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Sowjetunion (bis 1991) - 2.6 Rentenleistungen: Recht der Herkunftsgebiete

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Abschnitt 7.1 wurde an den geänderten § 19 Abs. 3 FRG angepasst (Endzeitpunkt der Anrechenbarkeit ist neu die Regelaltersgrenze statt bisher die Vollendung des 65. Lebensjahres).

Dokumentdaten
Stand23.12.2016
Rechtsgrundlage

Recht der Herkunftsgebiete

Version002.01

Entwicklung der Rentenleistungen

Bei Einführung der allgemeinen Sozialversicherung (1922) umfasste diese nur die Gewährung von Renten wegen Invalidität sowie von Hinterbliebenenrenten. Leistungen wegen Alters waren nicht vorgesehen; es wurden allenfalls Invalidenrenten gezahlt, wenn altersbedingte Invalidität vorlag.

Altersrenten wurden schrittweise ab 1929 eingeführt, zunächst nur für Arbeiter in bestimmten Wirtschaftsbereichen. In den folgenden Jahren wurden auch die übrigen Wirtschaftsbereiche einbezogen. Nachdem das „Recht auf materielle Sicherheit im Alter“ Ende 1936 in die sowjetische Verfassung aufgenommen wurde, wurden zum 01.08.1937 schließlich auch den Angestellten (und damit allen in die allgemeine Sozialversicherung einbezogenen Personen) Altersrenten gewährt.

Das anfängliche Fehlen der Altersrenten förderte die Entstehung einer besonderen Rentenart der sowjetischen Sozialversicherung, der Dienstaltersrenten (auch als Dienstzeitrenten bezeichnet). Sie wurden nicht wegen der Vollendung eines bestimmten Lebensalters gewährt, sondern nach Erreichen einer bestimmten Dienstzeit. Ansprüche auf Dienstaltersrenten konnten aber nicht von allen Arbeitnehmern erworben werden; sie galten nur für bestimmte Berufsgruppen. Hierzu gehörten zum Beispiel Lehrer, landwirtschaftliches Fachpersonal sowie Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der zivilen Luftfahrt.

Leistungen nach dem Staatsrentengesetz

Das Staatsrentengesetz (StRG) vom 14.07.1956 (ebenso wie die dazu gehörige Ausführungs-Verordnung vom 04.08.1956) fasste die diversen Einzelregelungen zusammen und reformierte sie zum Teil. Es sah grundsätzlich nur die Gewährung von Renten bei Alter, Invalidität und Verlust (Tod) des Ernährers vor (Art. 2 StRG). Die Dienstaltersrenten behielten ihre eigenständigen gesetzlichen Grundlagen, rückten aber in engen Zusammenhang mit dem Staatsrentengesetz. Ebenfalls eigenständig blieben die Sozialversicherung der Kolchosmitglieder (siehe Abschnitt 3), die Versorgung der Militärpersonen (siehe Abschnitt 4) sowie sonstige Versorgungen (Abschnitt 5).

Abgelöst wurde das StRG durch das Reformgesetz von 1990 (siehe Abschnitt 6).

Altersrenten

Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersrenten (Art. 8 bis 12 StRG) waren das Erreichen des Rentenalters sowie die Zurücklegung einer allgemeinen Beschäftigungsdauer (Wartezeit). Sie waren für Männer und Frauen unterschiedlich.

Das Rentenalter lag im Regelfall für Männer bei Vollendung des 60. Lebensjahres, für Frauen bei Vollendung des 55. Lebensjahres. Allerdings gab es diverse Sonderregelungen.

Für Personen, deren Beschäftigung „hohe Anforderungen“ stellte, war das Rentenalter um 5 Jahre verringert. Gleiches galt für Frauen, die 5 oder mehr Kinder geboren hatten.

Für Personen, die unter Tage oder unter gesundheitsschädlichen Bedingungen beschäftigt waren, war das Rentenalter um 10 Jahre verringert. Sowohl für die Beschäftigungen mit hohen Anforderungen als auch für die unter gesundheitsschädlichen Bedingungen gab es Listen mit bestimmten Industrien, Werkstätten, Beschäftigungen und Posten.

Für blinde Frauen war die Altersgrenze auf 40 Jahre gesenkt.

Die allgemeine Beschäftigungsdauer (Wartezeit) betrug im Regelfall für Männer 25 Jahre, für Frauen 20 Jahre. Für Personen, die unter Tage oder unter gesundheitsschädlichen Bedingungen beschäftigt waren, sowie für Mütter mit mindestens 5 Kindern war die Wartezeit 5 Jahre kürzer.

