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§ 314 SGB VI: Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes

Änderungsdienst
veröffentlicht am

27.03.2023

Änderung

Das Beispiel 1 wurde wegen der Systematik im Abschnitt 4.2 umgestellt.

Dokumentdaten
Stand06.03.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (6. SGB IV-Änderungsgesetz - 6. SGB IV-ÄndG) vom 11.11.2016 in Kraft getreten am 17.11.2016
Rechtsgrundlage

§ 314 SGB VI

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift enthält folgende Regelungen:

  • Absatz 1 schließt die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Witwen- und Witwerrenten aus, sofern
    • der Versicherte vor dem 01.01.1986 gestorben ist oder
    • die Ehegatten bis zum 31.12.1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben haben.
    Die Regelung gilt auch für Witwen- und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten gemäß § 243 SGB VI.
  • Nach Absatz 2 finden die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auch auf Witwen- oder Witwerrenten nach dem vorletzten Ehegatten keine Anwendung, wenn der vorletzte Ehegatte vor dem 01.01.1986 gestorben ist. Die Anrechnung einer für den gleichen Zeitraum zustehenden Witwen- oder Witwerrente nach dem letzten Ehegatten erfolgt in diesen Fällen in der Höhe, die sich nach Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung ergibt.
  • Nach Absatz 3 ist auf eine Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten, bei der Einkommen nach § 114 Absatz 1 SGB IV (nur anrechenbares Einkommen nach dem Recht bis zum 31.12.2001) zu berücksichtigen ist, die Witwenrente oder Witwerrente nach dem letzten Ehegatten im Rahmen von § 90 SGB VI nur in der Höhe anzurechnen, die sich nach Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes ergibt. § 97 Abs. 3 S. 1 und 3 SGB VI (Rangfolge bei der Anrechnung und Regelung zum unverbrauchten Einkommen) findet in diesen Fällen keine Anwendung.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 314 SGB VI steht im Zusammenhang mit folgenden Regelungen:

  • Sind Versicherte vor dem 01.01.1986 gestorben oder haben Ehegatten bis zum 31.12.1988 eine gemeinsame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben, findet nach § 314 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB VI die Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI keine Anwendung.
  • Erfolgt bei der Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten aufgrund § 314 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB VI keine Einkommensanrechnung, ergänzt § 314 Abs. 2 S. 2 SGB VI die Anrechnungsregelung des § 90 SGB VI dahingehend, dass die Anrechnung der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten/Lebenspartner aus der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung erst nach Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung erfolgt.
  • Sind bei einer Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten/Lebenspartner und der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten/Lebenspartner bei § 97 SGB VI wegen § 114 Abs. 1 SGB IV unterschiedliche Arten von Einkommen zu berücksichtigen, regelt § 314 Abs. 3 S. 1 SGB VI abweichend von § 90 SGB VI, dass die Anrechnung der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten/Lebenspartner erst nach Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung erfolgt. § 314 Abs. 3 S. 2 SGB VI schließt darüber hinaus in diesen Fällen die Anwendung von § 97 Abs. 3 S. 1 und S. 3 SGB VI aus.
  • Für Renten wegen Todes aus den neuen Bundesländern ist die Sonderregelung des § 314 SGB VI ausgeschlossen, wenn die in § 314a SGB VI genannten Voraussetzungen vorliegen.

Ausnahmen von der Einkommensanrechnung bei Witwen- und Witwerrenten

Nach § 314 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB VI wird die Einkommensanrechnung gemäß § 97 SGB VI auf Witwen- und Witwerrenten ausgeschlossen, wenn

  • Versicherte vor dem 01.01.1986 gestorben sind oder
  • die Ehegatten eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben haben.

Der Ausschluss der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI für Witwen- und Witwerrente beim Tod des Versicherten vor dem 01.01.1986 entspricht dem bis zum 31.12.1985 geltenden bundesdeutschen Recht.

