Art. 12 SVA-USA: Gebühren und Legalisation
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung | Aktualisiert. Lesen Sie hier, wann eine Urkunde echt ist. |
Stand | 13.05.2016 |
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Rechtsgrundlage | |
Version | 001.01 |
Inhalt der Regelung
Der Art. 12 SVA-USA regelt die Befreiung von Gebühren und von Echtheitsbestätigungen.
Absatz 1 erweitert nationale Gebührenbefreiungen für Urkunden auch auf solche, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats vorzulegen sind. Sind Urkunden ganz oder teilweise von Gebühren oder Abgaben befreit, so gilt dies auch, wenn sie zur Vorlage bei der zuständigen Behörde und den Trägern des anderen Vertragsstaats erstellt werden (siehe Abschnitt 2).
Absatz 2 enthält den Verzicht auf amtliche Bestätigungen über die Echtheit von Urkunden, sogenannte Legalisationen. Urkunden, die in Anwendung der Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten vorzulegen sind, bedürfen keiner solchen Bestätigung oder anderen ähnlichen Förmlichkeit (siehe Abschnitt 3).
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
- Art. 1 Nr. 2 SVA-USA
Die Regelung enthält die Definition, was im Abkommen unter „Rechtsvorschriften“ zu verstehen ist. - Art. 1 Nr. 3 und Nr. 4 SVA-USA
Die Regelungen enthalten die Definitionen, was im Abkommen unter „zuständige Behörde“ und unter „Träger“ in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland und die USA zu verstehen ist. - Art. 8 Nr. 4 DV zum SVA-USA
Die Regelung stellt klar, dass jeder Träger trotz des Verzichts auf Echtheitsbestätigungen über den Beweiswert der ihm vorgelegten Urkunden frei entscheiden kann.
Erweiterte Kostenfreiheit
Zur Sachverhaltsermittlung (siehe GRA zu § 20 SGB X, Abschnitt 2) sind regelmäßig Beweismittel notwendig (siehe GRA zu § 21 SGB X, Abschnitt 5). Sowohl Antragsteller als auch Rentenbezieher haben diese Beweisurkunden auf Verlangen vorzulegen (siehe GRA zu § 60 SGB I, Abschnitt 4). Dabei kann auch die Vorlage öffentlicher, also von Behörden ausgestellter Urkunden notwendig werden. Nehmen Beteiligte dazu Behörden nach dem Sozialgesetzbuch im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X oder andere Behörden in Anspruch, so ist dies kostenfrei (siehe GRA zu § 64 SGB X, Abschnitte 3.1 und 4.1). Dies gilt zum Beispiel auch für Meldebehörden (BVerwG-Urteil vom 26.06.1987, AZ: 8 C 70/85, BVerwGE 77, 364-369). Ergänzend sind Urkunden in Deutschland zur Vorlage bei den Versicherungsträgern von Beurkundungs- oder Beglaubigungskosten befreit (siehe GRA zu § 64 SGB X, Abschnitt 4.3). Erstere umfassen die Kosten der Ausstellung der Urkunde selbst, letztere die Kosten für die Bestätigung der Richtigkeit ihrer Abschrift (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 2).
Der Art. 12 Abs. 1 SVA-USA erweitert nationale Kostenbefreiungen und -ermäßigungen auf Urkunden, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats vorzulegen sind. Ist die Ausstellung von Urkunden von Gebühren oder Abgaben befreit, so gilt dies auch für Ausstellungen zur Vorlage bei der zuständigen Behörde und den Trägern des anderen Vertragsstaats. Dabei ist es unerheblich, ob die Ausstellung ganz oder nur teilweise kostenfrei ist oder ob es sich um Konsulargebühren oder Verwaltungsabgaben handelt. Eine Urkunde ist dabei eine in Schriftform verkörperte menschliche Gedankenerklärung, die den Aussteller erkennen lässt (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 3). Sie muss zum Beweis geeignet und bestimmt sein. Die Regelung erfasst auch die kostenfreie Beglaubigung, denn auch dabei handelt es sich um die Erstellung einer Urkunde mit der Aussage der Richtigkeit der Abschrift beziehungsweise Ablichtung.
