Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

§ 64 SGB X: Kostenfreiheit

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Die GRA wurde mit den Regionalträgern abgestimmt. Die Abschnitte 3.3.1, 4.1 und 4.2 wurden überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand29.09.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 in Kraft getreten am 01.08.2013
Rechtsgrundlage

§ 64 SGB X

Version001.00

Inhalt der Regelung

§ 64 SGB X fasst die bis zum Inkrafttreten des SGB X geltenden unterschiedlichen Kostenregelungen des Sozialrechts in einer Vorschrift zusammen. Damit ist die Kostenfreiheit einheitlich für den gesamten Bereich der in das Sozialgesetzbuch einbezogenen Sozialleistungen geregelt.

Absatz 1 stellt in Satz 1 die Grundregel der sachlichen Kostenfreiheit für das Verfahren bei den Sozialverwaltungsbehörden nach dem Sozialgesetzbuch auf. In Satz 2 wird seit dem 01.01.2013 eine Ausnahme hierzu bestimmt.

Absatz 2 erweitert die sachliche Kostenfreiheit auf Behörden, die nicht in den Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs fallen. Dabei sind nach Satz 1 Geschäfte und Verhandlungen kostenfrei, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer Sozialleistung nötig werden. Die Befreiung schließt durch Satz 2 auch die im Gerichts- und Notarkostengesetz bestimmten Gerichtskosten ein. Durch Satz 3 wird die Kostenfreiheit für die Beurkundung und Beglaubigung von Urkunden gesondert und differenziert geregelt.

Absatz 3 legt in Satz 1 fest, dass die Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 auch für gerichtliche Verfahren gelten, auf die das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) anzuwenden ist. Darüber hinaus wird mit Satz 2 persönliche Kostenfreiheit für Gerichtskosten in Verfahren nach der Zivilprozessordnung, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit für die aufgeführten Sozialleistungsträger geschaffen.

Ergänzende Regelungen

§ 7 SGB X bestimmt die Auslagenerstattung im Rahmen der Amtshilfe.

§ 19 Abs. 2 Satz 3 SGB X regelt den Kostenersatz für Aufwendungen für Übersetzungen.

§ 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X beschreibt die Forderung von Ersatz für im Zusammenhang mit einer Akteneinsicht entstandene Aufwendungen (zum Beispiel für Ablichtungen) in angemessenem Umfang.

§§ 29 und 30 SGB X regeln die Beglaubigung von Dokumenten und Unterschriften durch die Behörde.

§ 64 SGB X entfaltet für das Vollstreckungsverfahren nach § 66 SGB X keine Wirkung. In der Vollstreckung besteht grundsätzlich keine Kostenfreiheit.

§ 74a Abs. 2 SGB X beschreibt die Übermittlung von Sozialdaten an Gerichtsvollzieher zur Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens, wenn unter anderem die Forderung mindestens 500,00 EUR beträgt.

§ 197a SGG regelt die Anwendung des Gerichtskostengesetzes (GKG) und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im sozialgerichtlichen Verfahren.

§§ 183 ff SGG, §§ 154 ff VwGO betreffen die Kostenregelungen für das Klageverfahren.

Zielsetzung der Vorschrift

Die Vorschrift normiert die dem Wesen und dem Ziel des Sozialrechts angemessene Kostenfreiheit des Verwaltungsverfahrens. Damit soll verhindert werden, dass ein Beteiligter aus Kostengründen von der Stellung eines Antrages auf Sozialleistungen oder der sonstigen Inanspruchnahme der Sozialverwaltung (zum Beispiel Auskunft und Beratung nach §§ 14, 15 SGB I) absieht.

Sachliche Kostenfreiheit bei den Sozialbehörden

Nach § 64 Abs. 1 SGB X werden für das Verfahren bei den Behörden des Sozialgesetzbuchs grundsätzlich keine Gebühren und Auslagen erhoben.

Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuchs ist jede Stelle, die mit Wirkung nach außen eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausübt, die nach dem Sozialgesetzbuch vorgesehen ist. Dies sind in erster Linie die Sozialleistungsträger. Dazu gehören aber auch die Aufsichtsbehörden (zum Beispiel Bundesversicherungsamt, Versicherungsämter).

