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§ 220 FamFG: Verfahrensrechtliche Auskunftspflicht

Änderungsdienst
veröffentlicht am

21.06.2021

Änderung

Die GRA wurde im Abschnitt 3 um aktuelle BGH-Rechtsprechung ergänzt.

Dokumentdaten
Stand01.03.2021
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 220 FamFG

Version003.00

Inhalt der Regelung

Absatz 1 enthält die Befugnis des Familiengerichts, Auskünfte über Grund und Höhe der Anrechte bei den nach § 219 FamFG zu beteiligenden Personen und Versorgungsträgern sowie bei sonstigen Stellen, die Auskünfte geben können, einzuholen.

Absatz 2 bestimmt die grundsätzliche Verwendung der vom Familiengericht übersandten Formulare für die Auskunftserteilung. Dies gilt nicht für automatisiert erstellte Auskünfte von Versorgungsträgern.

Nach Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Ehegatten oder Hinterbliebenen Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben.

Absatz 4 regelt die Auskunftspflichten der Versorgungsträger.

Absatz 5 regelt die Verpflichtung der in § 220 FamFG genannten Personen und Stellen, gerichtliche Ersuchen und Anordnungen zu befolgen.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 220 FamFG betrifft ausschließlich die Auskunftspflicht der Ehegatten, Versorgungsträger sowie der sonstigen Personen und Stellen gegenüber dem Familiengericht. Die wechselseitigen materiell-rechtlichen Auskunftsansprüche der am Versorgungsausgleichsverfahren beteiligten Ehegatten, Hinterbliebenen, Erben und Versorgungsträger über die auszugleichenden Versorgungsanrechte sind in § 4 VersAusglG geregelt. Weitere wechselseitige Auskunftsansprüche ergeben sich bei den Anpassungsregelungen nach den §§ 32 ff. VersAusglG.

Allgemeines

Entsprechend dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG hat das Familiengericht in den Verfahren, die den Versorgungsausgleich betreffen, die für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen anzustellen. Dies wird dem Gericht durch die in § 220 FamFG geregelte verfahrensrechtliche Auskunftspflicht erleichtert. Ist ein Verfahren zum Versorgungsausgleich beim Familiengericht anhängig, holt das Gericht nach § 220 FamFG von Amts wegen Auskünfte über die von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Anrechte von den Versorgungsträgern ein. Die Auskunftspflicht besteht in allen Verfahren zum Versorgungsausgleich, sie gilt daher nicht nur im Erstverfahren, sondern auch im Abänderungsverfahren sowie im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs.

Berechtigung des Familiengerichts zur Einholung von Auskünften (Absatz 1)

§ 220 Abs. 1 FamFG befugt das Familiengericht, Auskünfte über Grund und Höhe der Anrechte bei den Personen und Stellen einzuholen, die nach § 219 FamFG am Verfahren zu beteiligen sind (siehe Abschnitt 3.1). Danach kann das Familiengericht Auskünfte von den Ehegatten, den Versorgungsträgern, bei denen Anrechte der ausgleichspflichtigen Person bestehen, sowie von den Hinterbliebenen oder Erben verlangen. Darüber hinaus ist das Familiengericht auch zur Einholung von Auskünften bei sonstigen Stellen, die Auskünfte geben können, aber nicht nach § 219 FamFG Verfahrensbeteiligte sind, berechtigt (Abschnitt 3.2).

Die Auskunftspflicht knüpft allein an die Einleitung des Versorgungsausgleichsverfahrens an und besteht grundsätzlich auch dann, wenn streitig ist, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorliegen (BGH vom 30.09.2020, AZ: XII ZB 438/18).

Die Auskunftsberechtigung des Familiengerichts besteht unabhängig davon, ob es sich um ein Verfahren über den Wertausgleich bei der Scheidung oder über schuldrechtliche Ausgleichsansprüche handelt. Das Gericht ist auch dann auskunftsberechtigt, wenn die Ehegatten den vollständigen Ausschluss des Wertausgleichs in einer Vereinbarung geregelt haben.

Auskunftsrecht gegenüber den nach § 219 FamFG zu beteiligenden Personen und Versorgungsträgern

Das Auskunftsrecht des Familiengerichts gegenüber den nach § 219 FamFG zu beteiligenden Personen und Versorgungsträgern umfasst

  • die Ehegatten,
  • die Versorgungsträger, bei denen ein auszugleichendes Anrecht besteht,
  • die Versorgungsträger, bei denen ein Anrecht zum Zweck des Ausgleichs begründet werden soll,
  • die Hinterbliebenen und die Erben der Ehegatten.

Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der GRA zu § 219 FamFG.

Die in § 4 VersAusglG geregelte Auskunftsverpflichtung der Ehegatten untereinander bleibt durch § 220 FamFG unberührt, sie hat allerdings während des anhängigen Verfahrens kaum Bedeutung. Im laufenden Verfahren besteht in der Regel kein Anlass, Auskunftsansprüche nach § 4 VersAusglG geltend zu machen, weil das Familiengericht den Ehegatten die vom Versorgungsträger eingeholten Auskünfte nach § 5 VersAusglG ohnehin im Rahmen des rechtlichen Gehörs zur Verfügung stellt (siehe auch GRA zu § 4 VersAusglG, Abschnitt 2).

Auskunftsrecht gegenüber sonstigen Stellen

Sonstige Stellen, die ebenfalls Auskunft über Bestand und Höhe der ehezeitlichen Anrechte zu erteilen haben, sind beispielsweise

  • frühere Arbeitgeber,
  • die Krankenkassen,
  • die Arbeitsverwaltung, wenn nur mit ihrer Hilfe die Höhe der erworbenen Rentenanwartschaften vom Rentenversicherungsträger ermittelt werden kann, sowie
  • Verbindungsstellen der gesetzlichen Rentenversicherung zwecks Klärung ausländischer Anrechte.

Die verfahrensrechtliche Auskunftspflicht der sonstigen Stellen führt jedoch nicht dazu, dass diese die Stellung eines Beteiligten im Sinne des § 219 FamFG erlangen. Dies ist ausdrücklich in § 7 Abs. 6 FamFG klargestellt (siehe GRA zu § 219 FamFG, Abschnitt 4).

Verwendung eines Formulars (Absatz 2)

Nach § 220 Abs. 2 S. 1 FamFG haben alle Auskunftspflichtigen grundsätzlich die vom Familiengericht für die Auskunftserteilung übersandten Formulare zu verwenden. Der Formularzwang gilt insbesondere für betriebliche Versorgungsträger sowie Versicherungsunternehmen. Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass alle für die Durchführung des Versorgungsausgleichs relevanten Sachverhalte dem Familiengericht mitgeteilt werden. Zum anderen sind einheitliche Vordrucke Grundlage für einen elektronischen Rechtsverkehr zwischen den Versorgungsträgern und den Familiengerichten (§ 229 FamFG).

Ausgenommen vom Formularzwang sind nach § 220 Abs. 2 S. 2 FamFG Versorgungsträger, die ihre Auskünfte mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitungssysteme erstellen (zum Beispiel die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung). Hintergrund ist, dass diesen Versorgungsträgern kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen soll.

Anordnung des Familiengerichts zur Mitwirkung (Absatz 3)

Um die in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte feststellen zu können, kann das Familiengericht die Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und Erben zu Mitwirkungshandlungen verpflichten (§ 220 Abs. 3 FamFG). Das Gericht kann beispielsweise anordnen, dass die Ehegatten dem Rentenversicherungsträger alle für die Bestimmung des Ehezeitanteils erheblichen Tatsachen angeben sowie die notwendigen Urkunden und Beweismittel beibringen. Außerdem kann das Gericht die Ehegatten auffordern, die für die Feststellung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte erforderlichen Anträge zu stellen und dabei die vorgesehenen Formulare zu verwenden.

Die Mitwirkungspflichten nach § 220 Abs. 3 FamFG bestehen unabhängig von den im SGB VI geregelten Mitwirkungspflichten (zum Beispiel § 149 Abs. 4 SGB VI) und können vom Familiengericht mit Zwangsmitteln nach § 35 FamFG durchgesetzt werden (Einzelheiten siehe Abschnitt 7).

Umfang und Inhalt der Auskunftspflicht (Absatz 4)

Die Auskunftspflichten der Versorgungsträger sind in § 220 Abs. 4 FamFG geregelt. Danach haben die Versorgungsträger dem Familiengericht die nach § 5 VersAusglG benötigten Werte mitzuteilen. Benötigt wird vom Familiengericht nicht nur der Ehezeitanteil der Anrechte (§ 5 Abs. 1 VersAusglG), sondern auch die Vorschläge für die jeweiligen Ausgleichswerte und korrespondierenden Kapitalwerte (§ 5 Abs. 3 VersAusglG, § 47 VersAusglG). In Verfahren über Ausgleichsansprüche nach der Scheidung ist dem Familiengericht grundsätzlich nur der entsprechende Rentenbetrag mitzuteilen (§ 5 Abs. 4 VersAusglG).

