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Art. 10 SVA-Japan: Ausnahmen von den Bestimmungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand16.02.2016
Rechtsgrundlage

Art. 10 SVA-Japan

Version002.00

 Inhalt der Regelung

Die Art. 6 SVA-Japan bis Art. 10 SVA-Japan bestimmen als sogenannte „Kollisionsnormen“ den Vertragsstaat, dessen Rechtsvorschriften (Art. 1 Abs. 1 Buchst. c SVA-Japan) auf Arbeitnehmer, Selbständige, Beamte und besondere Personenkreise im Einzelfall anzuwenden sind, um einerseits Doppelversicherungen und andererseits Lücken in der sozialen Sicherung zu vermeiden.

Art. 10 SVA-Japan bestimmt, dass auf gemeinsamen Antrag des Arbeitgebers und Arbeitnehmers beziehungsweise auf Antrag des Selbständigen abweichend von der sich aus den Art. 6 SVA-Japan bis Art. 9 SVA-Japan ergebenden Rechtszuweisung Ausnahmen zugelassen werden können („Ausnahmevereinbarung“).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 1 Abs. 1 Buchst. c SVA-Japan
    Die Vorschrift definiert den Begriff „Rechtsvorschriften“.
  • Art. 6 SVA-Japan
    Die Vorschrift regelt, dass auf eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, die in Deutschland oder Japan ausgeübt wird, grundsätzlich die Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht des Vertragsstaats gelten, in dem die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.
  • Art. 7 SVA-Japan
    Die Vorschrift bestimmt die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei Entsendung.
  • Art. 8 SVA-Japan
    Die Vorschrift bestimmt die anzuwendenden Rechtsvorschriften für Seeleute.
  • Art. 9 SVA-Japan
    Die Vorschrift bestimmt, dass die Regelungen des WÜD/WÜK über die Befreiungen von den Vorschriften über die soziale Sicherheit des Empfangsstaats für Mitglieder diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen vom SVA-Japan unberührt bleiben.
  • Nrn. 8, 9, 10, 12, 13 Protokoll zum SVA-Japan
    Die Vorschriften enthalten nähere Bestimmungen, die im Zusammenhang mit einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan zu beachten sind.
  • Art. 3 DV zum SVA-Japan
    Die Vorschrift regelt, welche Stellen in Japan und Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig sind.

Allgemeines

Die starre Rechtszuweisung der Art. 6 SVA-Japan bis Art. 9 SVA-Japan (Kollisionsnormen) kann im Einzelfall zu nicht gewünschten Ergebnissen führen, wie zum Beispiel Ungleichbehandlung innerhalb einer bestimmten Personengruppe oder nicht sachgerechten Versicherungszugehörigkeiten.

Um dem zu begegnen, lässt Art. 10 SVA-Japan Ausnahmen von der durch die Kollisionsnormen festgelegten Rechtszuweisung zu. Auf gemeinsamen Antrag von Arbeitgeber und Arbeitnehmer beziehungsweise auf Antrag des Selbständigen werden die anzuwendenden Rechtsvorschriften einvernehmlich festgelegt.

Liegt beispielsweise keine Entsendung nach Maßgabe des Art. 7 SVA-Japan vor, weil das Entgelt des betreffenden Arbeitnehmers während einer Entsendung nach Japan nicht vom Arbeitgeber in Deutschland, sondern von der japanischen Tochtergesellschaft des deutschen Arbeitgebers in Japan gezahlt wird, kann abweichend vom Territorialitätsprinzip des Art. 6 SVA-Japan die Befreiung von den japanischen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht vereinbart werden, sofern der betreffende Arbeitnehmer den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht unterliegt. Dies kommt etwa in Betracht, wenn absehbar ist, dass es sich nur um einen einmaligen Auslandseinsatz des betreffenden Arbeitnehmers handelt, zum Beispiel bei bevorstehendem Erreichen der Regelaltersgrenze.

Aus der Formulierung „kann“ in Art. 10 SVA-Japan folgt, dass dem zuständigen deutschen oder japanischen Träger, der über den Antrag auf Ausnahmevereinbarung entscheidet, ein Ermessensspielraum eingeräumt wird. Dabei hat der zuständige Träger auf die Art und die Umstände der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Bedacht zu nehmen.

