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§ 15 WGSVG: Bewertung von Verfolgungszeiten für pflichtversicherte Verfolgte

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Die GRA wurde im Rahmen der Abstimmung mit den Regionalträgern vollständig überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand19.10.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des RÜG vom 25.07.1991 in Kraft getreten am 01.01.1992
Rechtsgrundlage

§ 15 WGSVG

Version001.01
Schlüsselwörter
  • 1412

Inhalt der Regelung

§ 15 WGSVG sieht eine besondere Bewertung der Verfolgungszeiten bei der Rentenberechnung vor. Der Schaden, der den Verfolgten in der Rentenversicherung durch die während der Verfolgungszeit unterbliebene Beitragsleistung entstanden ist, soll dadurch ausgeglichen werden, dass diese Zeit bei der Rentenberechnung weitgehend wie eine Pflichtbeitragszeit behandelt wird.

Es ist eine Vergleichsbewertung der Verfolgungszeit bei der Rentenberechnung durchzuführen, zum einen als Ersatzzeit nach den allgemeinen Vorschriften und zum anderen als Pflichtbeitragszeit ohne Auswirkungen von Verfolgungsmaßnahmen. Der Verfolgte erhält die Rente, die sich nach den beiden Berechnungen als die günstigere erweist.

Wäre ohne die Verfolgung eine höherwertige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden, ist der mutmaßliche berufliche Werdegang ohne die Verfolgung nachzuzeichnen und die der besseren Einstufung und Zuordnung entsprechende Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ist eine Sonderregelung zu § 71 SGB VI.

Allgemeines

Nach § 15 WGSVG sind die Verfolgungszeiten eines pflichtversicherten Verfolgten bei der Ermittlung von Entgeltpunkten wie Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen im Sinne des § 54 Abs. 2 SGB VI zu berücksichtigen, wenn dies günstiger ist.

Bei der Berechnung der Rente sind die als Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI anerkannten Verfolgungszeiten in einem ersten Berechnungsgang unter Beachtung der allgemeinen Vorschriften der Gesamtleistungsbewertung (§§ 71 bis 74, 263a SGB VI) zu berücksichtigen.

In einem zweiten Berechnungsgang sind die Verfolgungszeiten als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen. Der Berechtigte erhält die Rente, die sich nach Erstellung der beiden Berechnungen als die günstigere Berechnung erweist.

Pflichtversicherter Verfolgter

§ 15 WGSVG findet nur auf pflichtversicherte Verfolgte Anwendung. Es ist also zunächst zu prüfen, ob der Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 BEG ist. Sofern dies der Fall ist, ist zusätzlich zu prüfen, ob der Versicherte auch pflichtversicherter Verfolgter ist.

Feststellung der Verfolgteneigenschaft

Verfolgter ist der Versicherte, der als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung im Sinne des § 1 BEG anerkannt ist. Hinsichtlich des erforderlichen Nachweises der Verfolgteneigenschaft wird auf die GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 6.1 verwiesen.

Wird in Fällen der Neufeststellung einer Rente nach § 307b Abs. 1 SGB VI die Anwendung des § 15 WGSVG geltend gemacht, ist vom Vorliegen der Verfolgteneigenschaft im Sinne des § 1 BEG ohne weitere Prüfung auszugehen, wenn der Versicherte im Beitrittsgebiet eine Ehrenrente nach der Anordnung über Ehrenpensionen für Kämpfer gegen den Faschismus und für Verfolgte des Faschismus vom 20.09.1976 bezogen hat.

Unterbrechung der Pflichtversicherung

Ist der Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 BEG, ist zusätzlich zu prüfen, ob er auch pflichtversicherter Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG ist. Ist der Versicherte pflichtversicherter Verfolgter, kann diese Eigenschaft nicht mehr verloren gehen. Sie gilt für jede nachfolgende Verfolgungszeit des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI und ist nicht erneut zu prüfen.

Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit

Pflichtversicherter Verfolgter ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG der Versicherte, dessen rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit aus Verfolgungsgründen unterbrochen oder beendet worden ist oder für den bis zum Beginn der Verfolgung

  • eine Anrechnungszeit wegen Krankheit, Schwangerschaft oder Mutterschutz oder wegen Arbeitslosigkeit oder
  • eine Ersatzzeit nach § 250 SGB VI vorliegt, die eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen oder beendet hat.

Die rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ist aus Verfolgungsgründen unterbrochen oder beendet worden, wenn bis zum Ablauf des Kalendermonats, der auf den Kalendermonat der Aufgabe der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit folgt,

Zum Tatbestand der Unterbrechung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit wird auf die GRA zu § 58 SGB VI, Abschnitt 3 verwiesen.

Eine Unterbrechung aus Verfolgungsgründen liegt in den sogenannten „Ghettofällen“ auch dann vor, wenn eine Pflichtbeitragszeit mehr als einen Kalendermonat vor der Vollendung des 14. Lebensjahres endet und die an die Pflichtbeitragszeit anschließende weiteren Verfolgungsmaßnahmen erst ab Vollendung des 14. Lebensjahres als Verfolgungsersatzzeit anerkannt werden können.

Pflichtversicherter Verfolgter durch nachgezahlte Beiträge

Pflichtversicherter Verfolgter ist auch der Versicherte, der für Zeiten vor Beginn seiner Verfolgung Beiträge nachgezahlt hat, die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WGSVG Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit gleichstehen. Es handelt sich hierbei um Beiträge, die Frauen aus Anlass einer Beitragserstattung wegen Heirat nach

  • Art. 10 BEG-Schlussgesetz vom 14.09.1965,
  • §§ 7, 8 WGSVG in der Fassung bis 31.12.1991,
  • §§ 8, 9 WGSVG

für den Zeitraum vom 01.01.1933 bis 31.12.1946 nachgezahlt haben.

Die Eigenschaft, pflichtversicherter Verfolgter zu sein, konnte nur durch die Nachzahlung von Beiträgen nach den vorstehend genannten Vorschriften für Zeiten unmittelbar vor Beginn der Verfolgungszeiten erworben werden.

Durchführung der Vergleichsberechnungen

Die als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI anerkannten Verfolgungszeiten eines pflichtversicherten Verfolgten sind bei der Berechnung der Rente in einem ersten Berechnungsgang nach den Vorschriften des SGB VI nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung (§§ 71 bis 74, 263a SGB VI) zu berücksichtigen.

In einem zweiten Berechnungsgang sind die Verfolgungszeiten nach § 15 Satz 1 WGSVG als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen im Sinne des § 54 Abs. 2 SGB VI zu bewerten. Dabei sind sie gemäß § 15 Satz 2 WGSVG mit der Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergibt. Für die Zuordnung der Tabellenwerte ist nach § 15 Satz 3 Nr. 1 WGSVG bei Arbeitnehmern die zuletzt vor der Verfolgungszeit ausgeübte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung maßgebend, während bei Selbständigen nach § 15 Satz 3 Nr. 2 WGSVG der Durchschnittswert aus den Pflichtbeiträgen für die letzten sechs Kalendermonate der selbständigen Erwerbstätigkeit vor der Verfolgungszeit zu berücksichtigen ist.

Wäre ohne die Verfolgung eine höherwertigere Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden, ist gemäß § 15 Satz 4 WGSVG der mutmaßliche berufliche Werdegang ohne die Verfolgung nachzuzeichnen und die der besseren Einstufung und Zuordnung entsprechende Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

Hat ein Verfolgter mehrere Verfolgungszeiten zurückgelegt, sind nicht für jede nachzuzeichnende Zeit zwei Berechnungen vorzunehmen, sondern es ist lediglich eine Vergleichsberechnung durchzuführen.

