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Art. 48 VO (EG) Nr. 987/2009: Mitteilung der Entscheidungen an den Antragsteller

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Im Zuge des GRA-Abstimmungsprozesses wurden Ergänzungen in den Abschnitten 1.2, 3 und 5 vorgenommen

Dokumentdaten
Stand13.07.2015
Version001.01

Inhalt der Regelung

Nach Absatz 1 teilt jeder Träger dem Antragsteller die von ihm nach seinen Rechtsvorschriften getroffene Entscheidung mit. In jeder Entscheidung werden die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe und Rechtsbehelfsfristen angegeben (vergleiche Abschnitt 3). Sobald der Kontakt-Träger über alle Entscheidungen jedes Trägers unterrichtet worden ist, übermittelt er dem Antragsteller und den anderen betroffenen Trägern eine Zusammenfassung dieser Entscheidungen (vergleiche Abschnitt 4). Die Verwaltungskommission erstellt das Muster für die Zusammenfassung (vergleiche Abschnitt 5).

Stellt sich für den Antragsteller nach Empfang der Zusammenfassung heraus, dass seine Rechte durch das Zusammenwirken der Entscheidungen von zwei oder mehr Trägern möglicherweise beeinträchtigt worden sind, so hat er nach Absatz 2 Anspruch auf eine Überprüfung der Entscheidungen durch die beteiligten Träger innerhalb der in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Fristen. Die Fristen beginnen am Tag des Empfangs der Zusammenfassung. Der Antragsteller wird schriftlich über das Ergebnis der Überprüfung unterrichtet (vergleiche Abschnitt 6).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Allgemeines

Das in Art. 48 VO (EG) Nr. 987/2009 vorgesehene Verfahren findet bei Entscheidungen über Rentenanträge nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 Anwendung.

In den Fällen, in denen Entscheidungen

  • außerhalb eines Rentenfeststellungsverfahrens oder
  • über die Bewilligung oder Ablehnung einer Kindererziehungsleistung im Sinne von §§ 294, 294a SGB VI

ergehen, findet Art. 48 VO (EG) Nr. 987/2009 keine Anwendung.

Direktzustellung der nationalen Entscheidungen an die Antragsteller

Mit Art. 48 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 wird die direkte Zustellung der (nationalen) Entscheidungen an die Antragsteller als Grundprinzip formuliert.

Diese spezielle Regelung des Renten-Kapitels geht der horizontalen Vorschrift des Art. 3 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 vor, wonach der entsprechende Träger bei Wohnort des Antragstellers in einem anderen Mitgliedstaat auch eine Zustellung über die Verbindungsstelle des Wohnstaates vornehmen könnte. Für bilaterale Absprachen, mit denen vom Prinzip der Direktzustellung abgewichen werden könnte, besteht somit im Rentensektor kein rechtlicher Raum.

Unabhängig davon, ob ein Träger der Deutschen Rentenversicherung Kontakt-Träger oder beteiligter Träger ist, werden die deutschen Rentenbescheide den Antragstellern direkt und unter Beachtung von § 37 SGB X im Allgemeinen mittels einfachen Briefs zugestellt (vergleiche GRA zu § 65 SGB X, Abschnitt 8). Sollte sich in Ausnahmefällen diese Form der Versendung aus beweistechnischen Gründen nicht anbieten, so erfolgt die direkte Zustellung der Rentenbescheide mittels Einschreiben mit Rückschein.

Mit der direkten Zustellung der nationalen Bescheide an den Antragsteller beginnen auch die nationalen Rechtsbehelfsfristen.

Die Widerspruchsfrist beträgt bei Bekanntgabe des Bescheides

Beachte:

Hat ein in einem anderen Staat wohnender Antragsteller einen in Deutschland ansässigen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt und wird der deutsche Rentenbescheid daher dem Bevollmächtigten direkt bekannt gegeben, beträgt die Rechtsbehelfsfrist trotz Wohnsitz des Antragstellers im Ausland nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG nur einen Monat. Die Frist beginnt in diesem Fall bereits mit der Bekanntgabe des Bescheides an den Bevollmächtigten im Inland.

