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GS 1/85

Tatbestand

1. In dem beim 11a Senat des Bundessozialgerichts (BSG) anhängigen Ausgangsverfahren ist streitig, ob der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik DDR-Wehrdienstzeiten als Versicherungszeiten vorzumerken hat.

Der 1946 geborene Kläger dieses Rechtsstreits Johannes Sch (S.) stammt aus der DDR. Nachdem er dort Mitte 1966 sowohl das Abitur als auch die Facharbeiterprüfung als Mechaniker bestanden hatte, arbeitete er vom 7. September bis 16. Oktober 1966 versicherungspflichtig als Straßen- und Tiefbauarbeiter. Vom 1. November 1966 bis 30. April 1968 leistete er den - hier streitigen - Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Anschließend war S. bis August 1968 zunächst vorübergehend wieder im Tief- und Straßenbau und sodann bis Juni 1970 als Chorsänger und als technischer Assistent an einem Theater beschäftigt. Von September 1970 bis August 1974 studierte er in W Musikerziehung und legte das Staatsexamen ab. Nachfolgend war S. bis November 1977 Leiter eines Jugendclubhauses, Programmgestalter bei einem staatlichen Rundfunkkomitee und - zuletzt - Hausmeister eines Heims. Vom 1. Dezember 1977 bis 5. September 1978 war er in der DDR in Haft; diese hat der Berliner Senator für Arbeit und Soziales später als politische Haft i.S. des § 1 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) anerkannt (Bescheinigung vom 20. November 1978). Noch am 5. September 1978 übersiedelte S. nach Westberlin; er lebt dort heute noch.

2. Schon Ende 1978 hatte die im Ausgangsverfahren beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) von Amts wegen zu prüfen begonnen, ob bei Johannes S. Beitragszeiten bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung in der DDR anrechenbar sind. Nach Durchführung von Ermittlungen "anerkannte" die BfA mit dem im Ausgangsverfahren streitigen Bescheid vom 19. Juni 1979 bei S. "nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG)" ab 1. Januar 1962 die Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung als Ausfallzeit-Tatbestände, die Zeiten der oben dargestellten versicherungspflichtigen Beschäftigung - mit Ausnahme der hier streitigen Zeit des Grundwehrdienstes von 1966 bis 1968 - als Pflichtbeitragszeiten sowie die Zeit der politischen Haft 1977/78 als Ersatzzeit; dabei ordnete sie diese Zeiten teils der Rentenversicherung der Arbeiter, teils der Rentenversicherung der Angestellten zu. Den von S. hiergegen wegen der Nichtanerkennung des Wehrdienstes bei der NVA eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit der Begründung zurück, daß er entgegen der Ansicht von S. keine Ausfallzeit sei (Widerspruchsbescheid vom 8. August 1979).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die dagegen erhobene Klage im Urteil vom 12. Februar 1981 abgewiesen. Auf die Berufung von S. hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin mit der im Ausgangsverfahren angefochtenen Entscheidung vom 9. Juni 1983 dieses Urteil sowie die vorgenannten Bescheide der BfA geändert und diese Verpflichtet, den von S. in der DDR abgeleisteten Grundwehrdienst nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zu berücksichtigen.

Hiergegen hat die BfA die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

3. Der 11. Senat, bei dem die Revision anhängig geworden ist, hat mit Beschluß vom 3. Mai 1984 beim 5b Senat des BSG angefragt, ob er an der im Urteil vom 9. September 1982 - 5/5 RJ 168/80 - (BSGE 54, 93 = SozR 5050 § 15 Nr. 22) vertretenen Ansicht festhalte, daß die Zeit des in der DDR abgeleisteten Grundwehrdienstes eine Beitragszeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG sei. Der 5b Senat hat mit Beschluß vom 2. Oktober 1984 diese Frage bejaht.

Hierauf hat der 11. Senat - nach mündlicher Verhandlung in voller Besetzung - mit Beschluß vom 21. Februar 1985 dem Großen Senat folgende Frage vorgelegt:

Ist die Zeit des in der DDR abgeleisteten Grundwehrdienstes, die nach dortigem Recht als versicherungspflichtige Tätigkeit gilt bzw als Versicherungszeit zählt, eine Beitragszeit iS des § 15 Abs. 1 Satz 1 des Fremdrentengesetzes?

