Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

Art. 50 VO (EG) Nr. 883/2004: Aufschub von Leistungen wegen Alters und - Nichtberücksichtigung von Zeiten bei der Rentenberechnung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand17.08.2015
Version001.01

Inhalt der Regelung

Art. 50 VO (EG) Nr. 883/2004 enthält allgemeine Vorschriften zur Feststellung von Erwerbsminderungsrenten, deren Höhe von der Versicherungsdauer abhängt, von Altersrenten und von Renten wegen Todes.

Nach Absatz 1 löst die Beantragung einer Leistung die Feststellung der Leistungsansprüche nach den Rechtsvorschriften in allen Mitgliedstaaten aus. Dies gilt nicht, wenn die betreffende Person ausdrücklich die Feststellung einer Leistung wegen Alters aufschiebt.

Absatz 2 bestimmt abweichend von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 dass die in einem anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Zeiten bei der Berechnung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn in diesem Mitgliedstaat ein Rentenanspruch noch nicht oder nicht mehr gegeben ist und sich mit diesen Zeiten ein niedrigerer Zahlbetrag ergibt.

Absatz 3 eröffnet auch in den Fällen, in denen die Feststellung von Leistungen bei Alter nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 aufgeschoben wurde, eine Feststellung entsprechend Absatz 2.

Absatz 4 sieht eine Neufeststellung der nach Absatz 2 berechneten Rente vor, sobald ein Rentenanspruch aus den unberücksichtigten Zeiten entsteht.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Feststellung der Leistungsansprüche

Ein Rentenantrag bewirkt im Allgemeinen die Feststellung der Leistungsansprüche in allen Mitgliedstaaten, in denen die betreffende Person Versicherungszeiten und/oder Wohnzeiten zurückgelegt hat. Dabei sind alle zuständigen mitgliedstaatlichen Träger verpflichtet, die Feststellung zeitnah nach der Antragstellung vorzunehmen.

Die Feststellung der Leistungsansprüche in allen Mitgliedstaaten wird jedoch dann nicht vorgenommen, wenn der Antragsteller ausdrücklich den Aufschub einer Leistung wegen Alters nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 in Bezug auf konkret bezeichnete Mitgliedstaaten erklärt (vergleiche Abschnitt 3). Für alle anderen Rentenarten kann die Feststellung der Leistung nicht aufgeschoben werden.

Aufschieben der Feststellung einer Leistung wegen Alters

Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 eröffnet Versicherten die Möglichkeit, die Feststellung der aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erworbenen Ansprüche auf Leistungen wegen Alters aufzuschieben. Diese Vorschrift ist eine eigenständige Norm der VO (EG) Nr. 883/2004, die nicht in nationale Rechtsordnungen eingreift oder an Bedingungen des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten anknüpft. Es kommt somit nicht darauf an, ob das nationale Recht eines Mitgliedstaates das Aufschieben der Feststellung bei Leistungen wegen Alters kennt oder einen möglichen Aufschub an besondere Voraussetzungen knüpft.

Ein wirksamer Aufschub liegt immer dann vor, wenn der Versicherte im Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts die mitgliedstaatliche Altersrente nicht in Anspruch nehmen möchte, eine spätere (gegebenenfalls höhere) Inanspruchnahme der mitgliedstaatlichen Altersrente jedoch nicht völlig ausschließt. Es besteht insoweit ein Unterschied zwischen einem Aufschub nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004, einer Antragsrücknahme oder einem Verzicht auf eine Rente (vergleiche auch Abschnitt 4).

Soll die Feststellung einer Leistung wegen Alters wirksam aufgeschoben werden, so ist dafür ein ausdrücklicher Antrag erforderlich (Art. 46 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 987/2009). Darüber hinaus muss dem Antrag konkret entnommen werden können, in welchem Mitgliedstaat die Altersrente aufgeschoben werden soll. Damit der Antragsteller die Folgen eines Feststellungsaufschubes abschätzen kann, sind die jeweiligen Träger verpflichtet, ihm auf Anfrage alle vorliegenden Informationen zur Verfügung zu stellen, die für seine Entscheidung relevant sein könnten (Art. 46 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 987/2009). Einzelheiten zum Umfang dieser Informationspflicht und insbesondere dazu, in welchen Fallgestaltungen die Träger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung die Versicherten auf mögliche Folgen hinweisen müssen, können der GRA zu Art. 46 VO (EG) Nr. 987/2009 entnommen werden.

