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4 RA 118/94

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger für die Zeit vom 1. August 1980 bis zum 14. April 1981 in der Angestelltenversicherung „nachzuversichern“ ist.

Der 1953 geborene Kläger hat die einstufige juristische Ausbildung an der Universität A. absolviert. Die hier praktizierte Juristenausbildung zeichnete sich durch eine Verzahnung von Theorie und Praxis, d.h. Studien- und Praktikaabschnitten aus. Dabei wurden die Ausbildungsabschnitte Grundstudium (I und II), Integrativstudium sowie Spezialstudium schwerpunktmäßig an und von der Hochschule durchgeführt. Die übrigen Ausbildungsstationen fanden in Einrichtungen des öffentlichen Dienstes (Justiz und Verwaltung - Pflichtpraktikum I und II) bzw. bei einem Rechtsanwalt (Pflichtpraktikum III und ggf. Pflichtwahlpraktikum) statt. Vor der Zwischenprüfung wurden den Absolventen zwei Monate, vor der Schlußprüfung fünf bis sechs Monate Vorbereitungszeit eingeräumt.

Zwischen der Absolvierung verschiedener Grund-, Spezial- und Integrativstudien als immatrikulierter Student leistete der Kläger, ohne exmatrikuliert zu sein, vom 1. Juli 1976 bis 31. März 1977 das Pflichtpraktikum I, vom 1. April 1978 bis zum 30. September 1978 das Pflichtpraktikum II, vom 1. Februar 1979 bis 30. April 1979 das Pflichtpraktikum III und vom 1. März 1980 bis 31. Mai 1980 das Pflichtwahlpraktikum ab. Im Anschluß an die Zwischenprüfung wurde der Kläger für die Zeit vom 1. Februar 1979 bis zum 30. April 1979 (Pflichtpraktikum III) sowie für den Zeitraum ab dem 1. März 1980 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Rechtsreferendar ernannt. Im Pflichtpraktikum I erhielt er als Rechtspraktikant noch keine Unterhaltsbeihilfe. In der streitigen Zeit erhielt er als in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufener Rechtsreferendar Referendarbezüge.

Die Juristische Zwischenprüfung legte er am 22. Januar 1979, die Schlußprüfung (Zweite Juristische Staatsprüfung) am 14. April 1981 ab; damit schied er ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Beamtendienst aus. Zum gleichen Zeitpunkt wurde er an der Universität A. exmatrikuliert.

Am 12. September 1983 beantragte der Kläger bei der Beklagten,

  • ihn für den Zeitraum seiner Ausbildungszeit vom 1. Oktober 1978 bis zum 30. April 1981 nachzuversichern.

Der gegen den ablehnenden Bescheid vom 11. Oktober 1983 erhobene Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 21. November 1986 heißt es: Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen einer Nachversicherung. In der fraglichen Zeit sei er nicht grundsätzlich in der Rentenversicherung für Angestellte versicherungspflichtig gewesen. Rechtspraktikanten der einstufigen Juristenausbildung in Bayern seien während der gesamten Ausbildungszeit ihrem Erscheinungsbild nach Studenten und als solche nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) versicherungsfrei.

Mit seiner am 23. Dezember 1986 beim Sozialgericht (SG) A. erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.

Während des Verfahrens teilte die Beklagte nach Feststellung des Landessozialgerichts (LSG) mit, sie habe die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen gemäß dem AVG für die Zeit des Pflichtpraktikums I (1. Juli 1976 bis 31. März 1977) zugelassen und verbucht. Für die Zeit der Pflichtpraktika II und III (1. April 1978 bis 30. September 1978 bzw. 1. Februar 1979 bis 30. April 1979) und des Pflichtwahlpraktikums (1. März 1980 bis 31. Mai 1980) sei der Kläger nach § 9 Abs. 1 AVG nachversichert worden. Daraufhin erklärte der Kläger den Rechtsstreit für diese Zeiträume für erledigt. Hinsichtlich der Zeit nach dem Integrativstudium II bis zur Abschlußprüfung (Zweite Juristische Staatsprüfung, 1. August 1980 bis 14. April 1981) wurde die Klage aufrechterhalten.