In der Begründung beruft sich der 11. Senat auf § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und führt aus, bei Anwendung von § 15 FRG sei entscheidend, ob die versicherungsrechtliche Ausgestaltung nach fremden Recht, gemessen an der innerstaatlichen Rechtsstruktur, als Beitragszeit oder als beitragslose Zeit zu werten sei. Die Ausgestaltung des DDR-Rechts zur Berücksichtigung von Wehrdienstzeiten entspreche nur der in der Bundesrepublik vor 1957 bestehenden Ersatzzeitregelung. Damit stimme überein, daß nach DDR-Recht der Grundwehrdienst keine versicherungspflichtige Tätigkeit sei, sondern ausdrücklich nur als eine solche gelte oder zähle. Nach dortigem Recht entspreche die versicherungspflichtige Tätigkeit unserer Beitragszeit. Als versicherungspflichtige Tätigkeiten gälten zahlreiche Ersatzzeittatbestände wie Zeiten der Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft vor Einführung der gesetzlichen Pflichtversicherung, Zeiten der versicherungspflichtigen Tätigkeit während eines Rentenbezugs, Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung, des Besuchs von Partei- und Gewerkschaftsschulen, Verfolgungszeiten uä. Würde die leistungsrechtliche Behandlung für sich allein oder im Zusammenhang mit einem Staatszuschuß ausreichen, so müßten alle diese Ersatzzeittatbestände als Beitragszeiten anerkannt werden. Vollstipendiaten übten die - im Gegensatz zum Grundwehrdienst - in der DDR an sich versicherungspflichtige und beitragspflichtige Tätigkeit eines Studiums aus und nicht eine andersartige nur gleichgestellte Tätigkeit. Die Freistellung einer kleinen Gruppe Versicherungsberechtigter von der Beitragspflicht ähnele auch nicht einem herkömmlichen Ersatz- oder Ausfallzeit-Tatbestand. Der 11. Senat weiche nicht vom Urteil des 1. Senats vom 31. August 1977 (BSGE 44, 221 = SozR 5050 § 15 Nr. 8) über die Anrechnung des Dienstes in der DDR-Volkspolizei ab: auch dieser Senat stelle nur auf Zeiten ab, die als Beitragszeiten in Betracht kämen. Der vom 5b Senat angesprochene gesamtdeutsche Aspekt richte sich vorrangig an den Gesetzgeber. Das gelte auch für das - in der Revisionsinstanz möglicherweise gar nicht zu berücksichtigende - Schrifttum, das davon berichte, daß in der DDR das Beitragsaufkommen bis auf 25 vH der Ausgaben gesunken sei (Hinweis auf Haase in der Festschrift für Mampel, 1983, 325, 330). Es könne davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber tätig werde, wenn nach seiner Auffassung die Grenze zur Versorgung überschritten werde. Sollte diese Rechtsauffassung zugleich eine Einschränkung oder sogar Änderung früherer eigener Rechtsausführungen bedeuten, müßte der 11. Senat einen solchen Vorhalt in Kauf nehmen. Auch auf seine zum DDR-Vollstipendiaten geäußerte Auffassung müsse er ggf. eher verzichten. An der von ihm beabsichtigten Entscheidung, das Urteil des LSG aufzuheben und die klageabweisende Entscheidung des SG mit der Begründung wiederherzustellen, daß der DDR-Grundwehrdienst keine Beitragszeit sei, sehe sich der 11. Senat jedoch durch das Urteil des 5b Senats vom 9. September 1982 (aaO) gehindert.

Entscheidungsgründe

1. Nach § 42 SGG entscheidet der Große Senat des BSG, wenn ein Senat dieses Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will (Divergenz-Vorlage).

Die Stammbesetzung des Großen Senats (§ 41 Abs 1 SGG) ergänzt sich bei einer Vorlage nach § 42 SGG gemäß § 41 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 aaO um die Vorsitzenden Richter der beteiligten Senate oder um ein von ihnen bestimmtes Mitglied ihres Senats. Der Vorsitzende des anrufenden 11. Senats (jetzt: 11a Senats), der ständiges Mitglied des Großen Senats ist, hat aus seinem Senat den Berichterstatter in den Großen Senat entsandt (Schreiben an den Vorsitzenden des Großen Senats vom 7. März 1985). Gegen eine solche Entsendung des Berichterstatters bestehen Bedenken selbst dann nicht, wenn in dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan eine ausdrückliche Bestimmung über das jeweils zu entsendende Mitglied fehlt. Der Berichterstatter des Ausgangsverfahrens und der Vorsitzende Richter des angefragten 5b Senats, von dem der 11a Senat abweichen will, sind hiernach an den Sitzungen des Großen Senats "mit den Befugnissen eines Mitglieds" zu beteiligen (Satz 2 aaO).

Der 11a Senat hat nur wegen einer Divergenz zu einer Entscheidung des 5b Senats den Großen Senat angerufen. Diese Eingrenzung der dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage ist nicht zu beanstanden, so daß die Beteiligung von Vorsitzenden Richtern oder Richtern weiterer Senate des BSG nicht erforderlich ist (vgl. GS in BSGE 49, 175, 179f).

