kindererziehung in Brasilien (Abschnitt 4.3),
  • Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft in Brasilien (Abschnitt 4.4).

§ 237 Absatz 1 Nummer 4 SGB VI

Zur Verlängerung des Rahmenzeitraumes von 10 Jahren sind zu berücksichtigen:

  • Zeiten des Bezugs einer brasilianischen Invaliditäts- oder Altersrente (Abschnitt 4.1),
  • Zeiten des Bezugs von brasilianischen Leistungen wegen Krankheit (soweit sie nach brasilianischem Recht nicht bereits Pflichtbeiträge sind), Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen (Abschnitt 4.2),
  • Zeiten der Kindererziehung in Brasilien (Abschnitt 4.3),
  • Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft in Brasilien (Abschnitt 4.4).

§ 237 Absatz 2 Satz 2 SGB VI

Zur Verlängerung des Rahmenzeitraumes von 10 Jahren sind zu berücksichtigen:

  • Zeiten des Bezuges von brasilianischen Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.

Eine Berücksichtigung weiterer Zeiten kommt nicht in Betracht.

§ 241 Absatz 2 SGB VI

Nach Sinn und Zweck ist Art. 12 Absatz 4 SVA-Brasilien auch im Rahmen des § 241 Absatz 2 SGB VI zu berücksichtigen.

Zur lückenlosen Belegung des Zeitraumes ab 01.01.1984 sind als Anwartschaftserhaltungszeiten zu berücksichtigen:

  • alle brasilianischen Versicherungszeiten,
  • alle Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz,
  • Zeiten des Bezugs einer brasilianischen Invaliditäts- oder Altersrente (Abschnitt 4.1),
  • Zeiten des Bezugs von brasilianischen Leistungen wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen (Abschnitt 4.2),
  • Zeiten der Kindererziehung in Brasilien (Abschnitt 4.3),
  • Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft in Brasilien (Abschnitt 4.4).

Umfang der zu berücksichtigenden brasilianischen Versicherungszeiten

Nach den brasilianischen Rechtsvorschriften besteht die Möglichkeit, Versicherungszeiten in erhöhtem Umfang anzurechnen. Dies betrifft insbesondere Zeiten, in denen ein besonders schwerer und gesundheitsschädigender Beruf ausgeübt wurde.

Die Anerkennung von Versicherungszeiten in Brasilien richtet sich zwar nach den brasilianischen Rechtsvorschriften, eine Berücksichtigung bei der Zusammenrechnung nach Art. 11 Absatz 1 SVA-Brasilien für die Erfüllung von deutschen Rentenanspruchsvoraussetzungen darf aber stets nur im tatsächlichen zeitlichen Umfang erfolgen (Art. 12 Absatz 5 SVA-Brasilien).

Beachte:

Gleiches gilt über die Regelung von Nummer 3 Buchst. a) SP zum SVA-Brasilien auch für Versicherungs- und Wohnzeiten in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat beziehungsweise der Schweiz.

Gesetz zu dem Abkommen vom 03.12.2009

Inkrafttreten: 19.08.2010 (Gesetz), 01.05.2013 (Abkommen)

Quelle: Bundesgesetzblatt II 2010, S. 918 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 12 SVA-Brasilien ist nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum 01.05.2013 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 12 SVA-Brasilien