Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009: Übergangsvorschriften für Renten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Veröffentlichung der abgestimmten Version

Dokumentdaten
Stand04.03.2015
Version001.01

Inhalt der Regelung

Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009 enthält Übergangsbestimmungen zur doppelten Leistungsfeststellung und zur Neufeststellung von Amts wegen.

Absatz 1 regelt Fälle, in denen ein Antrag auf Leistungen die doppelte Feststellung der Rente von Amts wegen zur Folge hat, weil der Rentenanspruch schon für die Zeit vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 besteht und die Rente in einem der beteiligten Mitgliedstaaten bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig festgestellt wurde. Am jeweiligen Stichtag wird die vor dem Stichtag zustehende deutsche Rente nach bisherigen Recht (nationales Recht, SVA oder VO (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72) der ab dem Stichtag zustehenden deutschen Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 gegenübergestellt (vergleiche Abschnitt 2).

Nach Absatz 2 werden vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 bereits festgestellte Renten von Amts wegen neu festgestellt, wenn nach dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 in einem anderen Mitgliedstaat eine Rente für denselben „Versicherungsfall" (Leistungsfall) beantragt wird. Am jeweiligen Stichtag wird die vor dem Stichtag zustehende deutsche Rente nach bisherigen Recht (nationales Recht, SVA oder VO (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72) der ab dem Stichtag zustehenden deutschen Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 gegenübergestellt (vergleiche Abschnitt 3).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Allgemeines

Besteht der Rentenanspruch bereits für die Zeit vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009

  • am 01.05.2010: Anwendungsstart in den EU-Mitgliedstaaten
  • am 01.01.2011: Anwendungsstart für Drittstaatsangehörige in Verbindung mit der VO (EU) Nr. 1231/2010
  • am 01.04.2012: Anwendungsstart im Verhältnis zur Schweiz
  • am 01.06.2012: Anwendungsstart im Verhältnis zu den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen)
  • am 01.07.2013: Anwendungsstart im Verhältnis zu Kroatien anlässlich des Beitritts zur Europäischen Union

und wurde eine Rente bisher nicht bindend festgestellt, wird nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 die doppelte Feststellung der Renten in allen beteiligten Mitgliedstaaten vorgenommen. Am Stichtag 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 wird die am 30.04.2010/ 31.12.2010/ 31.03.2012/ 31.05.2012/ 30.06.2013 zustehende deutsche Rente der ab dem Stichtag nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zustehenden deutschen Rente gegenübergestellt (vergleiche Abschnitt 3).

Die Renten der Mitgliedstaaten, die schon vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 (am 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013) bindend festgestellt worden sind, werden nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 von Amts wegen nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 neu festgestellt, wenn nach dem jeweiligen Stichtag in einem Mitgliedstaat ein Rentenantrag für denselben „Versicherungsfall“ (Leistungsfall) gestellt wird (vergleiche Abschnitt 4).

Beachte:

Im Gegensatz zu der Vorgängervorschrift (Art. 118 VO (EWG) Nr. 574/72) bezieht sich Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009 nach seinem Wortlaut nur auf das „Datum des Inkrafttretens der VO (EG) Nr. 987/2009“ (am 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012). Er enthält keine Formulierung, die sich auf den „Zeitpunkt der Anwendung der Durchführungsverordnung im Gebiet eines Mitgliedstaates“ bezieht. Solche Fälle würden vorliegen, wenn ab dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012 weitere Staaten der Europäischen Union beitreten (wie zum Beispiel Kroatien zum 01.07.2013) und deshalb die VO (EG) Nr. 987/2009 erstmalig anzuwenden wäre.

Da mit dem Übergang von Art. 118 VO (EWG) Nr. 574/72 zu Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009 keine inhaltliche Änderung verbunden ist, wird Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009 auch auf derartige Fälle angewendet.