Ist bei der Vergleichsberechnung ein Kalendermonat teilweise mit einer Verfolgungszeit und einer nachgewiesenen Beitragszeit belegt, sind die Entgeltpunkte für die Verfolgungszeit anteilmäßig neben den Entgeltpunkten für die nachgewiesene Beitragszeit zu berücksichtigen. Bei der Bewertung der Verfolgungszeit als Ersatzzeit nach den allgemeinen Vorschriften im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung handelt es sich bei dem entsprechenden Kalendermonat um eine beitragsgeminderte Zeit im Sinne des § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI.

Der Berechtigte erhält die Rente, die sich nach den beiden Berechnungen als die günstigere erweist.

Für die Feststellung der nach § 15 WGSVG erheblichen Tatsachen reicht es aus, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 3 WGSVG). Hinsichtlich der Glaubhaftmachung rechtserheblicher Tatsachen wird auf die GRA zu § 4 FRG verwiesen.

Hinsichtlich der Anwendung des § 15 WGSVG bei der verfolgungsbedingten Unterbrechung von Beitragszeiten im Ghetto wird auf die GRA zu § 2 ZRBG, Abschnitt 3.2 verwiesen.

Berücksichtigung der Verfolgungszeit als Ersatzzeit bei der Berechnung der Rente

Die als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI anerkannte Verfolgungszeit wird bei der Berechnung der Rente im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung berücksichtigt. Dabei sind die Entgeltpunkte für die Ersatzzeit als beitragsfreie Zeit im Sinne des § 54 Abs. 4 SGB VI nach den §§ 71 bis 74 SGB VI zu ermitteln. Die Aufteilung der ermittelten Entgeltpunkte in Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) erfolgt in entsprechenden Fällen nach § 263a SGB VI.

Berücksichtigung der Verfolgungszeit als Zeit mit vollwertigen Pflichtbeiträgen

Die Verfolgungszeit eines pflichtversicherten Verfolgten ist in dem erforderlichen zweiten Berechnungsgang wie eine Zeit mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen. Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen sind nach § 54 Abs. 2 SGB VI Kalendermonate, die mit Beiträgen belegt und nicht beitragsgeminderte Zeiten im Sinne des § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sind.

Im Einzelnen sind die nachfolgenden Besonderheiten zu beachten.

Randmonate

Ist der Kalendermonat des Beginns der Verfolgungszeit teilweise mit einer nachgewiesenen Beitragszeit belegt, sind die Entgeltpunkte für den vollwertigen Pflichtbeitrag anteilmäßig zusätzlich zu den Entgeltpunkten für die nachgewiesene Beitragszeit zu berücksichtigen (vergleiche dazu Abschnitt 5).

Fiktion der Berufsausbildung für die ersten 48 beziehungsweise 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen

Die als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen geltende Verfolgungszeit fiel unter den Anwendungsbereich des § 70 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI in der Fassung bis 31.12.1996. Gegebenenfalls hatte eine Anhebung auf 0,0750 Entgeltpunkte je Kalendermonat zu erfolgen.

Mit Wirkung ab 01.01.1997 wurde § 70 Abs. 3 SGB VI durch das WFG gestrichen. Die Fiktion der Berufsausbildung für die ersten (nunmehr) 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vor dem vollendeten 25. Lebensjahr und deren besondere Bewertung als beitragsgeminderte Zeiten ist ab diesem Zeitpunkt in § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a sowie Satz 2 und 3 SGB VI, mit dem Inkrafttreten des RRG 1999 ab 01.01.1998 in § 54 Abs. 3 Satz 2 bis 4 SGB VI und mit dem Inkrafttreten des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes ab 01.01.2005 in § 246 Satz 2 und 3 in Verbindung mit § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI geregelt worden.