Zur Begründung hat der Kläger im wesentlichen vorgetragen: In der fraglichen Zeit sei er gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG versicherungsfrei gewesen. Das während seines Integrativstudiums II bestehende Beamtenverhältnis auf Widerruf sei erst mit der Zweiten Juristischen Staatsprüfung beendet worden.

Das SG Augsburg hat die Beklagte mit Urteil vom 29. Mai 1991 verpflichtet, den Kläger für die Zeit vom 1. August 1980 bis zum 30. April 1981 in der Angestelltenrentenversicherung gemäß § 9 Abs. 1 AVG nachzuversichern und die erforderlichen Beiträge einzuziehen. Es hat folgende Auffassung vertreten: Als Student im Sinne der rentenversicherungsrechtlichen Freistellungsregelung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG könne nur angesehen werden, wer seinem ganzen Erscheinungsbild nach Student sei und einer Beschäftigung nur nebenbei nachgehe. Der Kläger sei demgegenüber im fraglichen Zeitraum Beamter auf Widerruf, als solcher den Weisungen der Arbeitsgemeinschaftsleiter unterworfen und zur Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften dienstlich verpflichtet gewesen. Seine einzige Verbindung zur Universität habe in der Immatrikulation bestanden.

Die von der Beklagten eingelegte Berufung blieb im wesentlichen erfolglos. Das LSG hat die Entscheidung des SG Augsburg für die Zeit vom 1. August 1980 bis zur Beendigung des Beamtenverhältnisses am 14. April 1981 in seinem Urteil vom 21. September 1994 bestätigt und im wesentlichen ausgeführt: Im fraglichen Zeitraum sei der Kläger nicht versicherungsfrei i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG gewesen. Angesichts des bestehenden Beamtenverhältnisses auf Widerruf und der sich aus diesem ergebenden dienstlichen und beamtenrechtlichen Verpflichtungen könne er ungeachtet weiterbestehender Immatrikulation seinem gesamten Erscheinungsbild nach nicht als Student angesehen und behandelt werden. Der Kläger sei vielmehr allein aufgrund seines Dienstverhältnisses zum Freistaat Bayern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG versicherungsfrei gewesen. Der Vorbereitungsdienst sei ein Beschäftigungsverhältnis zur Ausbildung im Sinne dieser Vorschrift. Ob der Kläger im fraglichen Zeitraum studiert habe oder beschäftigt gewesen sei, bedürfe damit keiner weiteren Erörterung.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte, das LSG habe den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG i.V.m. § 7 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) verkannt. Die Versicherungsfreiheit der Widerrufsbeamten erstrecke sich nicht in jedem Falle auf die gesamte Zeit des Beamtenverhältnisses, sondern beschränke sich auf Beschäftigungszeiten i.S. des § 7 SGB IV. Ohne Vorliegen eines grundsätzlich versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gehe die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG ins Leere. Zu Recht habe der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) dargelegt, daß die abschließende Prüfungszeit nicht die Praktika, sondern die Gesamtausbildung abschließe, mithin nicht ohne weiteres die Bewertung der Praktika als Beschäftigungszeiten teile. Im Rahmen der Gesamtausbildung überwiege das reine Studium zeitlich die sozialrechtlichen Beschäftigungszeiten. Die vom LSG hervorgehobenen Anwesenheitspflichten seien keine beamtenrechtlichen Dienstpflichten, sondern beruhten auf der bayerischen Justizausbildungs- und Prüfungsordnung (JAPO). Schließlich könne nicht die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Rentenversicherungsträger, sondern allenfalls der Beigeladene zur Nachversicherung verpflichtet werden. Die Beklagte könne nur zur Entgegennahme der Versicherungsbeiträge verurteilt werden.