2. Die Vorlage des 11a Senats ist zulässig. Die von ihm gestellte Rechtsfrage entstammt dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG). Der vorlegende Senat erstrebt die Klärung einer Rechtsfrage zur Auslegung von § 15 FRG. DDR-Recht nimmt er nur als Ausgangspunkt und als Hintergrund der von ihm erbetenen Auslegung dieser bundesrechtlichen Norm in Bezug.

Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des anrufenden Senats auch erheblich. In dem Ausgangsverfahren geht es um die Vormerkung der Zeit eines in der DDR abgeleisteten Grundwehrdienstes als Beitragszeit nach § 15 FRG. Das LSG hat die beklagte BfA zur Vormerkung dieser vom Kläger geltend gemachten Zeit verpflichtet. Die Entscheidung darüber, ob dem LSG zu folgen oder ob dessen Urteil aufzuheben ist, hängt davon ab, ob der Rechtsauffassung des 5b Senats oder ob der im Vorlagebeschluß dargelegten Auffassung des 11a Senats zu folgen ist. Beide Urteile betreffen dieselbe Rechtsfrage und sind in ihrer rechtlichen Aussage nicht miteinander vereinbar.

Der Große Senat bejaht die ihm vorgelegte Frage.

1. Der aus der DDR in die Bundesrepublik zugewanderte Kläger ist kein Heimatvertriebener i.S. von § 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), so daß das FRG nach dessen § 1 auf ihn nicht unmittelbar anwendbar ist. Nach § 17 Abs. 1 Buchst. a FRG findet aber § 15 aaO ua auf Personen Anwendung, die nicht zum Personenkreis des § 1 Buchst a bis d aaO gehören, wenn die Beiträge an einen außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet sind. Die Bedeutung dieser Vorschrift liegt darin, daß durch sie auch alle Zuwanderer aus der DDR erfaßt werden, die keine Vertriebenen iS von § 1 Buchst a FRG i.V.m § 1 des BVFG sind (Jantz / Zweng / Eicher, aaO, § 17 Anm. 3; BSG in Soz 5050 § 15 Nr. 15 und zuletzt in der Entscheidung vom 30. Januar 1985 - 1 RJ 72/84 -).

Der vorlegende Senat hat in der Begründung seiner Anfrage herausgestellt, daß für den Kläger des Ausgangsverfahrens Johannes S für die streitige Zeit des Grundwehrdienstes in der DDR von 1966 bis 1968 keine Beiträge zur Sozialversicherung der DDR entrichtet worden sind und auch nicht entrichtet werden mußten; die Beitragsleistung habe in dieser Zeit geruht. Ist demnach davon auszugehen, daß für den zu prüfenden DDR-Grundwehrdienst bei im Herkunftsland fehlender Beitragspflicht niemals Beiträge an einen außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung "entrichtet" worden sind, so ist vorab zu klären, ob es für die Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Buchst. a FRG entgegen seinem Wortlaut ("... wenn die Beiträge entrichtet sind ...") genügt, daß die zu prüfende DDR-Zeit nach dortigem Recht allenfalls als Beitragszeit "gilt". Das ist zu bejahen.

§ 17 Abs. 1 Buchst. a FRG dehnt, wie ausgeführt, die Anwendung von § 15 FRG über den dort erfaßten Personenkreis der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge hinaus auf alle DDR-Zuwanderer aus. Grund für diese "Privilegierung" der Zeiten nach § 17 Abs. 1 aaO ist, daß sie als immerhin bei einem deutschen Träger verbrachte (oder doch auf ihn übergegangene, Buchst b aaO) Beitragszeiten nicht an einen personellen Bezug zur Bundesrepublik - Staatsangehörigkeit, Eigenschaft als Heimatvertriebener oder Flüchtling - gebunden sein sollen (Koch/Hartmann, AVG, 3. Aufl., Bd. IV, § 27 Anm. C II Nr. 1 und 2a). Die in § 17 Abs. 1 aaO verfügte Ausdehnung der persönlichen Anwendungsbreite des § 15 aaO läßt deshalb nicht erkennen, daß sie inhaltlich beschränkt sein soll. Sofern unter "Beitragszeiten" i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG (u.a.) Zeiten verstanden werden können, die auch bei fehlender Beitragsleistung als Beitragszeiten gelten, müßte sich deren Anrechenbarkeit über § 17 Abs. 1 Buchst. a FRG auch auf DDR-Zuwanderer erstrecken. Es bestünden für diesen Fall keine Bedenken, der privilegierenden Regelung des § 17 Abs. 1 FRG den Fall gleichzustellen, daß die Beiträge an einen DDR-Träger als entrichtet gelten. Damit würde allein eine planwidrige Lücke im Gesetzeswortlaut geschlossen.

2. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen oder nach dem 30. Juni 1945 bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Zeiten gleich.