Fällt die Entscheidung für den Aufschub der Feststellung einer mitgliedstaatlichen Leistung wegen Alters, wirkt dieser Aufschub aufgrund des Wortlautes (‘… beantragt ausdrücklich, die Feststellung der aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erworbenen Ansprüche auf Leistungen bei Alter aufzuschieben.’) auf alle Leistungen wegen Alters aus allen von Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 erfassten Systemen dieses Mitgliedstaates (zum Beispiel auch Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung). Antragsteller können danach bestimmen, aus welchem Mitgliedstaat sie bereits Altersrente(n) erhalten möchten und aus welchem Mitgliedstaat noch nicht.

Siehe Beispiel 1

Da die Ausübung des Rechts auf Aufschub der Feststellung einer Leistung wegen Alters an keine Bedingungen geknüpft ist, kann die Feststellung einer mitgliedstaatlichen Altersrente auch dann wirksam aufgeschoben werden, wenn dadurch andere mitgliedstaatliche Sozialleistungsträger vorübergehend zu einer (ungekürzten) Leistung verpflichtet werden.

Schiebt ein Versicherter die Feststellung seiner Altersrente im Verhältnis zu einem Mitgliedstaat auf, können aus dem Antrag für diesen Mitgliedstaat keine (späteren) Rechte mehr geltend gemacht werden. Der Antrag auf eine Leistung wegen Alters nach dem Europarecht ist mit dem Aufschub für diesen Mitgliedstaat nicht mehr offen und damit verbraucht. Für einen (späteren) Bezug einer Altersrente aus diesem Mitgliedstaat ist daher ein erneuter Antrag erforderlich.

In Fällen, in denen Versicherte bereits unter Herrschaft eines Sozialversicherungsabkommens mit einer dem Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 entsprechenden Regelung die Feststellung einer ausländischen Altersrente in einem Staat aufgeschoben haben, besteht dieser Aufschub auch ab der Anwendung des Europarechts für diesen Staat fort, sofern nichts anderes beantragt wird.

Hat ein Versicherter die Feststellung seiner Rente wegen Alters wirksam nach Absatz 1 aufgeschoben, so können sich bei der Berechnung der Rente nach den Rechtsvorschriften der anderen Mitgliedstaaten Besonderheiten ergeben (vergleiche Abschnitt 5).

Abgrenzung des Aufschubs (Abschnitt 3) zur Antragsrücknahme und zum Verzicht

Neben dem (europarechtlich koordinierten) Aufschub der Feststellung einer mitgliedstaatlichen Altersrente (vergleiche Abschnitt 3) besteht auch die Möglichkeit, nach dem jeweiligen nationalen Recht der Mitgliedstaaten Anträge zurückzunehmen oder auf Leistungen zu verzichten.

  • Antragsrücknahme
    Sieht das nationale Recht eines Mitgliedstaates die Möglichkeit einer Antragsrücknahme vor und zieht ein Antragsteller einen nach dem Europarecht gestellten und gleichstehenden Leistungsantrag national zulässig zurück, so hat dies keine Auswirkungen auf die Feststellung der Leistungsansprüche in den übrigen Mitgliedstaaten (Art. 46 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009). Das Zurückziehen eines Antrags gilt also nicht gleichzeitig auch als Zurückziehung von Leistungsanträgen gegenüber anderen mitgliedstaatlichen Trägern (vergleiche GRA zu Art. 46 VO (EG) Nr. 987/2009).
  • Verzicht
    Wesensmerkmal des Verzichts ist, dass damit prinzipiell keine Option offen gehalten wird, eine Sozialleistung gegebenenfalls später in Anspruch nehmen zu wollen. Ob und in welchem Umfang ein Verzicht möglich ist, beurteilt sich nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Rechtsordnung der Verzicht ausgesprochen wird.
    Ein Verzicht auf die deutsche Rente ist unter den in § 46 SGB I genannten Voraussetzungen zulässig. Er ist danach dann unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Diese Unwirksamkeitsregelung wird rein national betrachtet und kann sich deshalb nur auf Leistungsarten und Leistungsträger im Sinne der §§ 11 und 12 SGB I beziehen. Daraus folgt, dass der gegenüber einem deutschen Träger ausgesprochene Verzicht nicht deshalb unzulässig ist, weil der Träger eines anderen Mitgliedstaates zu Leistungen verpflichtet wird, die er ohne den Verzicht nicht zu erbringen hätte (vergleiche Verbindliche Entscheidung in RVaktuell, 10/2012, 318). Die Zustimmung eines beteiligten mitgliedstaatlichen Trägers zum Verzicht auf die deutsche Rente ist nicht erforderlich. Soweit in der Vergangenheit anders verfahren wurde (also die Zustimmung eines beteiligten mitgliedstaatlichen Trägers angefordert wurde, um die Zulässigkeit des Verzichts auf die deutsche Rente festzustellen), hat es dabei sein Bewenden.
    Durch einen (national zulässigen) Verzicht werden insbesondere folgende europarechtliche Verpflichtungen nicht berührt:

Nichtberücksichtigung von Zeiten eines nicht leistenden Mitgliedstaates bei der Rentenberechnung

Die Berechnung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 erfolgt unter Einbeziehung aller vor Eintritt des deutschen Leistungsfalles zurückgelegten mitgliedstaatlichen Versicherungszeiten und Wohnzeiten (vergleiche GRA zu Art. 52 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 5.1). Damit sich Zeiten eines Mitgliedstaates, der keine Leistung gewährt, bei der Rentenberechnung nicht leistungsmindernd auswirken, bestimmt Art. 50 Abs. 2 und Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004, wann diese bei der Ermittlung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung unberücksichtigt bleiben können.

Voraussetzung ist, dass

  • in diesen Mitgliedstaaten ein Rentenanspruch (noch) nicht oder nicht mehr gegeben ist oder die Feststellung einer Leistung bei Alter aufgeschoben wird,
  • die Zeiten des nicht leistenden Mitgliedstaates bei der Anspruchsprüfung für die Anwendung des Art. 6 oder des Art. 51 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht benötigt werden, weil der Anspruch auch ohne diese Zeiten gegeben ist und
  • die Berechnung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 unter Einbeziehung der Zeiten aller Mitgliedstaaten zu einer niedrigeren Leistung führen würde.

Ohne Bedeutung ist, aus welchen Gründen der andere Mitgliedstaat eine Leistung (noch) nicht gewährt. Ob der Leistungsfall noch nicht eingetreten ist, die Anspruchsvoraussetzungen aus anderen Gründen nicht erfüllt sind oder ob die Feststellung der Leistungen bei Alter nach Art. 50 Abs. 1 zweiter Halbsatz VO (EG) Nr. 883/2004 aufgeschoben oder ein Antrag nach Art. 46 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 wirksam einseitig zurückgenommen wurde, spielt keine Rolle.

Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 findet jedoch keine Anwendung, wenn der beteiligte Träger eines anderen Mitgliedstaates seine auf der Grundlage der VO (EG) Nr. 883/2004 ermittelte Rente nur deshalb nicht zahlt, weil sie niedriger ist als die von ihm gleichzeitig nach einem Sozialversicherungsabkommen festgestellte Rente. In diesem Fall besteht dem Grunde nach ein Anspruch nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates, sodass kein Anwendungsfall des Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 vorliegt. Das heißt, die Versicherungszeiten und Wohnzeiten dieses Mitgliedstaates müssen berücksichtigt werden, auch wenn sie sich leistungsmindernd auswirken.

Die Versicherungszeiten und Wohnzeiten eines nicht leistenden Mitgliedstaates werden in einem Anwendungsfall des Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 bei der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung dann nicht berücksichtigt, wenn sie sich zuungunsten des Berechtigten auswirken. Es verbleibt bei der Feststellung ohne diese Zeiten, bis auch der betreffende Mitgliedstaat eine Leistung gewährt und dies die Einbeziehung der Zeiten im Rahmen einer Neufeststellung nach Art. 50 Abs. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 erfordert (vergleiche Abschnitt 5.3).

Wurden neben deutschen Zeiten Versicherungszeiten oder Wohnzeiten in mindestens zwei weiteren Mitgliedstaaten zurückgelegt, kann sich die Berücksichtigung von Versicherungszeiten oder Wohnzeiten eines Mitgliedstaates, der selbst noch keine Leistung erbringt, bei der Berechnung mindernd auswirken und damit ein Anwendungsfall des Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 gegeben sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn innerhalb der deutschen Rentenberechnung

  • eine Zurechnungszeit berücksichtigt wird,
  • Versicherungszeiten eines weiteren Mitgliedstaates nach Art. 57 VO (EG) Nr. 883/2004 abzugelten sind,
  • eine Unfallrentenanrechnung erfolgt oder
  • deutsche Zeiten durch Anwendung der Verdrängungsregeln (Art. 12 Abs. 3, 4 und 5 VO (EG) Nr. 987/2009) beim Zusammentreffen mit Zeiten des nicht leistenden Staates unberücksichtigt bleiben würden.

