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Art. 43 SVA-Türkei: Amtshilfe zwischen den Trägern - Amtshilfe bei ärztlichen Untersuchungen und Kostenerstattung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

19.10.2020

Änderung

GRA wurde komplett redaktionell überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand01.10.2020
Rechtsgrundlage

Art. 43 SVA-Türkei

Version002.00

Inhalt der Regelung

Der Art. 43 SVA-Türkei regelt die gegenseitige (Amts-)Hilfe der zuständigen Behörden, Träger und Verbände der Vertragsstaaten sowie die Kostentragung (siehe Abschnitt 2).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 1 Nr. 2 SVA-Türkei
    Die Regelung enthält die Definition, was nach dem SVA-Türkei unter „Rechtsvorschriften“ zu verstehen ist.
  • Art. 1 Nr. 3 und 4 SVA-Türkei
    Die Regelung enthält die Definitionen, was im Abkommen unter „zuständige Behörde“ und unter „Träger“ in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland und die Türkei zu verstehen ist.
  • Art. 4 DV zum SVA-Türkei
    Beinhaltet die Unterrichtung und die Übermittlung von Beweismitteln.
  • Art. 3 Abs. 2 VV zum SVA-Türkei
    Zur gegenseitigen Unterrichtung verwenden die Träger die vereinbarten Formblätter.
  • Art. 3 Abs. 6 und 7 VV zum SVA-Türkei
    Hier haben die Verbindungsstellen Näheres für die Übermittlung ärztlicher Unterlagen und zur ärztlichen Begutachtung vereinbart.
  • Art. 7 VV zum SVA-Türkei
    Hier ist das Verfahren zur ärztlichen Kontrolle geregelt.
  • Art. 8 VV zum SVA-Türkei
    Regelt das Verfahren zur Kostenerstattung für ärztliche Untersuchungen.

Amtshilfe

Die Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG). Für die soziale Sicherheit wird die Amtshilfe in den §§ 3 bis 7 SGB X konkretisiert. Unter Amtshilfe ist die ergänzende Hilfe auf Ersuchen einer anderen Behörde zu verstehen, um dieser die Durchführung ihrer Verwaltungsaufgaben zu ermöglichen und zu erleichtern (siehe GRA zu § 3 SGB X, Abschnitt 2). Amtshilfe soll nur ergänzende Hilfe sein, die ausnahmsweise in Anspruch genommen wird (siehe GRA zu § 4 SGB X, Abschnitt 2).

Einer ausländischen Stelle kann in der Regel keine Amtshilfe gewährt werden, weil sie keine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X ist (siehe GRA zu § 3 SGB X, Abschnitt 9). Die gegenseitige Hilfe ist daher im Abkommen mit der Türkei gesondert geregelt (Art. 43 SVA-Türkei). Danach leisten

  • die zuständigen Behörden,
  • die Träger,
  • die Verbände von Trägern und
  • die Gerichte

der Vertragsstaaten einander gegenseitig Hilfe. Damit ist die Verwaltungstätigkeit gemeint, die auf Ersuchen ergänzend und im Einzelfall vorgenommen wird. Zu den deutschen Verbänden von Trägern gehört der GKV-Spitzenverband, unter dessen Dach auch die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland (ist gleich Verbindungsstelle der Krankenversicherung) angesiedelt ist.

Sowohl das Ersuchen als auch die Gewährung der (Amts-)Hilfe nach dem SVA-Türkei erfolgt entsprechend dem eigenen nationalen Recht (siehe Abschnitt 2.2). Die Hilfe kann sowohl der Durchführung des SVA-Türkei als auch der eigenen nationalen, vom Abkommen erfassten Rechtsvorschriften (Art. 1 Nr. 2 SVA-Türkei) dienen, zum Beispiel zur Begründung innerstaatlicher Ansprüche.