  • Damit wird in den alten Bundesländern für Todesfälle vor dem 01.01.1986 hinsichtlich der Einkommensanrechnung der damalige Rechtszustand gewahrt. Dies gilt für Neurenten und für Bestandsrenten unabhängig vom Zeitpunkt des Rentenbeginns.
  • In den neuen Bundesländern ist die Einkommensanrechnung beim Tod vor dem 01.01.1986 nicht ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 314a SGB VI vorliegen (vergleiche GRA zu § 314a SGB VI).

Ehegatten und frühere Ehegatten konnten nach dem vor dem 01.01.1992 geltenden bundesdeutschen Recht eine Erklärung zur weiteren Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts unter den Voraussetzungen des Art. 2 §§ 17a Abs. 2, 18 Abs. 4 AnVNG, Art. 2 §§ 18 Abs. 3, 19 Abs. 4 ArVNG, Art. 2 §§ 13a Abs. 2, 14 Abs. 4 KnVNG abgeben.

In den neuen Bundesländern haben allerdings in Fällen, die von § 314a SGB VI erfasst werden, ehemals gültige Erklärungen keine Wirkung mehr, so dass hier stets die Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI zu beachten ist (vergleiche GRA zu § 314a SGB VI).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Stichtag „01.01.1986“ bestehen aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts nicht (vergleiche BVerfG-Urteil vom 06.06.1988, AZ: 1 BvR 1517/87, SozR 5750 Art. 2 § 18 Nr. 4).

Erklärungsrecht für Ehegatten

Nach Art. 2 § 17a Abs. 2 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 ArVNG und Art. 2 § 13a Abs. 2 KnVNG konnten Ehegatten gegenüber dem für einen der Ehegatten zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum 31.12.1988 übereinstimmend erklären, dass auch für Todesfälle ab 01.01.1986 die am 31.12.1985 geltenden Rechtsvorschriften für Renten an Witwen und Witwer anzuwenden sind, wenn

  • beide Ehegatten vor dem 01.01.1936 geboren sind und
  • ihre Ehe vor dem 01.01.1986 geschlossen worden ist.

Eine Erklärung gegenüber einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 618 RVO) steht einer Erklärung nach Art. 2 § 17a Abs. 2 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 ArVNG und Art. 2 § 13a Abs. 2 KnVNG gleich.

Abgabe der Erklärung

Die Erklärung musste dem für einen der Ehegatten zuständigen Rentenversicherungsträger zugehen (Art. 2 § 17a Abs. 2 S. 1 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 S. 1 ArVNG, Art. 2 § 13a Abs. 2 S. 1 KnVNG). Zuständig war der für Leistungsanträge maßgebende Rentenversicherungsträger (§ 90 Abs. 1 und 2 AVG, § 1311 Abs. 1 und 2 RVO). Waren Ehefrau und Ehemann bei verschiedenen Rentenversicherungsträgern versichert, konnten sie sich den Rentenversicherungsträger auswählen. War für beide Ehegatten kein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig, konnten sie zwischen dem Träger der Angestellten und der Arbeiterrentenversicherung wählen (Art. 2 § 17a Abs. 2 S. 2 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 S. 2 ArVNG, Art. 2 § 13a Abs. 2 S. 2 KnVNG).

Nach Art. 2 § 17a Abs. 2 S. 1 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 S. 1 ArVNG, Art. 2 § 13a Abs. 2 S. 1 KnVNG war gesetzlicher Endzeitpunkt für die Abgabe der Erklärung beider Ehegatten beim Rentenversicherungsträger (beziehungsweise bei den in § 16 SGB I genannten Stellen) der 31.12.1988. Da dieser Tag auf einen Sonnabend fiel, endete die Frist zur Abgabe der Erklärung nach § 26 Abs. 3 S. 1 SGB X erst am darauffolgenden Werktag (02.01.1989).

