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12/3/12 RK 20/74

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 1974 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) Helmut B (B.) während eines Lehrgangs in der Rentenversicherung der Angestellten und in der Arbeitslosenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig gewesen ist.

Der Kläger als Arbeitgeber gewährte dem bei ihm als Angestellten beschäftigten B. vom 1. Oktober 1969 bis 31. Juli 1970 Sonderurlaub zum Besuch des 32. Lehrgangs des Lehrinstituts für das Kommunale Sparkassen- und Kreditwesen in B. Der Kläger und B. schlossen hierüber vorbehaltlich eines Beschlusses des Verbandsvorstands folgende schriftliche Vereinbarung vom 30. September 1969:

"§ 1

Gewährung von Sonderurlaub

(1) Dem Angestellten wird vom Verband auf seinen Antrag zum Besuch des 32. Lehrgangs des Lehrinstituts für das kommunale Sparkassen- und Kreditwesen, an dem er im Interesse seiner Fortbildung teilzunehmen wünscht, unter Verzicht auf die Bezüge für die Zeit vom 1. Oktober 1969 bis 31. Juli 1970 Sonderurlaub gewährt.

(2) Der Verband anerkennt, daß die Beurlaubung auch dienstlichen Gründen dient.

§ 2

Gewährung und Rückzahlung eines Unterhaltsdarlehens

(1) Um dem Angestellten den Lehrgangsbesuch zu ermöglichen, gewährt ihm der Verband ein zinsloses Unterhaltsdarlehen.

(2) Das Unterhaltsdarlehen wird in Höhe der Vergütung, die der Angestellte im Falle der Weiterbeschäftigung ohne Beurlaubung erhalten hätte, jeweils zum 1. eines Monats gezahlt. Die Bestimmung des § 5 des Dienstvertrages vom 28.4.1967 wird entsprechend angewendet.

(3) Das Unterhaltsdarlehen ist in Höhe des gemäß Abs. 2 gezahlten Betrags zurückzuzahlen, wenn der Angestellte

a)den Lehrgangsbesuch aus einem von ihm zu vertretenden Grund abbricht oder
b)aus einem von ihm zu vertretenden Grund innerhalb von 5 Jahren nach Ablauf der in § 1 Abs. 1 genannten Frist aus den Diensten des Verbands ausscheidet.

Im Falle des Buchstabens b) verringert sich der Rückzahlungsanspruch mit jedem vollen Monat, in dem der Angestellte nach Ablauf der in § 1 Abs. 1 genannten Frist im Dienste des Verbands geblieben ist, um 1/60. Die Rückzahlung ist bei Eintreten eines der oben genannten Gründe, im Falle des Buchstabens b) spätestens am Tage des Ausscheidens des Angestellten aus dem Dienst des Verbands zu leisten.

§ 3

Urlaub, Beihilfe

(1) Der Anspruch auf Erholungsurlaub verringert sich für jeden vollen Monat des gemäß § 1 Abs. 1 gewährten Sonderurlaubs um 1/12.

(2) Der Angestellte erhält während des Sonderurlaubs Beihilfe nach Maßgabe der für die im Dienst befindlichen Angestellten des Verbands geltenden Bestimmungen.

§ 4

Widerruf

Die Beurlaubung (§ 1 Abs. 1) kann aus einem von dem Angestellten zu vertretenden wichtigen Grund durch den Verband widerrufen werden."

Der Kläger teilte B. am 6. März 1970 zu § 2 dieser Vereinbarung mit, nach einem grundsätzlichen Beschluß seines Verbandsvorstandes seien "Unterhaltsdarlehen" nur bis zur Höhe der Vergütung nach Gruppe IV BAT zu gewähren; gleichzeitig wurde das Unterhaltsdarlehen entsprechend "niedriger als das bisher bezogene Gehalt" festgesetzt.

Mit Bescheid vom 26. Februar 1970 stellte die Beklagte die Versicherungs- und Beitragspflicht des B. in der Angestellten- und Arbeitslosenversicherung für die weitere Lehrgangsdauer vom 1. Januar 1970 an fest. Für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1969 nahm sie in diesen Versicherungszweigen entsprechend ihrer "bisherigen Handhabung" Versicherungsfreiheit an und sagte für diese Zeit, falls schon Beiträge geleistet worden seien, deren Erstattung zu.

Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind - bei einem streitigen Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Juli 1970 - erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 1970; Urteile des Sozialgerichts - SG - Stuttgart vom 18. November 1971 und des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 26. April 1974). Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen das Urteil des LSG hat der Kläger Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), des § 168 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und der §§ 157, 611 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Der Kläger beantragt,

  • die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 26. April 1974 und des SG Stuttgart vom 18. November 1971 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 1970 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) beantragen,

  • die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1) (B.) ist nicht vertreten.

Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheidet.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen.

B. war in der streitigen Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1970, in der er den Fortbildungslehrgang des Lehrinstituts für das Kommunale Sparkassen- und Kreditwesen in B besuchte, in der Angestellten- und Arbeitslosenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG, § 168 Abs. 1 AFG). Die Versicherungs- und Beitragspflicht setzt grundsätzlich eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer gegen Entgelt voraus. Ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht, hängt nicht vom Zweck oder Motiv der abhängigen Beschäftigung ab (vgl. Urteil des 3. Senats des Bundessozialgerichts - BSG - vom 12. November 1975 - 3/12 RK 13/74 -, zur Veröffentlichung bestimmt), sondern regelmäßig vornehmlich davon, wie die tatsächlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gestaltet sind. Dabei sind alle Umstände des Falles und unter diesen auch die vertraglichen Gestaltungen zu berücksichtigen (BSGE 1, 115, 117 ff; 11, 257, 260, 262; 16, 210, 212 = SozR Nr. 9 zu § 87 AVAVG; 24, 29, 30 f = SozR Nr. 1 zu § 539 RVO; 31, 1, 2 f = SozR Nr. 15 zu § 539 RVO; 35, 20, 21 = SozR Nr. 34 zu § 539 RVO; 38, 53, 57 f = SozR 4600 § 56 Nr. 1; SozR Nrn. 68, 71, 72 zu § 165 RVO; SozR Nr. 15 zu § 1227 RVO; Urteil des 3. Senats des BSG vom 12. November 1975 - 3/12 RK 13/74 -; Heußner, Das abhängige Beschäftigungsverhältnis - Bindeglied zwischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Arbeit und Recht - AuR - 1975, 307, 308). Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, setzt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis voraus, daß der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (BSGE 20, 6, 8 = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr. 1; SozR Nrn. 62, 68, 71, 72 zu § 165 RVO). Dies ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist, der Beschäftigte also einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (BSGE 13, 196, 197, 201 f = SozR Nr. 5 zu § 1 AVG a.F.; SozR Nr. 68 zu § 165 RVO). Das kann allerdings - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß" verfeinert sein (BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr. 30 zu § 165 RVO; SozR Nr. 68 aaO; Heußner, aaO, 309). Von einer persönlichen Abhängigkeit ist dann nicht zu sprechen, wenn der Beschäftigte seine Tätigkeit wesentlich frei gestalten kann (BSGE 13, 196, 201 f = SozR Nr. 5 zu § 1 AVG a.F.; SozR Nr. 68 zu § 165 RVO). Insgesamt wird also das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis von den Merkmalen abhängiger Beschäftigung geprägt: Der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers, der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und der Entgeltlichkeit der Beschäftigung (Helmar Bley, Sozialrecht, 1975, S. 94).

Diese Merkmale waren, wie das LSG zutreffend festgestellt hat, in den Beschäftigungszeiten des B. vor und nach dem Fortbildungslehrgang vorhanden, und zwar mit der Folge der Versicherungs- und Beitragspflicht in der Kranken-, Angestellten- und Arbeitslosenversicherung. Indes streiten der Kläger und die Beklagte über die Versicherungs- und Beitragspflicht des B. während der Lehrgangszeit. Der Kläger möchte sie verneinen, die Beklagte aber bejahen. Der Kläger führt für sich an: Das Beschäftigungsverhältnis sei unterbrochen worden, weil B. unbezahlten Sonderurlaub erhalten habe. Entgegen der Auffassung des LSG sei der Arbeitsvertrag, wenn man ihn richtig auslege und auch das von den Vertragsparteien Geregelte berücksichtige, nicht geändert worden. Zu der von B. nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Leistung sei auch der Besuch eines Lehrgangs einer Sparkassenschule zur Erweiterung der Kenntnisse zu rechnen. Der dem B. gewährte Sonderurlaub sei entgegen der Auffassung des LSG nicht mit einer vorübergehenden Arbeitsbefreiung zum Zweck des Erholungsurlaubs und einer krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung gleichzustellen. Zudem sei das vereinbarte zinslose, aber zurückzuzahlende Darlehen kein Entgelt. Ohne Entgeltfortzahlung und bei unbezahltem Urlaub ende die Versicherungs- und Beitragspflicht mit der Einstellung der tatsächlichen Beschäftigung, wenn der unbezahlte Urlaub länger als drei Wochen dauere.