Die Sozialbehörde selbst ist von der Kostenfreiheit nicht ausgeschlossen. Die Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 1 Satz 1 SGB X bezieht sich auf „die Sache“ und schließt keinen der Beteiligten aus.

Grundsatz der Kostenfreiheit

Der Absatz 1 stellt den Grundsatz auf, nach dem für das Verfahren bei den Behörden nach dem Sozialgesetzbuch keine Kosten erhoben werden.

Abweichungen von diesem Grundsatz sind nur auf Grund eines Gesetzes oder einer gesetzlichen Ermächtigung zulässig (siehe Abschnitt 3.3).

Der Grundsatz der Kostenfreiheit ist eine Besonderheit des Verfahrens im Sozialrecht. In diesem Punkt unterscheidet es sich von Verfahren im allgemeinen Verwaltungsrecht, in dem der Bürger eine Tätigkeit der Behörde grundsätzlich nur gegen die Zahlung von Gebühren und Auslagen in Anspruch nehmen kann.

Eine Kostenpflicht für Tätigkeiten privater Stellen wird durch § 64 Abs. 1 SGB X nicht beseitigt.

Umfang der Kostenfreiheit

Von der Kostenfreiheit des § 64 Abs. 1 SGB X werden Gebühren und Auslagen erfasst, die im Rahmen des gesamten Verwaltungsverfahrens bei einer Behörde entstehen.

Gebühren sind die Gegenleistung (Entgelte) für eine besondere individuell zurechenbare Inanspruchnahme öffentlich-rechtlicher Einrichtungen.

Auslagen sind die tatsächlichen Aufwendungen und Kosten, die der Behörde zur Erfüllung von Amtshandlungen entstehen,. Dazu gehören Porto-, Telefon-, Reisekosten, Kosten für Übersetzungen, Kosten für Ablichtungen, Gebühren für Bescheinigungen, Zustellungskosten sowie Reise- und Tagegelder an Sachverständige, Zeugen, Ärzte oder Vertreter anderer Behörden. Personelle und sachliche Verwaltungskosten, die der Behörde im regelmäßigen Geschäftsgang entstehen, zählen nicht dazu.

Die Kostenfreiheit umfasst das gesamte Verwaltungsverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens. Es ist aber nicht nur das Verwaltungsverfahren im Sinne des § 8 SGB X gemeint. Vielmehr fallen hier unter diesen Begriff auch die Tätigkeiten der Sozialbehörden im Vorfeld (zum Beispiel Auskunft und Beratung nach §§ 14 und 15 SGB I). Auch nach dem Erlass des Verwaltungsaktes ist seine Ausführung wie auch Überprüfung (im Widerspruchsverfahren oder auf einen formlosen Rechtsbehelf hin) vom Verfahrensbegriff erfasst.

Der Grundsatz der Kostenfreiheit des § 64 Abs. 1 SGB X gewährt dem Bürger keinen Anspruch auf Erstattung seiner ihm entstanden Auslagen. Auslagen bei einem Verfahren vor den Sozialbehörden können zum Beispiel dem Antragsteller aus Anlass der Erörterung der Sache bei der Behörde oder dem Widerspruchsführer bei Erklärung seines Widerspruchs zur Niederschrift entstehen. Solche Kosten muss der Betroffene selbst tragen, soweit nicht eine besondere Vorschrift die Erstattung regelt (zum Beispiel § 65a SGB I, § 63 SGB X).

Ausnahmen von der Kostenfreiheit

Ausnahmen von der grundsätzlichen Kostenfreiheit des § 64 Abs. 1 SGB X kommen ausschließlich auf der Grundlage eines Gesetzes oder einer gesetzlichen Ermächtigung in Betracht. Als solche sind insbesondere zu nennen:

  • § 15 Abs. 3 Satz 2 SGB X, wonach die Behörde den Ersatz ihrer mit der Bestellung eines Vertreters von Amts wegen verbundenen Auslagen vom vertretenen Beteiligten verlangen kann.
  • § 19 Abs. 2 Satz 3 SGB X, wonach die Behörde in angemessenem Umfang Ersatz der Aufwendungen für Übersetzungen verlangen kann, wenn sie eine Übersetzung verlangen konnte, diese innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt wurde und die Behörde die Übersetzung selbst beschafft hat.
  • § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X, wonach die Behörde sich die ihr im Zusammenhang mit einer Akteneinsicht entstandenen Aufwendungen (zum Beispiel für Ablichtungen) in angemessenem Umfang ersetzen lassen kann.

