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§ 18 VersAusglG: Geringfügigkeit

Änderungsdienst
veröffentlicht am

29.09.2025

Änderung

Die GRA wurde redaktionell überarbeitet und um aktuelle Rechtsprechung (Abschnitte 2, 2.1, 2.2, 3.1, 3.2) ergänzt.

Dokumentdaten
Stand11.09.2025
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009, in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 18 VersAusglG

Version003.00

Inhalt der Regelung

§ 18 VersAusglG enthält Regelungen zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Fällen der Geringfügigkeit.

Nach Absatz 1 soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

Nach Absatz 2 sollen einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert vom Familiengericht nicht ausgeglichen werden.

In Absatz 3 wird definiert, wann von einem geringen Wertunterschied nach Absatz 1 oder von einem geringfügigen Anrecht nach Absatz 2 auszugehen ist. Der Wertunterschied oder der Ausgleichswert einzelner Anrechte ist danach gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 18 VersAusglG spielt unter anderem im Zusammenhang mit folgenden Regelungen eine Rolle:

Allgemeines

Durch die Regelung soll vermieden werden, dass eine schematische Teilung aller Anrechte im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfolgt. Aus diesem Grund wird geprüft, ob sich der Ausgleich unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes lohnt, wenn:

Einer Zersplitterung der Altersversorgung und dem Erwerb sogenannter Minianrechte soll entgegengewirkt werden.

Eine Bagatellklausel gab es im Versorgungsausgleich zwar bereits von Anfang 1987 bis Ende 1991 (§ 3c VAHRG in der Fassung vom 08.12.1986, BGBl. I S. 2317). Diese Bestimmung wurde jedoch durch Artikel 30 Nr. 1 in Verbindung mit Artikel 42 Abs. 1 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) wieder aufgehoben, da sie zu Auslegungs- und damit zu Anwendungsschwierigkeiten geführt hatte.

Auch zu § 18 VersAusglG ist seit seinem Inkrafttreten am 01.09.2009 umfangreiche Rechtsprechung zu einer Vielzahl von einzelnen Rechtsfragen ergangen. Aus Sicht der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt die Entscheidung über die Anwendung des § 18 VersAusglG, das heißt über einen Ausgleich oder „Nichtausgleich“ von Anrechten mit geringer Wertdifferenz oder einzelnen geringwertigen Anrechten, dem Familiengericht (siehe auch GRA zu § 59 FamFG, Abschnitt 6.9.3). Ein Beschwerdegrund kann sich ergeben, wenn nicht erkennbar ist, dass das Familiengericht eine Ermessensentscheidung in Bezug auf § 18 VersAusglG getroffen hat (siehe Abschnitt 2.1).

Entscheidung durch Familiengericht

Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei Geringfügigkeit im Sinne des § 18 VersAusglG ist keine zwingende Vorgabe, sondern die Entscheidung hierüber obliegt dem Familiengericht.

Das Familiengericht hat bei der Entscheidung über die Anwendung der "Sollvorschrift" des § 18 VersAusglG sowohl in den Fällen des § 18 Abs. 1 VersAusglG als auch des § 18 Abs. 2 VersAusglG ein Ermessen. Es soll bei einem geringen Wertunterschied der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art beziehungsweise bei geringen Ausgleichswerten einzelner Anrechte von dem Ausgleich absehen. Das Familiengericht kann aber von diesem Grundsatz abweichen, wenn es die Umstände des Einzelfalls erfordern.

Folgende Umstände können das Familiengericht dazu bewegen, die Aufteilung von Anrechten trotz des Vorliegens von Geringfügigkeit durchzuführen:

  • Ein Anrecht hat eine offenkundig herausragende Dynamik oder besonders großzügige Leistungsvoraussetzungen.
  • Die Teilung eines Anrechts beim Versorgungsträger führt nicht zu einem zusätzlichen Aufwand, weil ohnehin Anrechte bei dem entsprechenden Versorgungsträger auszugleichen sind (vergleiche auch Abschnitt 4).
  • Die ausgleichsberechtigte Person kann durch einen geringfügigen Ausgleich die Wartezeit für den Bezug einer Rente erfüllen.
  • Die insgesamt ausgleichsberechtigte Person ist dringend auf den Wertzuwachs angewiesen.
  • Ein Ehegatte verfügt über viele kleine Ausgleichswerte, die in der Summe aber einen erheblichen Wert darstellen, während der andere Ehegatte nur vergleichsweise geringe Anrechte in der Ehezeit erworben hat.

Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung kann ein Absehen vom Ausgleich gerechtfertigt sein, wenn die Ehegatten übereinstimmend und eindeutig zum Ausdruck bringen, kein Interesse am Ausgleich von Bagatellversorgungen zu haben. Umgekehrt kann es für die Durchführung des Ausgleichs sprechen, wenn der beteiligte Versorgungsträger ausdrücklich seine Bereitschaft zur internen Teilung eines bei ihm bestehenden Bagatellanrechts erklärt (BGH vom 10.01.2024, AZ: XII ZB 389/22, und BGH vom 12.06.2024, AZ: XII ZB 496/22).

Im Falle des Todes eines Ehegatten nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung, können geringfügige Anrechte in die nach § 31 VersAusglG zu erstellende Ausgleichsbilanz einbezogen werden, wenn sie lediglich Rechnungsposten sind, aber nicht selbst zum Ausgleich herangezogen werden. Dabei dürfen jedoch keine Teilungskosten berücksichtigt werden, weil es nicht zu einer Teilung der Anrechte kommt. Steht aber in Rede, ein geringfügiges Anrecht selbst zum Ausgleich heranzuziehen, gebietet die Sollvorschrift des § 18 Abs. 2 VersAusglG das Absehen von der Einbeziehung. Sofern nach erfolgter Gesamtsaldierung nur noch eine geringe Wertdifferenz verbleibt, welche die Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG für sich genommen nicht übersteigt, gebieten Sinn und Zweck des § 18 VersAusglG regelmäßig ein Absehen vom Wertausgleich (BGH vom 22.03.2017, AZ: XII ZB 385/15, FamRZ 2017, 960 - 964, und BGH vom 10.05.2017, AZ: XII ZB 310/13, FamRZ 2017, 1303 - 1306). Weitere Hinweise ergeben sich aus der GRA zu § 31 VersAusglG.

§ 18 VersAusglG stellt eine Ausnahme zu dem in § 1 Abs. 1 VersAusglG geregelten Halbteilungsgrundsatz dar. Werden Anrechte nach § 18 VersAusglG nicht geteilt, stellt das Familiengericht dies in der Beschlussformel fest (§ 224 Abs. 3 FamFG). Für die entsprechenden Anrechte ist dann ein späterer schuldrechtlicher Wertausgleich (§§ 20 ff. VersAusglG) nicht mehr möglich.

Der im Rahmen des Ermessens vom Familiengericht durchgeführte Ausgleich von geringfügigen Anrechten ist mit den hierfür maßgebenden Gründen in der Entscheidung darzulegen (siehe auch Abschnitt 4).

Wird der Wertausgleich durch das Familiengericht aufgrund des § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen, ist ein Versorgungsträger zur Einlegung einer Beschwerde berechtigt, wenn er mit seinem Rechtsmittel geltend macht, dass schon der Anwendungsbereich des § 18 VersAusglG nicht eröffnet ist (vergleiche BGH vom 09.01.2013, AZ: XII ZB 550/11, FamRZ 2013, 612, und BGH vom 18.08.2021, AZ: XII ZB 359/19, NZFam 2021, 1013 ff.). Dies wäre zum Beispiel bei Bewertungs- oder Berechnungsfehlern des Gerichts oder unrichtiger Beurteilung der Gleichartigkeit oder Geringfügigkeit der Fall.

Das gilt aber nicht, wenn die Beschwerde ausschließlich ein bei einem anderen Versorgungsträger intern auszugleichendes Anrecht betrifft (BGH vom 07.12.2016, AZ: XII ZB 140/16, FamRZ 2017, 435 - 436).

Die Anwendung des § 18 VersAusglG wird von den Rentenversicherungsträgern ansonsten nur dahingehend überprüft, ob aus der gerichtlichen Entscheidung erkennbar ist, dass das Familiengericht eine Ermessensentscheidung getroffen hat (EGVA 1/2025, TOP 3).

Ist nicht ersichtlich, dass das Familiengericht eine Ermessensentscheidung in Bezug auf die Geringfügigkeit von Anrechten getroffen hat, liegt ein Beschwerdegrund vor. Dies gilt für sämtliche Anrechtsarten (siehe Abschnitt 2.2). Grundsätzlich können sämtliche am Verfahren beteiligte Rentenversicherungsträger von dem Beschwerderecht Gebrauch machen. Werden jedoch Entgeltpunkte für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") geteilt, kann nur der Träger von diesem speziellen Beschwerderecht Gebrauch machen, der das Konto der ausgleichberechtigten Person führt, die durch den Ausgleich erstmalig Entgeltpunkte für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") erhält (EGVA 1/2025, TOP 3).