Ausnahmevereinbarungen werden in der Regel nur getroffen, wenn die Beschäftigung/selbständige Tätigkeit im anderen Vertragsstaat von vornherein nicht auf Dauer angelegt ist.

Rechtswirkung der Ausnahmevereinbarung

Der Abschluss einer Ausnahmevereinbarung führt zur Befreiung von den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, in dem die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterliegt dann den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats.

Unterliegt eine Person im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht, gelten hinsichtlich der rentenrechtlichen Beurteilung und Beitragsberechnung keine Besonderheiten.

Die Fortgeltung der deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht bei Beschäftigung in Japan im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung bezieht sich nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b SVA-Japan zunächst nur auf das System der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Nach Nr. 10 Buchst. a Protokoll zum SVA-Japan finden bei Beschäftigung im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung in Japan jedoch auch die deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung Anwendung.

Dabei kann eine Ausnahmevereinbarung nur einheitlich für die Renten- und Arbeitslosenversicherung und nicht etwa nur für einen der beiden Sozialversicherungszweige abgeschlossen werden.

Zu beachten ist, dass bei Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit in Japan im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung die Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht in den vom Abkommen nicht erfassten Zweigen der deutschen Sozialversicherung (Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pflegeversicherung) - anders als in Entsendefällen, siehe GRA zu Art. 7 SVA-Japan, Abschnitt 4 - nicht zur Anwendung kommen (§ 3 Nr. 1 SGB IV).

Unterliegt umgekehrt eine Person im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan bei Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit in Deutschland den japanischen Rechtsvorschriften, sind die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht anzuwenden. Nach Nr. 10 Buchst. b Protokoll zum SVA-Japan sind in diesem Fall dann auch die deutschen Gesetze und sonstigen Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung nicht anzuwenden.

Jedoch sind bei einer Beschäftigung in Deutschland im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht in den vom Abkommen nicht erfassten Zweigen der deutschen Sozialversicherung (Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pflegeversicherung) - anders als in Entsendefällen, siehe GRA zu Art. 7 SVA-Japan, Abschnitt 4 - nach § 3 Nr. 1 SGB IV anzuwenden und führen in diesen Bereichen gegebenenfalls zur Versicherungspflicht.

Für Personen, die im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan in Japan beschäftigt oder selbständig tätig sind und Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung zahlen sowie für sie begleitende Ehegatten, kommt die Anrechnung von Kindererziehungszeiten in Japan nach Maßgabe des § 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI in Betracht (siehe GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 6).

Umgekehrt ist bei einer Beschäftigung in Deutschland, die im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan den japanischen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht unterliegt, die Anrechnung von Erziehungszeiten für die betreffende Person nach § 56 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b SGB VI ausgeschlossen. Für den begleitenden Ehegatten einer im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung in Deutschland beschäftigten oder selbständig tätigen Person kommt die Anrechnung von Erziehungszeiten in Deutschland in Betracht, sofern der gewöhnliche Aufenthalt im Inland liegt. Dies ist nach Maßgabe des § 30 SGB I zu prüfen (siehe GRA zu § 30 SGB I).

Verschiedene rentenrechtliche Regelungen des SGB VI knüpfen zur Bestimmung des Rechtskreises (West/Ost) an den Beschäftigungsort im Inland an (zum Beispiel § 228a SGB VI). Sind im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 10 SVA-Japan die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, befindet sich der Beschäftigungsort beziehungsweise Tätigkeitsort im Regelfall in Japan. Aus diesem Grund enthält Nr. 13 Protokoll zum SVA-Japan eine Fiktion des Beschäftigungsortes. Danach gilt die betreffende Person als an dem Ort tätig, an dem sie zuletzt vorher im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig war. War die Person vorher nicht im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig, so gilt sie als an dem Ort tätig, an dem die deutsche „zuständige Behörde“ ihren Sitz hat. Nach der Begriffsdefinition zu Art. 1 Abs. 1 Buchst. d SVA-Japan ist zuständige Behörde in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), sodass wegen des Sitzes des BMAS in Ostberlin in diesen Fällen der Rechtskreis Ost gilt.