Auch im Zusammenhang mit Amtshilfe kennt das Gesetz eine solche Ausnahme. Nach § 7 SGB X kann sich die ersuchte Behörde ihre Auslagen erstatten lassen, wenn sie einen bestimmten Betrag übersteigen. Eine Verwaltungsgebühr ist an die ersuchte Behörde jedoch nicht zu entrichten.

Mit Wirkung ab 01.01.2013 wird im § 64 Abs. 1 Satz 2 SGB X selbst eine weitere Ausnahme normiert. Für Auskünfte an Gerichtsvollzieher im Vollstreckungsverfahren, die nach § 74a Abs. 2 Satz 1 SGB X ab 01.01.2013 zulässig sind, steht danach den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung eine Gebühr zu (siehe Abschnitt 3.3.1).

Auskünfte an Gerichtsvollzieher im Vollstreckungsverfahren

Mit Inkrafttreten des § 74a Abs. 2 SGB X am 01.01.2013 wird Gerichtsvollziehern die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen eines privaten Vollstreckungsverfahrens (wenn unter anderem die Höhe der Forderung mindestens 500,00 EUR beträgt) Auskünfte bei der Deutschen Rentenversicherung einzuholen (siehe GRA zu § 74a SGB X). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten nach § 64 Abs. 1 Satz 2 SGB X für jede auf der Grundlage des § 74a Abs. 2 Satz 1 SGB X an Gerichtsvollzieher erteilten Auskunft eine Gebühr in Höhe von 10,20 EUR.

Bei der Auskunftspflicht gegenüber den Gerichtsvollziehern im Rahmen eines privatrechtlichen Vollstreckungsverfahrens nach § 74a Abs. 2 SGB X handelt es sich nicht um eine „eigene“ Aufgabe des Rentenversicherungsträgers. Ohne eine Kostenerstattung würden die Interessen Dritter (betroffener Gläubiger) auf Kosten der Beitragszahler und Rentner verfolgt werden.

  • Eine Gebühr nach § 64 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist in den Fällen zu erheben, in denen dem Gerichtsvollzieher auf der Basis der vorhandenen Datenlage eine (positive oder negative) Auskunft im Sinne des § 74a Abs. 2 SGB X übermittelt worden ist. Eine einzelne Auskunft zu einem Versicherten kann mehrere Daten im Sinne von § 74a Abs. 2 Satz 1 SGB X enthalten. Für diese Auskunft ist dennoch nur eine (einzige) Gebühr in Höhe von 10,20 EUR zu erheben.
  • Keine Gebühr ist in den Fällen zu erheben, in denen der Betroffene anhand seiner Daten bei der Deutschen Rentenversicherung nicht ermittelt werden kann, beziehungsweise die Voraussetzungen für eine Datenübermittlung nicht gegeben sind. Das ist zum Beispiel der Fall, weil die Höhe der Forderung weniger als die geforderten 500 EUR beträgt (RBRTN 1/2013, TOP 16).
  • Eine Gebühr gegenüber Gerichtsvollziehern ist auch zu erheben, wenn diese für Gläubiger tätig werden, auf die bestimmte Kostenbefreiungsvorschriften grundsätzlich anwendbar sind (AGFAVR 3/2013, TOP 13).

Sachliche Kostenfreiheit bei anderen Behörden und bei den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGB X erweitert die sachliche Kostenfreiheit auf die Inanspruchnahme von Behörden, die nicht unter das Sozialgesetzbuch fallen.

Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X gilt die sachliche Kostenfreiheit auch für Gerichtskosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare - GNotKG) entstehen.