Amtshilfestellen

Die Möglichkeit des Ersuchens auf oder der Gewährung von (Amts-)Hilfe nach dem SVA-Türkei beschränkt sich auf die Stellen, die mit der Durchführung des Abkommens oder der von ihm erfassten Rechtsvorschriften betraut sind (siehe GRA zu Art. 2 SVA-Türkei, Abschnitt 2). Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sind dies die Träger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung sowie die türkische SGK (siehe GRA zu Organisation der Sozialversicherung Türkei). Die Amtshilfe ist also nicht auf die drei deutschen Verbindungsstellen der gesetzlichen Rentenversicherung im Verhältnis Türkei begrenzt, wobei sich deren Inanspruchnahme aus Praktikabilitätsgründen anbietet.

Hingegen besteht für dritte Stellen eines Vertragsstaats, die nicht in Art. 43 SVA-Türkei genannt sind, weder die Möglichkeit des Ersuchens auf noch die Verpflichtung zur Gewährung von (Amts-)Hilfe. Lediglich für Stellen, die mit der Durchführung der vom SVA-Türkei erfassten Rechtsvorschriften betraut sind, besteht diese Möglichkeit grundsätzlich, wobei die türkische Seite dies sehr eng auslegt.

Siehe Beispiele 1, 2 und 3

Um Informationen oder Urkunden von dritten Stellen zu beschaffen, ist daher entweder der Gang über den Antragsteller oder über die jeweilige Verbindungsstelle notwendig (siehe GRA zu § 3 SGB X, Abschnitt 9, und GRA zu § 21 SGB X, Abschnitt 3.4).

Voraussetzungen und Grenzen

Das Ersuchen und die Gewährung von (Amts-)Hilfe nach dem SVA-Türkei erfolgt auf der Grundlage und entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften, die die zuständigen Behörden, Träger und Verbände von Trägern anwenden. Die Möglichkeit, die Art und der Umfang bestimmen sich damit nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten.

Die Träger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung können um Amtshilfe unter den Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 SGB X ersuchen beziehungsweise sie gewähren (zu den Voraussetzungen im Einzelnen siehe GRA zu § 4 SGB X Abschnitt 2 ff., zum Umfang siehe GRA zu § 6 SGB X, Abschnitt 2 ff.). Zudem können die Vorschriften über die Geheimhaltung personenbezogener Daten die Amtshilfe im Einzelfall einschränken oder völlig ausschließen (siehe GRA zu § 67d SGB X, Abschnitt 2, und GRA zu § 77 SGB X, Abschnitt 5).

So können der Amtshilfe durch die Träger der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall zwingende Gründe (siehe GRA zu § 4 SGB X, Abschnitt 3 ff.) oder Ermessensgründe (siehe GRA zu § 4 SGB X, Abschnitt 4 ff.) entgegenstehen. Da es sich bei der ersuchten Amtshilfe meist um Hilfe bei der Umsetzung der vom SVA-Türkei erfassten Rechtsvorschriften handelt, werden ihr aber im Regelfall keine solchen Gründe entgegenstehen.

Kostenfreiheit

Die (Amts-)Hilfe nach dem SVA-Türkei ist regelmäßig kostenlos. Das gilt auch dann, wenn dem ersuchten Träger dabei zusätzlich Verwaltungskosten wie Personal- und Sachkosten entstehen.

Lediglich Barauslagen müssen erstattet werden.

Informationen und Urkunden

Neben der Möglichkeit des Ersuchens auf oder der Gewährung von (Amts-)Hilfe nach dem SVA-Türkei haben die Träger, genauer die Verbindungsstellen, auch Mitteilungs- und Übermittlungspflichten (Art. 4 DV zum SVA-Türkei). Im Rahmen ihrer Zuständigkeit haben sie einander

  • über Tatsachen zu informieren und
  • Beweismittel zur Verfügung zu stellen.

Diese müssen der Umsetzung des SVA-Türkei oder der von ihm erfassten Rechts-vorschriften dienen und sich auf den Anspruch einer bestimmten Person beziehen. Die Grenzen zur Amtshilfe können hier fließend sein. Zur Übermittlung ärztlicher Unterlagen siehe Abschnitt 3.1.