Selbst wenn diese Wartezeit nicht erfüllt war, wurde eine anteilige Altersrente gewährt, wenn eine allgemeine Beschäftigungsdauer von mindestens 5 Jahren zurückgelegt war (darunter die letzten 3 Jahre vor dem Rentenantrag).

Zur allgemeinen Beschäftigungsdauer (Art. 108 ff. Ausführungs-VO) zählten in erster Linie sämtliche Beschäftigungen als Arbeitnehmer. Für Tätigkeiten in bestimmten Gebieten (zum Beispiel „im hohen Norden“) oder bei bestimmten Institutionen (zum Beispiel Leprastationen) wurde die Arbeitszeit doppelt angerechnet. Neben den „normalen“ Beschäftigungen gehörten aber auch Krankheitszeiten, Militärdienstzeiten oder verschiedene Ausbildungszeiten (zum Beispiel Aspirantur, Ordinatur; siehe GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.3 Besondere Arbeitsverhältnisse und Berufsgruppen: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitte 2.3 und 2.4) zur allgemeinen Beschäftigungsdauer.

Die Rentenhöhe (Art. 13 StRG) wurde grundsätzlich nach einem bestimmten Prozentsatz des Durchschnittsverdienstes des letzten Jahres berechnet. Der Prozentsatz lag zwischen 50 % und 100 % und hing zum einen von der Art der Tätigkeit ab („normale“ Arbeit oder Arbeit unter Tage beziehungsweise unter gesundheitsschädlichen Bedingungen), zum anderen von der Höhe des Durchschnittsverdienstes (je höher der Verdienst, desto niedriger der Prozentsatz).

Bei nicht erfüllter Wartezeit wurde die Altersrente entsprechend anteilig berechnet (Art. 12 StRG).

Daneben gab es noch Rentenzuschläge (Art. 14 StRG) für den Unterhalt arbeitsunfähiger Familienangehöriger, für eine längere allgemeine Beschäftigungsdauer (mehr als 35 Jahre bei Männern, mehr als 30 Jahre bei Frauen) und für eine ununterbrochene Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren. Eine ununterbrochene Beschäftigungszeit war die Zeit der Tätigkeit in einem Betrieb, wobei allerdings Versetzungen und Abkommandierungen durch übergeordnete Stellen unschädlich waren.

Die Rentenhöhe wurde sowohl durch Mindestbeträge als auch Höchstbeträge innerhalb einer bestimmten Bandbreite gehalten (Art. 13 StRG).

Invalidenrenten

Bei den Invalidenrenten wurden je nach Schwere der Invalidität drei Invalidengruppen (Invaliditätsgruppen) unterschieden:

Gruppe I:Personen, die ihre Arbeitsfähigkeit gänzlich verloren hatten und zusätzlich noch pflegebedürftig waren.
Gruppe II:Personen, die keinen Beruf mehr ausüben konnten, aber nicht pflegebedürftig waren.
Gruppe III:Personen, die ihren bisherigen Beruf unter den üblichen Arbeitsbedingungen nicht mehr ausüben konnten.

Die neben diesen medizinischen Voraussetzungen zu erfüllenden Bedingungen hingen vom Grund der Invalidität ab (Art. 21 StRG).

Beruhte die Invalidität auf einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit, wurde die Rente ohne weitere Voraussetzungen (insbesondere unabhängig von der Beschäftigungsdauer) geleistet. Der Begriff des Arbeitsunfalls ist nach sowjetischem Verständnis sehr weit gefasst; er schließt Unfälle beim Betriebssport oder bei Ausübung staatlicher oder gesellschaftlicher Pflichten (zum Beispiel beim Blutspenden) mit ein.

Beruhte die Invalidität dagegen auf einer allgemeinen Erkrankung, musste eine bestimmte allgemeine Beschäftigungsdauer (Wartezeit) zurückgelegt worden sein. Diese war nach dem Alter bei Beantragung der Rente gestaffelt (je jünger der Invalide war, desto geringer war die erforderliche Wartezeit); es wurde aber auch nach dem Geschlecht und der Art der Tätigkeit (gesundheitsschädlich oder nicht) differenziert. Die erforderliche allgemeine Beschäftigungsdauer musste nicht vor Eintritt der Invalidität zurückgelegt worden sein.