Lückenausgleich bei einer Zurechnungszeit

Für die Ermittlung des Lückenausgleichs bei einer Zurechnungszeit nach § 72 Abs. 4 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2001 waren die als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen geltenden Verfolgungszeiten als Beitragszeiten und nicht als nicht belegungsfähige Zeiten zu berücksichtigen.

Pauschale Anrechnungszeit

Bei der Ermittlung des Umfangs der pauschalen Anrechnungszeit des § 253 Abs. 1 SGB VI sind die als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen geltenden Verfolgungszeiten zwar als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Sie bestimmen jedoch nicht den Zeitpunkt des Kalendermonats, für den der letzte Pflichtbeitrag vor dem 01.01.1957 gezahlt ist.

Zeiten mit Sachbezug

Als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen geltende Verfolgungszeiten fallen nicht unter den Anwendungsbereich des § 259 SGB VI. Es sind keine Entgeltpunkte aufgrund der Beitragsbemessungsgrundlage oder Lohn-, Gehalts- oder Beitragsklassen der Anlage 8 zum SGB VI zu berücksichtigen.

Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt

Die nach § 15 WGSVG zu bewertenden Verfolgungszeiten werden wie Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen berücksichtigt. Sie stehen insoweit Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen gleich und werden daher vom Anwendungsbereich des § 262 SGB VI erfasst.

Pauschalzeit

Als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen geltende Verfolgungszeiten wurden vom Anwendungsbereich des § 263 Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2004 erfasst. Sie wirkten sich auf den Umfang der Pauschalzeit aus.

Maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage

Für die als Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen geltenden Verfolgungszeiten eines pflichtversicherten Verfolgten sind Entgeltpunkte aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, die sich nach Einstufung der durch die Verfolgung unterbrochenen oder beendeten Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergeben.

Für die maßgebende Beschäftigung oder Tätigkeit ist in analoger Anwendung des § 22 Abs. 1 FRG in der Fassung bis 30.06.1990 nach den Tätigkeitsmerkmalen die entsprechende Leistungsgruppe der Anlage 1 zum FRG

  • A. Rentenversicherung der Arbeiter,
  • B. Rentenversicherung der Angestellten,
  • C. Knappschaftliche Rentenversicherung

zu bestimmen und die jeweils maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage nach den Anlagen 2 bis 16 zum FRG zuzuordnen. Es gelten insoweit die in der GRA zu § 22 Abs. 1 FRG, B. Alte Bewertung (Anlage 1 bis 16 FRG) aufgestellten Grundsätze.

Die Kürzungsregelung des § 22 Abs. 3 FRG und die Absenkungsregelung des § 22 Abs. 4 FRG finden keine Anwendung.

Sofern am Beginn oder am Ende der Verfolgungszeit ein teilweise belegter Monat vorliegt, ist die Beitragsbemessungsgrundlage für die Ermittlung von Entgeltpunkten anteilig zu bestimmen.

Rentenversicherungspflichtige Beschäftigung

Bei der Einstufung der durch die Verfolgung unterbrochenen oder beendeten Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und damit auch bei der Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ist auf die Tätigkeitsmerkmale der vor der Verfolgungszeit zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Damit wird der pflichtversicherte Verfolgte so gestellt, als habe er seine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung während seiner Verfolgungszeit weiterhin ausgeübt.

Sofern der pflichtversicherte Verfolgte zuletzt vor Beginn seiner Verfolgungszeit als Lehrling oder Anlernling rentenversicherungspflichtig beschäftigt war, ist die Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG von dem Zeitpunkt an und nach Maßgabe der Beschäftigung vorzunehmen, die der pflichtversicherte Verfolgte nach Abschluss der Lehrzeit oder Anlernzeitzeit mutmaßlich ausgeübt hätte.