Die Beklagte beantragt,

  • die Klage unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. September 1994 und des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 29. Mai 1991 abzuweisen.

Zur Begründung seiner am 30. November 1994 eingelegten Revision gegen das ihm am 11. November 1994 zugestellte Urteil des LSG verweist der Beigeladene auf die Rechtsprechung des BSG zur einstufigen Juristenausbildung. Der im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung zurückgelegte Zeitraum vom Abschluß des Integrativstudiums II bis zur juristischen Schlußprüfung sei vom BSG in keiner Entscheidung als Zeit einer Beschäftigung im sozialrechtlichen Sinne angesehen worden. Die vom LSG hervorgehobene Pflicht, an den Arbeitsgemeinschaften teilzunehmen, beruhe nicht auf der rechtlichen Stellung des Klägers als Beamter auf Widerruf, sondern erwachse aus der JAPO. Aus dem Status als Widerrufsbeamter könne keine versicherungsrechtliche Folge hergeleitet werden. Bayerische Rechtspraktikanten, die die beamtenrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllten, seien nicht in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen worden. Die Berufung habe nur Versicherungsfreiheit trotz Vorliegens einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Beschäftigung bewirkt, ohne daß ein besonderer Gewährleistungsbescheid erforderlich gewesen wäre.

Die Beklagte habe über die Durchführung der Nachversicherung zu entscheiden und könne daher nicht nur zur Entgegennahme der Beiträge verurteilt werden.

Der Beigeladene beantragt,

  • die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. September 1994, Az: L 1 An 98/91, sowie des Sozialgerichts Augsburg vom 29. Mai 1991, Az: S 13 An 151/89, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

  • die Revision der Beklagten und des Beigeladenen gegen das Urteil des … Landessozialgerichts vom 21. September 1994 zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Als Beamter auf Widerruf des Freistaates Bayern habe er eine nach der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 AVG versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt. Der Begriff der Beschäftigung überschreite den des Arbeitsverhältnisses und umfasse auch die Berufsausbildung. Seine damalige Tätigkeit entspreche der Legaldefinition der Beschäftigung in § 7 Abs. 1 SGB IV. Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG habe nicht bestanden, denn er sei während seines Studiums nicht gegen Entgelt an einer Hochschule beschäftigt gewesen. Daß in Bayern keine dem § 35 Abs. 3 JAPO 1977 vergleichbare Regelung erlassen worden sei, stehe der Annahme einer Beschäftigung i.S. der §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG, 7 Abs. 2 SGB IV nicht entgegen. Schon zur Vermeidung von Nachteilen könnten Rechtsreferendare der einstufigen Ausbildung nicht als versicherungsfrei i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG angesehen werden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>).

Entscheidungsgründe

Die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen sind nicht begründet. Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt festzustellen, daß der Kläger für die Zeit vom 1. August 1980 bis zum 14. April 1981 in der Angestelltenversicherung nachversichert ist.

Gegenstand des Rechtsstreits ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine Pflichtbeitragszeit aus Nachversicherung vorzumerken (§ 149 Abs. 5 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch <SGB VI>), nicht etwa die „Durchführung“ der Nachversicherung. Denn der Nachversicherungsfall tritt grundsätzlich bereits zum Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens aus der versicherungsfreien Tätigkeit ein, und zwar unabhängig davon, ob Beiträge entrichtet sind oder nicht. Zu diesem Zeitpunkt entsteht die Pflicht des Arbeitgebers, die Nachversicherungsbeiträge - unverzüglich - abzuführen und die Pflicht des Rentenversicherungsträgers, die Nachversicherungsbeiträge - ggf. durch Verwaltungsakt - von ihm einzuziehen. Die Nachversicherung soll Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf diese Versorgung Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung verschaffen; sie sollen im wesentlichen so gestellt werden, als seien sie rentenversicherungspflichtig gewesen (zur Rechtsnatur und zum Entstehen des Nachversicherungsverhältnisses stellvertretend: BSG SozR 2400 § 124 Nr. 6; Urteil des Senats vom 31. März 1992 - 4 RA 25/91, SozR 3-2200 § 1232 Nr. 3 jeweils m.w.N.; gleichfalls Senatsurteil vom 31. März 1992 - 4 RA 23/91, SozR 3-2200 § 1402 Nr. 1 sowie unveröffentlichte Entscheidung vom 30. September 1993 - 4 RA 41/92).

