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§ 253 SGB VI: Pauschale Anrechnungszeit

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

In der GRA wurden lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen.

Dokumentdaten
Stand14.02.2017
Erstellungsgrundlage in der Fassung des WFG 1997 vom 25.09.1996 in Kraft getreten am 01.01.1997
Rechtsgrundlage

§ 253 SGB VI

Version001.00
Schlüsselwörter
  • 4

Inhalt der Regelung

§ 253 SGB VI regelt die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der pauschalen Anrechnungszeit und deren Berechnung. Die Berücksichtigung einer pauschalen Anrechnungszeit ist immer dann zu prüfen, wenn vor dem 01.01.1957 Zeiten mit anrechenbaren Pflichtbeiträgen belegt sind.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 253 SGB VI ist eine Sonderregelung zu § 58 SGB VI.

Ergänzende Regelungen enthalten

  • § 244 Abs. 1 SGB VI (begrenzte Anrechnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung auf die Wartezeit von 35 Jahren im Zusammenhang mit der pauschalen Anrechnungszeit),
  • § 254 Abs. 4 SGB VI (Zuordnung der pauschalen Anrechnungszeit zur knappschaftlichen Rentenversicherung),
  • § 263 Abs. 1 SGB VI (Begrenzung der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bei der Gesamtleistungsbewertung im Zusammenhang mit der pauschalen Anrechnungszeit) und
  • § 263 Abs. 4 SGB VI (Mindestbewertung der nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor 1957).

Allgemeines

Für die Zeit vor dem 01.01.1957 ist bei der Berechnung der Rente eine pauschale Anrechnungszeit zu berücksichtigen, wenn die bis zu diesem Zeitpunkt nachgewiesenen Anrechnungszeiten (§ 58, § 252, § 252a SGB VI) einen kürzeren Zeitraum umfassen als die pauschale Anrechnungszeit. Durch die pauschale Anrechnungszeit sollen Lücken geschlossen werden, die sich dadurch ergeben, dass Nachweise über Anrechnungszeiten nicht mehr beigebracht werden können. Sie kommt aber auch zum Tragen, wenn der Versicherte Anrechnungszeiten vor 1957 nicht zurückgelegt hat. Die pauschale Anrechnungszeit wird der Rentenberechnung ohne besonderen Antrag und unabhängig vom Vorliegen bestimmter Einzeltatbestände zugrunde gelegt.

Die Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit wird in folgenden Schritten durchgeführt:

  • Zunächst ist die Gesamtzeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Vorschrift zu ermitteln. Das ist die Anzahl an Monaten vom Kalendermonat, in den der Tag nach der Vollendung des 17. Lebensjahres des Versicherten fällt, bis zum Kalendermonat, für den der letzte Pflichtbeitrag vor dem 01.01.1957 gezahlt worden ist. Liegt der erste Pflichtbeitrag vor dem Tag nach der Vollendung des 17. Lebensjahres, beginnt die Gesamtzeit mit dem Kalendermonat, für den der erste Pflichtbeitrag gezahlt ist.
  • Von der so bestimmten Gesamtzeit sind die auf sie entfallenden Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten abzuziehen. Das Ergebnis ist die Gesamtlücke nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Vorschrift.
  • Anschließend ist ein nach unten gerundetes volles Viertel der auf die Gesamtzeit entfallenden Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten festzustellen. Dieses volle Viertel an Monaten ist mit der Gesamtlücke zu vergleichen. Der niedrigere Wert ist mit dem Verhältnis zu vervielfältigen, in dem die Summe der auf die Gesamtzeit entfallenden mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten belegten Kalendermonate zu der Gesamtzeit steht (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Vorschrift).

Gesamtzeit

Die Gesamtzeit im Sinne des § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI ist die Anzahl an Monaten vom Kalendermonat, in den der Tag nach der Vollendung des 17. Lebensjahres des Versicherten fällt, bis zum Kalendermonat, für den der letzte Pflichtbeitrag vor dem 01.01.1957 gezahlt worden ist. Liegt der erste Pflichtbeitrag vor dem Tag nach der Vollendung des 17. Lebensjahres, beginnt die Gesamtzeit mit dem Kalendermonat, für den der erste Pflichtbeitrag gezahlt worden ist.