Rentenversicherungspflichtige selbständige Erwerbstätigkeit

Sofern der pflichtversicherte Verfolgte bei Beginn seiner Verfolgungszeit als Selbständiger eine der Rentenversicherungspflicht unterliegende selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, ist für die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG der Durchschnittswert aus den Pflichtbeiträgen der letzten sechs Kalendermonate der selbständigen Tätigkeit vor Beginn der Verfolgungszeit maßgebend. Sind diese letzten sechs Kalendermonate nur teilweise mit Pflichtbeiträgen belegt, ist der Durchschnitt aus den tatsächlich geleisteten Beiträgen maßgebend.

Entgangener beruflicher Aufstieg

Ein durch die Verfolgungsmaßnahmen entgangener beruflicher Aufstieg ist auf Antrag des Berechtigten zu berücksichtigen, das heißt, für die Einstufung der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder der Rentenversicherungspflicht unterliegenden selbständigen Erwerbstätigkeit in die Anlage 1 zum FRG und die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ist der ohne Verfolgungsmaßnahmen mutmaßliche berufliche Werdegang nachzuzeichnen.

Siehe Beispiel 1

Die zuzuordnende Leistungsgruppe und damit der Tabellenwert können sich nach einem anderen Versicherungszweig richten, wenn für die Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit, die der Verfolgte ohne die Verfolgungsmaßnahmen ausgeübt hätte, Versicherungspflicht in einem anderen Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hätte.

Die Verfolgungszeit bleibt jedoch Ersatzzeit in dem Versicherungszweig, dem sie nach den allgemeinen Vorschriften zugeordnet ist. Für sie erfolgt kein Wechsel in der Zuordnung des Versicherungszweiges.

Siehe Beispiel 2

Nachgezahlte Beiträge

Nachgezahlte Beiträge, die nach § 11 WGSVG den Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit gleichstehen, machen den Versicherten bei Erfüllung der in den Abschnitten 3, 3.1 bis 3.2.2 genannten Voraussetzungen zu einem pflichtversicherten Verfolgten.

Bei der Einstufung der durch die Verfolgung damit fiktiv unterbrochenen oder beendeten Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und damit auch bei der Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ist auf die Tätigkeitsmerkmale einer gegebenenfalls irgendwann vor der Verfolgungszeit zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Ist vor der Verfolgungszeit keine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden, ist auf die Tätigkeitsmerkmale der Beschäftigung abzustellen, die nach dem Ende der Verfolgungszeit erstmals rentenversicherungspflichtig ausgeübt wurde.

Beispiel 1: Entgangener beruflicher Aufstieg mit Zuordnung des Tabellenwertes der Anlagen 1 bis 16 zum FRG im gleichen Versicherungszweig

(Beispiel zu Abschnitt 5.3)

Bis zum 31.12.1934 war ein Verfolgter rentenversicherungspflichtig in Köln als Schlossergeselle und anschließend ab 01.01.1935 bis zum Beginn der Verfolgungszeit am 18.07.1940 verfolgungsbedingt als Hilfsarbeiter beschäftigt.

Lösung:

Bei der Vergleichsberechnung nach § 15 WGSVG ist der Verfolgungszeit der Tabellenwert der Leistungsgruppe 1 der Rentenversicherung der Arbeiter zuzuordnen.

Außerdem ist zu prüfen, ob eine Minderbeitragsleistung nach § 14 Abs. 2 WGSVG auszugleichen ist.

Beispiel 2: Entgangener beruflicher Aufstieg mit Zuordnung des Tabellenwertes der Anlagen 1 bis 16 zum FRG in einem anderen Versicherungszweig

(Beispiel zu Abschnitt 5.3)

Eine Verfolgte hat nachgewiesen, dass sie nach dem Besuch der Mittelschule in der Zeit vom 01.10.1932 bis 30.09.1933 in Berlin als Hausgehilfin eine Beschäftigung ausgeübt hat, für die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Arbeiter bestand. Eine Verfolgungszeit vom 20.10.1933 bis 31.12.1949 ist nachgewiesen. Ferner ist glaubhaft gemacht, dass die Verfolgte anstrebte, den Beruf der Kindergärtnerin auszuüben, zu diesem Zweck zunächst in der Hauswirtschaft tätig war und anschließend aus Gründen der Verfolgung ihre Ausbildung nicht fortsetzen konnte.