Die Rentenhöhe hing von verschiedenen Faktoren ab: von der Invaliditätsgruppe, von der Ursache der Invalidität (Arbeitsunfall oder allgemeine Erkrankung), von der Art der Berufstätigkeit („normale“ Arbeit oder Arbeit unter Tage beziehungsweise unter gesundheitsschädlichen Bedingungen) und vom Durchschnittsverdienst. Während ursprünglich alle Invaliditätsrenten direkt nach einem Prozentsatz des letzten Durchschnittsverdienstes berechnet wurden (Art. 22 ff. StRG), galt das seit 15.12.1974 nur noch für die Invalidenrenten der Gruppe III. Die übrigen Invalidenrenten wurden seitdem nur noch indirekt aus dem Durchschnittsverdienst ermittelt, nämlich als Prozentsatz der Altersrente, wobei dieser die Altersrente übersteigen konnte (Invalidenrenten infolge von Arbeitsunfällen der Gruppe I betrugen 110 % der Altersrente). Bei nicht erfüllter Wartezeit wurde eine anteilig reduzierte Rente gewährt.

In fester Höhe wurden Invalidenrenten gezahlt, wenn sich kein Durchschnittsverdienst bilden ließ, zum Beispiel bei Personen, die als Studenten invalide wurden.

Neben den schon bei den Altersrenten erwähnten Rentenzuschlägen für den Unterhalt arbeitsunfähiger Familienangehöriger und eine ununterbrochene Beschäftigungszeit von mehr als 10 Jahren gab es für die Invaliden der Gruppe I einen Pflegezuschlag.

Wie bei den Altersrenten gab es ferner bestimmte Mindest- und Höchstrenten.

Die Fortdauer der Invalidität wurde bei den Rentenbeziehern regelmäßig kontrolliert, sofern sie noch nicht das Alter für eine Altersrente erreicht hatten oder sofern sie nicht an bestimmten chronischen Erkrankungen litten.

Hinterbliebenenrenten

Gemeinsame Voraussetzung für alle Hinterbliebenenrenten war, dass der Hinterbliebene nach dem Tod des Ernährers arbeitsunfähig war, also nicht für sich selbst sorgen konnte. Diese Arbeitsunfähigkeit wurde teilweise kraft Gesetzes unterstellt.

Nach dem Tod des Ernährers waren für eine Hinterbliebenenrente berechtigt (Art. 28 und 31 StRG):

  • Ehegatte
    (unabhängig von einer etwaigen Wiederheirat), wenn er
    • das allgemeine Rentenalter beim Tod erreicht hatte oder
    • innerhalb der nächsten 5 Jahre erreichen würde oder
    • beim Tod oder innerhalb der nächsten 5 Jahre invalide war beziehungsweise wurde oder
    • Kinder unter 8 Jahren zu versorgen hatte oder
    • keine arbeitsfähigen Kinder hatte;
  • Kinder
    • bis zum Alter von 16 Jahren oder
    • bis zum Alter von 18 Jahren während des Studiums oder
    • bei Invalidität;
  • Enkel und Geschwister,
    (wie Kinder), wenn sie zusätzlich keine Eltern hatten;
  • Eltern,
  • Großeltern,
    wenn keine anderen Unterhaltspflichtigen vorhanden waren.

Die Hinterbliebenenrente wurde unabhängig von einer allgemeinen Beschäftigungsdauer (Wartezeit) gewährt, wenn der Verstorbene bereits Rentenbezieher war oder der Tod durch Arbeitsunfall beziehungsweise Berufskrankheit eingetreten war.

In den übrigen Fällen sollte die Wartezeit für eine Invalidenrente erfüllt sein. War das nicht der Fall, war der Verstorbene aber zum Zeitpunkt des Todes beschäftigt, wurde zumindest eine Teilrente gezahlt.

Hinterbliebenenrenten wurden nicht für die einzelnen Berechtigten festgesetzt, sondern in einer Gesamt-Hinterbliebenenrente (nur auf besonderen Antrag wurde der entsprechende Rententeil an einen einzelnen Berechtigten ausgezahlt).

Die Rentenhöhe hing deshalb von der Anzahl der Berechtigten ab. Ferner spielten die Todesursache, die Art der Berufstätigkeit und der erzielte Durchschnittsverdienst eine Rolle. Bei zwei oder mehr Berechtigten wurde die Hinterbliebenenrente in Prozentsätzen der Altersrente berechnet, bei einem Berechtigten in Prozentsätzen des letzten Durchschnittsverdienstes.

Wie bei allen anderen Rentenarten gab es Mindest- und Höchstrenten sowie feste Rentenbeträge für bestimmte Sonderfälle.

