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§ 39 FamFG: Rechtsbehelfsbelehrung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

06.07.2020

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand24.06.2020
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05.12.2012 in Kraft getreten am 01.01.2013
Rechtsgrundlage

§ 39 FamFG

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift sieht in FamFG-Verfahren für Entscheidungen, die mit einem Rechtsmittel oder bestimmten Rechtsbehelfen anfechtbar sind, eine Rechtsbehelfsbelehrung als Bestandteil des Beschlusses vor.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 39 FamFG gilt in allen Verfahren, die dem FamFG unterfallen, wie zum Beispiel in Versorgungsausgleichssachen (§ 217 FamFG). Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist insbesondere für Beschlüsse nach § 38 FamFG vorgesehen.

Die Vorschrift gilt nach § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG auch in Ehesachen (§ 111 Nr. 1 FamFG in Verbindung mit § 121 FamFG) sowie Familienstreitsachen (§ 112 FamFG).

§ 8a FamGKG bestimmt, dass anfechtbare Kostenentscheidungen und Kostenrechnungen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden müssen.

Allgemeines

Das Recht bis zum 31.08.2009 sah in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine allgemeine Rechtsbehelfsbelehrung vor; eine Rechtsbehelfsbelehrung gab es lediglich in verschiedenen Einzelvorschriften.

§ 39 FamFG regelt seit seinem Inkrafttreten am 01.09.2009, dass jeder Beschluss eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem die Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten hat.

Die Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung gilt für Endentscheidungen der ersten und zweiten Instanz (siehe GRA zu § 38 FamFG) sowie für Zwischen- und Nebenentscheidungen, gegen die ein Rechtsmittel gesetzlich zugelassen ist. Deshalb müssen zum Beispiel auch Berichtigungsbeschlüsse nach § 42 FamFG oder Zwangsgeldbeschlüsse nach § 35 FamFG mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein (siehe GRA zu § 42 FamFG und GRA zu § 35 FamFG).

Der Begriff des Rechtsbehelfs bezeichnet allgemein die in einem Verfahren rechtlich zugelassene Möglichkeit, eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung anzufechten mit dem Ziel, diese zu ändern oder aufzuheben. Zu den Rechtsbehelfen zählen die Rechtsmittel sowie sonstige Rechtsbehelfe wie der Einspruch, der Widerspruch und die Erinnerung.

Im Unterschied zu anderen Rechtsbehelfen kann durch die Einlegung eines Rechtsmittels die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch ein höheres Gericht erreicht werden, zugleich wird die formelle Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung gehemmt. Mögliche Rechtsmittel sind zum Beispiel die befristete Beschwerde nach § 58 FamFG, die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 bis 572 ZPO oder die Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG.

Ist gegen eine gerichtliche Entscheidung kein Rechtsbehelf eröffnet, besteht auch keine Belehrungspflicht. Das Gericht ist in diesem Fall nicht verpflichtet, über den nicht vorhandenen Rechtsbehelf zu informieren. Es kann aber darauf hinweisen, dass der Beschluss unanfechtbar ist.

Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung

Die Rechtsbehelfsbelehrung soll so verfasst sein, dass sie die Beteiligten in die Lage versetzt, den zulässigen Rechtsbehelf eigenständig einzulegen, ohne dass hierfür ein Rechtsanwalt in Anspruch genommen werden muss.

Zum Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung sieht § 39 FamFG vor, dass die Belehrung folgende Informationen enthalten muss:

  • Bezeichnung des statthaften Rechtsbehelfs (Abschnitt 3.1),
  • Bezeichnung des Gerichts, bei dem dieser einzulegen ist, sowie dessen Sitz (Abschnitt 3.2) und
  • die einzuhaltende Form und Frist (Abschnitt 3.3).

Besteht für die Einlegung Anwaltszwang, sollte die Rechtsbehelfsbelehrung über die erforderliche anwaltliche Vertretung belehren (Abschnitt 3.4).

Bezeichnung des statthaften Rechtsbehelfs

In § 39 FamFG werden verschiedene Rechtsbehelfe abschließend aufgezählt. Hierzu zählen die Rechtsmittel, der Einspruch, der Widerspruch und die Erinnerung.

In Versorgungsausgleichssachen kommen als Rechtsbehelfe in der Regel Rechtsmittel sowie Erinnerungen zur Anwendung.

Zu den Rechtsmitteln gehören

Erinnerung kann beispielsweise eingelegt werden gegen eine Rechtskraftmitteilung beziehungsweise ein Rechtskraftzeugnis nach § 46 FamFG. Nach § 46 S. 4 FamFG ist die gerichtliche Entscheidung über die Rechtskraft mit der Erinnerung in entsprechender Anwendung des § 573 ZPO anfechtbar.