Die deutsche Kostenbefreiung gilt demnach auch für Urkunden, die nach den amerikanischen Rechtsvorschriften vorzulegen sind. Sie werden unter den gleichen Bedingungen ausgestellt wie zur Vorlage bei den deutschen Rentenversicherungsträgern. Werden von Beteiligten solche Schriftstücke zur Vorlage bei amerikanischen Trägern angefordert, dürfen für die Ausstellung oder die (amtliche) Beglaubigung keine Gebühren in Rechnung gestellt werden, denn dies ist für Zwecke der Sozialversicherung in Deutschland kostenfrei.
Verzicht auf Echtheitsbestätigungen
Urkunden deutscher Behörden (sogenannte öffentliche Urkunden) haben im Ausland in der Regel keinen Beweiswert (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 9). Umgekehrt gilt dies dem Grunde nach ebenso für ausländische öffentliche Urkunden in der Bundesrepublik Deutschland (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 10); wobei die Rentenversicherungsträger in ihrer Beweiswürdigung frei sind (siehe GRA zu § 21 SGB X, Abschnitt 7). Damit öffentliche Urkunden in einem anderen Land Beweiswert erlangen, bedürfen sie einer Bestätigung ihrer Echtheit, das heißt, dass sie vom Aussteller im Auftrag der Behörde stammen. Diese Bestätigung erfolgt völkerrechtlich durch eine amtliche Bescheinigung in Form der Legalisation. Damit wird die Echtheit der Unterschrift, die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner gehandelt hat, und gegebenenfalls die Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist, bestätigt (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 9.1). Damit soll erreicht werden, dass einer ausländischen öffentlichen Urkunde der gleiche Beweiswert zukommen kann wie einer inländischen. Ein vereinfachtes Verfahren ist das Anbringen einer Apostille für die Unterzeichnerstaaten des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 05.10.1961 (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 9.2).
Urkunden der Vertragsstaaten und deren Ablichtungen bedürfen keiner formellen Legalisation oder anderen ähnlichen Förmlichkeit (Apostille), damit sie vom Träger des anderen Vertragsstaats als echte Beweisurkunden berücksichtigt werden können. Der Art. 12 Abs. 2 SVA-USA regelt, dass es keiner Echtheitsbestätigung für Urkunden oder Abschriften von Urkunden (Ablichtungen) bedarf, wenn
- deren Echtheit bescheinigt ist und
- sie von der zuständigen Behörde und den Trägern des einen Vertragsstaats als echt anerkannt sind.
Die Echtheit kann (auch) vom Träger bescheinigt werden, der sie als echt anerkennt. Urkunden der Vertragsstaaten und deren Ablichtungen werden dann auch von der zuständigen Behörde (Art. 1 Nr. 3 SVA-USA) und den Trägern (Art. 1 Nr. 4 SVA-USA) des anderen Vertragsstaats als echt anerkannt. „Echt“ meint in diesem Zusammenhang lediglich, dass sie vom Aussteller stammen. Dabei kommt es nicht auf den Wahrheitsgehalt der enthaltenen Aussage an; auch eine echte Urkunde kann einen unwahren Inhalt haben.
Bescheinigungen können auf amerikanischer Seite entweder direkt von den Ausstellern der Dokumente (official custodians) erstellt werden oder von Mitarbeitern der:
- Social Security Administration - SSA,
- Veterans Administration, als Nachweise für dortige Leistungen,
- amerikanischen Auslandsvertretungen,
- staatlichen amerikanischen Behörden oder staatlichen Wohlfahrtbüros, aus ihren Akten,
sofern sie berechtigt sind, bestätigte Kopien anzufertigen. Ferner können auch die Notary Publics Bestätigungen vornehmen, selbst wenn sie im selben Verfahren als Bevollmächtigte auftreten.
Über den Beweiswert der vorgelegten Urkunden entscheiden die Träger der Vertragsstaaten eigenständig (Art. 8 Nr. 4 DV zum SVA-USA). Ob eine entscheidungserhebliche Tatsache hinreichend belegt ist, wird in freier Beweiswürdigung entschieden (siehe GRA zu § 21 SGB X, Abschnitt 7).
