XII ZB 33/13
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Dezember 2012 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.000 €.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten um den Versorgungsausgleich.
Die im November 1989 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute wurde auf einen im Februar 2012 zugestellten Scheidungsantrag rechtskräftig geschieden. Die Ehegatten haben in der gesetzlichen Ehezeit vom 1. November 1989 bis zum 31. Januar 2012 verschiedene Versorgungsanrechte erlangt.
Die 1966 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) hat ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ehezeitanteil von 14,9507 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert von 7,4754 Entgeltpunkten erworben. Daneben hat sie Anrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erlangt, und zwar ein Anrecht aus der Pflichtversicherung "VBLklassik" mit einem Ehezeitanteil von 33,14 Versorgungspunkten und ein Anrecht aus der freiwilligen Versicherung "VBLextra" mit einem Ehezeitanteil von 8,11 Versorgungspunkten. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Beteiligte zu 2; im Folgenden: VBL) hat vorgeschlagen, den Ausgleichswert für das Anrecht "VBLklassik" mit 15,78 Versorgungspunkten bei einem korrespondierenden Kapitalwert von 5.619,89 € und den Ausgleichswert für das Anrecht "VBLextra" mit 4,62 Versorgungspunkten bei einem korrespondierenden Kapitalwert von 1.771,96 € zu bestimmen.
Der 1965 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) hat ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ehezeitanteil von 32,3628 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert von 16,1814 Entgeltpunkten erworben. Daneben hat er betriebliche Anrechte bei der Pensionskasse D. erlangt, die sich aus einer Grundversicherung und zwei Zusatzversicherungen zusammensetzen. Für das Anrecht aus der Grundversicherung hat der Versorgungsträger als Ausgleichswert einen Kapitalwert von 13.457 €, für die Anrechte aus den beiden Zusatzversicherungen "Entgeltumwandlung" und "Riesterzulagen" Kapitalwerte von 245,50 € beziehungsweise 87,51 € vorgeschlagen.
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es die von beiden Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte intern geteilt hat. Ebenfalls hat es angeordnet, dass das von der Ehefrau bei der VBL erworbene Anrecht "VBLklassik" und das von dem Ehemann bei der Pensionskasse D. erworbene Anrecht aus der Grundversicherung entsprechend dem Vorschlag der Versorgungsträger intern geteilt werden. Daneben hat das Amtsgericht bestimmt, dass ein Ausgleich der beiden Zusatzversicherungen des Ehemannes bei der Pensionskasse D. wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht stattfindet. Zu dem von der Ehefrau erworbenen Anrecht "VBLextra" verhält sich die amtsgerichtliche Entscheidung weder in der Beschlussformel noch in den Gründen.
Auf die Beschwerden der Ehefrau und der VBL hat das Oberlandesgericht den Beschluss des Amtsgerichts dahingehend ergänzt, dass ein Ausgleich des Anrechts "VBLextra" nicht stattfindet. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, mit der er einen Ausgleich dieses Anrechts zu seinen Gunsten erreichen möchte.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Beschwerdegericht zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass beide Erstbeschwerden auch im Hinblick auf die Beschwerdebefugnis zulässig sind. In Versorgungsausgleichsverfahren richtet sich die Beschwerdeberechtigung der am Verfahren materiell beteiligten Versorgungsträger und der Ehegatten grundsätzlich nach § 59 Abs. 1 FamFG. Eine Beschwerdeberechtigung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass die angefochtene Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit einem unmittelbaren Eingriff in die subjektive Rechtsstellung des Beschwerdeführers verbunden ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein Versorgungsträger in seinen Rechten unmittelbar betroffen, wenn ein bei ihm bestehendes Anrecht versehentlich nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen worden ist, zumal sich wegen der Ungewissheit zukünftiger Versicherungsverläufe regelmäßig nicht feststellen lässt, ob sich die Nichteinbeziehung des Anrechts im konkreten Fall wirtschaftlich zum Nachteil des Versorgungsträgers auswirken kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Februar 2009 - XII ZB 221/06 - FamRZ 2009, 853 Rn. 12 und vom 19. Januar 2000 - XII ZB 16/96 - FamRZ 2000, 746).