Dienstaltersrenten

Die Bestimmungen über die Dienstaltersrenten, die teilweise schon Ende der 1920er Jahre geschaffen wurden, blieben gemäß Art. 58 StRG auch nach dessen Inkrafttreten weiter bestehen, wurden in den Folgejahren aber neu gefasst.

Dienstaltersrenten (auch als Dienstzeitrenten bezeichnet) gab es nur für bestimmte Berufsgruppen:

  • Bedienstete im Bildungswesen
    (hierzu gehörten unter anderem Lehrer, Erzieher, Bibliothekare, Leiter von Kinderkrippen und verschiedenen anderen Bildungseinrichtungen),
  • Bedienstete im Gesundheitswesen
    (hierzu gehörten unter anderem Ärzte, Zahnärzte, Arztgehilfen/Feldscher, Hebammen, Masseure, Laboranten, Krankenschwestern, Pharmazeuten, Leiter örtlicher Gesundheitseinrichtungen),
  • Künstler und Theaterbedienstete
    (hierzu gehörten unter anderem „Kulturschaffende“ an bestimmten Theatern, Sänger, bestimmte Orchestermusiker, Balletttänzer; aber auch Zirkusartisten, Akrobaten),
  • Flugpersonal der Zivilluftfahrt
    (Für Spezialisten in der Landwirtschaft wurden die Dienstaltersrenten 1962 wieder abgeschafft).

Voraussetzung für die Dienstaltersrenten war jeweils eine bestimmte Beschäftigungsdauer in den genannten Berufen, die je nach Berufsgruppe zwischen 20 und 30 Jahren lag. Außerdem musste die zur Dienstaltersrente berechtigende Tätigkeit aufgegeben sein (Beschäftigungen in anderen Berufen waren dagegen weiterhin erlaubt). Das Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder der Eintritt einer Erwerbsminderung waren nicht erforderlich.

Die Rentenhöhe errechnete sich aus einem bestimmten Prozentsatz des letzten Verdienstes (bei den Künstlern erfolgte eine Berechnung analog der Altersrente nach dem StRG).

Ergänzende Regelungen

Erfüllten die Betreffenden die Voraussetzungen für mehrere Renten, mussten sie sich für eine entscheiden (Art. 3 StRG); es wurden keine Renten nebeneinander gezahlt.

Eine regelmäßige Rentenanpassung gab es nicht; meist wurden nur die Mindestrenten von Zeit zu Zeit angehoben.

Der Rentenanspruch bestand unabhängig von einer etwaigen Beschäftigung während des Rentenbezugs (lediglich für Dienstaltersrenten mussten die besonderen Berufe aufgegeben werden; andere Beschäftigungen waren dagegen auch dort erlaubt). Die Rente wurde allenfalls gekürzt, wenn Verdienst und Rente zusammen bestimmte Höchstwerte überschritten. Allerdings wurde den Rentnern 1979 die Möglichkeit eingeräumt, während der Beschäftigung auf den Rentenbezug zu verzichten; als Ausgleich wurde die Rente dann nach Beendigung der Beschäftigung um entsprechende Zulagen erhöht.

Angesichts des niedrigen Rentenniveaus und des bestehenden Arbeitskräftemangels war die (Weiter-) Beschäftigung von Rentnern weit verbreitet.

Die Rentenzahlung erfolgte nur innerhalb der Sowjetunion; bei einem Auslandsverzug wurde die Rente grundsätzlich eingestellt. Ausnahmen gab es nur bei Invalidenrenten, die auf einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit beruhten; sie konnten auch ins Ausland gezahlt werden. Außerdem wurden in den 1960er Jahren verschiedene SV-Abkommen mit osteuropäischen Staaten abgeschlossen, in denen die Rentenzahlung geregelt war. In jedem Fall konnten die Rentner vor der Ausreise eine einmalige Vorauszahlung („Abfindung“) in Höhe von 6 Monatsrenten erhalten.

Leistungen nach dem Kolchosrentengesetz

Mit dem Kolchosrentengesetz vom 15.07.1964 und seiner Durchführungs-Verordnung vom 17.10.1964 wurde zum 01.01.1965 ein (eigenständiges) Rentenrecht für Kolchosmitglieder geschaffen.