Die getroffene Ermessensentscheidung des Familiengerichts wird dagegen nicht von den Rentenversicherungsträgern überprüft. Das gilt sowohl für familiengerichtliche Entscheidungen, wonach der Wertausgleich trotz Geringfügigkeit durchgeführt worden ist (AGVA 2/2009, TOP 2), als auch für Entscheidungen, bei denen der Wertausgleich wegen Geringfügigkeit ausgeschlossen wurde (AGVA 3/2010, TOP 4.3); siehe auch GRA zu § 59 FamFG, Abschnitt 6.9.3.

Hinweis:

Zu vorab erbetenen Stellungnahmen oder zu Beschlussentwürfen von Familiengerichten können die Rentenversicherungsträger in Bezug auf § 18 VersAusglG jedoch Stellung nehmen (AGVA 3/2010, TOP 4.3). Insbesondere bei Anfragen des Familiengerichts nach dem Verwaltungsaufwand bei einer Teilung von Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") können sich die Rentenversicherungsträger auf die BGH-Entscheidung vom 05.06.2024, AZ: XII ZB 277/23 berufen, die einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Träger bestätigt, wenn die ausgleichsberechtigte Person bislang keine Entgeltpunkte für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") erworben hat (EGVA 1/2024, TOP 3).

Besonderheit bei Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung können seit dem 01.07.2024 von den Ehegatten bis zu vier Anrechtsarten erworben werden:

  • Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung,
  • Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung der allgemeinen Rentenversicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte"),
  • Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung und
  • Steigerungsbeträge der Höherversicherung.

Die Anrechtsarten sind nicht gleichartig im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG (vergleiche GRA zu § 120f SGB VI; siehe auch Abschnitt 3.1). Obwohl § 120f Abs. 1 SGB VI ausdrücklich nur auf "Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG" Bezug nimmt, ist dessen Wertung aber auch im Rahmen des § 18 VersAusglG zu berücksichtigen. Dafür spricht die vom Gesetzgeber bewusst gewählte begriffliche Identität (BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192).

§ 120f Abs. 2 SGB VI wurde dahingehend geändert, dass die im Beitrittsgebiet und die im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte nur noch bis zum 30.06.2024 nicht als Anrechte gleicher Art gelten (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz vom 17.07.2017 – BGBl. I S. 2575). Anrechte aus Entgeltpunkten (Ost) der allgemeinen Rentenversicherung, Entgeltpunkten (Ost) für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") und Entgeltpunkten (Ost) der knappschaftlichen Rentenversicherung können gem. § 254d SGB VI zum 01.07.2024 nicht mehr bestehen und spielen folglich bei einem Ehezeitende nach dem 30.06.2024 keine Rolle mehr.

Liegt das Ehezeitende vor dem 01.07.2024, ist bei einer familiengerichtlichen Entscheidung grundsätzlich noch nach Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost) zu unterscheiden. Das gilt auch dann, wenn die Entscheidung nach dem 30.06.2024 ergeht (EGVA 1/2023, TOP 4). Eine Ausnahme ergibt sich, wenn die Auskunft aus einer festgestellten Rente mit einem Rentenbeginn ab dem 01.07.2024 erteilt worden ist. Dort sind keine Entgeltpunkte (Ost) dargestellt, auch nicht bei einem Ehezeitende vor dem 01.07.2024.

Die Streichung der Entgeltpunkte für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") aus § 120f Abs. 2 SGB VI zum 01.07.2024 aufgrund des Inkrafttretens des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes (BGBl. I 2017 S. 2575) ist nicht als Änderung der gesetzgeberischen Wertung zu verstehen, sondern als redaktionelles Versehen (OLG Karlsruhe vom 08.10.2024, AZ: 18 UF 131/24, vergleiche Abschnitt 3.1).

Eine möglicherweise unterschiedliche Zuständigkeit von Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung für die Ehegatten (vergleiche § 127 SGB VI) hat keine Folgen in Bezug auf die Gleichartigkeit von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung (siehe auch GRA zu § 120f, Abschnitt 3). Es kommt ausschließlich auf die maßgebliche Bezugsgröße in der entsprechenden Entgeltpunkteart oder als Steigerungsbeträge der Höherversicherung an.

Reihenfolge bei der Prüfung

Vorrangig ist der Ausschluss beiderseitiger Anrechte gleicher Art mit geringer Ausgleichswertdifferenz nach § 18 Abs. 1 VersAusglG zu prüfen (AGVA 1/2011, TOP 12); siehe Abschnitt 3.