Siehe Beispiel 3
Nachweis der Heirat
Eine im Ausland erfolgte Eheschließung kann in Deutschland anerkannt werden (siehe GRA zu § 46 SGB VI, Abschnitt 4). Die sachlichen Voraussetzungen der Ehe bestimmen sich für beide Partner nach ihrem jeweiligen Heimatrecht, das heißt nach dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen (Art. 13 Abs. 1 EGBGB). Zu den sachlichen Voraussetzungen gehören zum Beispiel der Ehewillen, die Ehefähigkeit und die Ehemündigkeit. Die Voraussetzungen für die Form der Eheschließung können sich hingegen auch nach dem Recht des Staats richten, in dem sie vollzogen wird (Art. 11 Abs. 1 EGBGB). In den USA wird dies von den Bundesstaaten festgelegt.
Eine in den USA geschlossene Ehe ist in Deutschland gültig, wenn die deutschen Heiratswilligen die Eheschließungsvoraussetzungen nach deutschem Recht erfüllen und die Ehe formwirksam nach dem Recht des jeweiligen amerikanischen Bundesstaats geschlossen wurde. Auch von einer Entsprechung dem inländischen Rechtsverhältnis (§ 34 Abs. 1 SGB I) wird ausgegangen, da auch die amerikanische Ehe auf Lebenszeit eingegangen wird. Dass in einigen Bundesstaaten auch die Eheschließung unter gleichgeschlechtlichen Partnern möglich ist, ist für die Entsprechung unerheblich.
In den USA kann zivil oder kirchlich geheiratet werden. Mit gleicher rechtlicher Wirkung. Ein Standesamt im Sinne des deutschen Rechts gibt es nicht. Wer zur Eheschließung berechtigt ist, unterscheidet sich je nach Bundesstaat. Für die Heirat wird eine Heiratserlaubnis (marriage licence) benötigt. Die bei der Eheschließung ausgehändigte Heiratsbescheinigung ist in einigen Bundesstaaten keine standesamtliche Heiratsurkunde (certified copy of the marriage certificate), diese muss erst bei den örtlichen Stellen beantragt werden.
- Beispiel 1: Keine Gebühren bei der Deutschen Rentenversicherung
- Beispiel 2: Keine Gebühren bei anderen deutschen Behörden
- Beispiel 3: Keine Echtheitsbestätigung
Beispiel 1: Keine Gebühren bei der Deutschen Rentenversicherung
(Beispiel zu Abschnitt 2)
Ein Versicherter benötigt zum Nachweis der an ihn gezahlten Rentenbeträge gegenüber dem amerikanischen Träger eine Aufstellung für das letzte Jahr.
Darf der Rentenversicherungsträger für diese Tätigkeit Gebühren verlangen?
Lösung:
Nein, nach deutschem Recht werden für das Verfahren bei den Behörden nach dem SGB keine Gebühren und Auslagen erhoben (§ 64 Abs. 1 SGB X). Dies gilt auch, wenn Dokumente für den amerikanischen Träger benötigt werden.
Beispiel 2: Keine Gebühren bei anderen deutschen Behörden
(Beispiel zu Abschnitt 2)
Ein Versicherter benötigt zum Nachweis gegenüber dem amerikanischen Träger einen Auszug aus dem deutschen Melderegister.
Darf die Gemeindeverwaltung für diese Tätigkeit Gebühren verlangen?
Lösung:
Nein, nach deutschem Recht besteht für die Beantragung von Sozialleistungen Kostenfreiheit gegenüber Nichtleistungsträgern (§ 64 Abs. 2 S. 1 SGB X). Dies gilt auch, wenn Dokumente für den amerikanischen Träger benötigt werden.
Beispiel 3: Keine Echtheitsbestätigung
(Beispiel zu Abschnitt 3)
Ein Waise soll zum Nachweis der weiteren deutschen Rentenberechtigung eine amerikanische Schulbescheinigung beibringen.
Ist diese nach der Ausstellung durch die Schule zunächst von der deutschen Auslandsvertretung in den USA zu legalisieren?
Lösung:
Nein, einer Echtheitsbestätigung, dass die Bescheinigung von der Schule stammt, bedarf es nicht. Die Urkunde hat den gleichen Beweiswert wie eine deutsche Schulbescheinigung (§ 21 Abs. 1 SGB X).
Gesetz zu dem Abkommen vom 07.01.1976 |
Inkrafttreten: 08.08.1976 (Gesetz), 01.12.1979 (Abkommen) Quelle: BGBl. 1976 II S. 1357, BGBl. 1979 II S. 1283 |
Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das deutsch-amerikanische Sozialversicherungsabkommen (SVA-USA) Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen ist am 01.12.1979 nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten (siehe GRA zu Rechtsgrundlagen USA).