Zwar erhöhen in aller Regel Versicherungszeiten und Wohnzeiten anderer Mitgliedstaaten den Durchschnittswert der Gesamtleistungsbewertung für die Bewertung der beitragsfreien deutschen Zeiten, jedoch vermindert sich gleichzeitig der pro-rata-Faktor, je größer der Anteil der ausländischen Zeiten an den Gesamtzeiten ist. Dadurch werden die Zurechnungszeit und nach Art. 57 VO (EG) Nr. 883/2004 zu übernehmende Zeiten geringer bewertet und Anrechnungsbeträge beim Bezug einer Unfallrente höher, je niedriger das pro-rata-Verhältnis ausfällt. Eine Verdrängung deutscher Versicherungszeiten nach Art. 12 Abs. 3, 4 und 5 VO (EG) Nr. 987/2009 durch Zeiten eines nicht leistenden Mitgliedstaates kann ebenfalls die Rentenhöhe bei der Berechnung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung maßgeblich mindern.

Leistung nach Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten

Besteht neben dem deutschen Rentenanspruch ein Rentenanspruch nach den Rechtsvorschriften mindestens eines weiteren Mitgliedstaates, so können die Zeiten weiterer - nicht leistender - Mitgliedstaaten unberücksichtigt bleiben, wenn der deutsche Rentenanspruch

  • allein nach deutschem Recht oder
  • nach Zusammenrechnung mit den Zeiten der Mitgliedstaaten, die eine Rente zahlen,

gegeben ist.

Anstelle eines Rentenanspruchs eines weiteren Mitgliedstaates ist es für die Anwendung von Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 ausreichend, wenn ein Staat seine Zeiten nach Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 an Deutschland abgibt.

Siehe Beispiel 2

Die maßgebliche anteilige Leistung wird durch zwei (Probe-)Berechnungen ermittelt:

  • Bei der ersten Berechnung bleiben die Zeiten der nicht leistenden Mitgliedstaaten unberücksichtigt. Für das pro-rata-Verhältnis sind diese Zeiten ebenfalls nicht heranzuziehen.
  • Bei der zweiten Berechnung werden die Zeiten aller beteiligten Mitgliedstaaten berücksichtigt. Für das pro-rata-Verhältnis sind alle Zeiten zu berücksichtigen.

Die Zahlbeträge beider Berechnungen werden verglichen. Die Berechnung mit dem höheren der beiden Beträge wird dem Vergleich mit der autonomen (innerstaatlichen) Leistung nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 zugrunde gelegt - sind beide gleich hoch, wird die zweite Berechnung berücksichtigt.

Siehe Beispiel 3

Leistung nach Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates

Ist der deutsche Rentenanspruch allein aus deutschen Zeiten gegeben und besteht kein Rentenanspruch nach den Rechtsvorschriften aller anderen Mitgliedstaaten (zur Anwendung des Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 vergleiche Abschnitt 5.1), so wird zunächst die autonome Leistung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 ermittelt. Diese wird anschließend mit der nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 zu ermittelnden anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung, in deren Berechnung die Versicherungszeiten und Wohnzeiten sämtlicher Mitgliedstaaten einfließen, verglichen. Eine Beschränkung auf die Zeiten einzelner Mitgliedstaaten ist dabei nicht möglich.

Siehe Beispiel 4

Die höhere - autonome oder anteilige - Leistung wird gezahlt.

Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 regelt nicht die Fälle, in denen allein ein deutscher Rentenanspruch nur unter Berücksichtigung der Versicherungszeiten und Wohnzeiten mindestens eines weiteren - nicht leistenden - Mitgliedstaates besteht, daneben aber noch Zeiten weiterer - nicht leistender - Mitgliedstaaten vorliegen. Selektiv nur die Zeiten eines weiteren Mitgliedstaates zu berücksichtigen, ist nicht vorgesehen. Es wird aus allen Zeiten eine anteilige Leistung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 berechnet.