Lösung:

Bei der Vergleichsberechnung ist der durch Glaubhaftmachung angestrebte Beruf der Kindergärtnerin nach § 15 Satz 2 WGSVG zu berücksichtigen. Nach den damals geltenden Richtlinien setzte die Ausübung dieses Berufes die erfolgreiche Ablegung eines Realschulabschlusses oder die erfolgreiche Beendigung einer entsprechenden schulischen Ausbildung, eine hauswirtschaftliche Vorbildung im zeitlichen Umfang von mindestens einem Jahr und eine Ausbildung zur Kindergärtnerin im Umfang von mindestens anderthalb Jahren voraus. Die Ausbildung für den angestrebten Beruf wäre vermutlich am 31.03.1935 erfolgreich abgeschlossen worden. Für die Vergleichsberechnung sind somit folgende Leistungsgruppen zu berücksichtigen:

  • für die Zeit vom 01.10.1932 bis 30.09.1933 die Leistungsgruppe 2 der Rentenversicherung der Arbeiter,
  • für die Zeit vom 20.10.1933 bis 31.03.1935 die Leistungsgruppe 2 der Rentenversicherung der Arbeiter,
  • für die Zeit vom 01.04.1935 bis 31.12.1949 die Leistungsgruppe 4 der Rentenversicherung der Angestellten.
RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

Die Vorschrift des § 15 WGSVG ist in der nach Artikel 21 Nummer 2 RRG 1992 vorgesehenen Fassung nicht in Kraft getreten. Die Regelung ist am 01.01.1992 hingegen in der durch Artikel 20 Nummer 2 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) abgeänderten Fassung in Kraft getreten (Artikel 42 Absatz 1 RÜG). Danach wird für die Ermittlung der Entgeltpunkte auf die Anlagen 1 bis 16 zum FRG unmittelbar verwiesen.

Die ursprünglich vorgesehene Ankoppelung an die Vorschrift des § 22 Abs. 1 FRG wurde entbehrlich. Die Änderung war durch die strukturelle Veränderung des § 22 FRG erforderlich geworden, um die gewollte Anhebung verfolgungsbedingter Minderbewertungen im § 15 WGSVG auf das allgemeine Niveau weiterhin zu gewährleisten.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Die Vorschrift des § 15 WGSVG war durch Artikel 21 Nummer 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) mit Wirkung ab 01.01.1992 neu gefasst worden (Artikel 85 Absatz 1 RRG 1992). Sie sollte im Wesentlichen die bisherige Regelung des § 13 WGSVG in der Fassung bis 31.12.1991 über die Vergleichsbewertung von Ersatzzeiten wegen Verfolgung in der Rentenberechnung übernehmen, das heißt zum einen die Bewertung als Ersatzzeit nach den allgemeinen Vorschriften und zum anderen die Bewertung als Pflichtbeitragszeit in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 1 FRG ohne Auswirkung von Verfolgungsmaßnahmen.

WGSVG vom 22.12.1970 (BGBl. I S. 1846)

Inkrafttreten: 01.02.1971

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 6/715

Durch die im Rahmen des Artikels 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) erfolgte Neufassung des Gesetzes über die Behandlung der Verfolgten des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung (NVG) vom 22.08.1949 (WiGBl. S. 263) wurde mit § 13 WGSVG anstelle des bisherigen § 4 Abs. 5 NVG mit Wirkung ab 01.02.1971 (Artikel 4 § 5 Absatz 1 WGSVG) eine verbesserte Regelung über die Bewertung von Verfolgungszeiten für pflichtversicherte Verfolgte geschaffen.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 15 WGSVG