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§ 112 SGB X: Rückerstattung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

08.02.2020

Änderung

Korrektur in der Historie

Dokumentdaten
Stand17.08.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Art. 2 SGB X vom 04.11.1982 in Kraft getreten am 01.07.1983
Rechtsgrundlage

§ 112 SGB X

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 112 SGB X bestimmt, dass der Leistungsträger, der irrtümlich von seiner Erstattungspflicht ausgegangen ist, einen Anspruch auf Rückerstattung der zu viel gezahlten Beträge gegenüber dem vermeintlich erstattungsberechtigten Leistungsträger hat. Die Regelung beruht auf dem allgemeinen Grundsatz, dass zu Unrecht erfolgte Vermögensverschiebungen wieder rückgängig zu machen sind.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 112 SGB X steht in direktem Zusammenhang mit den Erstattungsansprüchen nach den §§ 102 bis 105 SGB X und findet auch auf die sich aus den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuches ergebenden Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern Anwendung, soweit Sonderregelungen nicht bestehen (§ 37 SGB I).

§ 113 Abs. 1 S. 2 SGB X regelt die Verjährung von Rückerstattungsansprüchen.

Nach der Übergangsregelung des § 120 Abs. 3 SGB X ist eine Rückerstattung in bereits abgeschlossenen Erstattungsfällen ausgeschlossen, soweit die Erstattung nach § 111 S. 2 SGB X in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung zu Recht erfolgt ist. Ursächlich für diese Übergangsregelung war die Neufassung des § 111 S. 2 SGB X zum 01.01.2001. Hiermit wurde klargestellt, dass der Lauf der Ausschlussfrist frühestens mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers über die Leistungspflicht des erstattungspflichtigen Leistungsträgers beginnt.

Rückerstattungsanspruch

Der Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X setzt voraus, dass ein nach §§ 102 bis 105 SGB X geltend gemachter Erstattungsanspruch durch Zahlung erfüllt wurde und sich im Nachhinein herausstellt, dass die Erstattung zu Unrecht erfolgte. Eine Erstattung ist zu Unrecht erfolgt, wenn die Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach entweder von Anfang an nicht vorlag oder nachträglich entfallen ist. Der Rückerstattungsanspruch entsteht ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden der Leistungsträger.

Von Anfang an lag die Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch zum Beispiel dann nicht vor, wenn eine der Voraussetzungen der §§ 102 bis 105 SGB X nicht erfüllt war.

Nachträglich entfällt die Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch zum Beispiel dann, wenn ein Leistungsträger seinen Leistungsbescheid zulässigerweise nach § 45 SGB X für eine Zeit zurücknehmen kann, für die ein Erstattungsanspruch bestanden hat und erfüllt wurde.

Durch das Flexirentengesetz vom 08.12.2016 wurde mit § 34 Abs. 3f SGB VI eine spezielle Aufhebungsvorschrift geschaffen (siehe GRA zu § 34 SGB VI, Abschnitt 4.7). Demzufolge entfällt auch hier die Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch nachträglich, wenn ein Bescheid nach § 34 Abs. 3f S. 1 SGB VI für eine Zeit aufgehoben wird, für die ein Erstattungsanspruch bestanden hat und erfüllt wurde.

Die zu Unrecht erfolgte Erstattung kann insbesondere darauf beruhen, dass

  • eine der Erstattungsvoraussetzungen der §§ 102 bis 105 SGB X nicht vorgelegen hat,
  • der Erstattungsanspruch nach § 102 ff. SGB X dem Grunde nach zwar besteht, jedoch nicht in der erfüllten Höhe,
  • sich nachträglich herausstellt, dass die Rangfolgeregelung des § 106 SGB X über die Verteilung der Rentennachzahlung an verschiedene Leistungsträger (§ 106 SGB X) nicht beachtet wurde oder die Verteilung fehlerhaft war oder
  • der Anspruch auf Erstattung durch Ablauf der Ausschlussfrist des § 111 SGB X vernichtet wurde.

Beachte:

Eine Erstattung ist nicht zu Unrecht im Sinne des § 112 SGB X erfolgt, wenn die Leistung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers zwar dem Grunde oder der Höhe nach objektiv zu Unrecht festgestellt wurde, der dieser Leistung zugrunde liegende Bescheid aber nicht nach § 45 SGB X (siehe GRA zu § 45 SGB X) zurückgenommen werden kann (BSG-Urteil vom 01.04.1993, AZ: 1 RK 10/92, BSGE 72, 163). Aus einem solchen nicht rücknehmbaren und damit wirksamen Bescheid kann der Berechtigte grundsätzlich die Auszahlung der Leistung verlangen. Dieser Auszahlungsanspruch gilt nach § 107 SGB X (siehe GRA zu § 107 SGB X) jedoch als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 bis 105 SGB X besteht. Ein Rückerstattungsanspruch des erstattungspflichtigen Leistungsträgers besteht in diesen Fällen somit nicht.