Die Frage, ob zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers ein Nachversicherungsverhältnis entstand, beurteilt sich, wenn - wie hier - Abweichendes nicht bestimmt ist, nach dem Recht, das im Zeitpunkt des Ausscheidens gilt (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr. 3). Maßgebend ist demnach § 9 Abs. 1 und 2 AVG vom 20. Dezember 1911 (RGBl. I S. 989). §§ 8, 181 ff. SGB VI sind nach der Übergangsregelung des § 233 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf den am 14. April 1981 mit dem unversorgten Ausscheiden aus der versicherungsfreien Tätigkeit eingetretenen Nachversicherungsfall nicht anwendbar.

Nach § 9 Abs. 1 AVG sind Personen, die aus einer Beschäftigung ausscheiden, während der sie nach § 6 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 oder nach § 8 Abs. 1 AVG versicherungsfrei waren, ohne daß ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung oder ihren Hinterbliebenen eine diesen Vorschriften, Grundsätzen oder Regelungen entsprechende Versorgung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird, für den Zeitraum nachzuversichern, in dem sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen wären. Versicherungsfrei sind u.a. Beamte der Länder, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG), sowie Beamte, Richter und sonstige Beschäftigte der Länder, wenn ihnen Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG).

Der Kläger ist am 14. April 1981 ohne Versorgung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ausgeschieden. Ausscheiden ist die tatsächliche Beendigung der versicherungsfreien Beschäftigung ohne Rücksicht auf die Gründe (BSGE 38, 221 = SozR 2200 § 1232 Nr. 1). Ausscheiden ist damit auch die (tatsächliche) Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes (vgl. etwa § 32 Abs. 2 Satz 2 Bundesbeamtengesetz) durch Ablegen der Schlußprüfung (Zweite Juristische Staatsprüfung; vgl. BSG SozR 2400 § 124 Nr. 6; SozR 2400 § 124 Nr. 5; SozR 2200 § 1403 Nr. 3). Einen Versorgungsanspruch hat der Kläger während seiner Zeit als Beamter auf Widerruf nicht erworben.

Es kann offenbleiben, ob der Kläger im umstrittenen Zeitraum eine für die „Nach“-Versicherung erforderliche „Beschäftigung“ i.S. gerade von § 9 Abs. 1 AVG ausübte. Die Bedeutung des Ausdrucks „Beschäftigung“ wird in § 7 SGB IV umschrieben. Danach ist unter „Beschäftigung“ die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Als Beschäftigung gilt nach § 7 Abs. 2 SGB IV auch „der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung“.