An Leistungen sah das Kolchosrentengesetz vor: Invalidenrenten, Altersrenten (keine Dienstaltersrenten) und Hinterbliebenenrenten. Von den Renten nach dem StRG unterschieden sie sich anfangs in mehreren Punkten. So waren für den Anspruch teilweise größere Voraussetzungen zu erfüllen (zum Beispiel höheres Rentenalter). Zu den anrechenbaren Versicherungszeiten gehörten (neben verschiedenen gleichgestellten Zeiten) insbesondere die Zeiten als Kolchosmitglied sowie die Arbeitszeiten im Kolchos vor Vollendung des 16. Lebensjahres als Jugendlicher. Ausgeschlossen wurden allerdings die Zeiten, in denen das Arbeitsminimum ohne triftige Gründe nicht erreicht wurde. Bei der erforderlichen Wartezeit gab es regionale Unterschiede (abhängig davon, seit wann es dort Kolchosen gab). Schließlich war die Rentenhöhe (einschließlich der Mindestrenten) niedriger als in der allgemeinen Sozialversicherung.

Im Laufe der Zeit wurden die Kolchosrenten den übrigen Renten immer stärker angeglichen. Durch Änderungen zum 01.01.1968 und 01.07.1971 wurden die Anspruchsvoraussetzungen und die Berechnungsmethoden vereinheitlicht. In weiteren Schritten wurden dann die Mindestrenten allmählich angeglichen, bis schließlich 1989 im Vorgriff auf ein einheitliches Rentengesetz sämtliche Unterschiede zwischen den Kolchosrenten und den allgemeinen Renten beseitigt wurden. Da die Renten nach bestimmten Prozentsätzen des Einkommens berechnet wurden und die Einkommen der Kolchosmitglieder nach wie vor geringer waren als die der übrigen Beschäftigten, blieben die Kolchosrenten in ihrer Höhe aber weiterhin unter denen der allgemeinen Sozialversicherung.

Die Kolchosrenten konnten durch Zuschläge des Kolchos aufgebessert werden oder es konnten sogar persönliche Renten durch den Kolchos gezahlt werden; in der Praxis ist es hierzu aber kaum gekommen.

Nach den vorangegangenen Angleichungsschritten wurde das Sicherungssystem für Kolchosmitglieder schließlich 1990 auch formal in das einheitliche Rentensystem einbezogen (siehe Abschnitt 6).

Versorgung der Militärpersonen

Das Versorgungssystem für Militärpersonen sah für die Berufssoldaten (siehe GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.5 Militärpersonen: Recht der Herkunftsgebiete) folgende Rentenarten vor: Dienstaltersrenten, Invalidenrenten und Hinterbliebenenrenten (aber keine Altersrenten).

Zu den Voraussetzungen gehörte bei allen Rentenarten die Entlassung aus dem Militärdienst. Mindestdienstzeiten waren nur bei den Dienstaltersrenten zu erfüllen (20 beziehungsweise 25 Jahre, wobei bestimmte Zeiträume/Einsätze dreifach zählen konnten). Für die Invalidenrenten und Hinterbliebenenrenten war dagegen erforderlich, dass die Invalidität oder der Tod während oder als Folge des Militärdienstes eintrat. Hinterbliebenenrenten wurden schließlich auch dann gewährt, wenn der Verstorbene eine Militärrente bezog.

Die Rentenhöhe wurde in der Regel nach bestimmten Prozentsätzen der Dienstbesoldung bemessen.

Sofern (zum Beispiel aufgrund anderer Arbeitszeiten) auch Rentenansprüche aus der allgemeinen Sozialversicherung bestanden, wurde der Militärdienst dort als gleichgestellte Zeit einbezogen (§ 109 Buchst. k Ausführungsverordnung vom 04.08.1956 zum Staatsrentengesetz) und der Betreffende konnte die für ihn günstigere Leistung wählen.

Das Versorgungssystem der Militärpersonen beinhaltete darüber hinaus Leistungen der Kriegsopferversorgung, die auch anderen Personen als Militärangehörigen gewährt werden konnten. Auf nähere Erläuterungen hierzu wird verzichtet.

Aufgrund der abgeleisteten Wehrpflicht entstanden keine Ansprüche in dem besonderen Versorgungssystem der Militärpersonen; Leistungen werden vielmehr im Rahmen der allgemeinen Sozialversicherung (siehe Abschnitt 2) erbracht. Dort zählte der Wehrdienst zu den gleichgestellten Zeiten (§ 109 Buchst. k Ausführungsverordnung vom 04.08.1956 zum Staatsrentengesetz), ohne dass es allerdings zu einer Beitragszahlung kam. Trat der Leistungsfall (Invalidität oder Tod) während oder infolge des Wehrdienstes ein, wurden (wie bei Arbeitsunfällen) höhere Leistungen gewährt.