Auf Anrechte gleicher Art im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG findet § 18 Abs. 2 VersAusglG, der den Ausgleich „einzelner“ Anrechte regelt, keine Anwendung (AGVA 3/2012, TOP 8 und BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 328/10, FamRZ 2012, 277, und BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192, BGH vom 18.01.2012, AZ: XII ZB 501/11, FamRZ 2012, 513, BGH vom 22.06.2016, AZ: XII ZB 664/14, FamRZ 2016, 1654 – 1658, und BGH vom 18.08.2021, AZ: XII ZB 359/19, NZFam 2021, 1013 ff.).

Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, die bei der Prüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG berücksichtigt wurden, bleiben daher bei der Prüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG unberücksichtigt (AGVA 1/2011, TOP 12).

Siehe Beispiel 1

Soweit ein Ausschluss nach § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht möglich ist, weil keine gleichartigen Anrechte vorliegen, erfolgt die Prüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG. Danach kommt der Ausschluss des Versorgungsausgleichs für einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert in Betracht (AGVA 3/2012, TOP 8); siehe Abschnitt 4.

Geringe Differenz der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art (Absatz 1)

Das Familiengericht soll nach § 18 Abs. 1 VersAusglG vom Wertausgleich absehen, wenn die Differenz der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art gering ist im Sinne des § 18 Abs. 3 VersAusglG.

Die nach § 18 Abs. 1 VersAusglG zu beurteilende Frage, ob es aus Billigkeitsgründen überhaupt zu einem Wertausgleich durch die Teilung eines Anrechts kommt, ist der Frage nach den Teilungsmodalitäten systematisch vorgelagert. Wäre es anders, würde beispielsweise in den Fällen des § 15 VersAusglG die Billigkeitsentscheidung von der Wahl der Zielversorgung durch die ausgleichsberechtigte Person abhängen (vergleiche BGH vom 08.01.2014, AZ: XII ZB 366/13, FamRZ 2014, 549, und BGH vom 10.02.2016, AZ: XII ZB 104/14, FamRZ 2016, 788 - 791).

Anrechte gleicher Art

Anrechte gleicher Art sind Anrechte, die sich in Struktur und Wertentwicklung entsprechen, sodass die jeweiligen Anrechte im Wesentlichen zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis führen. Eine Wertidentität ist nicht erforderlich; ausreichend ist eine strukturelle Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen (zum Beispiel Leistungsspektrum, Finanzierungsart, Anpassung von Anwartschaften und laufenden Versorgungen). Bei Anrechten gleicher Art, die diese Voraussetzungen erfüllen, werden annähernd gleiche Stichtagswerte mit geringem Wertunterschied zum Zeitpunkt der Scheidung auch in der Zukunft zu ähnlich hohen Versorgungen führen.

Anrechte der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung, die in den alten Bundesländern erworben wurden, sind Anrechte gleicher Art (vergleiche auch § 120f SGB VI).

Bei Anrechten in der allgemeinen Rentenversicherung - Entgeltpunkte - und Anrechten in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) - Entgeltpunkte (Ost) - handelt es sich jedoch nicht um Anrechte gleicher Art im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG (vergleiche BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 328/10, FamRZ 2012, 277, und BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192). Bei einem Ehezeitende nach dem 30.06.2024 spielt diese Unterscheidung keine Rolle mehr, da gemäß § 254d SGB VI zum 01.07.2024 Entgeltpunkte an die Stelle von Entgeltpunkten (Ost) getreten sind (vergleiche Abschnitt 2.2).

Anrechte aus der knappschaftlichen Rentenversicherung sind aufgrund der eigenen Rentenartfaktoren (§ 82 SGB VI) mit den übrigen Anrechtsarten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vergleichbar.

Auch Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") sind mit den übrigen Anrechtsarten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vergleichbar (BGH vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 360/22, NZFam 2023, 451, und BGH vom 10.01.2024, AZ: XII ZB 389/22). Das gilt auch nach der Neuregelung des § 120f Abs. 2 SGB VI (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz vom 17.07.2017 – BGBl. I S. 2575). Der Wegfall des bisherigen § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen (OLG Karlsruhe vom 08.10.2024, AZ: 18 UF 131/24).

Anrechte aus der Höherversicherung sind ebenfalls nicht mit den übrigen Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar, weil diese als monatlicher Rentenbetrag angegeben werden.

Ein Indiz, dass es sich nicht um Anrechte gleicher Art handeln kann, sind unterschiedliche Bezugsgrößen, in denen Ehezeitanteil und Ausgleichswert berechnet worden sind.

Bei Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung und Anrechten aus der Beamtenversorgung handelt es sich ebenfalls nicht um Anrechte gleicher Art (BGH vom 07.08.2013, AZ: XII ZB 211/13, FamRZ 2013, 1636).

