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Sowjetunion (bis 1991) - 2.5 Militärpersonen: Recht der Herkunftsgebiete

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Redaktionelle Anpassungen in den Abschnitten 3 und 3.1

Dokumentdaten
Stand20.12.2016
Rechtsgrundlage

Recht der Herkunftsgebiete

Version002.01

Allgemeines

Sowohl das sowjetische Recht als auch die spätere Eingliederung nach dem FRG unterscheiden zwischen Berufssoldaten (einschließlich der Längerdienenden) und dem Grundwehrdienst. Zu beachten ist, dass die sowjetischen Bezeichnungen mitunter irreführend sein konnten. Der Begriff „Wehrdienst“ wurde oft als Sammelbezeichnung für alle Dienstarten in der Armee verwandt (sowohl bei Berufssoldaten als auch für den Grundwehrdienst).

Die Regelungen für die Berufssoldaten sind im Abschnitt 2 beschrieben, die Regelungen für den Grundwehrdienst im Abschnitt 3.

Berufssoldaten

Das Versorgungssystem für das Berufsmilitär wurde durch die Verordnung vom 19.03.1926 errichtet. Anfangs war nur das höchste Führungspersonal der Armee einbezogen. Die Versorgung wurde aber in mehreren Schritten auf weitere Personenkreise und militärähnliche Verbände ausgedehnt, bis das Versorgungssystem zum 01.07.1941 seinen angestrebten Umfang erreicht hatte.

Das Versorgungssystem galt nicht nur für die Sowjetarmee (bis 1939 offiziell: Rote Arbeiter- und Bauernarmee, kurz: Rote Armee) mit ihren Land-, Luft- und Seestreitkräften, sondern auch für verschiedene andere (meist militärähnliche) Verbände und Einrichtungen:

  • Vereinigte staatliche politische Verwaltung (OGPU),
  • Truppen und andere Sicherheitsorgane des Volkskommissariats/Ministeriums des Innern (NKWD/MWD),
  • Volkskommissariat/Ministerium/Komitee der Staatssicherheit (NKGB/MGB/KGB),
  • Bewachungsverbände der Ministerien und Behörden
    ab 01.09.1947 wieder aus dem Versorgungssystem herausgenommen und in die allgemeine Sozialversicherung eingegliedert,
  • Verwaltung der Arbeitslager (GULAG),
  • Miliz (Polizei),
  • Feuerschutzpolizei.

Einbezogen waren bei der Sowjetarmee Personen aller Führungsebenen und auch Mannschaftsdienstgrade (der Längerdienenden und bestimmter Spezialisten). Bei den anderen Verbänden und Einrichtungen waren teilweise nur bestimmte Führungsebenen erfasst.

Militärversorgung

Die Versorgung der Militärpersonen wurde zwar im Laufe der Zeit durch verschiedene (in der Regel nicht zugängliche) Verordnungen immer wieder überarbeitet, blieb aber im Wesentlichen unverändert.

Neben verschiedenen Beihilfen und kurzfristigen Leistungen sah die Militärversorgung folgende Rentenarten vor: Dienstzeitrenten, Invalidenrenten und Hinterbliebenenrenten (aber keine Altersrenten).

Zu den Voraussetzungen gehörte bei allen Rentenarten die Entlassung aus dem Militärdienst. Mindestdienstzeiten waren nur bei den Dienstzeitrenten zu erfüllen (20 beziehungsweise 25 Jahre, wobei bestimmte Zeiträume oder Einsätze dreifach zählen konnten). Für die Invalidenrenten und Hinterbliebenenrenten war dagegen erforderlich, dass die Invalidität oder der Tod während oder als Folge des Militärdienstes eintrat. Hinterbliebenenrenten wurden schließlich auch dann gewährt, wenn der Verstorbene eine Militärrente bezogen hatte.

Die Rentenhöhe wurde in der Regel nach bestimmten Prozentsätzen der Dienstbesoldung bemessen.