Sachliche Kostenfreiheit bei anderen Behörden

Unter die erweiterte sachliche Kostenfreiheit fallen alle Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung und Erstattung von Sozialleistungen nötig werden. Die Begriffe „Geschäfte und Verhandlungen“ sind weit auszulegen.

Geschäfte sind die Amtsgeschäfte und damit die gesamte Tätigkeit der Behörde, die mit der Durchführung von Gesetzen verbunden ist. Dazu gehören auch Nebengeschäfte wie Abschriften aus Registern und das Erteilen von Bescheinigungen. Verhandlungen sind mündliche Erörterungen zwischen den Beteiligten.

Nötig sind die Geschäfte und Verhandlungen immer dann, wenn sie durch Rechtsvorschrift angeordnet werden, die Behörde sie verlangt oder der Einzelne sie für notwendig halten durfte. Hierbei ist ebenfalls eine weite Betrachtungsweise anzuwenden.

Zur Beantragung zählen alle Vorgänge, die für die Einleitung und den Gang des Verwaltungsverfahrens sowie für die Entstehung des Anspruchs selbst von Bedeutung sind.

Unter Erbringung sind sowohl das Verfahren (vergleiche § 17 SGB I) als auch die Bereitstellung der Leistung zu verstehen.

Die Erstattung von Sozialleistungen erfasst auch die Erstattung durch Sozialleistungsträger untereinander. Dabei ist zu beachten, dass die speziellen Regelungen über die Verwaltungskosten und Auslagen bei Erstattungsansprüchen der Leistungsträger untereinander (§ 109 SGB X) gegebenenfalls vorrangig sind.

Die sachliche Kostenfreiheit bei anderen Behörden nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt auch zugunsten der Sozialleistungsträger selbst. Kostenfreiheit besteht daher zum Beispiel für die Übermittlung von Daten aus dem Melderegister einer Gemeinde an einen Sozialleistungsträger oder für eine Auskunft aus dem Fahrzeugregister über Fahrzeughalter, auf den ein Rückgriff als Schädiger genommen werden soll.

Für die von den Nachlassgerichten im Zusammenhang mit Auskünften zu Erben und Nachlassverfahren erhobenen Gebühren nach dem Justizverwaltungskostengesetz (JVKostG) gilt die Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGB X, soweit die Auskünfte zur Erstattung oder Erbringung von Sozialleistungen benötigt werden (RBRTN 2/2014, TOP 13). Steht die Anforderung von Handelsregisterauszügen oder Grundbuchauszügen durch den Rentenversicherungsträger im Einzelfall im Zusammenhang mit Geschäften und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung von Sozialleistungen nötig werden (zum Beispiel Feststellung einer BGB-Gesellschaft bei der Ermittlung des Hinzuverdienstes, der auf eine Rente anzurechnen ist oder Sicherung der Rückforderung einer überzahlten Rente), besteht hierfür Kostenfreiheit. Darauf ist bei der Anforderung des Registerauszuges bereits ausführlich hinzuweisen.

Gebührenfreiheit besteht jedoch nur soweit, als die Geschäfte und Verhandlungen aus den oben angeführten Anlässen notwendig sind. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn sie ausdrücklich durch Rechtsvorschrift oder von einer Behörde angeordnet sind. Vielmehr kommen alle Geschäfte und Verhandlungen in Betracht, die der Betroffene nach dem objektiven Sachverhalt aus seiner Sicht nach verständiger Beurteilung für erforderlich halten durfte. Kostenfreiheit besteht sowohl hinsichtlich der Gebühren als auch der Auslagen.

Die Rentenversicherungsträger kommen jedoch Gebührenforderungen der Gerichte wegen der Übersendung von Handelsregisterauszügen (AGFAVR 3/2000, TOP 24) und Grundbuchauszügen (RBRTN 1/2013, TOP 15) nach, wenn diese nicht im Zusammenhang mit Geschäften und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung von Sozialleistungen (zum Beispiel bei der Feststellung von Versicherungspflicht oder im Beitragseinzug) nötig werden.