Dieser Argumentation hat sich das LSG mit Recht nicht angeschlossen. Der Kläger mißt mit Vorrang der arbeitsvertraglichen Gestaltung seiner Beziehungen zu B. die entscheidende Bedeutung bei. Auf diese Weise will er beurteilen, ob ein Beschäftigungsverhältnis in der streitigen Zeit bestanden hat. Dabei übersieht er, daß die in der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und B. vom 30. September 1969 und in dem Beschluß des Verbandsvorstands gewählten Bezeichnungen wie "Verzicht auf die Bezüge", "Sonderurlaub" (§ 1 Abs. 1), "Unterhaltsdarlehen" (§ 2) lediglich als Hinweise zu werten sind. Schon bei der Beurteilung der arbeitsrechtlichen Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist nicht in erster Linie maßgebend, welche rechtliche Wertung die Beteiligten ihren Vertragsbeziehungen angedeihen lassen, sondern wie diese bei objektiver Betrachtung in Wahrheit einzuordnen sind (vgl. BAGE 12, 303; 14, 17; 19, 324). Dies gilt um so mehr bei der Feststellung, ob ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis besteht. Die tatsächliche Gestaltung der Beziehungen ist hier ausschlaggebend.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG erbrachte B. während des Lehrgangs gegenüber dem Kläger nicht die sonst übliche Arbeitsleistung. B. erhielt vom Kläger kein Gehalt, wohl aber regelmäßige monatliche Zuwendungen in Geld, die niedriger als das bisherige Gehalt waren. Der Rückschluß des Klägers, weil B. nicht - wie üblich - gearbeitet habe, habe zugleich mit dem Ende der bisherigen Beschäftigung das Beschäftigungsverhältnis geendet, die Arbeitsunterbrechung habe also das Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen, ist nicht haltbar. Schon das Reichsversicherungsamt (RVA) hat die Auffassung vertreten, daß ein einmal wirksam gewordenes Beschäftigungsverhältnis auch in Zeiten fortdauern kann, in denen keine Beschäftigung mehr stattfindet, solange das der Beschäftigung zugrunde liegende Dienst- oder Arbeitsverhältnis und der sich daraus ergebende Anspruch des dienstbereiten Arbeitnehmers auf die Gewährung des vertragsmäßigen Entgelts weiterbestehen. Die tatsächliche Beschäftigung nach dem Wegfall des Grundes der Unterbrechung mußte also nach dem Willen der Beteiligten wieder aufgenommen werden und der Arbeitnehmer auch in der Zwischenzeit der Verfügungsmacht des Arbeitgebers unterstehen (RVA GE 1933, AN 1914, 813 = EuM 4, 42; GE 1969, AN 1915, 371 = EuM 4, 53; GE 2233, AN 1916, 588 = EuM 8, 45; GE 2362, AN 1917, 516 = EuM 9, 28; GE 2789, AN 1924, 84 = EuM 16, 11; AN 1928 IV 314; AN 1929 IV 66, 67; EuM 22, 133; EuM 31, 117, 118; vergleiche Aye in: RVO-Gesamtkomm., Zweites Buch, Krankenversicherung, Juli 1974, 40. Teillieferung, § 165, Anm. 8; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. I 2, 36. Nachtrag, Juli 1971, S. 308 w I, II, 308 x; Heußner, AuR 1975, 307, 310 f; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl., Stand: 1. April 1976, § 165, Anm. 5.3; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, 17. Aufl., 42. Nachtrag, § 165, Anm. 9 b). Hieran anschließend hat auch das BSG wiederholt entschieden, daß ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis durch Unterbrechungen der tatsächlichen Dienstleistung von verhältnismäßig kurzer Dauer - sei es infolge fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers, sei es infolge fehlender Bereitschaft des Arbeitgebers, die angebotene Dienstleistung anzunehmen - nicht berührt wird, sofern nur beide Seiten den grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen haben (BSGE 12, 190, 193 = SozR Nr. 19 zu § 165 RVO; 16, 210 212 f = SozR Nr. 9 zu § 87 AVAVG; 20, 154, 156 = SozR Nr. 43 zu § 165 RVO; 33, 254, 257 = SozR Nr. 67, aaO; 36, 161, 163 = SozR Nr. 73, aaO; 37, 10, 13 ff = SozR Nr. 62 zu § 1259 RVO; Urteil des 3. Senats vom 12. November 1975 - 3/12 RK 13/74 -, zur Veröffentlichung bestimmt). In der Rechtsprechung des RVA und des BSG sind deshalb Erholungsurlaub (RVA GE 1885, AN 1914, 655), unbezahlter Urlaub (RVA EuM 12, 93; AN 1941 II 86; BSGE 20, 154, 156 = SozR Nr. 43 zu § 165 RVO), Geschäftsruhe (RVA AN 1924, 84), Streik (BSGE 33, 254, 257 = SozR Nr. 67 zu § 165 RVO; 37, 10, 13 ff = SozR Nr. 62 zu § 1259 RVO) und neuerdings eine Sonderausbildung zum Berufsschullehrer nach einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Aushilfslehrer (Urteil des 3. Senats vom 12. November 1975 - 3/12 RK 13/74 -, zur Veröffentlichung bestimmt) als unschädlich für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses angesehen worden.