Siehe Beispiel 1

Eine Gesamtzeit lässt sich nicht ermitteln, wenn vor dem 01.01.1957 keine Zeiten mit anrechenbaren Pflichtbeiträgen belegt sind. In diesen Fällen kann eine pauschale Anrechnungszeit von vornherein nicht berücksichtigt werden.

Beginn und Ende

Beginn der Gesamtzeit ist der erste Tag des Kalendermonats, in den der Tag nach der Vollendung des 17. Lebensjahres des Versicherten fällt (wie bei § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI und bei § 72 Abs. 2 S. 1 SGB VI, vergleiche GRA zu § 72 SGB VI, Abschnitt 3). Der Tag nach Vollendung des 17. Lebensjahres ist der Tag, der dem Geburtstag des Versicherten entspricht, bei einem Versicherten, der am Ersten eines Monats geboren ist, folglich der erste Tag dieses Monats.

Sind für den Versicherten bereits für Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres Pflichtbeiträge gezahlt worden, so ist vom Beginn des Kalendermonats auszugehen, für den der erste Pflichtbeitrag gezahlt worden ist.

Ist der erste Pflichtbeitrag für Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres gezahlt worden, so ist dieser Beitrag für den Beginn der Gesamtzeit selbst dann maßgebend, wenn er auf die Wartezeit nicht angerechnet werden kann, weil er vor dem 01.01.1924 liegt und die Voraussetzungen des § 247 Abs. 3 S. 2 SGB VI nicht gegeben sind.

Ende der Gesamtzeit ist der letzte Tag des Kalendermonats, für den der letzte Pflichtbeitrag vor dem 01.01.1957 gezahlt worden ist.

Soweit Verfolgungszeiten nach § 15 WGSVG wie Pflichtbeiträge zu bewerten sind, werden sie dadurch nicht zu Pflichtbeitragszeiten, die für die Bestimmung des letzten Pflichtbeitrages vor 1957 maßgebend sein könnten.

Pflichtbeiträge

Bei den die Gesamtzeit bestimmenden Pflichtbeiträgen muss es sich um wirksame, tatsächlich gezahlte Pflichtbeiträge handeln. Hierzu zählen aber auch Pflichtbeitragszeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Unwesentlich ist, ob Beiträge vor 1924 gemäß § 247 Abs. 3 S. 2 SGB VI anrechenbar sind oder nicht.

Bestimmend für die Gesamtzeit können auch beitragsgeminderte Kalendermonate sein, wenn es sich bei der Beitragszeit um einen Pflichtbeitrag handelt. Zum Begriff der beitragsgeminderten Zeit vergleiche GRA zu § 54 SGB VI, Abschnitt 2.1.2.

Insbesondere folgende Pflichtbeiträge bestimmen den Beginn (und das Ende) des Gesamtzeitraumes:

Siehe Beispiel 1

Ein freiwilliger Beitrag kann für die Bestimmung der Gesamtzeit jedoch in keinem Fall als maßgebend angesehen werden. Sind Pflichtbeiträge gezahlt worden und gelten diese später als freiwillige Beiträge (zum Beispiel nach § 74 Abs. 3 G 131), so können diese Beiträge ebenfalls nicht die Gesamtzeit bestimmen.

Zeiten, für die eine Nachversicherung nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist, sind fiktive Beitragszeiten, aber keine Pflichtbeitragszeiten. Diese Zeiten sind daher in gleicher Weise wie Zeiten der freiwilligen Versicherung weder für den Beginn noch das Ende der Gesamtzeit maßgebend.