War ein Ehegatte bei Ablauf der Frist am 02.01.1989 nicht voll geschäftsfähig, endete die Frist zur Abgabe der Erklärung nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in welchem der Ehegatte unbeschränkt geschäftsfähig wurde oder der Mangel der Vertretung aufhörte (§ 206 Abs. 1 BGB).

Bei Auskunfts- oder Verwaltungsverfahren zum Erklärungsrecht, die am 02.01.1989 noch anhängig waren, endete die Frist - in Anlehnung an die damaligen Grundsätze zur Bereiterklärung nach § 142 AVG, § 1420 RVO - drei Monate nach Abschluss des Verfahrens oder der Beratung.

Wurde die Frist zur Abgabe der Erklärung versäumt, war eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 2 § 17a Abs. 2 S. 4 AnVNG. Art. 2 § 18 Abs. 3 S. 4 ArVNG, Art. 2 § 13a Abs. 2 S. 4 KnVNG ausdrücklich ausgeschlossen.

Form der Erklärung

Die Erklärung war nicht an eine bestimmte Form gebunden. Weder die Schriftform im Sinne des § 126 BGB noch eine Beglaubigung der Unterschrift war vorgeschrieben. Zwar war der Schriftform der Vorzug zu geben, aber auch eine mündliche Erklärung gegenüber dem Rentenversicherungsträger - die entsprechend dokumentiert werden musste - war möglich. Die Erklärungen der Ehegatten konnten auch getrennt und zu verschiedenen Zeitpunkten abgegeben werden.

Wirksamkeit der Erklärung

Die Erklärung wurde mit dem Zeitpunkt wirksam, in dem die Erklärung bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger (beziehungsweise bei den Auskunfts- und Beratungsstellen, den örtlichen Beratungsstellen oder den Versichertenältesten der Rentenversicherungsträger oder den in § 16 SGB I genannten Stellen) einging. Die Erklärung musste spätestens bis zum 02.01.1989 beziehungsweise bei einem seinerzeit noch anhängigen Auskunfts- oder Verwaltungsverfahren bis zu dem festgesetzten Fristende (vergleiche Abschnitt 2.1.1) dem Rentenversicherungsträger zugegangen sein.

Beachte:

Lagen die allgemeinen Voraussetzungen für die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung vor und ist der Ehemann vor Ablauf der Erklärungsfrist (regelmäßig vor dem 02.01.1989) gestorben, werden die Ehegatten unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (BSG vom 13.11.1990, AZ: 1 RA 5/90, SozR 3-5750 Art. 2 § 18 Nr. 1) so gestellt, als ob sie sich für die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts entschieden hätten. Entsprechendes gilt beim Tod der Ehefrau, sofern die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 303 SGB VI für eine Witwerrente vorliegen.

Die Regelung gilt unabhängig vom Wohnsitz der Ehegatten, es sei denn die Wirkungen einer Erklärung sind nach § 314a SGB VI ausgeschlossen.

Bei der Überprüfung bereits geleisteter Renten ist gegebenenfalls § 44 Abs. 4 SGB X zu beachten.

Die Wirkung der Erklärung endet, wenn die Ehe vor dem Tod des Versicherten aufgelöst wird (zum Beispiel durch Scheidung). Für eine neue Ehe gilt dann - selbst wenn es sich um dieselben Ehegatten handelt - nicht mehr der Ausschluss der Einkommensanrechnung.

Auswirkungen der Erklärung

Haben die Ehegatten durch eine wirksame Erklärung das am 31.12.1985 geltende Recht gewählt, ergeben sich - nunmehr abgestellt auf das SGB VI - daraus folgende Rechtswirkungen:

  • Die Ehegatten sind unwiderruflich an die Erklärung gebunden.
  • Die Erklärung gilt nicht nur für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
  • Ein Anspruch auf Witwerrente kann nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 303 SGB VI entstehen.
  • Auf Witwen- und Witwerrente ist die Einkommensanrechnung ausgeschlossen.