Bei den Unterbrechungen muß es sich um solche handeln, deren Ende absehbar ist (RVA GE 2233, AN 1916, 588 = EuM 8, 45; EuM 31, 261, 263, etwa mehrere Wochen: RVA GE 1933, AN 1914, 813 = EuM 4, 42 oder für die Wintermonate: RVA GE 2233, AN 1916, 588). Der 3. Senat des BSG hat in seinem bereits erwähnten Urteil vom 12. November 1975 eine Unterbrechung jeweils von "begrenzter Dauer" als unschädlich für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses angesehen, ohne sich näher zur Dauer der Unterbrechung zu erklären.

Wendet man diese Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall an, so hat das Beschäftigungsverhältnis während des Fortbildungslehrgangs zwischen dem Beigeladenen zu 1) - B. - und dem Kläger fortbestanden.

Wenn B. auch während des Lehrgangs nicht unmittelbar dienstbereit sein mußte und der Kläger dem B. unmittelbar keine Weisungen erteilen konnte, bestand doch, wie das LSG zutreffend festgestellt hat, die persönliche Abhängigkeit des B. vom Kläger fort. Das ergibt sich aus § 4 der schriftlichen Vereinbarung, der den Widerruf regelt: "Die Beurlaubung (§ 1 Abs. 1) kann aus einem von dem Angestellten zu vertretenden wichtigen Grund durch den Verband widerrufen werden." Bei einem wichtigen Grund konnte der Kläger von B. verlangen, den Lehrgang zu verlassen und seine übliche Beschäftigung bei ihm wieder aufzunehmen. Die Dienstbereitschaft des B., die während des Lehrgangs ruhte, wäre im Widerrufsfalle wieder aufgelebt. Das Weisungsrecht des Klägers wäre zudem ausgeschlossen, wenn nicht während des Lehrgangs die persönliche Abhängigkeit des B. vom Kläger fortbestanden hätte. Die Vereinbarung vom 30. September 1969 läßt nicht nur erkennen, daß auch während des Lehrgangs grundsätzlich die Dienstbereitschaft des B. und das Weisungsrecht des Klägers fortbestanden. Ihr ist vielmehr auch zu entnehmen, daß beide Beteiligten den grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen hatten. Schon die Gewährung des Sonderurlaubs (§ 1) ist ein Hinweis darauf, daß das bisherige Beschäftigungsverhältnis nicht beendet werden sollte. Wenn Sonderurlaub gewährt wird, weiß sich der Beurlaubte an das bisherige Beschäftigungsverhältnis gebunden, wenngleich er die übliche Arbeitsleistung während der Urlaubszeit nicht zu erbringen hat. Wegen der Bindung an das bisherige Beschäftigungsverhältnis ist der Beurlaubte aber auch grundsätzlich gewillt, nach Urlaubsende seine Beschäftigung fortzusetzen. Der von der Rechtsprechung verlangte grundsätzliche Arbeits- und Fortsetzungswille kommt ferner in der Rückzahlungsverpflichtung (§ 2 Abs. 3 b) für den Fall zum Ausdruck, daß B. aus einem von ihm zu vertretenden Grund innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf der in § 1 Abs. 1 genannten Frist aus den Diensten des Klägers ausscheidet. Beide Beteiligten haben sich bei dieser Regelung offenbar davon leiten lassen, daß B. nach Lehrgangsende seine Dienste beim Kläger wieder aufnehmen werde. Schließlich spricht der vorbehaltene Widerruf aus wichtigem Grund (§ 4) für den grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen, weil der ausgeübte Widerruf von B. die Rückkehr zu seiner früheren Beschäftigung verlangt hätte.