Aufgabe des Kontakt-Trägers

Sobald der Kontakt-Träger über die endgültigen Entscheidungen aller Träger nach Art. 47 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 unterrichtet worden ist (derzeit mit E210, nach Ablauf der EESSI-Übergangszeit - Art. 95 VO (EG) Nr. 987/2009 - mit SED P6000), für die ein Verfahren aktiv eingeleitet wurde oder die im Laufe des Verfahrens zusätzlich beteiligt wurden, übermittelt er dem Antragsteller und den anderen beteiligten Trägern eine Zusammenfassung dieser Entscheidungen (Art. 48 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 987/2009).

Diese „Zusammenfassende Mitteilung“ (vergleiche Abschnitt 5) wird dem Antragsteller in der Sprache des Kontakt-Trägers oder - auf seinen Wunsch - in der von ihm gewählten Sprache übermittelt, sofern diese als Amtssprache der Organe der Union gemäß Artikel 342 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) anerkannt ist.

Nach dem Wortlaut des Art. 48 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 987/2009 soll die Zusammenfassende Mitteilung „übermittelt“ werden. Diese Formulierung erachtet die nach nationalem Recht gebotene Form für Bekanntgaben/Zustellungen als ausreichend. Ist ein Träger der Deutschen Rentenversicherung Kontakt-Träger, erfolgt die Übermittlung der Zusammenfassenden Mitteilung daher an die Antragsteller (unabhängig von deren Wohnsitz) im Allgemeinen mittels einfachen Briefs (vergleiche GRA zu § 65 SGB X, Abschnitt 8). Sollte sich in Ausnahmefällen diese Form der Versendung aus beweistechnischen Gründen nicht anbieten, so erfolgt die Übermittlung der Zusammenfassenden Mitteilung mittels Einschreiben mit Rückschein.

Die Übermittlung der Informationen aus der Zusammenfassende Mitteilung an die am Verfahren beteiligten Träger erfolgt während der EESSI-Übergangszeit (Art. 95 VO (EG) Nr. 987/2009) ebenfalls formlos mittels einfachen Briefs und mit einer Mehrfertigung/Kopie des an die Antragsteller übermittelten Exemplars; später im Rahmen des elektronischen Datenaustausches mit SED P7000.

Die „Zusammenfassende Mitteilung“ (P1)

Die vom Kontakt-Träger nach Art. 48 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 987/2009 zu erstellende „Zusammenfassende Mitteilung“ betrifft Leistungen, die in Anwendung der VOen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 festgestellt werden.

Hinweis:

Auch Leistungen, die zunächst noch in Anwendung der VO (EWG) Nr. 1408/71 und der VO (EWG) Nr. 574/72 festgestellt wurden, können für Bezugszeiten ab 01.05.2010 in den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009 übergehen (Art. 87 Abs. 5 VO (EG) Nr. 883/2004; Art. 94 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009), sodass diese Leistungen in die „Zusammenfassende Mitteilung“ aufgenommen werden.

Zur Übermittlung der erforderlichen Informationen an die Antragsteller hat die Verwaltungskommission das „portable Dokument“ P1 beschlossen.

Die Zusammenfassende Mitteilung stellt im deutschen Rechtskreis keinen Verwaltungsakt im Sinne von §§ 31 ff. SGB X dar.

Die in das P1 aufzunehmenden Inhalte ergeben sich aus der endgültigen nationalen Entscheidung des Kontakt-Trägers sowie den Mitteilungen über die endgültigen Entscheidungen aller am Verfahren beteiligten Träger (derzeit E210, nach Ablauf der EESSI-Übergangszeit - Art. 95 VO (EG) Nr. 987/2009 - SED P6000).