Nach Art. 2 § 17a Abs. 2 S. 5 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 S. 5 ArVNG, Art. 2 § 13a Abs. 2 S. 5 KnVNG kann die Erklärung zur weiteren Anwendung des am 31.12.1985 geltenden Rechts nicht widerrufen werden. Die Ehegatten sind damit an die einmal abgegebene gemeinsame Erklärung gebunden, selbst wenn sich in der Folgezeit Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der Ehegatten ergeben, die dazu führen könnten, dass die Erklärung nicht mehr als sinnvoll erscheint. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Wirksamkeit und Anfechtung der Erklärung die allgemeinen Grundsätze des BGB entsprechend.

Haben sich die Ehegatten für die weitere Anwendung des am 31.12.1985 geltenden Rechts entschieden, dann sind von dieser Entscheidung die Normen zur Anspruchsbegründung und der Ausschluss der Einkommensanrechnung betroffen. Für die Berechnung der Renten gilt in vollem Umfang das jeweils geltende Recht, also seit dem 01.01.1992 das SGB VI.

Erklärungsrecht für geschiedene Ehegatten

Nach Art. 2 § 18 Abs. 4 AnVNG, Art. 2 § 19 Abs. 4 ArVNG, Art. 2 § 14 Abs. 4 KnVNG konnten auch geschiedene Ehegatten (einschließlich der Ehegatten, deren Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben ist),

  • die beide vor dem 01.01.1936 geboren sind und
  • deren Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden (für nichtig erklärt oder aufgehoben) war,

gegenüber dem für einen der geschiedenen Ehegatten zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum 31.12.1988 übereinstimmend erklären, dass für sie die am 31.12.1985 geltenden Rechtsvorschriften für Renten an geschiedene Ehegatten anzuwenden sind.

Die Grundsätze bei der Ehegattenerklärung (vergleiche Abschnitt 2.1) gelten für die Erklärungen der geschiedenen Ehegatten entsprechend.

Von der Erklärung der geschiedenen Ehegatten sind nur die gegenseitigen Hinterbliebenenrentenansprüche betroffen. Nicht berührt werden - bei einer eventuellen Wiederheirat eines geschiedenen Ehegatten - die Hinterbliebenenrentenansprüche aus der Versicherung des neuen Ehegatten und die Hinterbliebenenrentenansprüche aus der eigenen Versicherung für den neuen Ehegatten.

Ausnahmen von der Einkommensanrechnung bei Witwen- und Witwerrenten nach dem vorletzten Ehegatten

Die Vorschrift des § 314 Abs. 2 S. 1 SGB VI stellt - entsprechend dem Recht vor 1992 - sicher, dass sich die Regelungen über die Einkommensanrechnung dann nicht auf eine Rente nach dem vorletzten Ehegatten auswirken, wenn der vorletzte Ehegatte vor dem 01.01.1986 gestorben ist. Sie gilt entsprechend für Todesfälle ab 01.01.1986, wenn die Ehegatten eine wirksame Erklärung zur weiteren Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben haben.

Anrechnung von Witwen- oder Witwerrenten auf Witwen- oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten/Lebenspartner nach Einkommensanrechnung

Haben Hinterbliebene sowohl Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten/Lebenspartner (§ 46 Abs. 1 und 2 SGB VI, § 243 Abs. 1 und 2 SGB VI) als auch nach dem vorletzten Ehegatten/Lebenspartner (§ 46 Abs. 3, 243 Abs. 3 SGB VI), legt § 90 SGB VI im Grundsatz fest, dass die Anrechnung der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten/Lebenspartner auf die Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten/Lebenspartner vor Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung (§ 97 SGB VI in Verbindung mit § 18a SGB IV) erfolgt.