Sofern (zum Beispiel aufgrund anderer Arbeitszeiten) auch Rentenansprüche aus der allgemeinen Sozialversicherung bestanden, wurde der Militärdienst dort als gleichgestellte Zeit einbezogen (§ 109 Buchst. k Ausführungsverordnung vom 04.08.1956 zum Staatsrentengesetz) und der Betreffende konnte die für ihn günstigere Leistung wählen.

Das Versorgungssystem der Militärpersonen beinhaltete darüber hinaus Leistungen der Kriegsopferversorgung, die auch anderen Personen als Militärangehörigen gewährt werden konnten. Auf nähere Erläuterungen hierzu wird verzichtet.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Beschäftigungszeiten, aber keine Beitragszeiten

Dienstzeiten der Militärangehörigen (Berufssoldaten) können nur als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden. Eine Anerkennung ist auch dann möglich, wenn der Betreffende als Angehöriger der Sowjetarmee außerhalb der in § 16 FRG genannten Vertreibungsgebiete stationiert war (zum Beispiel in Afghanistan).

Eine Anerkennung von Beitragszeiten nach § 15 FRG ist generell ausgeschlossen. Hierfür gibt es mehrere Gründe:

a)Es fehlt an jeglicher Beitragsleistung.
b)Das Versorgungssystem der Militärpersonen stellt ein besonderes Sicherungssystem für öffentlich Bedienstete dar und gilt daher nicht als gesetzliche Rentenversicherung (§ 15 Abs. 2 S. 3 FRG).
c)Letztlich entscheidend ist - ungeachtet der Verhältnisse in der Sowjetunion - die Ausschlussregelung des § 15 Abs. 3 S. 3 Buchst. d FRG.

Als vergleichbare Personen im Sinne dieser Ausschlussregelung sind alle Personen anzusehen, die Angehörige der im Abschnitt 2 genannten Verbände und Einrichtungen waren. Das gilt unabhängig davon, ob diese Verbände und Einrichtungen zu dieser Zeit schon oder noch dem Versorgungssystem angehörten (also für die Bewachungsverbände der Ministerien und Behörden auch über den 31.08.1947 hinaus) oder ob die Betreffenden tatsächlich in das Versorgungssystem einbezogen waren (siehe GRA zu § 15 FRG, Abschnitt 3.4.4).

Bewertung

Im Rahmen der Bewertung sind die Sowjetarmee und alle übrigen im Abschnitt 2 genannten Verbände und Einrichtungen als Organe der staatlichen Verwaltung dem Wirtschaftsbereich 20 zuzuordnen.

Angehörige des Volkskommissariats/Ministeriums/Komitees für Staatssicherheit (NKGB/MGB/KGB) - bis Ende der 1940er Jahre auch Angehörige der Vereinigten staatlichen politischen Verwaltung (OGPU) und des Volkskommissariats/Ministeriums des Innern (NKWD/MWD) - sind als Mitarbeiter eines Staatssicherheitsdienstes anzusehen, sodass die Bewertung ihrer Beschäftigungszeiten nach § 22a Abs. 2 FRG zu begrenzen ist (siehe GRA zu § 22a FRG, Abschnitt 3).

Für alle übrigen Angehörigen war bei Rentenbezugszeiten bis 1996 gegebenenfalls die Begrenzung nach § 22a Abs. 1 FRG zu beachten (siehe GRA zu § 22a FRG, Abschnitt 4).

Rentenbezugszeiten

Für die Anerkennung von Rentenbezugszeiten nach § 28a FRG ergeben sich aus der Tatsache, dass die Militärrenten aus einem eigenständigen Versorgungssystem geleistet wurden, keine Besonderheiten. Auf die Ausführungen in der GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.6 Rentenleistungen: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 7.2 sowie auf die GRA zu § 28a FRG wird verwiesen.

Grundwehrdienst

Eine Wehrpflicht gab es bereits seit Gründung der Sowjetunion. Sie wurde - von verschiedenen kleineren zwischenzeitlichen Änderungen abgesehen - in den nachfolgend beschriebenen Gesetzen geregelt.

Auf nähere Erläuterungen zur Dauer des Grundwehrdienstes vor 1939 wird verzichtet.