Ob die Ausbildung im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung in Bayern als „Beschäftigung“ in diesem Sinne zu bezeichnen ist, kann nicht für alle Ausbildungsabschnitte einheitlich etwa nach einem „Gesamt-Erscheinungsbild“ beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG stellen allerdings die in der sog einstufigen Juristenausbildung zurückgelegten reinen Studienzeiten und die die Gesamtausbildung abschließende Prüfungszeit regelmäßig keine „Beschäftigung“ im sozialrechtlichen Sinne dar (BSG NJW 1986, 2134; BSG, Die Beiträge 1986, 264/265; BSG USK 85228 S. 1210; BSGE 60, 61/63 = SozR 2200 § 1232 Nr. 19 S. 46; nicht veröffentlichte Urteile vom 20. März 1986 - 11a RA 32/85, 52/85 und 54/85). Als „Beschäftigung“ kommen danach allenfalls die Praxisabschnitte in Betracht. Auch diese können jedoch nur dann als Beschäftigung i.S. des § 7 SGB IV anerkannt werden, wenn und soweit sie im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung absolviert werden. Praktika, die Teile einer Hochschulausbildung darstellen, fallen nicht unter den Begriff der betrieblichen Berufsausbildung. Die hier streitige Prüfungszeit beendet hingegen die Gesamtausbildung. Dementsprechend kann sie nicht ohne weiteres die Bewertung der Praktika teilen. Der 1. und der 11a Senat des BSG haben der abschließenden Prüfungszeit der einstufigen Juristenausbildung im Lande Rheinland-Pfalz bzw. in Niedersachsen den Charakter einer „Beschäftigungszeit“ im sozialrechtlichen Sinne abgesprochen (BSGE 64, 130 = SozR 2200 § 1232 Nr. 26 sowie nicht veröffentlichte Urteile vom 20. März 1986 - 11a RA 32/85 und 11a RA 54/85): Der „Abschlußlehrgang“ diene der Festigung des Ausbildungserfolges und zugleich der Vorbereitung auf die Abschlußprüfung, indem prüfungsbezogener Unterricht erteilt und Aufsichtsarbeiten aus den Prüfungsgebieten unter examensähnlichen Bedingungen angefertigt würden; auch die Zeit der Abschlußprüfung, deren schriftlicher Teil sich dem Abschlußlehrgang unmittelbar anzuschließen habe, könne nicht als Zeit der Beschäftigung angesehen werden; sie diene zur abschließenden Vervollkommnung der für den mündlichen Teil der Prüfung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und sei von dieser Zweckrichtung her einer durch Lehrveranstaltungen geprägten Studienzeit vergleichbar (BSGE 64, 130/132).

Es kann offenbleiben, ob dieser Rechtsauffassung beizutreten wäre. Denn der Kläger wird als Beamter des beigeladenen Freistaats von § 9 Abs. 2 AVG erfaßt; er war nämlich im streitigen Zeitraum zwischen Integrativstudium II und Abschlußprüfung Beamter in der Zeit des Vorbereitungsdienstes für den Beamtenberuf im Sinne dieser Vorschrift. Für diesen Personenkreis gilt § 9 Abs. 1 AVG ohne Rücksicht darauf, ob während des Vorbereitungsdienstes Entgelt bezogen worden ist.

Als unselbständige Ergänzung (vgl. demgegenüber die Regelungen der Abs. 3 und 5 des § 9 AVG) des Abs. 1 (aA Zimmer, DAngVers 1958, 174) modifiziert Abs. 2 den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 AVG für Beamte im Vorbereitungsdienst für den Beamtenberuf in zweifacher Hinsicht. Zum einen gilt die Regelung des Abs. 1 a.a.O. ohne Rücksicht darauf, ob während dieser Zeit Entgelt bezogen wurde. Zum anderen - und hier entscheidend - wird der Vorbereitungsdienst für den Beamtenberuf dem in Abs. 1 a.a.O. vorausgesetzten Beschäftigungsverhältnis gleichgestellt.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen von § 9 Abs. 2 AVG:

Er war „Beamter“; denn er wurde durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde mit den Worten „unter Berufung in das Beamtenverhältnis“ und dem die Art des Beamtenverhältnisses bestimmenden Zusatz zum Beamten auf Widerruf ernannt. Auch der Vorbereitungsdienst der Rechtsreferendare (§§ 5 Abs. 1 und 2, 5b des Deutschen Richtergesetzes <DRiG>) ist „Vorbereitungsdienst für den Beamtenberuf“ i.S. des § 9 Abs. 2 AVG:

Hierzu zählt der Vorbereitungsdienst aller Laufbahnen, vom einfachen bis zum höheren Dienst. Die im Schrifttum vertretene Auffassung, unter „Vorbereitungsdienst für den Beamtenberuf“ sei die beamtenrechtliche Probezeit, nicht aber die Referendarzeit zu verstehen (vgl. etwa Barnbeck, NJW 1958, 1622/1624; ders. MDR 1958, 900/901), kann schon nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 AVG nicht überzeugen: Der Beamte auf Probe befindet sich nicht mehr in einem Vorbereitungsdienst für eine berufliche Tätigkeit, sondern hat diese bereits aufgenommen.