Gesamtlücke

Zur Ermittlung der verbleibenden Zeit gemäß § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI (Gesamtlücke) ist die Gesamtzeit um die auf sie entfallenden mit Beiträgen und Ersatzzeiten belegten Kalendermonate zu vermindern, also um die Beitragszeiten und Ersatzzeiten, die vom Beginn bis zum Ende der Gesamtzeit zurückgelegt sind.

Beitragszeiten

Neben den die Gesamtzeit bestimmenden Pflichtbeiträgen (siehe Abschnitt 3.2) ist zur Ermittlung der Gesamtlücke auch auf alle freiwilligen Beiträge (einschließlich nachgezahlter Beiträge) zurückzugreifen, die auf die Zeit zwischen Beginn und Ende der Gesamtzeit entfallen. Unerheblich ist sowohl bei den Pflichtbeiträgen als auch bei den freiwilligen Beiträgen, ob es sich um beitragsgeminderte Zeiten im Sinne des § 54 Abs. 3 SGB VI handelt.

Zeiten, für die eine Nachversicherung nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist, sind wie Beitragszeiten zu behandeln (§ 253 Abs. 1 S. 2 SGB VI).

Ersatzzeiten

Ersatzzeiten sind berücksichtigungsfähig, soweit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen von § 250, § 251 SGB VI vorliegen. Anrechnungsvoraussetzungen wie zum Beispiel Vorversicherung oder Anschlusspflichtversicherung müssen nicht mehr erfüllt sein.

Kalendermonate, die sowohl mit einer Beitragszeit als auch mit einer Ersatzzeit belegt sind, dürfen nicht doppelt, sondern jeweils nur einmal abgesetzt werden. Ein Kalendermonat, der zum Teil mit einer Ersatzzeit und zum Teil mit einer Anrechnungszeit belegt ist, ist als Kalendermonat der Ersatzzeit mitzuzählen.

Zeiten, für die eine Nachversicherung durchgeführt oder nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt wurde, sind keine Ersatzzeiten (vergleiche hierzu GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 11.1). Diese Zeiten sind bei der Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit wie folgt zu berücksichtigen:

Nachversicherung wurde durchgeführt

Es liegen Pflichtbeiträge vor, für die die Ausführungen in den Abschnitten 3.2 und 4.1 gelten.

Fehlender Antrag auf Nachversicherung

Zeiten, die keine Ersatzzeiten sind, weil eine Nachversicherung nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist, sind wie Beitragszeiten zu berücksichtigen (§ 253 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Diese „fiktiven“ Beitragszeiten sind allein zur Ermittlung der Gesamtlücke wie Beiträge zu behandeln. Es handelt sich hierbei jedoch um keine Pflichtbeiträge im Sinne des Abschnitts 3.2.

Von § 253 Abs. 1 S. 2 SGB VI werden nur Fälle der fiktiven Nachversicherung erfasst. Nur die fiktive Nachversicherung setzt einen Antrag des Berechtigten voraus (vergleiche zum Beispiel § 72 G 131, § 99 AKG). Wird der Antrag vom Berechtigten oder seinem Hinterbliebenen nicht gestellt, kann der Rentenversicherungsträger die Voraussetzungen für die Nachversicherung selbst feststellen.

Die Regelung des § 253 Abs. 1 S. 2 SGB VI beruht auf der Annahme, dass sich aufgrund von nachversicherten Zeiten die Gesamtlücke verringert, sodass sich eine geringere pauschale Anrechnungszeit ergibt. In den Fällen, in denen die Gesamtlücke auf ein (nach unten gerundetes volles) Viertel der Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten in der Gesamtzeit begrenzt wird (siehe Abschnitt 4.3), kann die Nachversicherung aber auch dazu führen, dass sich die pauschale Anrechnungszeit erhöht.

Begrenzung der Gesamtlücke

Gemäß § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI ist ein nach unten gerundetes volles Viertel der auf die Gesamtzeit entfallenden Beitragszeiten und Ersatzzeiten (vergleiche Abschnitte 4.1 und 4.2) zu ermitteln und mit der Gesamtlücke zu vergleichen.