Sonstige Rentenleistungen und Versorgungen

Für bestimmte Personen gab es in der Sowjetunion eine ausschließlich aus dem Staatshaushalt finanzierte Versorgung. Hierzu gehörten neben den bereits genannten Militärpersonen (siehe Abschnitt 4) auch Wissenschaftler, Künstler sowie einzelne Personen, die sich um die Sowjetunion verdient gemacht hatten.

Die Versorgungen der Wissenschaftler und Künstler bestanden parallel zur allgemeinen Sozialversicherung, in die diese Personen regelmäßig ebenfalls einbezogen waren. Hinweise hierzu sind in der GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.3 Besondere Arbeitsverhältnisse und Berufsgruppen: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitte 4.3 und 5.4) beschrieben.

Als besondere Form der Versorgung existierten Ehrenrenten und persönliche Renten. Sie konnten Personen zuerkannt werden, die sich besondere Verdienste um den Sowjetstaat erworben hatten. Oft stand die Zuerkennung solcher Ansprüche oder Anwartschaften, die sowohl von den Staatsorganen der Sowjetunion als auch von denen der einzelnen Sowjetrepubliken oder auf örtlicher Ebene erfolgen konnten, im Zusammenhang mit anderen Auszeichnungen („Held der Sowjetunion“, „Held der sozialistischen Arbeit“ und Ähnliches).

Leistungen nach dem Reformgesetz 1990

Nachdem das Rentenrecht in den 1980er Jahren bereits in einzelnen Punkten verändert wurde, kam es als Folge der Wirtschaftsreformen auch zu einer umfassenden Neugestaltung der Sozial- und Rentenversicherung. Ihren Abschluss fand diese im sowjetischen Rentengesetz vom 15.05.1990, das etappenweise zum 01.10.1990, 01.01.1991 und 01.01.1992 in Kraft trat beziehungsweise treten sollte.

Gegenüber dem Staatsrentengesetz von 1956 brachte das sowjetische Rentengesetz vom 15.05.1990 die folgenden wesentlichen Änderungen:

Zusammenfassung verschiedener paralleler Rentensysteme

Insbesondere wurden das allgemeine System für Arbeitnehmer und das Sondersystem für Kolchosmitglieder (siehe Abschnitt 3) zu einer einheitlichen Rechtsgrundlage vereint und auch die besonderen Bestimmungen für die Dienstaltersrenten (siehe Abschnitt 2.4) wurden in das Rentengesetz einbezogen. Lediglich die Versorgung der Militärpersonen (siehe Abschnitt 4) blieb eigenständig.

Einführung einer Sozialrente

Es wurde eine neue Leistungsart eingeführt, die Sozialrente. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Rentenarten (Alters-, Invaliden-, Hinterbliebenen- und Dienstaltersrenten), die zusammenfassend als „Arbeitsrenten“ bezeichnet wurden und in der Regel von einer bestimmten Beschäftigungsdauer abhängig waren, dienten die Sozialrenten der Versorgung arbeitsunfähiger Bürger, die - aus welchen Gründen auch immer - keinen Anspruch auf eine Arbeitsrente besaßen.

Rentenberechnung

Während die Voraussetzungen für die einzelnen Renten weitgehend unverändert blieben (insbesondere die Altersgrenzen), bestimmte sich der als Berechnungsgrundlage dienende Durchschnittsverdienst nicht mehr nach dem letzten Jahr, sondern nach 5 zusammenhängenden Arbeitsjahren innerhalb der letzten 15 Jahre. Außerdem wurden die als Rente zu zahlenden Prozentsätze des Durchschnittsverdienstes und die Mindest- und Höchstrenten verändert sowie eine regelmäßige Anpassung der Rentenbeträge eingeführt.

Formal wurde dieses Gesetz durch die Auflösung der Sowjetunion gegenstandslos, in der Praxis blieben seine Regelungen aber noch längere Zeit von Bedeutung. Die Durchführung der Rentenversicherung war schon in der Sowjetunion Sache der einzelnen Unionsrepubliken gewesen. Deshalb war das sowjetische Rentengesetz vom 15.05.1990 als Rahmengesetz gedacht, das lediglich die Mindestleistungen festlegte, den jeweiligen Unionsrepubliken (oder sogar einzelnen Stellen) aber weitergehende Leistungen ermöglichte, sofern sie diese selbst finanzierten. Angesichts fehlender finanzieller Möglichkeiten übernahmen die meisten Unionsrepubliken (und späteren Nachfolgestaaten) die sowjetischen Regelungen weitgehend unverändert in eigenen Gesetzen. Hinweise hierzu enthalten die GRA zu Russische Föderation - 2.3 Rentenleistungen und Versorgung: Recht der Herkunftsgebiete und die GRA zu Nachfolgestaaten der Sowjetunion - 2.2 Rentenleistungen: Recht der Herkunftsgebiete.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Der Bezug einer Rente in der Sowjetunion ist nur im Rahmen weniger FRG-Regelungen von Bedeutung. Hierzu gehören die Behandlung der Beitragszeiten von weiterbeschäftigten Rentnern (siehe Abschnitt 7.1), die Gleichstellung von Rentenbezugszeiten (siehe Abschnitt 7.2) und die Anrechnung fremder Renten (siehe Abschnitt 7.3).