Bei Landesbeamten, Kommunalbeamten, Soldaten auf Zeit und Beamten auf Widerruf, deren Anrechte im Rahmen der externen Teilung auszugleichen sind (§ 16 VersAusglG), ist nicht auf das Anrecht abzustellen, das in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden würde, sondern auf das zu belastende Anrecht (BGH vom 08.01.2014, AZ: XII ZB 366/13, FamRZ 2014, 549). Das heißt, in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Anrechte und alternativ ausgestaltete Versorgungsanrechte aus einem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder auf Zeit sind nicht gleichartig im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG, weil letztere möglicherweise in einer Dienstzeitanrechnung in einem Dienstverhältnis auf Lebenszeit oder in einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis münden können (vergleiche BGH vom 07.08.2013, AZ: XII ZB 211/13, FamRZ 2013, 1636).

Geringe Differenz der Ausgleichswerte

Ergibt sich nach den Feststellungen des Familiengerichts bei den beiderseitigen Anrechten gleicher Art eine geringfügige Wertdifferenz, soll von einem Wertausgleich abgesehen werden, sodass ein wirtschaftlich nicht sinnvoller Hin-und-her-Ausgleich vermieden wird.

Siehe Beispiel 2

Bei einem offensichtlich bedeutungslosen Wertunterschied liegt es auf der Hand, dass keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes vorliegt und insoweit eine Teilung der entsprechenden Anrechte nicht geboten ist (BGH vom 28.09.2016, AZ: XII ZB 325/16, FamRZ 2016, 2081 - 2082). In dem der BGH-Entscheidung vom 28.09.2016 zugrunde liegenden Fall betrug die Wertdifferenz der korrespondierenden Kapitalwerte der gesetzlichen Rentenversicherung 15,71 EUR, woraus sich im Ergebnis eine monatliche Rentenanwartschaft von 0,07 EUR ergab.

Als wirtschaftlich bedeutungslos wird auch ein Wertunterschied von korrespondierenden Kapitalwerten der gesetzlichen Rentenversicherung von 179,33 EUR angesehen, woraus sich eine monatliche Rentenanwartschaft von 0,83 EUR ergibt. Die Durchführung eines derart bedeutungslosen Wertausgleichs stünde außer Verhältnis zu dem bei den Versorgungsträgern zulasten der Versichertengemeinschaft im Zusammenhang mit der Durchführung entstehenden Verwaltungsaufwand (BGH vom 12.10.2016, AZ: XII ZB 372/16, FamRZ 2017, 97 - 98). Einen bedeutungslosen Wertunterschied hat das OLG Karlsruhe in einer neueren Entscheidung bei einem Kapitalwert in Höhe von 487,08 € und einer monatlichen Rente von 2,19 € angenommen (OLG Karlsruhe vom 30.07.2024, AZ: 2 UF 44/24).

Dagegen ist aus Sicht des BGH keine wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit gegeben, wenn die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung 1.855,17 EUR beträgt, woraus sich eine monatliche Rentenanwartschaft von 8,57 EUR ergibt (BGH vom 23.11.2016, AZ: XII ZB 323/15, FamRZ 2017, 195 - 197). In die Ermessensentscheidung des Familiengerichts über einen Ausgleich beziehungsweise Nichtausgleich der entsprechenden Anrechte sind insofern weitere Aspekte einzubeziehen.

Geringe Ausgleichswerte einzelner Anrechte (Absatz 2)

Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht vom Ausgleich einzelner Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert absehen.

Maßstab bei der zu treffenden Versorgungsausgleichsentscheidung bleibt jedoch der Halbteilungsgrundsatz. Der Ausschluss eines Ausgleichs von Bagatellanrechten zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung findet seine Grenze daher in einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes. Eine solche Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn ein Anrecht mit geringem Ausgleichswert unter Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht ausgeglichen wird, obwohl sich der Verwaltungsaufwand als nicht unverhältnismäßig darstellt oder sonstige mit dieser Vorschrift verfolgte Zwecke nicht oder nur in Ansätzen erreicht werden (BGH vom 22.06.2016, AZ: XII ZB 490/15, FamRZ 2016, 1658 - 1660, und BGH vom 28.09.2016, AZ: XII ZB 325/16, FamRZ 2016, 2081 - 2082).