Ist dieses Viertel kleiner als die Gesamtlücke, so ist die Gesamtlücke für die weitere Berechnung auf dieses Viertel zu begrenzen.

Siehe Beispiel 2

Ermittlung der längeren Anrechnungszeit

Nur wenn die pauschale Anrechnungszeit mehr Monate umfasst als die nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1957, ist sie bei der Rentenberechnung als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Umfasst die pauschale Anrechnungszeit ebenso viele Monate wie die nachgewiesenen Anrechnungszeiten, sind die nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1957 zu berücksichtigen.

Die Berücksichtigung der pauschalen Anrechnungszeit bei der Rentenberechnung steht einer Anrechnung von Kalendermonaten mit Beitragszeiten und Anrechnungszeiten als beitragsgeminderte Zeiten nicht entgegen.

Auch wenn die pauschale Anrechnungszeit die kürzere Zeit ist, kann sie sich bei der Ermittlung der Entgeltpunkte für Anrechnungszeiten, die vor dem 01.01.1957 liegen, auswirken. Im Einzelnen vergleiche dazu GRA zu § 263 SGB VI, Abschnitt 6.

Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit

Zur Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit nach § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI ist die gegebenenfalls begrenzte Anzahl der Monate der Gesamtlücke mit dem Verhältnis zu multiplizieren, in dem die Summe der auf die Gesamtzeit entfallenden mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten belegten Kalendermonate zu der Gesamtzeit steht. Die Formel für diese Berechnung lautet:

(gegebenenfalls begrenzte) Gesamtlücke
mal
Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten in der Gesamtzeit
geteilt durch
Gesamtzeit
gleich pauschale Anrechnungszeit

Das Ergebnis dieser Formel ist nach § 121 Abs. 3 SGB VI auf einen vollen Wert aufzurunden.

Siehe Beispiel 3

Nachgewiesene Anrechnungszeiten

Zu den nachgewiesenen Anrechnungszeiten zählen sämtliche vor dem 01.01.1957 liegenden Anrechnungszeiten. Das können im Einzelfall auch die pauschalen Anrechnungszeiten für Arbeitsausfalltage nach § 252a Abs. 2 SGB VI, Anrechnungszeiten vor dem ersten Beitrag oder nach dem letzten Pflichtbeitrag vor dem 01.01.1957 sein.

Wurden während der nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1957 Beiträge entrichtet (die entsprechenden Kalendermonate sind beitragsgeminderte Zeiten), ist die pauschale Anrechnungszeit nur mit den nachgewiesenen Anrechnungszeiten zu vergleichen, die nicht mit Beiträgen belegt sind. Der Vergleich ist somit mit den beitragsfreien Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1957 vorzunehmen. Kalendermonate, die gleichzeitig mit Ersatzzeiten und Anrechnungszeiten belegt sind, werden bei den nachgewiesenen Anrechnungszeiten nicht mitgezählt.

Besonderheiten bei Anwendung von § 71 Abs. 4 SGB VI

Sind im Zeitraum vor 1957 beitragsfreie Zeiten vorhanden, die bei einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen ruhegehaltfähig sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalls als ruhegehaltfähig anerkannt werden, sind diese Zeiten gemäß § 71 Abs. 4 SGB VI bei der Gesamtleistungsbewertung nicht zu berücksichtigen.

Im Gegensatz dazu ist bei der Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit nach § 253 SGB VI der Ausschluss von beitragsfreien Zeiten nach § 71 Abs. 4 SGB VI nicht zu berücksichtigen.

Das bedeutet:

Von der Gesamtzeit sind bei der Anwendung des § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI (siehe Abschnitt 4.2) auch Ersatzzeiten abzusetzen, die von § 71 Abs. 4 SGB VI erfasst werden (weitere Anwendung des BSG vom 17.03.1983, AZ: 11 RA 19/82, SozR 2200, Nr. 2 zu § 1260c RVO, und des BSG vom 19.04.1983, AZ: 5b RJ 16/82, SozR 5750, Nr. 9 zu Art. 2 § 14 ArVNG).