Diese Grundsätze kommen auch dann zur Anwendung, wenn - wie hier - für das in der Ausgangsentscheidung übergangene Anrecht die Anwendung der Bagatellklausel des § 18 VersAusglG in Rede steht (im Ergebnis ebenso OLG Brandenburg Beschluss vom 24. November 2014 - 9 UF 262/14 - juris Rn. 5). Der Senat hat bereits entschieden, dass eine unmittelbare Betroffenheit des Versorgungsträgers in eigenen Rechten jedenfalls dann gegeben ist, wenn er mit seiner Beschwerde in Bezug auf ein Anrecht die unzutreffende Beurteilung der gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen von § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG rügt (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Januar 2013 - XII ZB 550/11 - FamRZ 2013, 612 Rn. 20 f.). Gleiches muss auch dann gelten, wenn das Gericht der Ausgangsentscheidung ein Anrecht übersieht und sich daher von vornherein der Frage verschließt, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung von § 18 VersAusglG in Bezug auf das übergangene Anrecht vorliegen.
b) Auch eine Beschwerdeberechtigung der - in Bezug auf das vom Amtsgericht übergangene Anrecht "VBLextra" ausgleichspflichtigen - Ehefrau ist zu bejahen.
Der ausgleichspflichtige Ehegatte hat einen Rechtsanspruch darauf, dass sein gerechtfertigtes Begehren, den Versorgungsausgleich wegen eines von ihm erworbenen Bagatellanrechts nach § 18 VersAusglG auszuschließen, durch eine Beschlussfassung nach § 224 Abs. 3 FamFG formell beschieden wird (Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 224 Rn. 9). Denn mit diesem Ausspruch steht ausdrücklich und bindend fest, dass dem ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht etwa die Möglichkeit offen bleibt, in einem späteren Verfahren wegen dieses geringwertigen Anrechts schuldrechtliche Ausgleichsansprüche nach der Scheidung geltend zu machen (vgl. Wick Der Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 435; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 18 Rn. 11). Zwar können auch die vom Gericht in der Ausgangsentscheidung versehentlich übergangenen Anrechte, die als ausgleichsreife Anrechte an sich dem Wertausgleich bei der Scheidung unterfallen wären, nach der Rechtsprechung des Senats nicht Gegenstand von späteren Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG sein (Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 24 ff.). Insoweit liegt die Beschwer des ausgleichspflichtigen Ehegatten allerdings schon in der Gefahr einer abweichenden Beurteilung dieser Rechtslage durch ein später mit schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen befasstes Gericht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1994 - XII ZB 114/93 - FamRZ 1995, 293).
c) Freilich könnte im vorliegenden Fall wegen des Verbots der Verschlechterung im Beschwerdeverfahren auf das Rechtsmittel der Ehefrau keine interne Teilung des von ihr erworbenen Anrechts "VBLextra" angeordnet werden. Diese Beschränkung gilt demgegenüber für das Rechtsmittel der VBL nicht.
II.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung in der Sache das Folgende ausgeführt:
Das von der Ehefrau erworbene Anrecht "VBLextra" falle wegen seines angegebenen Barwerts von weniger als 3.150 € unter die Geringfügigkeitsregelung des § 18 Abs. 2 VersAusglG. Auch der Halbteilungsgrundsatz gebiete keine Abweichung von der Regel des § 18 VersAusglG. Denn die Anrechte aus der Pflichtversicherung "VBLklassik" und der freiwilligen zusätzlichen Versicherung "VBLextra" seien nicht gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG. Unter diese Regelung fielen nur solche Anrechte, die sich in Struktur und Wertentwicklung entsprächen. Diese Voraussetzungen seien bei den von der Ehefrau erworbenen Anrechten der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht gegeben. Die Betriebsrenten aus der "VBLklassik" würden nach § 39 VBLS jährlich um 1 % erhöht. Entsprechende Anpassungsregeln fehlten bei der "VBLextra". Vielmehr könne hier auf Vorschlag des verantwortlichen Aktuars unter Berücksichtigung der Beteiligung an den Bewertungsreserven ein Gewinnzuschlag von bis zu 20 % der ermittelten Betriebsrente gezahlt werden. Dementsprechend müssten die der Ehefrau im Rentenfall zustehenden Leistungen aus beiden Versorgungen getrennt berechnet werden. Der Auffassung, dass der Halbteilungsgrundsatz im Fall des Zusammentreffens der Versorgungen "VBLklassik" und "VBLextra" maßgeblich sei und eine Anwendung des § 18 VersAusglG ausschließe, könne nicht gefolgt werden. Denn unzweifelhaft beruhten diese Anrechte auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und würden getrennt voneinander verwaltet. Gerade der Gesichtspunkt des zusätzlichen Verwaltungsaufwands sei für den Gesetzgeber aber der Anlass gewesen, die Regelung des § 18 VersAusglG zur Entlastung der Versorgungsträger einzuführen.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass das Anrecht "VBLextra" im Versorgungsausgleich ein gesondert zu beurteilendes Anrecht darstellt.