Da sich die Verpflichtung zur Übermittlung von Tatsachen und Beweismitteln unmittelbar aus der Durchführungsvereinbarung zum SVA-Türkei ergibt und nicht auf Ersuchen als ergänzende Hilfe erfolgt, gehören diese zu den eigenen Aufgaben der Träger und stellen somit keine Amtshilfe im Sinne des Art. 43 Abs. 1 SVA-Türkei dar (siehe GRA zu § 3 SGB X, Abschnitt 7.2).

Ärztliche Untersuchungen

Das Ersuchen um (Amts-)Hilfe kann auch eine ärztliche Untersuchung des Antragstellers oder Rentenberechtigten umfassen (Art. 43 Abs. 2 SVA-Türkei). Der ersuchte Träger, also die Verbindungsstelle des Vertragsstaats, in dem sich der Antragsteller oder Berechtigte aufhält, veranlasst eine solche Untersuchung (siehe GRA zu § 62 SGB I, Abschnitt 2.1). Dies gilt auch dann, wenn ein Rentenverfahren bei diesem ersuchten Träger nicht anhängig ist oder es sich um eine Nachuntersuchung handelt.

Beim Aufenthalt in Deutschland gilt für die medizinische Begutachtung das übliche innerstaatliche Verfahren. Dabei ist für die Gutachtenerstellung aber das zwischenstaatliche Formblatt TR 12 zu verwenden (siehe auch GRA zu Übersicht VV zum SVA-Türkei, Abschnitt 6.1). Bei Aufenthalt in der Türkei ist die SGK um die Begutachtung zu bitten, zum näheren Verfahren siehe GRA zu Übersicht VV zum SVA-Türkei, Abschnitt 6.2.

Hat der Berechtigte seinen Aufenthalt außerhalb der Vertragsstaaten in einem Drittstaat, kann die Amtshilfe bei ärztlichen Untersuchungen nicht gewährt werden. Die Träger der Vertragsstaaten müssen Untersuchungen dann unter Beachtung der für sie in diesem Fall geltenden Verfahren durchführen.

Übermittlung von ärztlichen Unterlagen

Zu den Unterlagen, die die Verbindungsstellen sich gegenseitig zur Verfügung stellen, gehören auch ärztliche Angaben und Unterlagen, die sich auf die Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers oder des Rentenberechtigten beziehen (Art. 4 DV zum SVA-Türkei). Die Übermittlung der Unterlagen erfolgt regelmäßig mittels Formblatt TR 12.

Dies steht unter dem Vorbehalt, dass eine Übermittlung nach eigenen, nationalen Rechtsvorschriften möglich ist (siehe GRA zu § 76 SGB X, Abschnitte 2 und 3 ff.). Antragsteller oder Rentenberechtigte können dazu ausdrücklich ihr Einverständnis erklären.

Die Übermittlung erfolgt kostenlos und regelmäßig nur auf Ersuchen des Trägers des anderen Vertragsstaats. Bei Einleitung eines Rentenverfahrens wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird davon ausgegangen, dass auch die SGK diese Unterlagen benötigt (Art. 7 Abs. 3 VV zum SVA-Türkei in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 VV zum SVA-Türkei).

Kostenerstattung

Die (Amts-)Hilfe nach dem SVA-Türkei ist grundsätzlich kostenlos (siehe Abschnitt 2.3). Etwas anderes gilt jedoch bei ärztlichen Untersuchungen. Die Kosten der Untersuchung und des daraus resultierenden Befundes beziehungsweise Gutachtens trägt grundsätzlich der Träger des Vertragsstaats, der um (zusätzliche) Untersuchung ersucht hat.

Beachte:

War die Untersuchung auch im Interesse des um Amtshilfe ersuchten Trägers, weil hier das Gutachten ebenfalls für eigene Zwecke benötigt wird, kann nicht um Kostenerstattung ersucht werden. Es handelt sich dabei nicht um Amtshilfe im Sinne des Art. 43 Abs. 2 S. 1 SVA-Türkei, sondern um eine Übersendung von Unterlagen nach Art 4 Abs. 1 DV zum SVA-Türkei. Fordert zum Beispiel die SGK ein deutsches Fachgutachten an, welches gleichzeitig der Deutschen Rentenversicherung zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der antragstellenden Person verwendet wird, so werden die Kosten gegenüber der SGK nicht geltend gemacht.