Hinweise:
a)Von keiner endgültigen Entscheidung ist auszugehen, wenn es sich erkennbar um die Gewährung einer vorläufigen Leistung oder eines Vorschusses (Art. 50 VO (EG) Nr. 987/2009) handelt.
b)Wurde die Feststellung einer Leistung wegen Alters aufgeschoben (Art. 50 VO (EG) Nr. 883/2004) und wurde deshalb in diesem Mitgliedstaat kein Verfahren eingeleitet, so konnte auch keine Entscheidung ergehen, die in das P1 aufgenommen werden könnte.
c)Wurde im Laufe eines Verfahrens der Antrag auf eine Leistung wirksam zurückgenommen (Art. 46 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009), so erfolgt von den betroffenen Trägern keine Entscheidung, die in das P1 aufgenommen werden könnte.
d)Wenn die unter b) und c) beschriebenen Sachverhalte im Ergebnis bedeuten, dass eine Entscheidung im Verfahren nur noch von einem Träger (oder bei mehreren Trägern aus einem Mitgliedstaat) zu erwarten ist, wird solange kein P1 ausgestellt, wie es nicht zu einem Zusammentreffen der Entscheidungen von „zwei oder mehr Trägern“ (Wortlaut in Art. 48 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009) kommt.
e)Als Überprüfungsfrist nach Art. 48 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 hinsichtlich der Entscheidung eines deutschen Trägers wird in das P1 die nach § 84 Abs. 1 SGG maßgebende Frist eingetragen.

Wurde vom Kontakt-Träger bereits ein P1 ausgestellt, wird immer dann ein neues P1 für Antragsteller erstellt, wenn eine Mitteilung über eine neue endgültige Entscheidung eines am Verfahren beteiligten Trägers (derzeit E210, nach Ablauf der EESSI-Übergangszeit - Art. 95 VO (EG) Nr. 987/2009 - SED P6000) eingeht. Der Grund für die neue endgültige Entscheidung ist ohne Bedeutung und wird nicht ermittelt. In Bezug auf die Träger, die keine Änderung ihrer Entscheidung bekanntgegeben haben, sind die Eintragungen im neuen P1 identisch zu denen aus dem vorherigen P1. Es ist also keine Nachfrage des Kontakt-Trägers erforderlich, ob sich dort in der Zwischenzeit Änderungen ergeben haben.

Bei Änderung der deutschen Entscheidung wird insbesondere dann ein neues P1 auszustellen sein, wenn

  • die deutsche Rente zunächst abgelehnt und in der Folge auch bereits ein P1 ausgestellt worden war, diese ablehnende Entscheidung anschließend aber aufzuheben und Rente zu gewähren ist (zum Beispiel aufgrund eines Rechtsbehelfsverfahrens oder Nachholung der fehlenden Mitwirkung) oder
  • wenn Antragsteller aufgrund eines bereits erteilten P1 ein Überprüfungsverfahren nach Art. 48 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 beantragt hatten und die Rente daraufhin neu festzustellen war.

Anspruch der Antragsteller auf Überprüfung der Entscheidungen

Den Antragstellern wird mit Art. 48 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 nach Empfang der Zusammenfassenden Mitteilung (P1) eine europarechtliche Überprüfungsmöglichkeit eröffnet. Diese darf sich deshalb nicht gegen den ursprünglichen (nationalen) Bescheid richten und eröffnet daher keine neue Rechtbehelfsfrist gegen den deutschen Rentenbescheid mit seinen nationalen Berechnungselementen. Sie kann sich vielmehr nur gegen Sachverhalte richten, bei denen sich die einzelstaatlichen Entscheidungen gegenseitig durch die Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 beeinflussen (vergleiche Abschnitt 6.1). Werden hiergegen Einwendungen vorgebracht, handelt es sich nicht um einen formellen Rechtsbehelf, sondern um einen „europarechtlichen Überprüfungsantrag". Dieser Antrag kann an den betreffenden Träger im Rahmen der von ihm angegebenen nationalen (Rechtsbehelfs-/Überprüfungs-)Fristen gestellt werden. Die Fristen beginnen am Tag des Empfangs (Bekanntgabe) der Zusammenfassenden Mitteilung durch den Antragsteller.

Der Antragsteller wird schriftlich über das Ergebnis der Überprüfung unterrichtet. Da Art. 48 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 hierzu keine Formvorschriften enthält, wird das Überprüfungsverfahren nach den für den betreffenden Träger maßgebenden Vorschriften durchgeführt und abgeschlossen.

Wegen § 44 SGB X hat diese europarechtliche Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich der Entscheidungen deutscher Rentenversicherungsträger nur untergeordnete Bedeutung.

Mögliche Fallgestaltungen

Fälle, in denen sich die einzelstaatlichen Entscheidungen gegenseitig durch die Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 beeinflussen könnten, sind beispielsweise:

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Art. 48 VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt ab seinem Anwendungszeitpunkt Art. 48 VO (EWG) Nr. 574/72.

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