Sachliche Kostenfreiheit bei den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X gilt die sachliche Kostenfreiheit auch für Gerichtskosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare- GNotKG) entstehen. Voraussetzung für die Kostenfreiheit ist auch in diesen Fällen, dass die grundsätzlich kostenpflichtigen Geschäfte und Verhandlungen in der freiwilligen Gerichtsbarkeit aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung von Sozialleistungen erforderlich werden. Folgende Angelegenheiten gehören dazu:

  • Beurkundungen und Beglaubigungen und ähnliche Geschäfte
  • Grundbuchsachen (Eintragungen und Löschungen im Grundbuch)
  • Registersachen (beglaubigte Abschriften aus öffentlichen Registern)
  • Betreuungssachen und betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen, zum Beispiel Bestellung eines Vertreters von Amts wegen (§ 15 SGB X)
  • Nachlass- und Teilungssachen (Erwirkung eines Erbscheines, Testamentseröffnung, Anordnung einer Nachlasspflegschaft, Erbschaftsausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht) sowie
  • sonstige Angelegenheiten wie Personenstandsangelegenheiten und Todeserklärungen.

Ergänzend bestimmt § 64 Abs. 3 Satz 1 SGB X, dass Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGB X unter den dort genannten Voraussetzungen für Verwaltungsverfahren auch dann besteht, wenn das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) durch bundes- oder landesrechtliche Vorschriften für ein gerichtliches Verfahren anwendbar ist. Da in vielen Fällen dafür die Kosten im Gerichts- und Notarkostengesetz geregelt sind, kommt es zu Überschneidungen bei der Gewährung von Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X und § 64 Abs. 3 Satz 1 SGB X.

Kostenfreiheit für Beurkundungen und Beglaubigungen

Für weitere abschließend aufgezählte Fallgestaltungen wird mit § 64 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 5 SGB X Kostenfreiheit bestimmt. Dies betrifft Beurkundungs- und Beglaubigungskosten, soweit nicht schon nach § 64 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X Kostenfreiheit besteht.

Von Bedeutung für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist hiervon nur Absatz 2 Satz 3 Nummer 1. Sie befreit Urkunden von den Beurkundungs- und Beglaubigungskosten, die in der Sozialversicherung bei den Versicherungsträgern und Versicherungsbehörden erforderlich werden, um die Rechtsverhältnisse zwischen den Versicherungsträgern einerseits und den Arbeitgebern, Versicherten oder ihren Hinterbliebenen andererseits abzuwickeln.

Urkunden sind in Schriftform verkörperte Gedankenerklärungen. Dazu gehören sowohl öffentliche als auch private Urkunden. Der Urkundenbegriff im Sinne von § 64 SGB X ist weit auszulegen. Auch Vollmachten und Bescheinigungen, die zum Ausweis oder Nachweis erforderlich sind oder verlangt werden, sind darunter zu verstehen.

Beurkunden ist die Herstellung eines Schriftstücks, das Wahrnehmungen von Tatsachen bezeugt, die der Aussteller als Urkundsperson gemacht hat.

Unter der Beglaubigung einer Unterschrift versteht man die öffentliche Beurkundung der Tatsachen, dass die Unterschrift oder das Handzeichen von einer bestimmten Person stammt und der Aussteller Unterschrift beziehungsweise Handzeichen persönlich vor der Urkundsperson gesetzt oder anerkannt hat.

Die Beglaubigung einer Abschrift gibt Zeugnis über die Richtigkeit der Abschrift einer Urkunde.

Mit dem Beurkundungsgesetz wurde die Zahl der Fallgruppen, in denen ein Gericht eine Beurkundung vornimmt sehr stark eingeschränkt. Die Beurkundungstätigkeit wurde überwiegend den Notaren übertragen. Notarkosten für Beurkundungen und Beglaubigungen werden grundsätzlich von der Kostenfreiheit des § 64 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht erfasst.

Persönliche Kostenfreiheit vor Gerichten

§ 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X ergänzt nach anderen Vorschriften bestehende persönliche Kostenfreiheit vor Gerichten. Eine solche persönliche Kostenfreiheit besteht zum Beispiel für das Verfahren vor den Sozialgerichten für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger sowie Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger (§ 56 SGB I) gemäß § 183 SGG.