Nachgewiesene Anrechnungszeiten, die von § 71 Abs. 4 SGB VI erfasst werden, müssen wiederum beim Vergleich der nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1957 mit der pauschalen Anrechnungszeit (siehe Abschnitt 5) unberücksichtigt bleiben.

Siehe Beispiel 4

Für die pauschale Anrechnungszeit werden bei der Rentenberechnung selbst dann Entgeltpunkte ermittelt, wenn alle nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1957 gemäß § 71 Abs. 4 SGB VI bei der Gesamtleistungsbewertung nicht zu berücksichtigen sind.

Zeitliche Zuordnung der pauschalen Anrechnungszeit

Die pauschale Anrechnungszeit kann nach § 253 Abs. 2 SGB VI aufgeteilt und zeitlich zugeordnet werden. Dies wird insbesondere für Berechnungen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich erforderlich (zum Beispiel Auskunft über die Höhe des Ehezeitanteils an das Familiengericht, wenn eine pauschale Anrechnungszeit zu berücksichtigen ist und die Ehezeit vor dem 01.01.1957 beginnt).

Zur Berechnung der anteiligen pauschalen Anrechnungszeit für einen Zeitabschnitt vor 1957 ist zunächst die Teillücke festzustellen. Hierzu ist die Monatszahl des Zeitabschnitts, soweit er auf die Gesamtzeit für die Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit entfällt, um die darauf entfallenden Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten zu mindern. Der auf den Zeitabschnitt entfallende Anteil der pauschalen Anrechnungszeit ergibt sich, indem die pauschale Anrechnungszeit mit der Teillücke vervielfältigt und durch die Gesamtlücke geteilt wird. Die Formel hierfür lautet:

pauschale Anrechnungszeit
mal
Teillücke des Zeitabschnitts
geteilt durch
Gesamtlücke
gleich anteilige pauschale Anrechnungszeit

Das Ergebnis dieser Formel ist nach § 121 Abs. 3 SGB VI auf einen vollen Wert aufzurunden.

Siehe Beispiel 5

Beispiel 1: Bestimmung der Gesamtzeit

(Beispiel zu den Abschnitten 3 und 3.2)

a) Beginn mit erstem Pflichtbeitrag

Versicherter geboren am 02.03.1930

Der Tag nach Vollendung des 17. Lebensjahres ist der 02.03.1947.

Pflichtbeiträge liegen mit Unterbrechungen vom 20.07.1945 bis zum 31.12.1956 vor.

Somit umfasst die Gesamtzeit die Zeit vom 01.07.1945 bis zum 31.12.1956.

b) Beginn nach Vollendung des 17. Lebensjahres

Versicherter geboren am 01.03.1930

Der Tag nach Vollendung des 17. Lebensjahres ist der 01.03.1947.

Pflichtbeiträge liegen mit Unterbrechungen vom 01.04.1947 bis zum 31.12.1956 vor.

Somit umfasst die Gesamtzeit die Zeit vom 01.03.1947 bis zum 31.12.1956.

c) Ende mit letztem Pflichtbeitrag vor dem 01.01.1957

Versicherter geboren am 02.03.1930

Der Tag nach Vollendung des 17. Lebensjahres ist der 02.03.1947.

Pflichtbeiträge liegen mit Unterbrechungen vom 01.04.1948 bis zum 31.12.1954 vor.

Außerdem liegen Pflichtbeiträge wegen Kindererziehung vom 01.10.1955 bis zum 30.09.1956 vor.

Somit umfasst die Gesamtzeit die Zeit vom 01.03.1947 bis zum 30.09.1956.

Beispiel 2: Begrenzung der Gesamtlücke

(Beispiel zu Abschnitt 4.3)

Die Gesamtlücke beträgt 35 Monate. Im Gesamtzeitraum liegen 75 Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten. Ein Viertel der Beitragszeiten und Ersatzzeiten sind 18,75 Monate (75 geteilt durch 4).