Nach dem 30. Juni 1945 "bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt" können nur Zeiten sein, die - wie im Fall des Ausgangsverfahrens - bei einem Versicherungsträger der DDR einschließlich Ost-Berlins verbracht oder dort zumindestens anrechenbar sind (vgl. Amtl. Begründung zum Regierungsentwurf -RE- eines FANG in BT-Drucks 3/1109 S. 39 zu § 15). Nähere Untersuchungen zur Qualität von DDR-Versicherungsträgern als Träger "der gesetzlichen Rentenversicherung" i.S. von § 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FRG sind daher entbehrlich.

§ 15 Abs. 1 Satz 1 aaO enthält keine Definition oder sonstige Erläuterung des von ihm - gleich zweimal - gebrauchten Begriffs der "Beitragszeiten" (vgl. Verbandskommentar zur gesetzlichen Rentenversicherung, Anhang Nebengesetze, § 15 FRG Anm. 3 S. B. 27). Da laut Vorlage eine im Herkunftsland beitragsfreie Zeit zu beurteilen ist, kann es naturgemäß nicht genügen, mit zahlreichen Autoren als gleichsam selbstverständlich zu definieren, es handele sich um Zeiten, für die nach dem nichtdeutschen oder DDR-Recht Beiträge - tatsächlich - entrichtet sind (vgl. z.B. Brackmann, Handbuch der SozVers Bd. I/2, S 294 kx Anm. cc 2). Keine Definition oder nähere Erläuterung enthält der Relativsatz aaO, der als gleichzustellende Beitragszeiten solche Zeiten kennzeichnet, die bei einem nichtdeutschen oder DDR-Träger zurückgelegt worden sind; hierdurch wird nur eine Abgrenzung von den Zeiten vorgenommen, die bei einem reichs- oder bundesgesetzlichen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung verbracht und deshalb unproblematisch schon nach § 1250 Abs. 1 Buchst. a der Reichsversicherungsordnung -RVO-/§ 27 Abs. 1 Buchst. a des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG- anzurechnen sind (Zweng / Scheerer / Buschmann, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl., Buchst. 2, § 1250 RVO, Anm. II 2 S. 4). Daß die eben erwähnten nichtdeutschen oder DDR-Zeiten den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten "gleichstehen", erklärt zwar ihre "fremde Herkunft" für unschädlich, hellt aber den sachlichen Inhalt des Begriffs der Beitragszeit nicht auf.

Auszugehen ist von § 1250 Abs. 1 Buchst. a) RVO/§ 27 Abs. 1 Buchst. a) AVG. Darin wird der im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik grundlegende Begriff "Beitragszeit" ausdrücklich definiert. Er hat bereits rechtstechnisch erhebliche Tragweite: Von ihm grenzen sich rentenrechtlich "Versicherungszeiten" als Oberbegriff (aaO) und Zeiten ohne Beitragsleistung als "Ersatzzeiten" nach § 1251 RVO/§ 28 AVG, Ausfallzeiten (§ 1259 RVO/§ 36 AVG), "Zurechnungszeiten" (§ 1260 RVO/§ 37 AVG) und anrechnungsfähige "Versicherungsjahre" (§§ 1253, 1254, 1258 RVO/§§ 30, 31, 35 AVG) ab. Zahlreiche Vorschriften des Rechts der bundesdeutschen Rentenversicherung gebrauchen diesen Begriff, um genau definierte Rechtswirkungen zu erzeugen oder bestimmen zu können (vgl. z.B. § 1255 Abs 1 Satz 1 RVO = § 32 Abs. 1 Satz 1 AVG; § 2 der Versicherungsunterlagen-Verordnung -VuVO-). Begriffliche Unschärfen kann der bundesdeutsche Gesetzgeber dabei nicht in Kauf genommen haben. Bei dieser Rechtslage liegt es fern anzunehmen, daß der Bundesgesetzgeber in einer Norm des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung - § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG - unter "Beitragszeiten" wesentlich anderes verstünde, als er in einer anderen rentenrechtlichen Norm - § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO - ausdrücklich definiert hat (vgl. auch Jantz / Zweng / Eicher aaO, § 15 Anm. 6, der u.a. auf § 1250 RVO mit dem Bemerken auf die rechtliche Relevanz "nach Bundesrecht" verweist). Dies läßt sich aus Gründen, die auf der Hand liegen, ebensowenig rechtfertigen wie die Annahme, der Begriff "Ersatzzeiten" habe in § 21 FRG einen anderen Inhalt als in §§ 1250 Abs. 1 Buchst. b, 1251 RVO/§§ 27 Abs. 1 Buchst. b, 28 AVG, der Begriff "Ausfallzeiten" in § 29 Abs. 1 Satz 1 FRG bedeute etwas anderes als in § 1259 RVO/§ 36 AVG.