Gegen die Dauer der Unterbrechung der tatsächlichen Arbeit des B. bestehen keine Bedenken. Eine bestimmten Zeitmerkmalen genügende Richtschnur, etwa nach zahlenmäßig genau festgestellten Tagen, Wochen oder Monaten, läßt sich bei der Vielfalt der Unterbrechungsanlässe ohnehin nicht finden. Es reicht aus, um Mißbräuchen zu begegnen, daß das Ende der Unterbrechung absehbar, also nicht beliebig lang, sondern begrenzt ist (RVA GE 1933, AN 1914, 813 = EuM 4, 42; GE 2233, AN 1916, 588 = EuM 8, 45; EuM 31, 261, 263; Urteil des 3. Senats vom 12. November 1975 - 3/12 RK 13/74 -). B. hat seine Beschäftigung durch die Lehrgangsteilnahme unterbrochen. Die Lehrgangsdauer und damit auch das Ende der Unterbrechung waren daher im voraus bekannt.

Schließlich ist das für ein Beschäftigungsverhältnis in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung maßgebende Merkmal der Entgeltlichkeit der Beschäftigung im vorliegenden Fall auch vorhanden. Allerdings wird die Geldzuwendung des Klägers an B. während des Fortbildungslehrgangs in § 2 der schriftlichen Vereinbarung als zinsloses und in bestimmten Fällen zurückzuzahlendes "Unterhaltsdarlehen" bezeichnet. Es kann indessen offenbleiben, ob die monatlichen Zahlungen Darlehenscharakter haben oder ob dieser, wie dies das LSG angenommen hat, zu verneinen ist. Denn auf die Bezeichnung und die Rechtsnatur einer derartigen Zuwendung kommt es nicht an, um festzustellen, ob sie Entgelt im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist. Seit dem Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 1944, 281), dessen Fortgeltung das BSG in ständiger Rechtsprechung bejaht hat (BSGE 6, 47, 50 ff; 15, 65, 69 = SozR Nr. 3 zu § 160 RVO = SozR Nr. 26 zu § 165 RVO; BSGE 20, 154, 156 = SozR Nr. 43 zu § 165 RVO), ist der Entgeltbegriff im Sozialversicherungsrecht ebenso zu verstehen wie im Lohnsteuerrecht. Da die monatlichen Zuwendungen des Klägers an B. lohnsteuerpflichtig sind - nach den Feststellungen des LSG ist auch davon Lohnsteuer entrichtet worden -, sind die monatlichen Zahlungen des Klägers an B. Entgelt. Lohnsteuerpflichtig ist der Arbeitslohn. Arbeitslohn ist alles, was nach der Verkehrsauffassung als Ertrag aus nichtselbständiger Arbeit dem Arbeitnehmer zufließt. Es muß sich also um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für Dienste des Arbeitnehmers handeln (BSGE 22, 157, 160 mit weiteren Nachweisen). Unbeschadet der Bezeichnung leistete der Kläger die monatlichen Zuwendungen an B., weil das Beschäftigungsverhältnis fortdauerte. Insoweit war der Charakter der Gegenleistung gewahrt (anders in dem in BSGE 22, 157 entschiedenen Fall).

B. war auch nicht nach § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten vom 24. Juni 1975 - BGBl. I 1536 - geltenden Fassung (1. September 1975) - a.F. -, § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG und § 169 Nr. 1 AFG während des Lehrgangs in der Angestellten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Obwohl B. von der bisherigen Dienstleistung freigestellt war, gehörte er dem Kreis der versicherungspflichtigen Personen an. Sinn und Zweck der grundsätzlich für alle Arbeitnehmer bestehenden Versicherungspflicht verbieten es, einen Arbeitnehmer lediglich wegen eines in seinem fortbestehenden Beschäftigungsverhältnis durchgeführten Studiums von der Solidargemeinschaft der Versicherten auszunehmen (vgl. Urteil des 3. Senats vom 12. November 1975 - 3/12 RK 13/74 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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