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Art. 25 SVA-Marokko: Berechnung der deutschen Rente

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

In Abschnitt 3 wurden die Angaben / Verweise zum Hinzuverdienstdeckel und zur Hinzuverdienstgrenze aufgrund des Flexirentengesetzes angepasst. Die gesamte GRA wurde redaktionell überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand30.05.2017
Rechtsgrundlage

Art. 25 SVA-Marokko

Version001.01

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift beinhaltet die generellen Regelungen zur Berechnung von Leistungen nach deutschen Rechtsvorschriften. Sie ist einseitig für die Träger der Deutschen Rentenversicherung anzuwenden.

Nummer 1 regelt die Zuordnung der nach Art. 24 SVA-Marokko zu berücksichtigenden marokkanischen Versicherungszeiten zu einem deutschen Versicherungszweig. Sie bestimmt ferner, dass in den bergbaulichen Betrieben unter Tage zurückgelegte marokkanische Versicherungszeiten der deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet werden (vergleiche Abschnitt 2).

Nach Nummer 2 wird die deutsche Rente allein aus den deutschen Versicherungszeiten und den sich aus ihnen ergebenden Bemessungsgrundlagen berechnet (vergleiche Abschnitt 3).

Nummer 3 regelt die Halbierung der deutschen Zurechnungszeit, wenn der Rentenanspruch nur zwischenstaatlich unter Zusammenrechnung der vertragsstaatlichen Versicherungszeiten besteht (vergleiche Abschnitt 5).

Nach Nummer 4 kann ein Kinderzuschuss zur Versichertenrente oder der Betrag, um den sich die deutsche Waisenrente erhöht, gegebenenfalls nur zur Hälfte gezahlt werden (vergleiche Abschnitt 6).

Nummer 5 bestimmt, dass für den Wegfall der Knappschaftsausgleichsleistung marokkanische knappschaftliche Betriebe deutschen knappschaftlichen Betrieben gleichstehen.

Nummer 6 nimmt Bezug auf die nach marokkanischem Recht mögliche Mehrehe und bestimmt, dass die deutsche Witwenrente gegebenenfalls zu gleichen Teilen und endgültig auf die anspruchsberechtigten Witwen, die gleichzeitig Ehefrauen waren, aufgeteilt wird (vergleiche Abschnitt 7).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 1 Nr. 3 SVA-Marokko
    Die Vorschrift definiert den Begriff „Rechtsvorschriften“.
  • Art. 1 Nr. 5 SVA-Marokko
    Die Vorschrift definiert den Begriff „Träger“.
  • Art. 24 SVA-Marokko
    Die Vorschrift regelt die Zusammenrechnung der vertragsstaatlichen Zeiten für den Anspruchserwerb.
  • Art. 26 SVA-Marokko
    Analog Art. 25 SVA-Marokko sind die Grundregeln zur Leistungsfeststellung nach marokkanischem Recht für die marokkanischen Träger in Art. 26 SVA-Marokko enthalten.
  • Nr. 16 Buchst. a SP zum SVA-Marokko
    Die Vorschrift bestimmt, dass nach marokkanischen Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten bei der Ermittlung der Mindestzahl von Versicherungsjahren als Voraussetzung für die Berechnung der Rente nach Mindesteinkommen unberücksichtigt bleiben.
  • Nr. 16 Buchst. b SP zum SVA-Marokko
    Die Vorschrift bestimmt, dass bei der Feststellung des Leistungszuschlags aus der knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 85 SGB VI) marokkanische Versicherungszeiten unberücksichtigt bleiben.
  • Nr. 17 SP zum SVA-Tunesien
    Die Vorschrift definiert den Begriff „bergbauliche Betriebe“.
  • Art. 4 Abs. 3 VV-Marokko
    Die Vorschrift verpflichtet den marokkanischen Träger, für die Durchführung des Art. 25 Nr. 4 SVA-Marokko mitzuteilen, von welchem Zeitpunkt an und für welche Kinder Anspruch auf Leistungen besteht. Die Vorschrift ist nur noch für nach dem AVG oder der RVO festgestellte Renten von Bedeutung (vergleiche Abschnitt 6).
  • § 91 Satz 3 SGB VI und § 34 Abs. 2 SGB I
    Hinterlässt ein Versicherter mehrere Ehefrauen, ist die Witwenrente zwischen den Ehefrauen nach § 91 Satz 3 SGB VI unter Beachtung von § 34 Abs. 2 SGB I aufzuteilen. Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko ist eine Sondervorschrift, die diesen Regelungen des nationalen Rechts vorgeht.