Die gemeinsame Entstehung von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG und § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO/§ 27 Abs. 1 Buchst. a AVG in der jetzt geltenden Fassung bestätigt diese Überlegungen. § 15 aaO ist durch Art. I des FANG vom 25. Februar 1960 (aaO) geschaffen worden; Art. II Nr. 1 und Art III Nr. 1 des FANG haben jeweils gerade dem Buchst a des § 1250 Abs. 1 RVO/§ 27 Abs. 1 AVG die jetzt geltende Fassung gegeben (vgl. dazu Koch/Hartmann, aaO, Anm. A I; Haensel / Lippert, aaO, Art 2/§ 1250 RVO Anm. 5; die Anfügung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 - BGBl. I S. 1532 - "nicht jedoch die Zeiten nach den §§ 1385a und 1385b" - betrifft beitragsbelegte Ausfallzeiten und interessiert hier nicht).

Zum gleichen Ergebnis führt aber auch die Überlegung, daß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG die nichtdeutschen oder DDR-Beitragszeiten den Beitragszeiten gleichstellt ("... stehen gleich ..."), die "nach Bundesrecht zurückgelegt" worden sind: Bei dieser Gleichstellung kann der Bundesgesetzgeber nur vom Idealtypus einer Beitragszeit ausgegangen sein, die vom Bundesrecht gültig definiert wird, nicht von einem der - in Frage kommenden mehreren verschiedenen - nichtdeutschen Rechte oder vom DDR-Recht (so im Ergebnis schon die ständige bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. z.B. BSGE 44, 221, 225 = SozR 5050 § 15 Nr. 8; BSGE 50, 55, 56 = SozR 5050 § 15 Nr. 14; SozR 5050 § 15 Nr. 21 S 68).

Beitragszeiten i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG sind nach alledem sowohl solche Zeiten, für die "Beiträge wirksam entrichtet sind" (§ 1250 Abs 1 Buchst a Alternative 1 RVO; Beitragszeiten im engeren Sinn; "echte" Beitragszeiten) als auch solche, "für die Beiträge als entrichtet gelten" (Alternative 2 aaO; "Beitragszeiten ohne Beitragsleistung", vgl. dazu den vorlegenden Senat in BSGE 50, 55, 57f = SozR 5050 § 15 Nr. 14 S. 52 und 55 unter Bezug auf die ständige Rechtsprechung des BSG).

3. Bei mangelnder Beitragspflichtigkeit des streitigen Grundwehrdienstes in der DDR und deswegen fehlender tatsächlicher Beitragsentrichtung kann die vorliegend zu prüfende Zeit keine "echte" Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG i.V.m. der 1. Alternative des § 1250 Abs. 1 Buchst a RVO/§ 27 Abs. 1 Buchst. a AVG sein. Indessen ist der streitige Militärdienst "Beitragszeit ohne Beitragsleistung" iS der 2. Alternative des § 1250 Abs. 1 Buchst. a aaO.

Für die Anerkennung einer solchen Zeit ist das Fehlen einer Beitragsleistung naturgemäß kein Hindernis. Fragen nach einer etwa irregulären Beitragsentrichtung in der Form der Gewährung von Staatszuschüssen oder einer sonstigen "Berücksichtigung im Leistungsfalle" wären deshalb für die Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage rechtlich irrelevant selbst dann, wenn man sie - wofür vieles spricht - in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Senat verneinte.

Die Auslegung des Begriffs der Zeiten, für die iS der 2. Alternative aaO nach Bundesrecht (oder nach den früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invaliden- oder Angestelltenversicherung) Beiträge "als entrichtet gelten", bietet bei rein innerstaatlicher Rechtsanwendung kaum Schwierigkeiten. Der Bundesgesetzgeber, der sich - wie dargestellt - der spezifischen rechtstechnischen Unterschiede der rentenrechtlich relevanten Zeiten und ihrer Auswirkungen immer bewußt ist, wählt stets schon eine Formulierung, die keinen Zweifel läßt, daß die beitragslose Zeit rentenrechtlich als Beitragszeit gilt: § 1397 Abs 6 Satz 1 RVO/§ 119 Abs 6 Satz 1 AVG; § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG); § 72 des Gesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131); ferner die Fälle der fiktiven Nachversicherung (vgl. Koch/Hartmann, aaO, § 27 Anm. 3; Haensel / Lippert, aaO, Art 2/§ 1250 RVO Anm. 5).