Rechtsgrundlage für die eigentliche Kostenerstattung ist Art. 8 VV zum SVA-Türkei; Einzelheiten zur Kostenerstattung sind in der GRA zu Übersicht VV zum SVA-Türkei, Abschnitt 7 beschrieben.

Beispiel 1: Ermittlung der türkischen Rentenhöhe

(Beispiel zu Abschnitt 2.1)

Die AOK Bayern benötigt für einen türkischen Rentenberechtigten mit Wohnsitz in Deutschland die Höhe der türkischen Altersrente, da der Rentner auch eine deutsche Rente bezieht und daher Pflichtmitglied der KVdR ist. Die türkische Rente unterliegt damit der Beitragspflicht in der KVdR.

Ist die SGK zur Amtshilfe gegenüber der AOK verpflichtet?

Lösung:

Grundsätzlich ja, da die SGK sowohl Träger der Kranken- als auch der Rentenversicherung ist. Tatsächlich verweigert sie aber überwiegend die Amtshilfe gegenüber den deutschen Krankenkassen mit der Begründung, dass die Krankenkassen nicht Verbindungsstellen im Sinne des SVA-Türkei sind. Vor diesem Hintergrund kann in Einzelfällen der zuständige Träger der Deutschen Rentenversicherung auf Anfrage einer deutschen Krankenkasse die Höhe der türkischen Rente bei der SGK anfragen.

Beispiel 2: Ermittlung der deutschen Anschrift

(Beispiel zu Abschnitt 2.1)

Die SGK ersucht ein deutsches Einwohnermeldeamt zur Mitteilung der aktuellen Adresse einer Berechtigten.

Ist das Einwohnermeldeamt zur Mitteilung verpflichtet?

Lösung:

Nein, das deutsche Einwohnermeldeamt ist weder ein Träger, der mit der Durchführung des SVA-Türkei betraut ist, noch eine Stelle, die mit der Durchführung der von ihm erfassten Rechtsvorschriften befasst ist. Die SGK kann aber den zuständigen deutschen Rentenversicherungsträger um Amtshilfe bei der Ermittlung der aktuellen Anschrift in Deutschland bitten.

Beispiel 3: Anfrage eines Jobcenters an die SGK zum Rentenbezug in der Türkei

(Beispiel zu Abschnitt 2.1)

Ein deutsches Jobcenter fragt bei der SGK an, ob ein dortiger Leistungsbezieher auch Leistungen der türkischen Rentenversicherung bezieht.

Ist die SGK zur Amtshilfe verpflichtet?

Lösung:

Nein, das Jobcenter ist weder ein Träger, der mit der Durchführung des SVA-Türkei betraut ist, noch eine Stelle, die mit der Durchführung der von ihm erfassten Rechtsvorschriften befasst ist. Das Jobcenter kann sich in diesen Fällen nur an die DRV wenden und um Klärung/ Prüfung bitten, ob die Person eine laufende Rente von der SGK bezieht.

Gesetz zu dem Zusatzabkommen (ZA) vom 02.11.1984

Inkrafttreten: 20.12.1986 (Gesetz), 01.04.1987 (Abkommen)

Quellen: BGBl. 1986 II S. 1038 ff., BGBl. 1987 II S. 188

Durch Art. 1 Nr. 27 des Zusatzabkommens wurde Art. 43 SVA-Türkei neu gefasst.

Gesetz zu dem Abkommen vom 30.04.1964

Inkrafttreten: 22.09.1965 (Gesetz), 01.11.1965 (Abkommen)

Quellen: BGBl. 1965 II S. 1169 ff., BGBl. 1965 II S. 1588

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung.

Zusatzinformationen

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Art. 43 SVA-Türkei