Deshalb kann der Halbteilungsgrundsatz auch den Ausgleich eines einzelnen Anrechts mit einem geringen Ausgleichswert gebieten. Das ist in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem einzelnen Anrecht der Fall, wenn weitere gleichartige Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben wurden, die durch interne Teilung nach § 10 VersAusglG ausgeglichen werden, sodass ohnehin Buchungen auf den Versicherungskonten vorzunehmen sind (BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 328/10, FamRZ 2012, 277 und BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192). Dem Halbteilungsgrundsatz gebührt insofern Vorrang, wenn die mit § 18 Abs. 2 VersAusglG bezweckte Verwaltungsvereinfachung nicht in einem den Ausschluss des Anrechts rechtfertigenden Maße erreicht werden kann (BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 79/11, FamRZ 2012, 189; BGH vom 01.02.2012, AZ: XII ZB 172/11, 2012, 610, BGH vom 31.10.2012, AZ: XII ZB 588/11, FamRZ 2013, 207, und BGH vom 02.09.2015, AZ: XII ZB 33/13, FamRZ 2015, 2125 - 2130). Das gilt auch, wenn im Wege der externen Teilung durch die Begründung eines geringfügigen Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung als Zielversorgung dort bereits bestehende Anrechte erhöht werden (vergleiche BGH vom 29.02.2012, AZ: XII ZB 609/10, FamRZ 2012, 694).

Der im Rahmen des Ermessens vom Familiengericht durchgeführte Ausgleich von einzelnen Anrechten mit geringem Ausgleichswert im Sinne des § 18 Abs. 2 VersAusglG ist mit den hierfür tragenden Gründen in der Entscheidung darzulegen (BGH vom 19.11.2014, AZ: XII ZB 353/12, FamRZ 2015, 313).

Da sich der Grenzwert für ein geringfügiges Anrecht unmittelbar aus § 18 Abs. 3 VersAusglG ergibt, kann das Familiengericht allein aufgrund des mitgeteilten Werts eines Anrechts entscheiden, ob diese Grenze unterschritten ist. Ein gesonderter Hinweis auf eine vorliegende Geringfügigkeit im Rahmen der Auskunft des Rentenversicherungsträgers an das Familiengericht ist somit nicht erforderlich (AGVA 2/2009, TOP 2).

Geringfügigkeitsgrenzen (Absatz 3)

In § 18 Abs. 3 VersAusglG wird die Geringfügigkeitsgrenze geregelt. Diese gilt sowohl für die geringe Differenz der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art (§ 18 Abs. 1 VersAusglG) als auch für geringe Ausgleichswerte einzelner Anrechte (§ 18 Abs. 2 VersAusglG).

Im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 18 VersAusglG für einen Ausschluss von Anrechten vom Wertausgleich erfüllt sind, spielt der Begriff „Bezugsgröße“ eine entscheidende Rolle. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen:

  • der maßgeblichen Bezugsgröße in einem Versorgungssystem für die Bestimmung von Ehezeitanteil und Ausgleichswert (§ 5 Abs. 1 VersAusglG), zum Beispiel Entgeltpunkte, Versorgungspunkte, Fondsanteile, und
  • der Bezugsgröße als Ausgangsrechengröße für die Sozialversicherung (§ 18 Abs. 1 SGB IV).

§ 18 Abs. 3 VersAusglG stellt klar, dass bei einem Anrecht jeweils nur eine Wertgrenze zu prüfen ist:

  • Ist ein (monatlicher) Rentenbetrag die maßgebliche Bezugsgröße für den Ausgleichswert, so ist als Wertgrenze höchstens 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV maßgeblich.
  • In allen anderen Fällen ist auf den Kapitalwert beziehungsweise den korrespondierenden Kapitalwert des Ausgleichswerts abzustellen. Dieser darf höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV betragen.

Maßgeblich ist allein die Bezugsgröße „West“ (§ 18 Abs. 1 SGB IV).

Auf die Bezugsgröße (Ost) nach § 18 Abs. 2 SGB IV kommt es bei der Entscheidung über die Anwendung des § 18 VersAusglG nicht an (vergleiche auch Wegfall der Bezugsgröße (Ost) aufgrund des Art. 3 Nr. 4 und 5 des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes vom 17.07.2017, BGBl. I S. 2575). Das gilt selbst dann, wenn über den Ausgleich von Anrechten aus den neuen Bundesländern zu entscheiden ist (Entgeltpunkte (Ost), Entgeltpunkte (Ost) für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") beziehungsweise knappschaftliche Entgeltpunkte (Ost)). Seit dem 01.01.2025 gilt in der gesetzlichen Rentenversicherung eine einheitliche Bezugsgröße für alte und neue Bundesländer.

Da sich die Wertgrenzen nach der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) richten, werden sie regelmäßig angepasst und sind damit für künftige Entwicklungen offen.