Lösung:

Die Gesamtlücke von 35 Monaten ist auf ein nach unten gerundetes volles Viertel der Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten in der Gesamtzeit zu begrenzen, also auf 18 Monate.

Beispiel 3: Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit

(Beispiel zu Abschnitt 5.1)

Die Gesamtzeit beträgt 200 Monate. Abzüglich der darin enthaltenen Beitragszeiten und Ersatzzeiten von 150 Monaten ergibt sich eine Gesamtlücke von 50 Monaten.

Ein Viertel der Beitragszeiten und Ersatzzeiten sind 37 Monate (150 geteilt durch 4, nach unten gerundet).

Die Gesamtlücke ist daher auf 37 Monate zu begrenzen.

Lösung:

Die pauschale Anrechnungszeit errechnet sich nach folgender Formel:

37 Monate (begrenzte Gesamtlücke)
mal 150 Monate (Beitragszeiten und Ersatzzeiten in der Gesamtzeit)
geteilt durch 200 Monate (Gesamtzeit)
gleich 27,75 Monate

Aufgerundet nach § 121 Abs. 3 SGB VI ergeben sich 28 Monate.

Beispiel 4: Pauschale Anrechnungszeit bei Anwendung von § 71 Abs. 4 SGB VI

(Beispiel zu Abschnitt 6)

Vor dem 01.01.1957 liegen nachgewiesene Anrechnungszeiten im Umfang von 30 Monaten vor. Davon werden für die Versorgung 20 Monate berücksichtigt. Die pauschale Anrechnungszeit umfasst 29 Monate.

Lösung:

Zu vergleichen sind 10 Monate nachgewiesene Anrechnungszeiten mit 29 Monaten pauschaler Anrechnungszeit. Für die Rentenberechnung sind 29 Monate pauschale Anrechnungszeit zu berücksichtigen.

Beispiel 5: Zeitliche Zuordnung der pauschalen Anrechnungszeit

(Beispiel zu Abschnitt 7)

Die Ehezeit dauerte vom 01.02.1952 bis 30.04.1989.

Innerhalb der Gesamtzeit von 182 Monaten fielen 109 Monate Beitragszeiten und Ersatzzeiten außerhalb der Ehezeit und 54 Monate in die Ehezeit. Damit sind insgesamt 163 Monate (109 plus 54) an Beitragszeiten und Ersatzzeiten von der Gesamtzeit abzuziehen. Dies ergibt eine Gesamtlücke von 19 Monaten.

Die Begrenzung der Gesamtlücke auf ein nach unten gerundetes volles Viertel der Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten in der Gesamtzeit (163 Monate geteilt durch 4 gleich 40,75 Monate, abgerundet 40 Monate) ist nicht erforderlich, weil die errechnete Gesamtlücke kleiner ist.

Bis zum Ende der Gesamtzeit am 31.12.1956 entfallen auf die Ehezeit 59 Monate. Von den 59 Monaten sind 54 Monate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten, die während der Ehezeit liegen, abzuziehen. Daraus ergibt sich eine Teillücke von 5 Monaten während der Ehezeit.

Lösung:

Die pauschale Anrechnungszeit errechnet sich nach folgender Formel:

19 Monate (Gesamtlücke)
mal 163 Monate (Beitragszeiten und Ersatzzeiten in der Gesamtzeit)
geteilt durch 182 Monate (Gesamtzeit)
gleich 18 Monate

Der Anteil der pauschalen Anrechnungszeit während der Ehezeit errechnet sich wie folgt:

18 Monate pauschale Anrechnungszeit
mal 5 Monate (Teillücke während der Ehezeit)
geteilt durch 19 Monate (Gesamtlücke)
gleich 5 Monate

Die Ergebnisse wurden jeweils nach § 121 Abs. 3 SGB VI auf volle Werte aufgerundet.