Zuordnung der marokkanischen Versicherungszeiten zu einem Versicherungszweig

Nach Art. 25 Nr. 1 Satz 1 SVA-Marokko werden die nach Art. 24 SVA-Marokko berücksichtigungsfähigen Versicherungszeiten dem (deutschen) Versicherungszweig zugeordnet, dessen Träger nach Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften für die Feststellung der Leistung zuständig ist. Marokkanische Versicherungszeiten werden in der knappschaftlichen Rentenversicherung berücksichtigt, wenn sie in bergbaulichen Betrieben unter Tage zurückgelegt wurden und ein Beitrag aufgrund einer Beschäftigung zur knappschaftlichen Rentenversicherung gezahlt worden ist. Andernfalls werden die marokkanischen Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter oder in der Rentenversicherung der Angestellten berücksichtigt (Art. 25 Nr. 1 Satz 2 SVA-Marokko). Bergbauliche Betriebe in diesem Sinne sind Betriebe, in denen Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch oder Steine und Erden überwiegend unterirdisch gewonnen werden (Nr. 17 SP zum SVA-Marokko).

Die Vorschrift ist heute nur noch für die knappschaftliche Rentenversicherung von Bedeutung. Sie legt nämlich fest, unter welchen Voraussetzungen marokkanische Versicherungszeiten in der deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden können.

Für die Träger der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung ist die Regelung hingegen nicht mehr von Belang. Mit dem Inkrafttreten des SGB VI wurde bereits zum 01.01.1992 die materiell-rechtliche Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten aufgegeben, sodass eine Zuordnung der Versicherungszeiten zur Arbeiterrentenversicherung oder zur Angestelltenrentenversicherung entbehrlich wurde. Mit der Zusammenfassung der Angestelltenversicherung und der Arbeiterrentenversicherung zur allgemeinen Rentenversicherung am 01.01.2005 ist eine Zuordnung der Versicherungszeiten zu den genannten Versicherungszweigen nun auch nicht mehr möglich.

Berechnung der Rente aus deutschen Zeiten

Die deutsche Rente wird allein aus den nach deutschen Rechtsvorschriften berücksichtigungsfähigen rentenrechtlichen Zeiten berechnet (analog Art. 25 Nr. 2 SVA-Marokko). Bemessungsgrundlagen werden nur aus diesen Versicherungszeiten gebildet. Marokkanische Versicherungszeiten nehmen an der Berechnung der Rente nicht teil. Sie sind Lücken im Versicherungsleben. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der deutsche Rentenanspruch nur zwischenstaatlich durch Zusammenrechnung mit marokkanischen Versicherungszeiten nach Art. 24 SVA-Marokko besteht.

Für die Berechnung deutscher Renten gilt Folgendes:

  • Marokkanischen Versicherungszeiten werden keine Entgeltpunkte zugeordnet.
  • Beim Zusammentreffen von marokkanischen und deutschen Versicherungszeiten entsteht keine deutsche beitragsgeminderte Zeit.
  • Marokkanische Versicherungszeiten bleiben unberücksichtigt
    • bei der Ermittlung von Entgeltpunkten für beitragsfreie Zeiten nach § 72 SGB VI,
    • bei der Ermittlung eines Zuschlages für beitragsgeminderte Zeiten im Rahmen der Vergleichsbewertung nach § 73 SGB VI,
    • bei der Ermittlung des Zuschlages zur Waisenrente nach § 78 SGB VI,
    • bei der Ermittlung des zeitlichen Umfanges der anrechenbaren Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung, aus denen der Zuschlag nach § 78a SGB VI ermittelt wird,
    • bei der Errechnung des Leistungszuschlages (§ 85 SGB VI), auch wenn sie in Marokko in bergbaulichen Betrieben unter Tage zurückgelegt worden sind (vergleiche Nr. 16 Buchst. b SP zum SVA-Marokko),
    • bei der Ermittlung der erforderlichen „5 Jahre mit Pflichtbeiträgen aufgrund einer versicherten Beschäftigung“ für die Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten mit Sachbezug nach § 259 SGB VI und
    • bei der Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit nach § 253 SGB VI.
  • Die Bewertung und die Fiktion für die ersten 36 Kalendermonate bei Zeiten einer beruflichen Ausbildung (§§ 54 Abs. 3 Satz 2, 71 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Satz 2, 246 Satz 2, 263 Abs. 5, 6 und 7 SGB VI) gelten nur für deutsche Pflichtbeiträge.
  • Marokkanische Versicherungszeiten bleiben bei der Ermittlung des Hinzuverdienstdeckels und der Hinzuverdienstgrenze für Altersrenten und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 34 Abs. 3a SGB VI, § 96a Abs. 1b und 1c SGB VI, § 313 SGB VI unberücksichtigt. Eine „erste Rente wegen Alters“ im Sinne des § 34 Abs. 3a SGB VI kann nur eine deutsche Altersrente sein.
  • Der Bezug einer marokkanischen Rente steht dem Bezug einer deutschen Rente bei Anwendung von § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI, § 73 Satz 1 Nr. 3 SGB VI und § 262 Abs. 3 SGB VI nicht gleich.
  • Der Zugangsfaktor im Sinne des § 77 Abs. 1 bis 3 SGB VI bestimmt sich nach deutschem Recht. Der Bezug einer marokkanischen Rente steht dem Bezug einer deutschen Rente nicht gleich.

Beachte:

Die Vertrauensschutzregelung „40 oder 35 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 SGB VI, § 52 Abs. 2 SGB VI und § 244a SGB VI genannten Zeiten“ für die Ermittlung des Zugangsfaktors (§ 77 Abs. 4 SGB VI, § 264c Satz 2 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2012, § 264d Satz 2 SGB VI) kann hingegen auch mit marokkanischen Versicherungszeiten erfüllt werden (vergleiche GRA zu Art. 24 SVA-Marokko, Abschnitt 6.6). Hier sind alle vertragsstaatlichen Zeiten, die auch auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden, mitzuzählen, sofern sie für den Leistungsfall der Invalidität beziehungsweise des Todes zurückgelegt wurden (vergleiche auch verbindliche Entscheidung in RVaktuell 8/2013, 216, und in RVaktuell 3/2015, 75/76).

Marokkanische Versicherungszeiten bleiben ebenso bei der Ermittlung der Mindestzahl von Versicherungsjahren als Voraussetzung für die Berechnung der Rente nach Mindesteinkommen unberücksichtigt (Nr. 16 Buchst. a SP zum SVA-Marokko). Sie fließen damit weder

  • in die Ermittlung der erforderlichen 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten für die Gewährung von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt (§ 262 Abs. 1 Satz 1 SGB VI),

noch - in analoger Auslegung der Nr. 16 Buchst. a SP zum SVA-Marokko -

  • in die Ermittlung der erforderlichen 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten für die Gutschrift zusätzlicher Entgeltpunkte für Zeiten der Erziehung und/oder Pflege von Kindern (§ 70 Abs. 3a Satz 1 SGB VI)

ein.

Bei (Neu-)Feststellung einer Rente nach dem AVG oder der RVO oder bei Feststellung von Witwenrenten im Fall der Mehrehe können sich im Hinblick auf die Rentenberechnung abkommensrechtliche Besonderheiten aus Art. 25 Nr. 3, 4 und 6 SVA-Marokko ergeben (vergleiche Abschnitte 5, 6 und 7).

Berechnung der Rente aus einem Beitrag

Das SVA-Marokko enthält keine Vorschrift über die Zurücklegung einer Mindestversicherungszeit und keine sogenannte „weniger-als-Regelung“. Das bedeutet, dass eine deutsche Rente bereits aus einem anrechenbaren Beitrag gezahlt werden kann, wenn die Rentenanspruchsvoraussetzungen durch Zusammenrechnung mit marokkanischen Versicherungszeiten nach Art. 24 SVA-Marokko erfüllt sind.

Halbierung einer Zurechnungszeit

Nach Art. 25 Nr. 3 SVA-Marokko wird der auf die Zurechnungszeit entfallende Leistungsanteil der deutschen Rente halbiert, wenn der Rentenanspruch nur zwischenstaatlich unter Berücksichtigung der marokkanischen Versicherungszeiten nach Art. 24 SVA-Marokko erfüllt ist.