Die Anrechte "VBLklassik" und "VBLextra" beruhen auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Das Anrecht "VBLklassik" wird durch eine Pflichtversicherung auf der Grundlage der §§ 26 ff. VBLS erworben. Rechtsgrundlage des Anrechts "VBLextra" als eine Durchführungsform der freiwilligen Versicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge (§ 26 ATV; § 54 VBLS) ist demgegenüber ein Versicherungsvertrag, für den Allgemeine Versicherungsbedingungen ("AVBextra") gelten. Die dem Anrecht "VBLklassik" zugrunde liegende Pflichtversicherung wird - in dem für die Ehefrau maßgeblichen Abrechnungsverband West - im Umlageverfahren (modifiziertes Abschnittsdeckungsverfahren) finanziert. Dabei zahlt der Arbeitgeber an den Versorgungsträger eine vom zusatzversorgungspflichtigen Entgelt des Beschäftigten abhängige Umlage (derzeit 7,86 %), wovon der Beschäftigte einen Eigenanteil (derzeit 1,41 %) zu tragen hat; daneben hat der Arbeitgeber ein Sanierungsgeld aufzubringen. Die Finanzierung der Versicherung "VBLextra" erfolgt demgegenüber vollständig im Kapitaldeckungsverfahren, bei dem die Beiträge, Vermögenserträge und sonstigen Einnahmen einem Deckungsstock zugeführt werden (§ 22 AVBextra02). Die Versicherungsbeiträge werden durch den Beschäftigten als Versicherungsnehmer aufgebracht, für den insoweit die Möglichkeit der Inanspruchnahme staatlicher Altersvorsorgeförderung besteht. Die aus der Pflichtversicherung "VBLklassik" gezahlten Renten unterliegen nach § 39 VBLS einer einprozentigen jährlichen Steigerung. Renten aus dem Anrecht "VBLextra" werden demgegenüber durch einen nicht garantierten Gewinnzuschlag von bis zu zwanzig Prozent (vgl. § 8 AVBextra02) angepasst.
Auch wenn die freiwillige Versicherung "VBLextra" in Anlehnung an das Punktemodell der Pflichtversicherung "VBLklassik" durchgeführt wird, folgt aus den Unterschieden in den Rechtsgrundlagen, den Finanzierungsverfahren und den anderen wertbildenden Faktoren, dass die Anrechte "VBLklassik" und "VBLextra" im Versorgungsausgleich wie einzelne Anrechte zu behandeln sind (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 30. November 2011 - XII ZB 79/11 - FamRZ 2012, 189 Rn. 13 und vom 1. Februar 2012 - XII ZB 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 31 zur Behandlung der aus mehreren Bausteinen zusammengesetzten Altersversorgung der Volkswagen AG).
b) Das Beschwerdegericht hat zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet angenommen, dass das von der Ehefrau erworbene Anrecht "VBLextra" mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 1.771,96 € die Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG nicht überschreitet und daher ein Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert im Sinne von § 18 Abs. 2 VersAusglG darstellt.
Unzweifelhaft ist ferner, dass die Anwendung von § 18 Abs. 2 VersAusglG im vorliegenden Fall nicht durch § 18 Abs. 1 VersAusglG gesperrt wird (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2012 - XII ZB 501/11 - FamRZ 2012, 513 Rn. 19 ff. und vom 30. November 2011 - XII ZB 344/10 - FamRZ 2012, 192 Rn. 29 ff.). Denn unabhängig davon, dass die beiden Anrechte "VBLklassik" und "VBLextra" schon wegen der bereits aufgezeigten strukturellen Unterschiede in den Finanzierungsverfahren und bei der Anpassung der laufenden Leistungen nicht im Sinne von §§ 10 Abs. 2, 18 Abs. 1 VersAusglG vergleichbar sind (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2014, 839, 840; OLG Frankfurt FamRZ 2014, 836; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 18 Rn. 5), setzt die Anwendung des § 18 Abs. 1 VersAusglG begrifflich voraus, dass die miteinander zu vergleichenden Anrechte wechselseitig von beiden Ehegatten erworben wurden und nicht - wie hier - nur aufseiten des einen Ehegatten vorhanden sind.
c) Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen, wobei die Vorschrift dem Gericht einen Ermessensspielraum eröffnet. Diese Ermessensentscheidung unterliegt im Rechtsbeschwerdeverfahren einer nur eingeschränkten rechtlichen Kontrolle. Sie ist durch das Rechtsbeschwerdegericht insbesondere daraufhin zu überprüfen, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen einen unsachgemäßen, Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat. Ferner ist nachzuprüfen, ob das Beschwerdegericht von ungenügenden oder verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen Tatsachenfeststellungen ausgegangen ist oder ob es wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 72 Rn. 8).
aa) Welche Kriterien bei der Ermessensausübung im Einzelnen zu berücksichtigen sind, lässt das Gesetz offen.