Neufeststellungen

Tritt zu einer unter Berücksichtigung des Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 festgestellten Leistung später eine Leistung nach den Rechtsvorschriften eines weiteren Mitgliedstaates hinzu, dessen Zeiten bei der Berechnung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung nicht berücksichtigt wurden, wird die Rente von Amts wegen nach Art. 50 Abs. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 neu festgestellt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Anspruchsvoraussetzungen des ursprünglich nicht leistenden Staates erfüllt werden oder der Versicherte die Feststellung seiner aufgeschobenen Rente wegen Alters beantragt.

Siehe Beispiel 5

Führt eine Neufeststellung von Amts wegen im Hinblick auf den Zutritt von Leistungen weiterer Mitgliedstaaten zu einer Rentenminderung, so besteht kein besonderer Besitzschutz nach dem Europarecht.

Art. 50 Abs. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 ist auch anzuwenden bei anteiligen (zwischenstaatlichen) Berechnungen aus den Zeiten aller Mitgliedstaaten, sofern die Leistung eines Mitgliedstaates wegfällt. Auch in diesen Fällen erfolgt eine Überprüfung der Berechnung und gegebenenfalls eine Neufeststellung von Amts wegen.

Nach der Ziffer I (Nr. 2 und 3) des Beschlusses Nr. P1 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 zu Art. 50 Abs. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 können bei der Neufeststellung auch nach Entstehen des Anspruches zurückgelegte Versicherungszeiten und Wohnzeiten berücksichtigt werden. Da nach den deutschen Rechtsvorschriften weitere Versicherungszeiten, die nach Eintritt des für die deutsche Rentenversicherung maßgebenden Ereignisses (Leistungsfall oder Rentenbeginn) zurückgelegt wurden, nach § 75 SGB VI nicht berücksichtigt werden dürfen, sind die Maßgaben aus der Ziffer I des Beschlusses Nr. P1 der Verwaltungskommission bei der Neufeststellung von deutschen Renten ohne Bedeutung.

Sofern Träger anderer Mitgliedstaaten eine Neufeststellung ihrer Rente unter Beachtung des Beschlusses Nr. P1 der Verwaltungskommission vornehmen, werden diesen auf Anfrage

  • die aktuelle Höhe der deutschen Rente und
  • die gegebenenfalls nach Eintritt des deutschen Leistungsfalles in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten weiteren Zeiten

mitgeteilt.

Beispiel 1: Wirkung des Aufschubes auf alle Leistungen wegen Alters eines Mitgliedstaates

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Der Versicherte hat Versicherungszeiten in Frankreich, in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und bei einem deutschen berufsständischen Versorgungswerk zurückgelegt.

Der Versicherte ist am 17.06.1947 geboren. Er lebt in Frankreich und beantragt dort im Februar 2010 eine Altersrente. Gewünschter Beginn der französischen Altersrente ist der 01.07.2010. Seine Altersrente für langjährig Versicherte aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung möchte er aufgrund der darin enthaltenen Abschläge erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen. Er erklärt dies in seinem Antrag entsprechend.

Lösung:

Der Versicherte hat die Feststellung der Altersrente für langjährig Versicherte aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 wirksam aufgeschoben. Da sich der Aufschub auf alle Leistungen wegen Alters eines Mitgliedstaates bezieht, bewirkt dieser Aufschub gleichzeitig auch den Aufschub der Feststellung von etwaigen Ansprüchen auf eine Leistung wegen Alters aus der deutschen berufsständischen Versorgung. Im Rahmen der sich aus Art. 46 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 ergebenden Informationspflicht wird der Versicherte auf diese Folge hingewiesen.

Beispiel 2: Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 und Abgeltung

(Beispiel zu Abschnitt 5.1)

Folgende Versicherungszeiten wurden zurückgelegt:

445 Monate in Deutschland

7 Monate in Italien

18 Monate in Großbritannien

Der Rentenanspruch nach § 236 SGB VI ist ab Vollendung des 63. Lebensjahres allein nach deutschem Recht erfüllt. Italien gibt seine Versicherungszeiten nach Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ab, der britische Versicherungsträger kann eine Altersrente an Männer erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres gewähren.

Lösung:

Es liegt ein Anwendungsfall des Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 vor. Die Abgabe der italienischen Zeiten nach Art. 57 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ersetzt die Leistungsgewährung aus diesem Staat.