Auf andere als die im Gesetz genannten Rechtsbehelfe muss die Rechtsbehelfsbelehrung nicht hinweisen (vergleiche auch BGH vom 15.06.2011, AZ: XII ZB 468/10, FamRZ 2011, 1389).

Dies gilt zum Beispiel für die Anschlussbeschwerde nach § 66 FamFG, bei der es sich nicht um ein selbständiges Rechtsmittel, sondern um einen Antrag innerhalb eines Rechtsmittels handelt. Folglich muss auch das Beschwerdegericht nicht über die Möglichkeit der Anschlussrechtsbeschwerde (§ 75 FamFG) belehren.

Über die Möglichkeit der Sprungrechtsbeschwerde (§ 75 FamFG) gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Beschlüsse muss ebenfalls nicht belehrt werden. Dies stellt § 39 Satz 2 FamFG klar, der durch Art. 6 Nr. 4 des am 1.1.2013 in Kraft getretenen Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05.12.2012 angefügt wurde.

Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist

Damit der Rechtsbehelf fristgerecht eingelegt werden kann, muss die Rechtsbehelfsbelehrung auch darüber informieren, welches Gericht zuständig ist.

Bei anfechtbaren erstinstanzlichen Endentscheidungen in Versorgungsausgleichssachen, die mit der befristeten Beschwerde nach § 58 FamFG angefochten werden können, ist der Hinweis erforderlich, dass die Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen ist. Ist das Rechtsmittel trotz zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung beim falschen Gericht eingelegt worden, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 17 FamFG in Betracht kommen, wenn die Weiterleitung an das zuständige Gericht nicht fristgerecht erfolgt ist, obwohl dies im ordentlichen Geschäftsgang möglich gewesen wäre (BGH vom 17.08.2011, AZ: XII ZB 50/11, FamRZ 2011, 1649).

Neben der Bezeichnung des für den Empfang des Rechtsbehelfs zuständigen Gerichts muss die Rechtsbehelfsbelehrung auch über den Sitz des Gerichts informieren. Dabei ist die Angabe der vollständigen Anschrift des Gerichts zwingend erforderlich (BGH vom 15.06.2011, AZ: XII ZB 468/10, FamRZ 2011, 1389).

Form und Frist des Rechtsbehelfs

Beschwerdeberechtigte Beteiligte müssen darüber belehrt werden, in welcher Form der Rechtsbehelf einzulegen ist (vergleiche BGH vom 15.06.2011, AZ: XII ZB 468/10, FamRZ 2011, 1389). Die Belehrung muss so gefasst sein, dass jeder Beteiligte allein anhand der Rechtsbehelfsbelehrung in der Lage ist, eine formrichtige Beschwerde einzulegen, ohne dass er anwaltliche Hilfe benötigt.

Hinzuweisen ist auf die Möglichkeit der Einreichung einer Beschwerdeschrift sowie die Einlegung des Rechtsmittels zur Niederschrift der Geschäftsstelle, je nachdem, ob es sich bei der anfechtbaren Entscheidung um eine Ehesache bzw. Familienstreitsache oder eine Sache der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt.

Ferner ist in der Rechtsbehelfsbelehrung darüber zu belehren, dass der angefochtene Beschluss zu bezeichnen und zu erklären ist, dass gegen diesen Beschwerde eingelegt werden soll (§ 64 Abs. 2 S. 3 FamFG). Obwohl gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, sollte auch erwähnt werden, dass die Beschwerde begründet werden soll (§ 65 Abs. 1 FamFG) und zu unterschreiben ist.

Um der Gefahr entgegen zu wirken, dass Rechtsmittel verspätet eingelegt werden, muss schließlich über die Frist informiert werden, innerhalb derer das Rechtsmittel einzulegen ist. Damit der Beteiligte den Fristlauf berechnen kann, ist über den Fristbeginn in allgemeiner Form zu informieren.

Hinweis auf Anwaltszwang

Die Rechtsbehelfsbelehrung muss auch darauf hinweisen, ob für die Einlegung eines Rechtsbehelfs eine anwaltliche Vertretung erforderlich ist (BGH vom 23.06.2010, AZ: XII ZB 82/10, FamRZ 2011, 1425).

Anwaltszwang besteht insbesondere in Ehesachen (zum Beispiel Scheidungssachen) und Familienstreitsachen (zum Beispiel Unterhaltssachen) sowie in Verfahren vor dem Bundesgerichtshof.

Aber auch für die Einlegung isolierter Beschwerden in Folgesachen (zum Beispiel in Versorgungsausgleichssachen) ist eine anwaltliche Vertretung erforderlich (BGH vom 26.04.2017, AZ: XII ZB 3/16, FamRZ 2017, 1151). Einzelheiten zum Anwaltszwang sind in der GRA zu § 114 FamFG beschrieben.