Darüber hinaus bleiben die Auswirkungen gering.

  • Der Bezug einer Rente in der Sowjetunion lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob auch in Deutschland ein Rentenanspruch besteht.
    Teilweise gibt es in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gar keine vergleichbaren Rentenarten (wie zum Beispiel für Dienstaltersrenten sowie für Sozialrenten) oder der rentenberechtigte Personenkreis war größer als hier (wie bei einigen in die Hinterbliebenenrenten einbezogene Familienmitglieder oder bei den niedrigeren Altersgrenzen) und selbst bei den (unseren Erwerbsminderungsrenten ähnlich gestaffelten) Invalidenrenten sind die medizinischen Anforderungen auf das dortige Berufsumfeld bezogen.
    Ein Rentenanspruch ist daher allein nach den Vorschriften des SGB VI zu prüfen.
  • Der Bezug einer Rente in der Sowjetunion lässt keinen Rückschluss auf den Umfang der anrechenbaren FRG-Zeiten zu.
    Teilweise werden die Renten unabhängig von etwaigen Zeiten gewährt (zum Beispiel Sozialrenten oder Invaliden- beziehungsweise Hinterbliebenenrenten nach Arbeitsunfällen). Und selbst wenn die Beschäftigungsdauer im Rentenbescheid (oder anderen Unterlagen) angegeben ist, muss beachtet werden, dass darunter Zeiten sein können, die in erhöhtem Umfang angerechnet wurden oder für die es im deutschen Recht gar keine Anrechnungsmöglichkeiten gibt.
    Die anerkennungsfähigen Zeiten müssen daher im Einzelnen nach den Vorschriften des FRG (oder SGB VI) ermittelt werden.

Weiterbeschäftigte Rentner

Die (Weiter-)Beschäftigung von Rentnern war in der Sowjetunion weit verbreitet. Für die Einbeziehung in die dortige Sozialversicherung ergaben sich daraus keine Einschränkungen (siehe GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.2 Versicherte Personen (Arbeitnehmer): Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 6).

Bei der Anerkennung von FRG-Beitragszeiten ist jedoch die Einschränkung des § 19 Abs. 3 FRG zu beachten. Während des Bezuges einer sowjetischen Altersrente (oder anstelle dieser einer anderen Leistung) können Beitragszeiten (§ 15 FRG) nur bis zum Monat der Vollendung der Regelaltersgrenze anerkannt werden (siehe GRA zu § 19 FRG, Abschnitt 4).

Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG können neben einer sowjetischen Altersrente aufgrund des Eingliederungsgedankens dagegen nur bis zum Monat der Vollendung des 60. Lebensjahres anerkannt werden (siehe GRA zu § 16 FRG, Abschnitt 3.5.2.5).

Rentenbezugszeiten

Unter bestimmten Voraussetzungen steht nach § 28a FRG der Bezug einer fremden Rente einer deutschen Rentenbezugszeit gleich. Ob diese Voraussetzungen in Bezug auf die in der Sowjetunion bezogenen Renten erfüllt sind, muss im Einzelnen geprüft werden (siehe GRA zu § 28a FRG).

Ob die Rente aus der allgemeinen Sozialversicherung, der Sozialversicherung der Kolchosmitglieder, der Versorgung der Militärpersonen oder aus einer sonstigen Versorgung geleistet wurde, ist unerheblich. § 28a FRG erfasst alle Systeme der sozialen Sicherheit und nicht nur die gesetzliche Rentenversicherung. Bedeutung hat in erster Linie die Rentenart.