§ 64 Abs. 3 SGB X gewährt den Trägern der Sozialhilfe (§ 28 Abs. 2 SGB I), den Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 19a Abs. 2 SGB I), den Trägern der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, den Trägern der Jugendhilfe (§ 27 Abs. 2 SGB I) und den Trägern der Kriegsopferfürsorge (§ 24 Abs. 2 SGB I) in gerichtlichen Verfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie in Verfahren vor den Sozialgerichten und den Finanzgerichten persönliche Kostenfreiheit. Verfahren vor den Arbeits- und Verwaltungsgerichten sind von dieser Regelung nicht erfasst. Vor den Verwaltungsgerichten besteht Kostenfreiheit nach § 188 Satz 2 VwGO.

Die Kostenbefreiung in § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X erstreckt sich nicht auf die Erstattung außergerichtlicher Kosten (zum Beispiel eigene Kosten und Anwaltskosten).

Die Rentenversicherungsträger werden von § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht erfasst.

Rechtsmittel

Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde über die Erhebung von Kosten ist ein Verwaltungsakt. Er kann mit Rechtsbehelf angefochten werden, wenn die Behörde trotz Kostenfreiheit Kosten verlangt.

Zweites Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586, 2707)

Inkrafttreten: 01.08.2013

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 17/11471 Seite 132

Mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts wurde die Modernisierung des Justizkostenrechts fortgesetzt und die Kostenordnung durch das Gerichts- und Notarkostengesetz ersetzt.

Durch Artikel 28 des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts ist als Folgeänderung der Verweis in § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X entsprechend angepasst worden.

Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2258)

Inkrafttreten: 01.01.2013

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/13432 Seite 40, 59

Durch Artikel 4 Absatz 15 Nummer 2 wird in § 64 Abs. 1 SGB X der Satz 2 angefügt. Er trifft eine Kostenregelung zu Gunsten der Rentenversicherungsträger für die Auskunftspflicht gegenüber dem Gerichtsvollzieher.

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6308 Seite 352, BR-Drucksache 309/07

§ 64 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB X wurden durch Artikel 106 an die FGG-Reform angepasst.

Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706)

Inkrafttreten: 01.08.2006

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/1410 Seite 33

Durch Artikel 6 wurden in § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X ergänzend die Grundsicherung für Arbeitssuchende sowie die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen.

Siebentes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGG-ÄndG) vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3302)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quellen zum Entwurf: vergleiche BT-Drucksache 15/3867 Seite 2

Durch Artikel 0 wurde § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X durch den Halbsatz, dass § 197a SGG unberührt bleibe, ergänzt. Dies ist eine Folgeänderung zur Neufassung des § 197a SGG.

Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/1514 Seite 73

Durch Artikel 9 wurden in § 64 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X die Begrifflichkeiten des SGB XII aufgenommen.

Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/1516 Seite 73

Durch Artikel 10 wurde § 64 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X neu gefasst. Als Folgeänderung zur Einführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende im SGB II wurden diese Leistungen mit einbezogen.

Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229)

Inkrafttreten: 18.06.1994

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 12/5187 Seite 35

Mit Artikel 6 wurde durch die Neufassung von § 64 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X die Kostenfreiheit auf Urkunden im Bereich der Kriegsopferfürsorge erweitert.

Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts vom 26.06.1990 (BGBl. I S. 1163)

Inkrafttreten: 01.01.1991

Quellen zum Entwurf:

Durch Artikel 3 wurde § 64 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X neu gefasst. Seit Inkrafttreten werden auch Urkunden im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe von der Kostenfreiheit erfasst.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Verwaltungsverfahren vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469, 2218)

Inkrafttreten: 01.01.1981

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 8/2034 Seite 36 f, 52, 63, 8/4022 Seite 84

Mit der Schaffung des SGB X zum 01.01.1981 wird auch § 64 SGB X eingeführt. Er fasst unter Zugrundelegung von § 118 BSHG die verschiedenen Kostenvorschriften des Sozialrechts zusammen.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 64 SGB X