WFG vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461)

Inkrafttreten: 01.01.1997

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/4610

Durch Artikel 1 Nummer 30 des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) ist in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Vorschrift für den spätesten Beginn der Gesamtzeit an die Stelle des Tages nach der Vollendung des 16. Lebensjahres der Tag nach Vollendung des 17. Lebensjahres getreten. Die Änderung ist am 01.01.1997 in Kraft getreten (Artikel 12 Absatz 1 WFG). Sie gilt für alle Renten mit einem Rentenbeginn ab 01.01.1997 (§ 300 Abs. 1 SGB VI). Ergibt sich aufgrund einer Antragstellung bis zum 01.04.1997 (der 31.03.1997 war ein gesetzlicher Feiertag) noch ein Rentenbeginn vor dem 01.01.1997, ist für diese Rente § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31.12.1996 geltenden Fassung anzuwenden (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Bei Neufeststellungsverfahren ab dem 01.01.2001 ist § 253 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI in der zum Rentenbeginn geltenden Fassung anzuwenden (vergleiche GRA zu § 300 SGB VI, Abschnitt 4.3).

Den Beginn der Gesamtzeit bei der Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit bei einem Rentenbeginn ab 01.01.1997 auf die Vollendung des 17. Lebensjahres abzustellen war sachgerecht. Auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung sind nach dem geänderten § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres zu berücksichtigen (vergleiche GRA zu § 58 SGB VI, Abschnitt 1.1 und GRA zu § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI, Abschnitt 2).

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

Durch Artikel 1 Nummer 63 des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) wurden in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Vorschrift mit Wirkung ab 01.01.1992 (Artikel 42 Absatz 1 RÜG) die Worte „spätestens vom Kalendermonat der Vollendung des 16. Lebensjahres des Versicherten“ durch die Worte „spätestens vom Kalendermonat, in den der Tag nach der Vollendung des 16. Lebensjahres des Versicherten fällt“ ersetzt. Die Änderung stellte entsprechend dem geltenden Recht für die am Ersten eines Kalendermonats geborenen Versicherten klar, dass die Gesamtzeit für die Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit in dem Kalendermonat beginnt, in den der Geburtstag des Versicherten fällt. Dieser Kalendermonat ist auch für den Beginn von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung und für den Beginn des belegungsfähigen Gesamtzeitraums im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung maßgebend.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

§ 253 SGB VI ist mit dem Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) am 01.01.1992 in Kraft getreten (Artikel 85 Absatz 1 RRG 1992).

Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift hat in sprachlich vereinfachter Form die Regelungen des Art. 2 § 14 Abs. 1 AnVNG, des Art. 2 § 14 Abs. 1 ArVNG und des Art. 2 § 9 Abs. 2 KnVNG (jeweils in der Fassung bis 31.12.1991) übernommen. Während jedoch nach dem früheren Recht die pauschale Anrechnungszeit immer dann angerechnet wurde, wenn nicht längere Anrechnungszeiten nachgewiesen wurden, ist nunmehr mindestens die pauschale Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Umfasst also die pauschale Anrechnungszeit ebenso viele Monate wie die nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor 1957, sind (anders als nach früherem Recht) die nachgewiesenen Anrechnungszeiten vor 1957 zu berücksichtigen.

Nach Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift werden nunmehr diejenigen Zeiten, für die eine Nachversicherung nur wegen eines fehlenden Antrags des Versicherten nicht durchgeführt worden ist, wie Beitragszeiten berücksichtigt. Diese Regelung soll verhindern, dass ein Berechtigter, der keinen Nachversicherungsantrag stellt, eine längere pauschale Anrechnungszeit erhält als ein Berechtigter, der aufgrund seines Antrags nachversichert wurde.

Absatz 2 der Vorschrift ermöglicht erstmals eine Zuordnung der pauschalen Anrechnungszeit zu Zeitabschnitten. Diese Aufteilung hat insbesondere für den Versorgungsausgleich Bedeutung.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 253 SGB VI