Gesetzesziel ist vornehmlich die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands für den Versorgungsträger, der mit der Teilung eines Anrechts und der Aufnahme eines Anwärters in das Versorgungssystem verbunden sein kann. Es sind aus diesem Grunde in erster Linie die Belange der Verwaltungseffizienz auf Seiten der Versorgungsträger gegen das Interesse des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Erlangung auch geringfügiger Anrechte abzuwägen (vgl. Wick FS Hahne S. 419, 432). Daneben soll § 18 Abs. 2 VersAusglG auch die Entstehung sogenannter Splitterversorgungen vermeiden, in denen der geringe Vorteil für den ausgleichsberechtigten Ehegatten in keinem Verhältnis zu dem ausgleichsbedingten Verwaltungsaufwand steht (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 21, 32).
Andererseits ist der Halbteilungsgrundsatz nach wie vor Maßstab des Versorgungsausgleichsrechts. Der Ausschluss eines Ausgleichs von Bagatellanrechten zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung findet seine Grenze daher in einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes. Eine solche Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn ein Anrecht mit geringem Ausgleichswert unter Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht ausgeglichen wird, obwohl sich der Verwaltungsaufwand nicht als unverhältnismäßig darstellt oder sonstige mit dieser Vorschrift verfolgte Zwecke nicht oder nur in Ansätzen erreicht werden. Neben dem Halbteilungsgrundsatz sind bei der Ermessensentscheidung nach den Vorgaben des Gesetzgebers aber auch die konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute einschließlich ihrer Versorgungssituation zu berücksichtigen. Im Rahmen der Abwägung spricht deshalb unter anderem für einen Ausgleich, dass der Ausgleichsberechtigte dringend auch auf Bagatellbeträge angewiesen ist oder dass ein Ehegatte über viele kleine Ausgleichswerte verfügt, die in der Summe einen erheblichen Wert darstellen, während der andere Ehegatte nur vergleichsweise geringe Anrechte erworben hat (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 22 f.).
Insbesondere dann, wenn ein Ehegatte aufgrund einer einheitlichen Versorgungszusage mehrere geringfügige Teile oder Bausteine eines Anrechts der betrieblichen Altersversorgung erworben hat, kann es im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG geboten sein, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen und den Gesamtwert der Versorgungsteile oder Bausteine in die Abwägung einzubeziehen. Denn der ausgleichspflichtige Arbeitnehmer wird in der Regel von der Vorstellung geleitet sein, bei seinem Arbeitgeber eine einheitliche Altersversorgung zu betreiben, die ihm im Versorgungsfall einen zusätzlichen Rentenbetrag sichert. Dass sich dieser Rentenbetrag aus Anteilen zusammensetzt, die in der Ansparphase auf verschiedene Art erworben werden, ändert daran nichts (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 28).
bb) Gemessen daran sind die vom Beschwerdegericht im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Erwägungen zwar nicht in jeder Hinsicht bedenkenfrei. Seine Entscheidung, bezüglich des von der Ehefrau erworbenen Anrechts "VBLextra" von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abzusehen, hat im Ergebnis aber Bestand.
(1) Bei der Ermessensentscheidung war grundsätzlich zu berücksichtigen, dass es sich bei den Anrechten "VBLklassik" und "VBLextra" bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um Bestandteile einer einheitlichen betrieblichen Altersversorgung der Ehefrau handelt; hieran ändert auch die vom Beschwerdegericht besonders herausgestellte Ungleichartigkeit der beiden Anrechte nichts.
(2) Handelt es sich bei mehreren Bestandteilen der bei einem Versorgungsträger bestehenden Versorgung um eine wirtschaftliche Einheit, wird das Ermessen des Gerichts im Rahmen des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht von vornherein dahingehend eingeschränkt, den Halbteilungsgrundsatz in jedem Fall in den Vordergrund zu stellen. Es können trotz wirtschaftlicher Einheit rechtfertigende Gründe dafür vorliegen, einen einzelnen und für sich genommen geringwertigen Versorgungsbestandteil vom Wertausgleich auszunehmen.