Der nach Nr. 13 Protokoll zum SVA-Japan zu bestimmende Beschäftigungsort hat auch Bedeutung für die Frage, ob für nach § 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI in Japan zu berücksichtigende Kindererziehungszeiten Entgeltpunkte oder Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln sind. Den Kindererziehungszeiten sind Entgeltpunkte zuzuordnen, wenn die zu ihrer Anrechnung führende Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit über Nr. 13 Protokoll zum SVA-Japan dem Rechtskreis West zuzuordnen ist, anderenfalls Entgeltpunkte (Ost).

Verfahren beim Abschluss einer Ausnahmevereinbarung

Grundlage für eine Ausnahmevereinbarung für Beschäftigte ist ein gemeinsamer Antrag des Arbeitnehmers und Arbeitgebers beziehungsweise bei Selbständigen ein Antrag des Selbständigen.

Ein Antrag auf Ausnahmevereinbarung ist grundsätzlich vor Beginn des Zeitraums, für den eine Befreiung von den Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht des Beschäftigungsstaats beantragt wird, bei der zuständigen Stelle des Staates zu stellen, dessen Rechtsvorschriften gelten sollen (Art. 2 Nr. 2 Buchst. a VV der DVKA vom 26.10.1999).

Wird die Befreiung von den japanischen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht und damit die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in Japan begehrt, ist der Antrag beim GKV-Spitzenverband, DVKA, Bonn zu stellen.

Wird umgekehrt die Befreiung von den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht und damit die Anwendung der japanischen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in Deutschland begehrt, ist der Antrag beim Japan Pension Service (JPS), Tokio zu stellen.

Die jeweils angegangene Stelle konsultiert vor ihrer Entscheidung über die Ausnahmevereinbarung grundsätzlich die entsprechende Stelle des anderen Vertragsstaats.

Wird dem Antrag auf Ausnahmevereinbarung für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in Japan durch die DVKA - gegebenenfalls nach Konsultation des japanischen Trägers - zugestimmt, informiert die DVKA die in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (J/D 101) nach Art. 3 DV zum SVA-Japan zuständige Stelle. Die Bescheinigung dient der Dokumentation gegenüber den Behörden in Japan darüber, dass abweichend vom Territorialitätsprinzip des Abkommens (Art. 6 SVA-Japan) auf die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit die deutschen Rechtsvorschriften Anwendung finden.

Die Bescheinigung ist in Deutschland grundsätzlich von der Krankenkasse auszustellen, an die die Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind, unabhängig davon, ob und wie der Arbeitnehmer krankenversichert ist (Art. 3 Buchst. b DV zum SVA-Japan).

Sind deutsche Rentenversicherungsbeiträge nicht oder nicht an eine Einzugsstelle zu zahlen (zum Beispiel bei nach deutschem Recht Versicherungsfreien, versicherungspflichtigen und nicht versicherungspflichtigen Selbständigen sowie Beamten), ist für das Ausstellen der Bescheinigung die Deutsche Rentenversicherung Bund (Dezernat 5010) zuständig (Art. 3 Buchst. b DV zum SVA-Japan).

Beachte:

Auch für Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und beispielsweise freiwillig oder privat krankenversichert sind (zum Beispiel Arbeitnehmer, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Krankenversicherung versicherungsfrei sind), zieht die Einzugsstelle (weiterhin) gegebenenfalls die Beiträge zur Rentenversicherung (und Arbeitslosenversicherung) ein. Diese Einzugsstelle ist dann auch für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig.

Sind auf eine Beschäftigung in Deutschland im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung die japanischen Rechtsvorschriften anzuwenden, stellt die Bescheinigung (D/J 101) der japanische Versicherungsträger aus (Art. 3 Buchst. a DV zum SVA-Japan).

Gesetz zu dem Abkommen vom 20.04.1998

Inkrafttreten: 08.10.1999 (Gesetz), 01.02.2000 (Abkommen)

Quelle: BGBl. II 1999 S. 874 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 10 SVA-Japan sind nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum 01.02.2000 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 10 SVA-Japan