Bei der Prüfung dagegen, ob eine außerhalb der Bundesrepublik i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG nach nichtdeutschen oder DDR-Recht zurückgelegte Zeit anrechnungsfähige "Beitragszeit ohne Beitragsleistung" ist, ist vorab in Rechnung zu stellen, daß "die Ansprüche und Anwartschaften, die die Vertriebenen und Flüchtlinge in den Herkunftsländern erworben haben, auf den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten dieser Länder (beruhen) ... und ... naturnotwendig im Verhältnis ... zu den Ansprüchen und Anwartschaften eines vergleichbaren einheimischen Versicherten ... sehr stark variieren" (Amtl. Begründung zum RE des FANG aaO, Allg. Teil S. 35). Das FRG versucht zwar diese "außerordentlich starken Abweichungen, die die Rentenansprüche und -anwartschaften der Vertriebenen und Flüchtlinge aufweisen", durch das "Prinzip der Eingliederung" auszugleichen; es stellt alle diese in der Bundesrepublik zugewanderten Personen durch die in §§ 14 ff. FRG getroffene Regelung rentenrechtlich so, "als ob sie im Bundesgebiet beschäftigt gewesen wären" (aaO S 36). Die Anerkennung als gleichgestellte, quasi-bundesrechtliche Zeiten, die die bei einem nichtdeutschen oder DDR-Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten durch § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG erfahren, ist demgegenüber aber noch ein Rest des Entschädigungsgedankens, der das vor dem Inkrafttreten des FANG geltende FRG aF beherrschte (Jantz / Zweng / Eicher aaO, § 15 Anm. 2 S. 43). § 15 FRG wird also, anders als die sonstigen Vorschriften des FRG, noch vom Entschädigungsgedanken geprägt. Die Regelung soll vermeiden, daß durch die Umstellung des Fremdrentenrechts auf das Eingliederungsprinzip für einen Teil der Versicherten der versicherungsrechtliche Status wesentlich verschlechtert wird. Ihnen sollte wenigstens die Rechtsposition erhalten bleiben, die sich aus der Anrechnung der im Herkunftsland anzurechnenden Beitragszeiten ergibt (BT-Drucks III/1109 S. 35f, 39f).

Auszugehen ist deshalb davon, daß § 15 Abs 1 FRG nicht verlangt, die außerhalb der Bundesrepublik zurückgelegten Zeiten immer nur dann Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichzustellen, wenn sie ganz präzise den in § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO gestellten Anforderungen entsprechen. Vielmehr muß es nach Anlage und Konzeption der Regelung in §§ 15, 17 aaO genügen, wenn die bei einem außerhalb der Bundesrepublik befindlichen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Zeit einer bundesdeutschen Beitragszeit nach § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO in den wesentlichen Kriterien so weit vergleichbar ist, daß eine Entschädigung im Wege der Gleichstellung mit ihr gerechtfertigt erscheint. Im einzelnen ist hierzu folgendes zu berücksichtigen:

Für eine Zeit, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bei einem nichtdeutschen oder DDR-"Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt" ist, kann der in die Bundesrepublik zugewanderte Versicherte nur "entschädigt" werden, soweit durch die Zurücklegung der fremden Zeit beim Träger des Herkunftslands trotz fehlender Beitragsleistung eine Rechtsposition entstanden ist, die derjenigen entspricht, die dort durch Zeiten vermittelt wird, für die Beiträge entrichtet worden sind. Daher ist zum einen maßgebend, welchen Charakter das Rentenrecht des Herkunftslands der streitigen beitragslosen Zeit zumißt. Zum anderen kommt es darauf an, ob die Rechtsposition einer nach Bundesrecht zurückgelegten Zeit gleichgestellt werden kann.

Aus einer Gleichstellung einer beitragslosen Zeit mit Beitragszeiten in dem Recht des Herkunftslands folgt noch nicht ohne weiteres die Anerkennung als Beitragszeit nach § 15 FRG. Der § 15 FRG tragende Entschädigungsgedanke kann nicht uneingeschränkt gelten. Er wird durch die übergeordneten Rechtsprinzipien begrenzt, auf denen die fremdrentenrechtliche Gesamtregelung der §§ 14 ff. FRG beruht. Dieser Gesamtregelung liegt das Prinzip der Eingliederung zugrunde, nach dem die in die Bundesrepublik zuziehenden Heimatvertriebenen und DDR-Zuwanderer rentenrechtlich so gestellt werden sollen, als ob sie im Bundesgebiet beschäftigt gewesen wären (vgl. oben Nr. 3). Dementsprechend ist der Entschädigung von im Herkunftsland erworbenen Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften nach § 15 FRG eine rechtliche Grenze dort gesetzt, wo deren Anrechnung mit der Struktur des innerstaatlichen Rentenrechts schlechthin und offenkundig unvereinbar wäre. Eine schrankenlose Entschädigung jeder im fremden Herkunftsgebiet entstandenen Rentenberechtigung oder Rentenanwartschaft würde z.B. diejenigen Zuwanderer aus solchen fremden Rentenrechtssystemen im Vergleich zu den auf dem Gebiet der Bundesrepublik tätig gewesenen Versicherten bevorzugen, die anders als die Bundesrepublik Zeiten unterschiedlicher rechtlicher Qualifikation - wie Ersatz- und Ausfallzeiten im Verhältnis insbesondere zu den Beitragszeiten - schlechthin nicht kennen: § 15 FRG müßte in diesen Fällen konsequenterweise zu einer unterschiedslosen Anerkennung aller Zeiten und damit, gemessen am Rentenrecht der Bundesrepublik, zu einer systemfremden, nicht hinnehmbaren Begünstigung führen.