Gegen die Einbeziehung der Rechtsreferendare spricht weder, daß sich die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes am Berufsbild des Richters orientiert noch, daß die Abschlußprüfung eine Eingangsvoraussetzung für das Richteramt schafft (§§ 5 Abs. 1, 9 Nr. 3 DRiG). Wenngleich in § 9 Abs. 2 AVG nur der Beamtenberuf, nicht aber wie in § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG auch Richter und sonstige Beschäftigte öffentlich-rechtlicher Körperschaften aufgeführt werden, ist der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 AVG nicht auf Widerrufsbeamte mit dem Berufsziel des Beamten beschränkt. Vorbereitungsdienst für den Beamtenberuf i.S. des § 9 Abs. 2 AVG ist nicht im Sinne einer dienstrechtlichen Terminologie (zur Selbständigkeit der in § 9 AVG verwandten Begriffe vgl. BSGE 38, 221), sondern versicherungsspezifisch zu verstehen. Der in der beamtenrechtlichen Gesetzgebung nicht anzutreffende Begriff „Beamtenberuf“ ist wie der des Ausscheidens in § 9 Abs. 1 AVG nach den Zwecken dieser rentenversicherungsrechtlichen Bestimmung auszulegen und erfaßt deshalb neben dem Beamten im staatsrechtlichen Sinne auch den nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG von der Versicherungspflicht befreiten Richter. Ausreichend für den Beamtenbegriff in § 9 Abs. 2 a.a.O. ist also, wie sich auch aus dem Zweck des Instituts der Nachversicherung sowie der im AVG erkennbaren Tendenz umfassender Sicherung (so schon Heller, DAngVers 1958, 199/200) ergibt, daß der Vorbereitungsdienst nach objektiv erfaßbaren Kriterien auf einen derartigen von § 9 Abs. 1 AVG erfaßten Beruf ausgerichtet ist. Wer einen solchen Vorbereitungsdienst leistet, aber unversorgt ausscheidet, bedarf des Schutzes durch Nachversicherung.

Diese soll nämlich Personen, die wegen ihrer Einbeziehung in ein anderes Sicherungssystem in ihrer Beschäftigung rentenversicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf diese Versorgung so stellen, als seien sie rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen (BSG SozR 2400 § 124 Nr. 6 S. 12). Sachgrund der Nachversicherung ist das durch den Ausfall der beamtenrechtlichen Versorgung hervorgerufene Schutzbedürfnis. Die während der versicherungsfreien Beschäftigung - in rückschauender Betrachtung - entstandene Sicherungslücke beim Aufbau eines Schutzes für Alter und Invalidität soll durch sofortige Nachversicherung dieser Zeiten geschlossen werden (BSG, a.a.O., S. 14 m.w.N.; ZfS 1987, 48/49). § 9 AVG soll also alle Personengruppen absichern, bei denen bereits während der Ausübung einer dem Grunde nach versicherungspflichtigen oder - wie hier - einer ihr gleichgestellten Beschäftigung eine als hinreichend gesichert angesehene Aussicht auf Versorgung nach beamtenrechtlichen (oder vergleichbaren) Grundsätzen bestand und die deswegen (zunächst und nur für die Zeit bis zu einem möglichen Ausscheiden) nicht dem Schutz des AVG unterstellt wurden; sie werden schutzbedürftig, falls sie unversorgt ausscheiden (Fichte, in: Berliner Komm RR 92 § 8 RdNr. 2). § 9 AVG ist insoweit subsidiäre Schutznorm für die die Versicherungsfreiheit regelnden Vorschriften.