Sofern ein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 113 SGB X vom erstattungspflichtigen Leistungsträger erfüllt wurde, ist die Erstattung ebenfalls nicht zu Unrecht erfolgt. Denn die Verjährung nach § 113 SGB X ist weder von Amts wegen zu beachten noch wird sie mit Ablauf der Frist automatisch wirksam; vielmehr liegt die Wirkung der Verjährung darin, dass nach Vollendung der Verjährung der verpflichtete Leistungsträger „lediglich“ berechtigt ist, die Leistung zu verweigern, der Anspruch als solcher geht jedoch nicht unter und kann trotz eingetretener Verjährung erfüllt werden.

Nach § 113 Abs. 1 S. 2 SGB X verjährt der Rückerstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist.

Auf Rückerstattungsansprüche finden die Regelungen über die Bagatellgrenze des § 110 SGB X (siehe GRA zu § 110 SGB X) und über die Ausschlussfrist des § 111 SGB X (siehe GRA zu § 111 SGB X, Abschnitt 2) keine Anwendung. Zum einen stellt der Rückerstattungsanspruch lediglich eine Korrektur bereits abgewickelter Erstattungsansprüche dar. Zum anderen ist der Terminus Rückerstattungsanspruch - im Gegensatz zur Verjährungsregelung des § 113 SGB X - weder dem § 110 SGB X noch dem § 111 SGB X zu entnehmen und der Rückerstattungsanspruch selbst ist systematisch auch erst nach den Vorschriften über die Bagatellgrenze und die Ausschlussfrist in der Vorschrift des § 112 SGB X geregelt.

Umfang der Rückerstattung

Der Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X erfasst nur die Beträge, die an den vermeintlich erstattungsberechtigten Leistungsträger tatsächlich zu Unrecht erstattet wurden. Soweit der Erstattungsanspruch zwar dem Grunde nach, aber nicht in der erstatteten Höhe besteht, umfasst der Rückerstattungsanspruch nur die Erstattungsbeträge, auf deren Zahlung ein Anspruch nicht bestand.

Folgen der Rückerstattung

Sobald ein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 bis 105 SGB X entstanden ist, tritt die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X ein (siehe GRA zu § 107 SGB X). Stellt sich im Nachhinein heraus, dass ein Erstattungsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach zu Unrecht erfüllt wurde und ist hierdurch ein Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X erwachsen, bedingt dies den Wegfall der rechtlichen Grundlage der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X. Das bedeutet, dass der Leistungsanspruch des Berechtigten gegenüber dem vermeintlich erstattungspflichtigen Leistungsträger nicht (mehr) als erfüllt gilt, der Leistungsanspruch also noch besteht. Dieser besteht unabhängig von der tatsächlichen Rückzahlung durch den vermeintlich erstattungsberechtigten Leistungsträger. Denn die Rechtsbeziehung des vermeintlich erstattungspflichtigen Leistungsträgers als Schuldner der Leistung zum Berechtigten und die Rechtsbeziehung des vermeintlich erstattungspflichtigen Leistungsträgers als Gläubiger der zu Unrecht erbrachten Geldleistung zum rückerstattungspflichtigen Leistungsträger sind unabhängig voneinander und lösen demzufolge selbständige Rechtsfolgen aus.

Der durch den Wegfall der Erfüllungsfiktion noch bestehende Leistungsanspruch ist unter Berücksichtigung etwaiger Ansprüche Dritter (zum Beispiel nach den §§ 48, 51 bis 54 SGB I) oder eines infolge der erstmaligen beziehungsweise korrigierten Anwendung der Rangfolgeregelung des § 106 SGB X bestehenden Erstattungsanspruches nach den §§ 102 bis 105 SGB X gegebenenfalls an den Berechtigten auszuzahlen. An den Berechtigten auszuzahlende Geldbeträge unterliegen der Zinsprüfung des § 44 SGB I.

SGB X – Sozialgesetzbuch (SGB) – Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten vom 04.11.1982 (BGBl. I S. 1450)

Inkrafttreten: 01.07.1983

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 9/95 und 9/1753

§ 112 SGB X ist am 01.07.1983 in Kraft getreten und gilt für alle seit diesem Zeitpunkt fällig werdenden Ansprüche, im Beitrittsgebiet jedoch erst für Leistungen ab 01.01.1991. Die Vorschrift wurde durch Artikel 10 des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983; Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch -Verwaltungsverfahren) zum 01.01.2001 nochmals unverändert verkündet.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 112 SGB X