In der gesetzlichen Rentenversicherung sind maßgebende Bezugsgröße für dynamische Anrechte die Entgeltpunkte (§ 63 Abs. 1 bis 3 SGB VI). Für die Beurteilung, ob die Bagatellgrenze für diese Anrechte überschritten ist, wird deshalb auf den korrespondierenden Kapitalwert abgestellt (vergleiche BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 328/10, FamRZ 2012, 277 und BGH vom 30.11.2011, AZ: XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192). Dieser ist geringfügig, wenn er höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße beträgt.

Für die statischen Anrechte der Steigerungsbeträge der Höherversicherung (§ 269 SGB VI) ist auf die entsprechende Monatsrente abzustellen, das heißt maßgebende Geringfügigkeitsgrenze ist 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße.

Die Höhe der Wertgrenze und das Wertverhältnis zwischen Rentenbetrag und Kapitalwert entsprechen § 3 Abs. 2 BetrAVG. Daher korrespondieren in der gesetzlichen Rentenversicherung die beiden Grenzwerte in § 18 Abs. 3 VersAusglG nicht miteinander.

Siehe Beispiel 3

Beispiel 1: Reihenfolge der Prüfung

(Beispiel zu Abschnitt 2.3)

Die Ehegatten E 1 und E 2 verfügen - bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.09.2025 - über Anrechte bei verschiedenen Versorgungssystemen, aus denen sich folgende Ausgleichswerte ergeben:

E 1:

Allgemeine gesetzliche Rentenversicherung: 1,0648 Entgeltpunkte (korrespondierender Kapitalwert: circa 10.000,00 EUR)

Private Rentenversicherung, Kapitalwert: 1.995,00 EUR

E 2:

Allgemeine gesetzliche Rentenversicherung: 0,2130 Entgeltpunkte (korrespondierender Kapitalwert: circa 2.000,00 EUR)

Frage:

Welche Anrechte können nach § 18 VersAusglG vom Wertausgleich ausgenommen werden?

Lösung:

Die Differenz der Ausgleichswerte der Anrechte gleicher Art (hier: der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung von E 1 und E 2) ist nicht geringfügig, sodass die Voraussetzung für einen Ausschluss nach § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht erfüllt ist:

10.000,00 EUR minus 2.000,00 EUR ist gleich 8.000,00 EUR.

Die Wertgrenze von 120 % der monatlichen Bezugsgröße (2025: 3.745,00 EUR mal 120 % ist gleich 4.494,00 EUR) wird überschritten.

8.000,00 EUR ist größer als 4.494,00 EUR.

Eine Differenzbildung zwischen dem Ausgleichswert von E 1 bei der privaten Rentenversicherung (1.995,00 EUR) mit dem Ausgleichswert (auf der Basis des korrespondierenden Kapitalwerts) von E 2 bei der gesetzlichen Rentenversicherung (2.000,00 EUR) nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ist nicht zulässig, weil es sich nicht um Anrechte gleicher Art handelt.

Der Ausgleichswert von E 2 bei der gesetzlichen Rentenversicherung (0,2130 Entgeltpunkte beziehungsweise als korrespondierender Kapitalwert 2.000,00 EUR) kann aufgrund der sogenannten „Sperrwirkung“ nicht mehr für die Prüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG herangezogen werden, weil er bereits - vorrangig - für die Prüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG einbezogen worden ist.

Der Ausgleichswert von E 1 bei der privaten Rentenversicherung ist geringfügig im Sinne des § 18 Abs. 2 VersAusglG und könnte vom Ausgleich ausgenommen werden:

1.995,00 EUR ist kleiner als 4.494,00 EUR.

Ob es - um dem Halbteilungsgrundsatz gerecht zu werden - zulässig ist, den Wertausgleich für diesen Ausgleichswert von E 1 durchzuführen, weil auch der Ausschluss des Ausgleichswerts von E 2 bei der gesetzlichen Rentenversicherung (0,2130 Entgeltpunkte beziehungsweise als korrespondierender Kapitalwert 2.000,00 EUR) aufgrund der „Sperrwirkung“ nicht infrage kommt, liegt im Ermessen des Familiengerichts.

Würde in diesem Beispiel der Ausgleichswert von E 1 bei der privaten Rentenversicherung (1.995,00 EUR) vom Wertausgleich nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ausgenommen, könnten die Ehegatten - um dem Halbteilungsgrundsatz gerecht zu werden - im Rahmen einer Vereinbarung (§ 6 VersAusglG) auch die Teilung des Ausgleichswerts von E 2 (0,2130 Entgeltpunkte beziehungsweise als korrespondierender Kapitalwert 2.000,00 EUR) ausschließen.