In der streitigen Zeit hat der Kläger Vorbereitungsdienst „für den Beamtenberuf“ auch in Anbetracht dessen geleistet, daß die Abschlußprüfung (Zweite Juristische Staatsprüfung) nicht nur Vorbedingung für den Beruf des Richters, des Staatsanwalts und in der Regel des höheren Verwaltungsbeamten, sondern zugleich Voraussetzung für die Zulassung zum Beruf des Rechtsanwalts ist und die Möglichkeit eröffnet, als „Volljurist“ einen Beruf in der freien Wirtschaft zu ergreifen. Für die Frage, ob es sich um eine Vorbereitung auf den Beamtenberuf gehandelt hat, kommt es nicht auf das konkrete, subjektiv-individuelle Berufsziel an. Maßgebend können nur objektiv erkennbare Merkmale sein, nicht aber die unter Umständen schwankenden Berufspläne des einzelnen Referendars (BSGE 20, 244/246), die den anderen Beteiligten am (potentiellen) Nachversicherungsverhältnis in der Regel unbekannt sind.

Der Vorbereitungsdienst des Rechtsreferendars ist objektiv auf eine Tätigkeit in einem „Beamtenberuf“ (Beamter bzw. Richter) ausgerichtet. Z.B. gehört nach § 2 Abs. 2 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) der Vorbereitungsdienst zur Laufbahn. Ausgewählte Bewerber werden gemäß § 14 Abs. 1 BLV „als Beamte auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst der betreffenden Laufbahn eingestellt“. Die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes orientiert sich am Bild des Richters, die Abschlußprüfung schafft eine Eingangsvoraussetzung für das Richteramt (§§ 5 Abs. 1, 9 Nr. 3 DRiG).

Gegen die Einbeziehung der Rechtsreferendare spricht auch nicht, daß diese im Unterschied zu den Referendaren anderer Fachrichtungen, wie Studien-, Forst- und Baureferendare, in der Mehrzahl nicht im Staatsdienst verbleiben. Im Einzelfall fällt die Entscheidung hierüber aber erst nach dem zweiten Staatsexamen. Bis dahin, also während des Vorbereitungsdienstes, liegen typischerweise keine Unterschiede in der Schutzbedürftigkeit vor. Wer später im Staatsdienst bleibt, wird in der Regel weiter versicherungsfrei bleiben, wer ausscheidet, soll nachträglich im allgemeinen System abgesichert werden.

Dies entspricht zugleich einer am allgemeinen Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) orientierten Auslegung. Einerseits werden ausscheidende Rechtsreferendare der zweistufigen Juristenausbildung (soweit sie in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen wurden) ausnahmslos und unstreitig auch für die Vorbereitungsphase nachversichert. Andererseits unterscheiden sich Rechtsreferendare der nach Wertung des Gesetzes als gleichwertig anzusehenden einstufigen Juristenausbildung in der Vorbereitungsphase für die mündliche Prüfung in keiner Weise von Rechtsreferendaren der zweistufigen Juristenausbildung. Beide Gruppen bereiten sich im hier maßgeblichen Ausbildungsabschnitt ausschließlich auf die Abschlußprüfung vor. Sämtliche Ausbildungsmaßnahmen der Universität sind beendet. Vom Erscheinungsbild ist eine Zuordnung zur einstufigen oder zweistufigen Ausbildungsform nicht möglich. Die Abschlußprüfung steht dem zweiten juristischen Staatsexamen nach „zweistufiger“ Ausbildung auch darin gleich, daß sie die gesamte juristische Ausbildung, nicht nur einzelne Abschnitte hiervon, gegenständlich erfaßt und abschließt. Ein sachgerechtes Differenzierungskriterium ist damit nicht ersichtlich.