§ 314 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB VI regelt Ausnahmen von diesem Grundsatz für folgende Sachverhalte:

  • Tod der/des Versicherten vor dem 01.01.1986 oder Abgabe einer wirksamen Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts durch die Ehegatten, vergleiche Abschnitt 4.1
  • Anrechnung unterschiedlicher Einkommensarten bei den Hinterbliebenenrenten nach dem letzten und vorletzten Ehegatten/Lebenspartner aufgrund der Vorschrift des § 114 Abs. 1 SGB IV, vergleiche Abschnitt 4.2

Tod der/des Versicherten vor dem 01.01.1986 oder Abgabe einer wirksamen Erklärung

Ist die/der Versicherte vor dem 01.01.1986 verstorben oder haben die Ehegatten eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben, ergänzt § 314 Abs. 2 S. 2 SGB VI die Anrechnungsregelung des § 90 SGB VI dahingehend, dass die Anrechnung der Witwen- oder Witwerrente aus der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung erst nach Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung erfolgt (vergleiche GRA zu § 90 SGB VI, Abschnitt 2). Damit ist sichergestellt, dass in diesen Fällen die Einkommensanrechnung nicht über die Anrechnung der Ansprüche nach dem letzten Ehegatten zur Minderung des Gesamtanspruchs führt.

Anrechnung unterschiedlicher Einkommensarten bei den Hinterbliebenenrenten nach dem letzten und vorletzten Ehegatten/Lebenspartner

Gilt bei der Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten für die Einkommensanrechnung die Vorschrift des § 114 Abs. 1 SGB IV (alter „eingeschränkter“ Einkommens-Katalog, vergleiche GRA zu § 114 SGB IV), bei der Witwenrente oder Witwerrente nach dem letzten Ehegatten hingegen das ab 01.01.2002 geltende Recht (vergleiche GRA zu § 18a SGB IV), sind bei der Hinterbliebenenrente nach dem letzten und dem vorletzten Ehegatten/Lebenspartner ggf. unterschiedliche Einkommen anzurechnen.

§ 314 Abs. 3 SGB VI ergänzt in diesen Fällen die Anrechnungsregelung des § 90 SGB VI dahingehend, dass die Anrechnung der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten erst nach der Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung erfolgt (vergleiche GRA zu § 90 SGB VI, Abschnitt 2). Sind sowohl bei der Hinterbliebenenrente nach dem letzten als auch dem vorletzten Ehegatten/Lebenspartner die gleichen Einkommen anzurechnen, ist § 314 Abs. 3 SGB VI nicht anzuwenden.

Durch die Regelung des § 314 Abs. 3 SGB VI wird sichergestellt, dass bei der Anwendung der Anrechnungsvorschriften der §§ 90 und 97 SGB VI für die Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten der Zahlbetrag verbleibt, der sich vor dem 01.01.2002 ergeben hätte. Denn durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) wurde der Katalog der anzurechnenden Einkommen ab dem 01.01.2002 zum Beispiel um Vermögenseinkommen erweitert. Die Regelung des § 314 Abs. 3 SGB VI bewirkt, dass die betroffenen Hinterbliebenen bei Auflösung der letzten Ehe im Rahmen des § 90 SGB VI hinsichtlich der Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten nicht schlechter gestellt werden als wenn sie die neue Ehe nicht eingegangen wären. Eine „Vermischung“ der unterschiedlichen Rechtsanwendungen für die Einkommensanrechnung wird dadurch ausgeschlossen.

Um dies zu gewährleisten, sind nach § 314 Abs. 3 SGB VI folgende Rechenschritte zur Ermittlung der Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten vorzunehmen:

  • Schritt 1:
    Berechnung der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten einschließlich der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI in Verbindung mit § 18a SGB IV.
  • Schritt 2:
    Berechnung der Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten ohne Anwendung der Regelungen zur Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI.
  • Schritt 3:
    Bilden der Differenz der Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten ohne Einkommensanrechnung (siehe Schritt 2) und der Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten (siehe Schritt 1). Die Differenz ergibt die Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten.
  • Schritt 4:
    Anrechnung des gesamten Einkommens nach § 114 SGB IV auf die Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten (siehe Schritt 3).
    Beachte: Die Regelungen zur Reihenfolge der Einkommensanrechnung (§ 97 Abs. 3 S. 2 SGB VI) und zum „unverbrauchten Einkommen“ (§ 97 Abs. 3 S. 3 SGB VI) gelten hier nicht.