Nach dem Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht vom 01.09.1939 erfolgte die Einberufung regelmäßig im September/Oktober und war ab Erreichen des 18. Lebensjahres möglich. Die Dauer des Grundwehrdienstes war je nach Truppenteil (anfangs teilweise auch nach Dienstrang) unterschiedlich. Eine Zusammenstellung der Dienstzeiten ist im folgenden Abschnitt enthalten. Zu beachten ist dabei, dass die Wehrpflicht während des Krieges unbefristet war und die Wehrpflichtigen auch nach Kriegsende erst mit zeitlicher Verzögerung entlassen wurden.

Nach dem Gesetz über den allgemeinen Wehrdienst vom 12.10.1967 war die Einberufung ab Erreichen des 17. Lebensjahres möglich; Einberufungstermine waren Mai/Juni und November/Dezember. Die Dauer des Grundwehrdienstes war anfangs je nach Truppenteil unterschiedlich, wurde aber später vereinheitlicht. Eine Zusammenstellung der Dienstzeiten ist im folgenden Abschnitt enthalten.

Dauer des Grundwehrdienstes

Die folgende Aufstellung enthält die gesetzlich festgelegte Regeldauer des Grundwehrdienstes. Während des Krieges galt allerdings eine unbefristete Dienstpflicht. Daneben wird es noch weitere Ausnahmebestimmungen gegeben haben, aufgrund derer für besondere Truppenteile oder im Einzelfall eine Unter- beziehungsweise Überschreitung dieser Dienstzeiten möglich war. Zusätzlich zum Grundwehrdienst waren auch noch (kürzere) Wehrübungen abzuleisten.

Nach 1939 galten folgende Dienstzeiten:

Beginn

Dauer

Einheiten

ab 193924 MonateLandstreitkräfte (Soldaten)
36 MonateLandstreitkräfte (Unteroffiziere) und Luftstreitkräfte
48 MonateMarine (Küstenschutz)
60 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 194124 MonateLandstreitkräfte (Soldaten)
36 MonateLandstreitkräfte (Unteroffiziere)
48 MonateLuftstreitkräfte und Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
60 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 195036 MonateLandstreitkräfte
48 MonateLuftstreitkräfte und Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
60 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 195636 MonateLand- und Luftstreitkräfte, Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
48 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 196512 MonateHochschulabsolventen (alle Truppenteile)
36 MonateLand- und Luftstreitkräfte, Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
48 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 196812 MonateHochschulabsolventen (alle Truppenteile)
24 MonateLand- und Luftstreitkräfte, Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
36 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 197718 MonateHochschulabsolventen (bei Land- und Luftstreitkräften, Küstenschutz und Marineflieger)
24 MonateLand- und Luftstreitkräfte, Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
Hochschulabsolventen (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
36 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 198912 MonateHochschulabsolventen (alle Truppenteile)
24 MonateLand- und Luftstreitkräfte, Marine (Küstenschutz und Marineflieger)
36 MonateMarine (Schiffe und Gefechtssicherstellungsverbände)
ab 199112 MonateHochschulabsolventen (alle Truppenteile)
24 Monateübrige Personen (alle Truppenteile)

Besonderheiten

Einen anstelle des Grundwehrdienstes abzuleistenden Ersatzdienst hat es in der Sowjetunion nicht gegeben.

Innerhalb der Sowjetarmee gab es neben den bewaffneten Verbänden aber auch Arbeitseinheiten wie Baubataillone („Strojbat“), denen die Wehrpflichtigen nach einer kurzen militärischen Grundausbildung zugewiesen werden konnten. Mitunter wurden die Wehrpflichtigen auch in Betrieben (zum Beispiel Bergwerken) eingesetzt.

Die deutschstämmige Bevölkerung wurde nach Ausbruch des Krieges gegen Deutschland als „wehrunwürdig“ betrachtet und in der Regel zur „Trud-Armee“ eingezogen. Dies war kein Dienst aufgrund gesetzlicher Wehrpflicht; auf die Ausführungen in der GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.3 Besondere Arbeitsverhältnisse und Berufsgruppen: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 3.1 wird verwiesen.