Diese Regelung war auf das bis zum 31.12.1991 geltende Recht des AVG und der RVO zugeschnitten. Danach wurde die Zurechnungszeit bei Erfüllung der Voraussetzungen (Halbbelegung) in vollem Umfang berücksichtigt. Sinn und Zweck der Halbierungsregelung des Art. 25 Nr. 3 SVA-Marokko war, die Anrechnung der vollen Zurechnungszeit bei nur zwischenstaatlich bestehenden Ansprüchen auszuschließen, da eine volle Anrechnung der Zurechnungszeit in diesen Fällen nicht angemessen erschien.

Nach den Berechnungsvorschriften des ab dem 01.01.1992 geltenden Rechts des SGB VI wird die Zurechnungszeit im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung immer im Verhältnis der individuellen Beitragsleistung (Anzahl und Höhe der Beiträge) zum belegungsfähigen Gesamtzeitraum berücksichtigt. Da bereits das innerstaatliche Recht eine individuelle Minderung vorsieht, ist eine zusätzliche Halbierung der Zurechnungszeit nach Art. 25 Nr. 3 SVA-Marokko nicht mehr gerechtfertigt.

Im Vorgriff auf eine entsprechende spätere Änderung des SVA-Marokko wird Art. 25 Nr. 3 SVA-Marokko daher bei erstmaligen Rentenfeststellungen nach dem SGB VI in Übereinstimmung mit dem BMAS nicht angewendet.

Beachte:

Art. 25 Nr. 3 SVA-Marokko hat auf das Entstehen einer Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI und des § 252 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI keine Auswirkung. Die in einer Vorrente enthaltene Zurechnungszeit wird in der Folgerente ohne Rücksicht auf die bisherige Halbierung in vollem Umfang Anrechnungszeit.

Bei Rentenneufeststellungen ist das Recht maßgeblich, das bei der erstmaligen Feststellung der Rente anzuwenden war (§ 300 Abs. 3 SGB VI). Wurde die in einer nach dem AVG oder der RVO festgestellten Rente enthaltene Zurechnungszeit nach Art. 25 Nr. 3 SVA-Marokko halbiert, verbleibt es bei Neufeststellung der Rente bei der Halbierung. Auch ist eine Neufeststellung einer solchen Rente allein wegen des Wegfalls der Halbierung der Zurechnungszeit wegen § 306 Abs. 1 SGB VI ausgeschlossen.

Kinderzuschuss und Erhöhungsbetrag zur Waisenrente

Nach Art. 25 Nr. 4 SVA-Marokko ist der Kinderzuschuss (zur Versichertenrente) oder der Betrag, um den sich die deutsche Waisenrente erhöht, nur zur Hälfte zu zahlen, wenn

  • entweder der Rentenanspruch nur zwischenstaatlich unter Berücksichtigung der marokkanischen Versicherungszeiten nach Art. 24 SVA-Marokko besteht oder
  • auch ein Anspruch auf Familienbeihilfe oder eine Waisenrente nach den marokkanischen Rechtsvorschriften besteht.

Diese Regelung war auf das bis zum 31.12.1991 geltende Recht des AVG und der RVO zugeschnitten. Danach wurde

  • der in einer Waisenrente enthaltene Kinderzuschuss oder Erhöhungsbetrag sowie
  • der in einer Versichertenrente enthaltene Kinderzuschuss

unabhängig von der Versicherungsdauer und der Beitragsleistung des Versicherten gewährt.

Nach den ab 01.01.1992 geltenden Berechnungsvorschriften des SGB VI richtet sich die Höhe des Zuschlages bei Waisenrenten nach der Anzahl an Kalendermonaten mit rentenrechtlichen Zeiten und dem Zugangsfaktor des verstorbenen Versicherten (§ 78 SGB VI). Marokkanische Versicherungszeiten bleiben bei der Ermittlung des Zuschlages unberücksichtigt (vergleiche Abschnitt 3). Sie wirken sich als Lücken im Versicherungsleben wertmindernd auf den Zuschlag aus. Es widerspricht damit dem Sinn und Zweck des Art. 25 Nr. 4 SVA-Marokko, den Zuschlag noch einmal zu halbieren.