Beispiel 3: Erforderliche Berechnungsschritte

(Beispiel zu Abschnitt 5.1)

Folgende Versicherungszeiten wurden zurückgelegt:

240 Monate in Deutschland

120 Monate in Frankreich

36 Monate in Dänemark

Die Altersrenten in Frankreich und in Deutschland sollen ab Vollendung des 62. Lebensjahres gewährt werden, die Altersrente in Dänemark wird erst ab Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt.

Der Rentenanspruch nach § 237a SGB VI (Wartezeit 15 Jahre und besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) ist allein nach deutschem Recht erfüllt.

Lösung:

Die anteilige Leistung wird nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 zum einen aus deutschen und französischen Zeiten, zum anderen aus deutschen, französischen und dänischen Versicherungszeiten berechnet. Darüber hinaus wird auch eine autonome Leistung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 festgestellt. Die höchste Rente aus den drei Berechnungen steht der Berechtigten nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 zu.

Beispiel 4: Leistungsgewährung nur durch einen Mitgliedstaat

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Nach deutschen Rechtsvorschriften liegt volle Erwerbsminderung vor. Die Anspruchsvoraussetzungen sind ohne die Zeiten anderer Mitgliedstaaten erfüllt. Nach den Rechtsvorschriften der beteiligten Mitgliedstaaten Frankreich und Italien besteht kein Rentenanspruch.

Folgende Versicherungszeiten sind zurückgelegt:

140 Monate in Deutschland

20 Monate in Frankreich

40 Monate in Italien

Lösung:

Die Rente wird zunächst als autonome Leistung festgestellt. Für die anschließende Ermittlung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung müssen die gesamten 200 Monate in Deutschland, Frankreich und Italien zugrunde gelegt werden. Die höchste Rente aus den beiden Berechnungen steht nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 zu.

Beispiel 5: Neufeststellung bei Leistungsgewährung aus den nicht berücksichtigten Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 5.3)

Folgende Versicherungszeiten wurden zurückgelegt:

240 Monate in Deutschland

120 Monate in Frankreich

36 Monate in Dänemark

Die Altersrenten in Frankreich und in Deutschland wurden ab Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt, die Altersrente in Dänemark wird erst ab Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt. Der Rentenanspruch nach § 237a SGB VI (Wartezeit 15 Jahre und besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) war allein nach deutschem Recht erfüllt.

Die Berechnungen haben ergeben, dass die anteilige Leistung, ermittelt aus deutschen und französischen Zeiten, die höchste nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 zustehende Rente war, weil dänische Versicherungszeiten deutsche Zeiten in der Berechnung der anteiligen (zwischenstaatlichen) Leistung aus allen Zeiten verdrängt haben. Die autonome Leistung war ebenfalls niedriger.

Lösung:

Mit Vollendung des 65. Lebensjahres wird der dänische Versicherungsträger eine Altersrente gewähren. Die deutsche Rente wird ab dänischem Rentenbeginn nach Art. 50 Abs. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 neu festgestellt.

Zustehende Rente nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 ist entweder die autonome Leistung oder die anteilige Leistung aus allen mitgliedstaatlichen Zeiten (je nachdem, welche höher ist).

VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004

Inkrafttreten: 20.05.2004

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 200/1 vom 07.06.2004 (berichtigte Fassung)

Anzuwenden ab: 01.05.2010

Art. 50 VO (EG) Nr. 883/2004 ist mit der VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 am 20.05.2004 in Kraft getreten und ab 01.05.2010 anwendbar (Art. 91 Satz 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 entspricht - bis auf redaktionelle Änderungen - inhaltlich Art. 44 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71.

Die Absätze 2 bis 4 haben ihren Ursprung in Art. 49 Abs. 1 und Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71. Der Art. 49 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 hatte die Nichtberücksichtigung von Zeiten eines Mitgliedstaates, nach dessen Rechtsvorschriften ein Rentenanspruch noch nicht oder nicht mehr bestand, zur Regel, sofern sich durch Berücksichtigung der Zeiten nicht eine höhere Leistung ergab. Auf Betreiben Deutschlands wurde Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 verändert. Die Deutsche Rentenversicherung hatte Art. 49 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 schon immer im Sinne von Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 angewendet und bei gleich hohen Leistungen die anteilige (zwischenstaatliche) Berechnung aus allen mitgliedstaatlichen Zeiten der Bescheiderteilung zu Grunde gelegt.

Zusatzinformationen