Form der Rechtsbehelfsbelehrung

Die Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG ist Bestandteil des Beschlusses („Jeder Beschluss hat {…} zu enthalten“.). Sie muss mit ihm verbunden und vom erkennenden Richter unterschrieben sein. Ein vor der Unterschrift erteilter Hinweis auf eine als Anhang nachfolgende Belehrung reicht nicht aus (OLG Oldenburg vom 23.01.2011, AZ: 11 UF 212/11).

Im Hinblick auf § 184 S. 1 GVG („Die Gerichtssprache ist deutsch.“) ist über den statthaften Rechtsbehelf in deutscher Sprache zu informieren. Zudem ist grundsätzlich der Hinweis zu erteilen, dass die Einlegung des Rechtsmittels in deutscher Sprache zu erfolgen hat.

Die Rechtsbehelfsbelehrung soll so verfasst sein, dass sie die Beteiligten in die Lage versetzt, den zulässigen Rechtsbehelf eigenständig einzulegen, ohne dass hierfür ein Rechtsanwalt in Anspruch genommen werden muss.

Fehlerhafte oder fehlende Rechtsbehelfsbelehrung

Die Rechtsbehelfsbelehrung hat fürsorglichen Verfahrenscharakter. Eine fehlende oder unrichtige Rechtsmittelbelehrung ist prozessunschädlich, hat keinen Einfluss auf den Beginn der Rechtsmittelfrist und verhindert daher auch nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft.

Dementsprechend kann im Fall einer fehlerhaften, nicht erfolgten bzw. nicht vollständigen Rechtsbehelfsbelehrung lediglich eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine Kausalität zwischen der fehlenden bzw. fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumung gegeben ist (unter anderem BGH vom 18.12.2013, AZ: XII ZB 38/13, FamRZ 2014, 643).

Eine Kausalität ist jedoch regelmäßig zu verneinen, wenn ein Beteiligter anwaltlich vertreten ist. Eine Fristversäumung ist nicht unverschuldet, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und deshalb ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (BGH vom 24.01.2018, AZ: XII ZB 534/17, FamRZ 2018, 699; im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 18.12.2013, AZ: XII ZB 38/13, FamRZ 2014, 643 und vom 13.06.2012, AZ: XII ZB 592/11, FamRZ 2012, 1287).

Auch Behörden wie die Rentenversicherungsträger können sich im Falle einer versäumten Beschwerdefrist regelmäßig nicht auf eine fehlende oder unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung berufen und eine Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand (§ 17 Abs. 2 FamFG) beantragen. Von ihnen kann ebenso erwartet werden, dass sie die Voraussetzungen für die Einlegung eines Rechtsmittels und insbesondere die zu wahrenden Fristen kennen. Eine Behörde ist verpflichtet, sich selbst darüber Kenntnis zu verschaffen, ob und innerhalb welcher Fristen sie einen Beschluss angreifen kann (BGH vom 23.11.2011, AZ: IV ZB 15/11, FamRZ 2012, 367, und BGH vom 27.02.2013, AZ: XII ZB 6/13, FamRZ 2013, 779).

Eine Berichtigung der Rechtsbehelfsbelehrung nach § 42 FamFG ist aber auf Antrag oder von Amts wegen möglich. Hierzu ist der insgesamt mit einem Berichtigungsvermerk versehene berichtigte Beschluss erneut zuzustellen. Die für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand maßgebliche Frist beginnt mit Bekanntgabe bzw. Zustellung der berichtigten Entscheidung.

Weist eine Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft auf ein mögliches Rechtsmittel hin, wird dadurch der Instanzenzug nicht eröffnet. Auch wenn nach der Rechtsmittelbelehrung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde eröffnet sein soll, stellt dies keine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar (BGH vom 20.07.2011, AZ: XII ZB 445/10).

Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften  vom 05.12.2012 (BGBl. I S. 2418)

In-Kraft-Treten: 01.01.2013

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 17/10490, BR-Drucksache 308/12

Durch Artikel 6 Nummer 4 des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften wurde dem § 39 FamFG folgender Satz 2 angefügt: „Über die Sprungrechtsbeschwerde muss nicht belehrt werden." Die Ergänzung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Sprungrechtsbeschwerde ein selten praktiziertes Rechtsmittel ist, über das nicht notwendig belehrt werden muss.

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

In-Kraft-Treten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6308, BR-Drucksachen 309/07 und 617/08

Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Eine mit § 39 FamFG vergleichbare Vorschrift gab es nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Verfahrensrecht nicht.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 39 FamFG