Im Vorgriff auf eine entsprechende spätere Änderung des SVA-Marokko wird daher Art. 25 Nr. 4 SVA-Marokko bei der Feststellung von Waisenrenten nach dem SGB VI in Übereinstimmung mit dem BMAS nicht angewendet.

Ein Anspruch auf einen Kinderzuschuss zur Versichertenrente kann ab 01.01.1984 nicht mehr neu entstehen. Die Regelung des Art. 25 Nr. 4 SVA-Marokko ist daher durch Zeitablauf für die erstmalige Feststellung einer Versichertenrente nach dem SGB VI nicht mehr von Bedeutung.

Im Falle

  • der Weitergewährung oder Neufeststellung einer nach dem AVG oder der RVO festgestellten Waisenrente oder
  • der Neufeststellung einer nach dem AVG oder der RVO festgestellten Versichertenrente mit Kinderzuschuss

findet das für die Rente bisher maßgebliche Recht Anwendung (vergleiche GRA zu § 300 SGB VI, Abschnitte 4.3 und 5.9). Wurde der Kinderzuschuss zur Versichertenrente oder der in der Waisenrente enthaltene Kinderzuschuss oder Erhöhungsbetrag nach Art. 25 Nr. 4 SVA-Marokko halbiert, weil ein nur zwischenstaatlicher Rentenanspruch besteht, verbleibt es bei der Halbierung. Erfolgte eine Halbierung, weil auch ein Anspruch auf eine Waisenrente nach den marokkanischen Rechtsvorschriften besteht, wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen für die Halbierung weiterhin vorliegen.

Ist eine Waisenrente (nach einer Unterbrechung des Rentenanspruchs von mindestens einem Monat) wiederzugewähren, gilt nach § 300 Abs. 1 SGB VI das aktuelle Recht zum Zeitpunkt des Beginns dieser Rente. Die Halbierung des Erhöhungsbetrags oder Waisenrentenzuschlags entfällt dann.

Feststellung der Witwenrente im Fall der Mehrehe

Anspruch auf Witwenrente haben die hinterbliebenen Ehefrauen, die mit dem verstorbenen Versicherten zum Zeitpunkt seines Todes rechtmäßig verheiratet waren und nicht wieder geheiratet haben (zur Eigenschaft als Witwe vergleiche GRA zu § 46 SGB VI, Abschnitt 4).

Nach marokkanischem Recht ist für Männer die Mehrehe zugelassen, sodass ein Mann gleichzeitig mit bis zu vier Frauen verheiratet sein darf (zum marokkanischen Eherecht vergleiche GRA zu Marokkanisches Eherecht Marokko). Hinterlässt ein Versicherter daher mehrere Witwen, die ihren Anspruch geltend machen, wird die deutsche Witwenrente zu gleichen Teilen aufgeteilt. Maßgeblich ist die besondere Vorschrift in Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko, die Vorrang vor der Regelung zur Aufteilung nach der jeweiligen Ehedauer entsprechend § 91 Satz 3 SGB VI unter Beachtung von § 34 Abs. 2 SGB I hat.

Die Aufteilung der Witwenrente setzt voraus, dass mindestens eine weitere Witwe ihren Anspruch tatsächlich geltend macht und anspruchsberechtigt ist. Das Bestehen eines Stammrechts oder eines Anspruchs dem Grunde nach reicht für die Aufteilung der Rente nicht aus.

Siehe Beispiel 1

Die Witwenrente kann nur auf maximal vier Anspruchsberechtigte aufgeteilt werden. Die Aufteilung der Witwenrente erfolgt zu gleichen Teilen. Die jeweilige Ehedauer hat keinen Einfluss auf die Rentenhöhe. Die Aufteilung wird vom Beginn der Rente an - also auch im Sterbevierteljahr - vorgenommen.

Der Zuschlag nach § 78a SGB VI ist von der Aufteilung der Witwenrente nicht betroffen. Er wird für jede Witwe gesondert, entsprechend dem Umfang der ihr zugeordneten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ermittelt.

Siehe Beispiel 2

Die Aufteilung der Witwenrente ist endgültig. Fällt eine Witwenrente weg, zum Beispiel durch Wiederheirat oder Tod einer Witwe, wird die Witwenrente nicht neu aufgeteilt. Vielmehr werden die restlichen Witwenrentenanteile unverändert weitergezahlt (vergleiche BSG vom 30.08.2000, AZ: B 5 RJ 4/00 R, SozR 3-1200 § 34 Nr. 1).