Mit dieser Rechtsauffassung, der Zeitraum zwischen dem Integrativstudium II und der Abschlußprüfung (Zweite Juristische Staatsprüfung) innerhalb der einstufigen Juristenausbildung in A. sei nachzuversichern, weicht der Senat nicht i.S. von § 41 Abs. 2 SGG von der Rechtsprechung anderer Senate des BSG ab. Zwar haben der frühere 11a Senat des BSG (BSGE 60, 61/63 = SozR 2200 § 1232 Nr. 19 S. 46 zur einstufigen Juristenausbildung in Bayern; Urteil vom 20. März 1986 - 11a RA 32/85 - zur Ausbildung in Niedersachsen; Urteile vom 20. März 1986 - 11a RA 52/85 und 54/85 - zur Ausbildung in Rheinland-Pfalz) und der mit Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung gleichfalls nicht mehr befaßte 1. Senat des BSG (BSGE 64, 130) die Zeit vor der Abschlußprüfung in der einphasigen Juristenausbildung als nicht nachversicherungspflichtig eingestuft. Darüber hinaus betreffen die Entscheidungen (Urteil vom 20. März 1986 - 11a RA 32/85 - zur Ausbildung in Niedersachsen; Urteile vom 20. März 1986 - 11a RA 52/85 und 54/85 - zur Ausbildung in Rheinland-Pfalz; BSGE 64, 130 - zur Ausbildung in Rheinland-Pfalz) die nicht in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufenen Rechtspraktikanten. Im übrigen beschränkt sich die bisherige Rechtsprechung des BSG auf die Nachversicherungspflicht der Rechtsreferendare der einstufigen Juristenausbildung aus § 9 Abs. 1 AVG (vgl. BSGE 60, 61/63 = SozR 2200 § 1232 Nr. 19 S. 46). Zur Frage, ob die Zeit zwischen dem Integrativstudium II und der Abschlußprüfung (Zweite Juristische Staatsprüfung) nach § 9 Abs. 2 AVG nachzuversichern ist, haben sich die anderen Rentensenate des BSG - soweit ersichtlich - bislang nicht geäußert.

Die Nachversicherungspflicht für den fraglichen Zeitraum scheitert schließlich nicht daran, daß bei Hinwegdenken der mit dem Beamtenstatus verbundenen Versicherungsfreiheit aufgrund eines anderen Tatbestandes Versicherungspflicht gleichfalls nicht bestanden hätte. Ob das sog Kausalitätserfordernis auch im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 AVG Geltung beansprucht (vgl. dazu Bley / Lige, in: SGB-SozVers-GesKomm Bd. 7 § 1232 Reichsversicherungsordnung <RVO> Anm. 8; Funk, in: KassKomm § 1232 RVO RdNr. 16), bedarf vorliegend keiner Klärung. Der Kläger war nur aufgrund seines Beamtenstatus von der Versicherungspflicht befreit. Insbesondere war er im fraglichen Zeitraum nicht als Werkstudent nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG versicherungsfrei beschäftigt, denn er war in dieser Zeit nicht „während der Dauer seines Studiums als ordentlicher Studierender einer Hochschule gegen Entgelt beschäftigt“. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG sollen nur noch die sog. Werkstudenten versicherungsfrei bleiben. Die während des Studiums zu ihrer (wissenschaftlichen) Ausbildung Beschäftigten werden davon grundsätzlich nicht betroffen. Sie bleiben vielmehr nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG - unabhängig von einem Entgelt - versicherungspflichtig. Dementsprechend ist in der bisherigen Rechtsprechung des BSG § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG als Sondervorschrift für Werkstudenten verstanden worden, also für Personen, die neben dem Studium eine Beschäftigung ausüben, um sich die Mittel für das Studium zu verdienen (BSGE 27, 192/195 = SozR Nr. 3 zu § 1228 RVO; BSGE 33, 229/230 = SozR Nr. 14 zu § 172 RVO; BSGE 39, 223/228 = SozR 2200 § 172 Nr. 2 S. 6; BSGE 40, 93/94 = SozR, a.a.O., Nr. 3 S. 12; BSGE 64, 130/136 f.). Diesem Personenkreis ist der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht zuzurechnen.

Nach alledem waren die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 194 SGG.

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