Damit das Familiengericht die vom Versorgungsträger mitgeteilten Werte prüfen und den maßgeblichen Ausgleichswert bestimmen kann, ist nach § 220 Abs. 4 S. 1 FamFG die den Werten zugrunde liegende Berechnung übersichtlich und nachvollziehbar darzulegen. Hierzu gehören beispielsweise auch die Benennung des angewandten versicherungsmathematischen Berechnungsverfahrens sowie die Mitteilung über Zinssatz und angewandte Sterbetafeln.

Zusätzlich sind dem Familiengericht noch die für die Teilung maßgeblichen Regelungen mitzuteilen (zum Beispiel die allgemeinen Vertragsbedingungen oder das geltende Satzungsrecht). Für die gesetzliche Rentenversicherung hat diese Auskunftspflicht keine Bedeutung, da Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung ausschließlich intern nach § 10 VersAusglG geteilt werden.

In Zweifelsfällen oder bei unvollständigen Auskünften ist das Familiengericht nach § 220 Abs. 4 S. 2 FamFG befugt, den Versorgungsträger zu ergänzenden Auskünften aufzufordern. Der Versorgungsträger ist auch zur ergänzenden Auskunft verpflichtet, wenn ein Beteiligter einen entsprechenden Antrag beim Gericht stellt und das Gericht den Versorgungsträger daraufhin um ergänzende Auskunft ersucht (siehe GRA zu § 5 VersAusglG, Abschnitt 8.3).

Für die Entscheidung des Familiengerichts über Anträge nach § 27 VersAusglG oder für Vereinbarungen unter Ehegatten nach §§ 6 bis 8 VersAusglG kann auf Verlangen des Gerichts oder der Parteien auch die Erteilung einer ergänzenden Auskunft unter Außerachtlassung bestimmter Zeiten oder Beiträge notwendig sein (siehe GRA zu § 5 VersAusglG, Abschnitt 8.1).

Durchsetzung der Auskunftspflicht (Absatz 5)

Nach § 220 Abs. 5 FamFG muss gerichtlichen Ersuchen und Anordnungen über zu erteilende Auskünfte Folge geleistet werden. Diese Auskunftspflicht besteht unabhängig davon, ob die genannten Stellen am Verfahren beteiligt sind.

Kommt ein Auskunftspflichtiger seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, kann das Familiengericht diese zwangsweise unter den Voraussetzungen des § 35 FamFG durchsetzen. Als Zwangsmittel kommt dabei insbesondere die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Betracht.

Das Zwangsgeld nach § 35 FamFG ist mittels Beschluss festzusetzen. Auf den drohenden Zwangsgeldbeschluss muss das Familiengericht bereits im Vorfeld hinweisen (§ 35 Abs. 2 FamFG), indem es in der Anordnung der Mitwirkungshandlung die Höhe des voraussichtlichen Zwangsgelds für den Fall der Zuwiderhandlung beziffert. Zwangsgeldbeschlüsse sind auch gegen Rentenversicherungsträger – in der Regel zur Durchsetzung der Auskunftspflicht - bereits verhängt worden.

Beschlüsse, mit denen Zwangsmaßnahmen angeordnet werden, sind mit der sofortigen Beschwerde nach den §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar (siehe GRA zu § 35 FamFG, Abschnitt 9).

Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/10144; BT-Drucksache 16/11903

Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs wurde das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geändert. Nach Nummer 5 des oben genannten Gesetzes wurden die §§ 219 bis 230 FamFG neu gefasst. § 220 FamFG wurde aufgrund der Änderungen in § 219 FamFG gestrafft; inhaltlich stimmt die Vorschrift im Wesentlichen mit der Fassung des FGG-Reformgesetzes überein.

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6308, BR-Drucksachen 309/07 und 617/08

Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). § 220 FamFG fasst die Inhalte der bis zum 31.08.2009 geltenden § 53b Abs. 2 S. 2 FGG und § 11 Abs. 2 S. 1 VAHRG zusammen.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 220 FamFG