Eine Wehrpflicht für Frauen sah das Wehrgesetz von 1925 nur im (nicht eingetretenen) Kriegsfall vor; ein freiwilliger Wehrdienst war aber möglich. Das Wehrgesetz von 1939 unterschied offenbar nicht zwischen Männern und Frauen. Von der Möglichkeit, Frauen einzuberufen, wurde aber nur in vereinzelten Fällen Gebrauch gemacht. Nach dem Wehrgesetz von 1967 wurde die Wehrpflicht dann wieder auf Männer beschränkt.

Soziale Sicherung

Aufgrund des abgeleisteten Grundwehrdienstes entstanden keine Ansprüche in dem besonderen Versorgungssystem der Militärpersonen; Leistungen wurden vielmehr im Rahmen der allgemeinen Sozialversicherung erbracht. Dort zählt der Wehrdienst zu den gleichgestellten Zeiten (§ 109 Buchst. k Ausführungsverordnung vom 04.08.1956 zum Staatsrentengesetz), ohne dass es allerdings zu einer Beitragszahlung kam. Trat der Leistungsfall (Invalidität oder Tod) während oder infolge des Wehrdienstes ein, wurden (wie bei Arbeitsunfällen) höhere Leistungen gewährt.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Entsprechend den deutschen Vorschriften muss bei Dienstzeiten aufgrund gesetzlicher Wehrpflicht unterschieden werden in Zeiträume bis zum 08.05.1945 und danach.

Die Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht bis zum 08.05.1945 ist bei Vertriebenen (§ 1 BVFG) und Spätaussiedlern (§ 4 BVFG) als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 2 Abs. 2 BVG anzuerkennen. Einzelheiten hierzu enthält die GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 3.1.2.

Die Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes nach dem 08.05.1945 gilt bei FRG-Berechtigten als Beitragszeit nach § 15 Abs. 3 S. 2 FRG. Hierzu zählt auch der Einsatz in den Arbeitseinheiten, nicht aber der Dienst in der „Trud-Armee“. Bei Frauen ist eine Anerkennung nur möglich, wenn der Dienst vor dem Wehrgesetz vom 12.10.1967 angetreten wurde.

Der Umfang der anrechenbaren Beitragszeit richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall; die im Abschnitt 3.1 genannte gesetzliche Dienstzeit ist nur ein Anhaltspunkt. Ein Überschreiten der gesetzlichen Dauer um bis zu sechs Monaten ist - sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorhanden sind - als unschädlich anzusehen. Bei einem Überschreiten um mehr als sechs Monate ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um einen Grundwehrdienst gehandelt hat oder ob beispielsweise eine Verpflichtung als Längerdienender eingegangen wurde.

Da die Anerkennung nicht von einer tatsächlichen Beitragsleistung abhängt, sondern allein aufgrund des Status als Wehrpflichtiger erfolgt, sind die Beitragszeiten stets ungekürzt anzuerkennen (ohne Anwendung § 22 Abs. 3 FRG).

Bewertet werden die Beitragszeiten nach § 22 Abs. 1 S. 8 FRG mit den Entgeltpunkten, die auch dem Wehrdienst in den alten Bundesländern zugeordnet werden. Allerdings unterliegen diese Entgeltpunkte der Absenkung nach § 22 Abs. 4 FRG.

Sofern die Wehrpflichtigen in Ausnahmefällen zu regulären Arbeiten in einem Betrieb eingesetzt waren, ist auch eine Anerkennung als Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 FRG möglich. Diese „echte“ Beitragszeit ist dann vorrangig gegenüber der Fiktion des § 15 Abs. 3 S. 2 FRG. Die Beitragszeit unterliegt dann aber gegebenenfalls der 5/6-Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG und ist nach den üblichen Kriterien des § 22 Abs. 1 S. 1 bis 7 FRG (Leistungsgruppen beziehungsweise Wirtschaftsbereiche und Qualifikationsgruppen) zu bewerten.

Weitere allgemeine Hinweise enthalten die GRA zu § 15 FRG, Abschnitt 3.3 und die GRA zu § 22 FRG, Abschnitt 4.

Zusatzinformationen

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