Nach Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko wird die Witwenrente hingegen neu aufgeteilt, wenn eine weitere Anspruchsberechtigte eine Witwenrente beantragt. Der bisherige Rentenbescheid wird unter Beachtung der Regelung des § 48 SGB X aufgehoben. Die Witwenrenten werden in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist (§ 100 Abs. 1 SGB VI).

Beim Zusammentreffen von Witwenrenten mit Leistungen aus der Unfallversicherung nach § 93 SGB VI und Aufteilung dieser Witwenrenten auf mehrere Berechtigte nach Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko ist jeweils der volle Grenzbetrag maßgebend, der nicht auf die einzelnen Berechtigten aufzuteilen ist.

Beispiel 1: Aufteilung der Witwenrente

(Beispiel zu Abschnitt 7)

Der marokkanische Versicherte bezieht eine Altersrente. Er verstirbt am 13.03.2012 und hinterlässt drei Witwen. Die Eheschließungen erfolgten jeweils nach marokkanischem Recht. Die erste und die zweite Witwe erfüllen jeweils die Anspruchsvoraussetzungen für eine große Witwenrente. Die dritte Witwe hat einen Anspruch auf eine kleine Witwenrente.

Wie ist die Witwenrente aufzuteilen?

Lösung:

Nach Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko wird die Witwenrente zu gleichen Teilen auf die Anspruchsberechtigten aufgeteilt. Jeder Witwe steht damit, unabhängig von der Ehedauer, 1/3 der an sie zu zahlenden Rente zu.

Die Witwen erhalten somit bis zum Ablauf des Sterbevierteljahres am 30.06.2012 jeweils 1/3 der an den Versicherten geleisteten Altersrente. Ab 01.07.2012 erhalten die ersten beiden Witwen jeweils 1/3 der großen Witwenrente. Die dritte Witwe erhält 1/3 der kleinen Witwenrente.

Beispiel 2: Ermittlung des Zuschlags nach § 78a SGB VI

(Beispiel zu Abschnitt 7)

Der Versicherte wurde am 04.07.1960 geboren. Er verstirbt am
und hinterlässt zwei Witwen. Die Ehen wurden jeweils nach marokkanischem Recht wie folgt geschlossen:

mit Witwe A am

mit Witwe B am

13.03.2012

05.06.1984

17.03.2002

Beide Witwen haben einen Anspruch auf eine große Witwenrente. Für die Witwe A, geboren am 28.09.1965, werden für zwei Kinder Berücksichtigungszeiten zugeordnet.

Für Witwe B, geboren am 03.01.1979, werden für drei Kinder Berücksichtigungszeiten zugeordnet.

Wie wird der Zuschlag nach § 78a SGB VI ermittelt?

Lösung:

Die Anwendung der Regelung des § 78a SGB VI wird für jede Witwe getrennt geprüft.

Für die Witwe A besteht kein Anspruch auf einen Zuschlag, da die Ehe vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde und mindestens einer der Ehegatten (der Versicherte) vor dem 02.01.1962 geboren wurde (vergleiche GRA zu § 78a SGB VI, Abschnitt 2 und GRA zu § 264c SGB VI, Abschnitt 3.2). Die Witwe A hat nach Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko einen Anspruch auf die Hälfte der aus der Versicherung des Verstorbenen berechneten großen Witwenrente.

Für die Witwe B besteht ein Anspruch auf einen Zuschlag, dessen Höhe sich aus dem individuellen Umfang ihrer Kinderziehung ermittelt. Sie hat nach Art. 25 Nr. 6 SVA-Marokko einen Anspruch auf die Hälfte der aus der Versicherung des Verstorbenen berechneten großen Witwenrente, deren Betrag sich nach Ablauf des Sterbevierteljahres um den Zuschlag nach § 78a SGB VI erhöht.

Gesetz vom 10.04.1986 zu dem Abkommen vom 25.03.1981

Inkrafttreten: 11.04.1986 (Gesetz), 01.08.1986 (Abkommen)

Quelle: BGBl. II 1986, Seite 550 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 25 SVA-Marokko sind nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum 01.08.1986 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 25 SVA-Marokko