  • Altersrenten
    stellen regelmäßig Rentenbezugszeiten im Sinne von § 28a FRG dar.
    Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Altersrente ausschließlich Zeiten zugrunde liegen, die nicht nach dem FRG anerkannt werden können (zum Beispiel als Student, bei bestimmten Selbständigen).
  • Invalidenrenten
    stellen ebenfalls regelmäßig Rentenbezugszeiten im Sinne von § 28a FRG dar.
    Dies gilt allerdings nicht, wenn sie auf einem Arbeitsunfall, einer Berufskrankheit oder einer Verwundung beruhen oder für jugendliche Invalide keine Wartezeit erforderlich ist, weil der Rente dann keine nach dem FRG anrechenbare Zeiten zugrunde liegen (siehe Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.11.2000, AZ: L 10 RA 1769/00). Gleiches gilt, wenn in der Invalidenrente trotz erforderlicher Wartezeit nur besondere, nicht nach dem FRG anrechenbare Zeiten berücksichtigt sind (zum Beispiel als Student).
  • Hinterbliebenenrenten
    können grundsätzlich nicht nach § 28a FRG gleichgestellt werden, weil es sich um keine Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Alters handelt.
    Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Hinterbliebenenrente anstelle einer Alters- oder Invalidenrente gewährt wurde. Da in der Sowjetunion stets nur eine Rente gezahlt werden durfte, konnten sich die Berechtigten anstelle der Zahlung einer (eventuell niedrigeren) Alters- oder Invalidenrente für die (eventuell günstigere) Hinterbliebenenrente entscheiden. In diesen Fällen kann die Hinterbliebenenrente wie die Alters- oder Invalidenrente (unter der Voraussetzung, dass ihr anrechenbare FRG-Zeiten zugrunde liegen) nach § 28a FRG gleichgestellt werden.
  • Dienstaltersrenten
    können grundsätzlich nicht nach § 28a FRG gleichgestellt werden, weil es sich um keine Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Alters handelt.
    Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Rente anstelle einer Alters- oder Invalidenrente gewährt wurde. Da in der Sowjetunion stets nur eine Rente gezahlt werden durfte, konnten sich die Berechtigten anstelle der Zahlung einer (eventuell niedrigeren) Alters- oder Invalidenrente für die (eventuell günstigere) Dienstaltersrente entscheiden. In diesen Fällen kann sie wie die Alters- oder Invalidenrente (unter der Voraussetzung, dass ihr anrechenbare FRG-Zeiten zugrunde liegen) nach § 28a FRG gleichgestellt werden.
    Da die Dienstaltersrenten eine bestimmte Beschäftigungsdauer erfordern, kann regelmäßig unterstellt werden, dass die Rentenbezieher beim Erreichen der allgemeinen Altersgrenzen (60 Jahre für Männer, 55 Jahre für Frauen) auch einen Anspruch auf die „normale“ Altersrente gehabt haben. Von diesem Zeitpunkt an kann die Dienstaltersrente als „Anstelle-Leistung“ angesehen werden.
  • Sozialrenten
    können nicht nach § 28a FRG gleichgestellt werden, denn ihnen liegen keine Zeiten zugrunde.
    Sie werden auch keine „Anstelle-Leistung“ sein, weil die Sozialrenten gerade für diejenigen gedacht waren, die keinen Anspruch auf „normale“ Renten hatten.
  • Ehrenrenten/persönliche Renten
    können grundsätzlich nicht nach § 28a FRG gleichgestellt werden, weil sie nicht auf Versicherungszeiten beruhen.
    Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Rente anstelle einer Alters- oder Invalidenrente gewährt wurde.

Anrechnung nach § 31 FRG

Sowjetische Renten waren grundsätzlich - wie alle fremden Rentenzahlungen - nach § 31 FRG auf die deutsche FRG-Rente anzurechnen. Praktische Bedeutung hatte dies jedoch nicht, weil die Sowjetunion Rentenzahlungen bei einer Ausreise grundsätzlich einstellte und keine Zahlungen ins Ausland vornahm (siehe Abschnitt 2.5).

Die aus Anlass der Ausreise erfolgten einmaligen Vorauszahlungen („Abfindungen“) sind nicht nach § 31 FRG anzurechnen (siehe GRA zu § 31 FRG, Abschnitt 3.3.2).

Eine Änderung ist dann erst später in einigen wenigen Nachfolgestaaten (insbesondere in der Russischen Föderation) eingetreten. Insoweit wird auf die GRA zu § 31 FRG, Abschnitt 3.3.1) sowie auf die GRA zu Russische Föderation - 2.3 Rentenleistungen und Versorgung: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitte 5 und 6.3 und die GRA zu Nachfolgestaaten der Sowjetunion - 2.2 Rentenleistungen: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitte 4 und 5.3 hingewiesen.

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