Beispiel 2: Geringe Differenz der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Die Ehegatten E 1 und E 2 verfügen - bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.07.2025 - über Anrechte bei verschiedenen Versorgungssystemen, aus denen sich folgende Ausgleichswerte ergeben:

E 1:

Beamtenversorgung, monatlicher Versorgungsbetrag: 800,00 EUR

Private Rentenversicherung, Kapitalwert: 5.000,00 EUR

E 2:

Allgemeine gesetzliche Rentenversicherung: 10,0000 Entgeltpunkte

Private Rentenversicherung, Kapitalwert: 5.200,00 EUR

Frage:

Welche Anrechte können nach § 18 VersAusglG vom Wertausgleich ausgenommen werden?

Lösung:

Nach § 18 Abs. 1 VersAusglG soll das Familiengericht auf die Teilung der beiden zum Stichtag (Ehezeitende am 31.07.2025) annähernd gleichwertigen Anrechte aus der privaten Rentenversicherung verzichten, da deren Wertunterschied (5.200,00 EUR minus 5.000,00 EUR ist gleich 200,00 EUR) die Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG am Stichtag (3.745,00 EUR mal 120 % ist gleich 4.494,00 EUR) nicht übersteigt:

200,00 EUR ist kleiner als 4.494,00 EUR.

Die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung sind nicht gleichartig und dürfen daher nicht saldiert werden. Sie unterschreiten auch nicht die jeweils für sie geltende Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 VersAusglG, so dass ein Ausschluss dieser Anrechte nach § 18 VersAusglG vom Wertausgleich nicht möglich ist. Ein Ausschluss vom Wertausgleich könnte aber beispielsweise durch eine Vereinbarung zwischen den Ehegatten erreicht werden (§ 6 VersAusglG).

Erfolgt kein Ausschluss vom Wertausgleich, würden die Anrechte jeweils durch interne Teilung (§ 10 Abs. 1 VersAusglG) beziehungsweise, sofern für die Anrechte in der Beamtenversorgung eine interne Teilung nicht vorgesehen ist, durch externe Teilung nach § 16 Abs. 1 VersAusglG ausgeglichen werden.

Beispiel 3: Geringfügigkeitsgrenzen bei unterschiedlichen maßgebenden Bezugsgrößen

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Ein Ehegatte hat in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte erworben, aus denen sich - bezogen auf das Ehezeitende am 31.08.2025 - folgende Ausgleichswerte in der jeweils maßgebenden Bezugsgröße ergeben:

Allgemeine Rentenversicherung: 0,6129 Entgeltpunkte

monatliche Rente: 25,00 EUR

korrespondierender Kapitalwert: 5.756,17 EUR

Höherversicherung (monatliche Rente): 25,00 EUR

Frage:

Übersteigen die Ausgleichswerte der Anrechte die Geringfügigkeitsgrenze?

Lösung:

Es handelt sich um Anrechte mit unterschiedlichen maßgebenden Bezugsgrößen im Sinne des § 5 Abs. 1 VersAusglG.

Für das dynamische Anrecht der allgemeinen Rentenversicherung auf der Basis von Entgeltpunkten ist der entsprechende korrespondierende Kapitalwert mit dem Grenzbetrag aus § 18 Abs. 3 VersAusglG (120 % der monatlichen Bezugsgröße § 18 Abs. 1 SGB IV) zu vergleichen:

120 % der monatlichen Bezugsgröße am Ende der Ehezeit: 4.494,00 EUR

5.756,17 EUR ist größer als 4.494,00 EUR

Der Ausgleichswert des dynamischen Anrechts ist nicht geringfügig.

Für das statische Anrecht der Höherversicherung ist der Monatsbetrag der Rente mit dem Grenzbetrag aus § 18 Abs. 3 VersAusglG (1 % der monatlichen Bezugsgröße § 18 Abs. 1 SGB IV) zu vergleichen:

1 % der monatlichen Bezugsgröße am Ende der Ehezeit: 37,45 EUR

25,00 EUR ist kleiner als 37,45 EUR.

Der Ausgleichswert des statischen Anrechts ist geringfügig.

Obwohl sich aus beiden Ausgleichswerten der gesetzlichen Rentenversicherung zum Ende der Ehezeit eine monatliche Rente von jeweils 25,00 EUR ergibt, ist aufgrund der unterschiedlichen maßgebenden Bezugsgrößen für den Wertausgleich und der daraus resultierenden unterschiedlichen Wertgrenzen für die Geringfügigkeit (1 % beziehungsweise 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV) ein Ausgleichswert geringfügig und der andere nicht.

Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksachen 343/08, 128/09; BT-Drucksachen 16/10144; 16/11903

Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 18 VersAusglG