Zugleich aber bedeutet dies, daß das die Anwendungsbreite des § 15 FRG eingrenzende fremdrentenrechtliche Prinzip der Eingliederung einer Entschädigung von im Herkunftsland erworbenen Rentenrechten und Rentenanwartschaften sicher dort keine Schranke setzt, wo derselbe oder doch ein vergleichbarer Tatbestand sowohl nach dem Recht der Bundesrepublik wie nach dem fremden Recht als Beitragszeit ausgestaltet ist; auf die in dem anderen Staat vorliegenden unterschiedlichen Verhältnisse ist dabei immer Bedacht zu nehmen.

4. Einer abschließenden Entscheidung über die Grenzen, die der Anwendung von § 15 FRG im konkreten Einzelfall gesetzt sind, bedarf es indes nicht. Die in der DDR durch die Ableistung des Grundwehrdienstes erworbene rentenrechtliche Position ist jedenfalls der aus dem Grundwehrdienst der Bundesrepublik vergleichbar.

Der gesetzliche Grundwehrdienst ist in der Bundesrepublik nach den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen des Jahres 1957 eine versicherungspflichtige Zeit, für die der Bund Beiträge zu leisten hat (vgl. §§ 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 1385 Abs. 4 Buchst. d und Abs. 5 RVO = §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 112 Abs. 4 Buchst. d und Abs. 5 AVG). Der Wehrdienst ist nach Bundesrecht also Beitragszeit iS von § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO.

Der vom Kläger des Ausgangsverfahrens in den Jahren 1966 bis 1968 in der DDR abgeleistete Grundwehrdienst "zählt bzw. gilt" nach den Ausführungen des vorlegenden 11a Senats trotz der für dessen Dauer ruhenden Beitragsleistung "nach dortigem Recht", insbesondere nach "der Rentenverordnung 1974 als versicherungspflichtige Tätigkeit"; dabei entspricht die versicherungspflichtige Tätigkeit nach DDR-Recht "unserer Beitragszeit". Das trifft zu. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. b der DDR-Rentenverordnung vom 4. April 1974 (DDR-Blatt I S. 201) "gelten Dienstzeiten bei den bewaffneten Organen ... der Deutschen Demokratischen Republik" genauso "als versicherungspflichtige Tätigkeit" wie "alle Tätigkeiten, für die aufgrund von Rechtsvorschriften (der DDR) Versicherungspflicht zur Sozialversicherung (Rentenversicherung) bestand" (Buchst. a aaO). "Durch Ausübung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit" aber wird nach § 2 Abs. 1 aaO "Anspruch auf Rente erworben" (zur Berechtigung des Revisionsgerichts, Normen von Nicht-Bundesrecht heranzuziehen, zu denen das LSG keine Feststellungen getroffen hat, vgl. BSGE 7, 122, 125 = SozR Nr. 99 zu § 162 SGG; BGHZ 27, 47, 50 und Gottwald, aaO, S 109 mwN).

Diese Gegenüberstellung ergibt, daß die Rentenrechte und Rentenanwartschaften, die in der DDR aus der Ableistung des Grundwehrdienstes entstehen, denjenigen Rechten und Anwartschaften vergleichbar sind, die Versicherte nach dem Rentenrecht der Bundesrepublik durch Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes erwerben.