(a) Im Ausgangspunkt zutreffend weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass durch den Ausgleich des Anrechts "VBLextra" beim Versorgungsträger auch dann noch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht, wenn zugunsten des Berechtigten gleichzeitig das Anrecht "VBLklassik" ausgeglichen werden muss. Die in der freiwilligen Versicherung "VBLextra" erworbenen Anrechte können, obwohl auch ihnen das Punktemodell der VBL zugrunde liegt, nicht mit den Anrechten aus der Pflichtversicherung "VBLklassik" verrechnet werden. Die beiden Anrechte sind notwendigerweise auf getrennten Konten zu verwalten, zumal der Versicherte in der freiwilligen Versicherung "VBLextra" bestimmte Leistungen abwählen kann (vgl. § 3 Abs. 2 AVBextra02). Im Versorgungsfall müssen die Leistungen aus den beiden Anrechten, insbesondere auch wegen der unterschiedlichen Anpassungsregelungen, getrennt voneinander berechnet werden; bei der Versicherung "VBLextra" kann durch den Versorgungsempfänger zudem eine Einmalkapitalauszahlung verlangt werden (vgl. §§ 3 Abs. 1 Satz 2, 9 AVBextra02).
(b) Andererseits hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass der Versorgungsträger gemäß § 13 VersAusglG seine durch eine interne Teilung entstehenden höheren Kosten mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnen kann, soweit sie angemessen sind. Angesichts dieser Möglichkeit zur Kompensation verlieren - worauf die Rechtsbeschwerde zu Recht hinweist - die zusätzlichen Verwaltungskosten als ein im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigender Belang der Versorgungsträger an Bedeutung (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 31). Von der Möglichkeit des § 13 VersAusglG hat die VBL Gebrauch gemacht, indem sie unabhängig von der Höhe des intern zu teilenden ehezeitlichen Kapitalwerts feste Teilungskosten in Höhe von 250 € erhebt.
(3) Spielt der Teilungsaufwand aufseiten des Versorgungsträgers keine entscheidende Rolle mehr, ist stattdessen im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die durch die Teilung verursachten Teilungskosten und somit darauf abzustellen, ob der Halbteilungsgrundsatz aus Sicht der geschiedenen Ehegatten auch unter Berücksichtigung der mit der Teilung einhergehenden Entwertung des Anrechts einen Ausgleich des einzelnen Versorgungsbestandteils verlangt (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 31). Dies kann im vorliegenden Fall - mit dem Beschwerdegericht - verneint werden.
Die von der VBL erhobenen und anteilig in Höhe von 125 € auf die Ehefrau entfallenden Teilungskosten würden das Anrecht aus der freiwilligen Versicherung "VBLextra" auf Grundlage des korrespondierenden Kapitalwertes um rund 6,5 % schmälern. Ob hierin bereits eine unverhältnismäßige Entwertung des Anrechts durch Teilungskosten zu sehen ist, welche schon für sich genommen eine Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz zulasten des Ehemannes rechtfertigen könnte, mag zweifelhaft erscheinen, braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden. Denn im vorliegenden Fall besteht die zusätzliche Besonderheit, dass bei der ebenfalls aus mehreren Bausteinen bestehenden betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes bei der Pensionskasse D. zwei geringwertige Versorgungsbestandteile in Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG - insoweit bereits rechtskräftig - zulasten der Ehefrau vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen worden sind. Steht dem geringfügigen Anrecht des einen Ehegatten ein ungleichartiges, aber ebenfalls geringfügiges Anrecht auf der Gegenseite bei einem anderen Versorgungsträger gegenüber, kommt der Ausschluss gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG für beide Anrechte in Betracht, wenn es unbillig wäre, nur eines der beiden Anrechte auszuschließen (vgl. Wick Der Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 426; vergleiche auch OLG Celle FamRZ 2010, 979, 981; OLG Frankfurt Beschluss vom 17. Januar 2011 - 5 UF 278/10 - juris Rn. 5). Zwar ist das von der Ehefrau erworbene Anrecht "VBLextra" etwas werthaltiger als die Summe der beiden von dem Ehemann bei der Pensionskasse D. erworbenen und vom Versorgungsausgleich ausgeschlossenen Zusatzversicherungen "Entgeltumwandlung" und "Riesterrente". In der Gesamtschau wird der Gesetzeszweck des § 18 VersAusglG jedoch noch nicht verfehlt, wenn auch eine Teilung des Anrechts "VBLextra" zulasten der - einkommensschwächeren - Ehefrau unterbleibt.