Siehe Beispiel 1

Beispiel 1: Anrechnung von Witwen- oder Witwerrenten nach dem letzten Ehegatten auf Witwen- oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten nach Einkommensanrechnung

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
Witwenrente nach dem letzten Ehegatten (Eheschließung nach dem 31.12.2001)  700,00 Euro
anzurechnendes Einkommen nach § 97 SGB VI in Verbindung mit § 18a SGB IV (nach dem Recht ab 01.01.2002, zum Beispiel Vermögenseinkommen)  600,00 Euro
Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten (Tod vor dem 01.01.2002) 900,00 Euro
anzurechnendes Einkommen nach § 97 SGB VI in Verbindung mit § 114 SGB IV (nach dem Recht bis zum 31.12.2001)  500,00 Euro
Lösung:
Witwenrente nach dem letzten Ehegatten nach Anwendung von § 97 SGB VI in Verbindung mit § 18a SG IV (700,00 Euro minus 600,00 Euro)  100,00 Euro
Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten (vor Anwendung der Anrechnungsvorschriften )  900,00 Euro
abzüglich Witwenrente nach dem letzten Ehegatten nach Anwendung von § 97 SGB VI in Verbindung mit § 18a SGB IVminus 100,00 Euro
abzüglich anzurechnenden Einkommen nach § 97 SGB VI in Verbindung mit § 114 SGB IVminus 500,00 Euro
Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten nach Anwendung von §§ 90, 97, 314 Abs. 3 SGB VI)ist gleich 300,00 Euro
Sechstes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (6. SGB IV-Änderungsgesetz - 6. SGB IV-ÄndG) vom 11.11.2016 (BGBl. I S. 2500)

Inkrafttreten: 17.11.2016

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 18/8487, 18/9088, BR-Drucksache 117/16

Durch Artikel 4 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (6. SGB IV-ÄndG) vom 11.11.2016 wurde der Absatz 3 mit Wirkung ab 17.11.2016 eingefügt. Durch den neuen Absatz 3 wird gewährleistet, dass sich bei Auflösung der letzten Ehe diese Eheschließung auch in den Fällen nicht nachteilig auswirkt, in denen aufgrund der Hinterbliebenenrentenreform 2002 hinsichtlich der letzten und der vorletzten Ehe unterschiedliche Einkommen anzurechnen sind, weil seitdem zum Beispiel auch Vermögenseinkommen einbezogen wird.

RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791)

Inkrafttreten: 01.08.2004

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/2149, 15/3158

Durch Artikel 1 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.07.2004 wurden die Absätze 3 bis 5 mit Wirkung ab 01.08.2004 wegen Zeitablaufs aufgehoben. Die Absätze 3 und 4 regelten bis zum 31.07.2004 die abgestufte Einkommensanrechnung bei Todesfällen bis zum 31.12.1995 und Absatz 5 beinhaltete Sonderregelungen zur Einkommensanrechnung auf Waisenrente.

Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 15/1637

Durch Artikel 5 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 sollte Absatz 5 ursprünglich zum 01.01.2005 aufgehoben werden. Tatsächlich erfolgte die Aufhebung aber bereits ab 01.08.2004 durch das oben angeführte RV-Nachhaltigkeitsgesetz.

4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983)

Inkrafttreten: 01.01.2002

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4375

Durch Artikel 7 des 4. Euro - Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 wurden in Absatz 5 die Angabe „1000 Deutsche Mark“ durch die Angabe „520 Euro“ und die Angabe „800 Deutsche Mark“ durch die Angabe „410 Euro“ ersetzt.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Mit § 314 SGB VI wurde der bis 31.12.1991 geltende Rechtszustand (Art. 2 §§ 22b, 25 AnVNG) fortgeschrieben.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 314 SGB VI