5. Der vorlegende 11a Senat ist gleichwohl der Auffassung, daß die streitige Zeit, gemessen am Maßstab des bundesdeutschen Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung, "nur der vor 1957 gegebenen Ersatzzeitregelung gleichgeachtet werden" könne. Er stellt dazu die besondere Art der Finanzierung der Leistungen in den Vordergrund, die aus den beitragslosen Militärdienstzeiten nach Eintritt des Leistungsfalles zu gewähren sind und weist darauf hin, daß diese Finanzierung der "Leistungsgewährung" ohne "zeitbezogene Beiträge" durch "Zuschuß aus dem Staatshaushalt zur Deckung" zu geschehen habe. Die öffentliche Finanzierung einer beitragslosen Zeit "charakterisiere ... gerade das Wesen einer Zeit, die ... nicht Beitragszeit ist", weil "eine Beitragszeit ... in aller Regel zumindest zeitbezogene Beiträge voraussetzt". Der Große Senat hält diese Einwände nicht für gerechtfertigt. Ihnen ist entgegenzuhalten, daß auch die Beitragszeit ohne Beitragsleistung nach der 2. Alternative des § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO bei fehlendem eigenen "zeitbezogenen Beitrag" des Begünstigten öffentlich finanziert ist. Eine öffentliche Finanzierung des rentenrechtlichen Leistungsaufwands, dem keine konkreten, zeitbezogenen Beiträge des Begünstigten selbst gegenüberstehen, ist im übrigen Ersatzzeiten nach § 1251 RVO als "Zeiten ohne Beitragsleistung" (§ 1250 Abs. 1 Buchst. b RVO = § 27 Abs. 1 Buchst. b AVG) und "Beitragszeiten ohne Beitragsleistung" nach Buchst a Alternative 2 aaO gemeinsam. Dieser gemeinsame Umstand ist daher ungeeignet, diese beiden Gruppen von Versicherungszeiten voneinander abzugrenzen.

Zudem läßt sich ein Wehrdienst, für den die öffentliche Hand - wie in der Bundesrepublik nach § 1385 Abs. 4 Buchst. d und Abs 5 RVO - Beiträge zu leisten hat, nicht allein im Blick auf seine Finanzierung von einem Wehrdienst abgrenzen, für den keine Beiträge zu leisten sind, der aber im Leistungsfall den Anspruch auf Rente nach Grund und Höhe wie eine Beitragszeit stützt. In beiden Fällen werden die im Versicherungs- oder Leistungsfall aus den Wehrdienstzeiten zu erbringenden Leistungen allein aus öffentlichen Mitteln abgedeckt; ein konkreter "zeitbezogener Beitrag" des Dienstleistenden selbst liegt in keinem der beiden Fälle vor. Eine rentenrechtlich ungünstigere Behandlung des Wehrdienstleistenden allein wegen des Umstands, daß im Herkunftsland von der öffentlichen Hand nicht wie in der Bundesrepublik bereits Beiträge aus öffentlichen Mitteln gezahlt werden, sondern dort der Leistungsaufwand durch Anerkennung als leistungsstützende versicherungspflichtige Tätigkeit ohne Beitragsleistung im Leistungsfall nachträglich abgedeckt wird, läßt sich somit nicht plausibel machen. Dieses Argument gewinnt für die Bundesrepublik noch erheblich an Gewicht durch den Umstand, daß dort die auf Wehrdienstzeiten entfallenden Rentenausgaben zwar allein von der öffentlichen Hand, aber regelmäßig nur zum Teil durch Beiträge und zusätzlich - wie in der DDR - auch durch nachträgliche Deckung des Aufwands finanziert werden (vgl. Winter in Nachrichtenblatt der LVA Baden 1985, S. 61, 63).

6. Die vom Großen Senat vertretene Auffassung hat keine unvertretbaren Auswirkungen auf andere Tatbestände. Insbesondere trifft nicht zu, daß mit der Anerkennung des DDR-Grundwehrdienstes als Beitragszeit ohne Beitragsleistung notwendig die Anerkennung aller anderen beitragslosen Zeiten nach dem Rentenrecht des Herkunftslands wie z.B. Partei- und Gewerkschaftsschulungen verbunden wäre (vgl. § 2 Abs. 2 Buchst. f der DDR-Rentenverordnung). Es ist oben bereits ausgeführt worden, daß das Eingliederungsprinzip der Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG Grenzen setzt. Dies träfe auf die soeben beispielhaft erwähnten Zeiten von Partei- und Gewerkschaftsschulungen zu. Solche Tatbestände sind in der Bundesrepublik rentenrechtlich schlechthin irrelevant; sie führten bei Vergleich mit den Versicherten in der Bundesrepublik zu einer Besserstellung der zuziehenden Heimatvertriebenen und DDR-Zuwanderer, also nicht zu einer Gleichstellung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 FRG.

Nach alledem begründet die Zeit der Ableistung eines gesetzlich angeordneten Grundwehrdienstes in der DDR nicht anders als in der Bundesrepublik eine Rentenanwartschaft, wobei der Dienstleistende selbst da wie dort von einer eigenen, "zeitgleichen" Beitragszahlungspflicht freigestellt ist und der deshalb abzudeckende Leistungsaufwand da wie dort aus Mitteln der Allgemeinheit finanziert werden muß. Die dem Kläger in der DDR entstandenen Rentenanwartschaften sind mithin denen aus einer Beitragszeit ohne Beitragsleistung in der Bundesrepublik nach § 1250 Abs. 1 Buchst. a Alternative 2 RVO hinreichend vergleichbar und deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zu entschädigen.

Die vom 11a Senat vorgelegte Rechtsfrage war daher wie geschehen zu beantworten.

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