Doppelte Feststellung der Leistung (Absatz 1)

Die Rente wird nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 doppelt festgestellt, wenn

  • die berechtigte Person sowohl vom nationalen Recht beziehungsweise von einem Sozialversicherungsabkommen (SVA) oder der VO (EWG) Nr. 1408/71, als auch von der VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst wird (vergleiche Abschnitt 3.1) und
  • der Leistungsfall noch vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 (Stichtag) eingetreten ist (vergleiche Abschnitt 3.2) und
  • die Rente auch für die Zeit vor diesem Zeitpunkt zusteht (vergleiche Abschnitt 3.3) und
  • in einem der beteiligten Mitgliedstaaten bis zum maßgeblichen Stichtag noch keine bindende Feststellung (Bewilligung oder Ablehnung) für diesen Antrag getroffen wurde (vergleiche Abschnitt 3.4)

Nur wenn alle Bedingungen erfüllt sind, erfolgt die doppelte Feststellung und der Vergleich der Leistungen. Besitzgeschützt ist jeweils der höhere Zahlbetrag (vergleiche Abschnitt 5).

Hinweis:

In welchen Fällen die doppelte Leistungsfeststellung beim Übergang von der VO (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 zu der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zu einer Änderung der Entgeltpunkte/ des Zahlbetrages führen kann und somit gegebenenfalls zwei unterschiedliche Beträge nach der bis 30.04.2010/ 31.12.2010/ 31.03.2012/ 31.05.2012/ 30.06.2013 und ab 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 maßgebenden Rechtsgrundlage zur Verfügung stehen, ist in der GRA zu Art. 87 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 10 beschrieben.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass den berechtigten Personen Ansprüche aufgrund der Geltung der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 nicht vorenthalten werden dürfen. Sofern sich der Antrag zum Stichtag 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 noch in der Bearbeitung des Trägers befindet (das ist in der Regel nur der Fall, wenn noch keine bindende Feststellung getroffen wurde), soll dieser von Amts wegen eine doppelte Leistungsfeststellung vornehmen, damit den berechtigten Personen eventuelle Vergünstigungen ohne weiteren Antrag zugute kommen können.

Erfassung von den in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen

Die berechtigte Person muss zum Personenkreis gehören, der

erfasst wird. Das heißt, es muss auch tatsächlich ein entsprechender Anspruch bestehen.

Nach Art. 94 Absatz 1 Buchstabe a VO (EG) Nr. 987/2009 sind nur die SVA zwischen den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, die mit dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 abgelöst werden (Art. 8 VO (EG) Nr. 883/2004). SVA mit Drittstaaten fallen nicht unter diese Regelung.

Leistungsfälle vor Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009

Ob der Leistungsfall noch vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO (EG) Nr. 987/2009 (Stichtag) liegt, bestimmt sich nach Art. 97 VO (EG) Nr. 987/2009. Danach tritt die VO (EG) Nr. 987/2009

  • am 01.05.2010 im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten
  • am 01.01.2011 für Drittstaatsangehörige in Verbindung mit der VO (EU) Nr. 1231/2010 beziehungsweise
  • am 01.04.2012 im Verhältnis zur Schweiz
  • am 01.06.2012 im Verhältnis zu den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen)
  • am 01.07.2013 im Verhältnis zu Kroatien (anlässlich des Beitritts zur Europäischen Union)

in Kraft.

Wurde bei der sozialmedizinischen Beurteilung für EM-Renten für Leistungszeiträume vor dem jeweiligen Stichtag nur das deutsche (nationale) Berufsbild herangezogen, wird für Leistungszeiträume ab dem Stichtag eine einheitliche europäische Berufslaufbahn zugrunde gelegt (entsprechend EuGH-Urteil vom 07.06.1988, Rechtssache C-20/85, Roviello).

Rente steht auch für die Zeit vor Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 zu

Die Rente muss auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 zustehen. Beginnt die deutsche Rente nach § 99 SGB VI nicht vor dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 oder besteht vorher kein Anspruch (zum Beispiel wegen fehlender Wartezeit), entfällt die doppelte Feststellung; die Rente wird dann ausschließlich nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 festgestellt.

Wann die Rente beantragt wurde, ist für die Anwendung von Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 unerheblich.

Vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 erfolgte keine Feststellung

Ob eine Feststellung vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO (EG) Nr. 987/2009 noch nicht erfolgt ist, bestimmt sich nach Art. 97 VO (EG) Nr. 987/2009. Danach tritt die VO (EG) Nr. 987/2009

  • am 01.05.2010 im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten
  • am 01.01.2011 für Drittstaatsangehörige in Verbindung mit der VO (EU) Nr. 1231/2010 beziehungsweise
  • am 01.04.2012 im Verhältnis zur Schweiz
  • am 01.06.2012 im Verhältnis zu den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen)
  • am 01.07.2013 im Verhältnis zu Kroatien (anlässlich des Beitritts zur Europäischen Union)

in Kraft.

Liegt aus nur einem der beteiligten Mitgliedstaaten vor dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 (Stichtag) noch keine Feststellung über den Rentenantrag vor, so handelt es sich insgesamt für alle beteiligten Mitgliedstaaten immer um ein offenes (Antrags)Verfahren, mit der Folge der doppelten Leistungsfeststellung. „Noch keine Feststellung“ bedeutet, dass vor dem Stichtag über den Rentenantrag noch keine für die berechtigte Person bindende (rechtskräftige) Entscheidung (Bewilligung oder Ablehnung) getroffen wurde.

Siehe Beispiel 1 und Beispiel 2

Unterschied zu Artikel 87 Absatz 5 VO (EG) Nr. 883/2004

Während Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 den Träger in einem am 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 offenen (Antrags)Verfahren verpflichtet, im Wege einer Vergleichsberechnung von Amts wegen den höchsten Zahlbetrag zu ermitteln, muss nach Art. 87 Absatz 5 VO (EG) Nr. 883/2004 die berechtigte Person (nach einem bindend abgeschlossenen Verfahren) selbst tätig werden und einen Antrag stellen, um eine Neufeststellung nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 anzustoßen (vergleiche GRA zu Art. 87 VO (EG) Nr. 883/2004).

Abgesehen von dieser europarechtlichen Unterscheidung sind die deutschen Rentenversicherungsträger nach §§ 13, 14 SGB I verpflichtet, die berechtigten Personen auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Eine Neufeststellung nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 wird daher auch von Amts wegen nicht ausgeschlossen, wenn der Vorgang aus sonstigen Gründen vorgelegt wird und erkennbar ist, dass gegebenenfalls eine höhere Rente zu zahlen ist.

Besonderheiten bei Waisenrenten beim Übergang von Kapitel 8 VO (EWG) Nr. 1408/71 zur VO (EG) Nr. 883/2004

Leistungen für Waisen in Form von Renten oder Rentenzuschüssen werden unter Geltung der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 für Leistungszeiträume ab 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012 (vergleiche Abschnitt 2) nach Kapitel 5 VO (EG) Nr. 883/2004 ohne Besonderheiten wie alle Renten wegen Alters und Tod berechnet und gewährt (Art. 69 Absatz 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

Ist für Leistungszeiträume vor dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012 Kapitel 8 VO (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden und liegt aus nur einem der beteiligten Mitgliedstaaten vor dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012 noch keine Feststellung (vergleiche Abschnitt 3.4) vor (Waisenrente/ Unterschiedsbetrag), handelt es sich insgesamt für alle beteiligten Mitgliedstaaten um ein offenes Verfahren, das die doppelte Feststellung der Leistungen für Waisen

von Amts wegen nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 zur Folge hat.

Dieser Vergleich wird unter Berücksichtigung sämtlicher mitgliedstaatlicher (Renten)Leistungen (Gesamtsummenvergleich) vorgenommen (vergleiche Abschnitt 5.4).

Weitergewährung von Zeitrenten

Wurde eine Zeitrente bereits vor dem jeweiligen Stichtag erstmals (bindend) bewilligt, wird mit einer späteren Weitergewährung kein Verfahren nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ausgelöst. Denn es kommt darauf an, dass diese Zeitrente noch vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 (am 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013) bindend festgestellt wurde.

Mit einem Weitergewährungsantrag zur Zeitrente liegt jedoch auch ein Antrag nach Art. 87 Absatz 5 VO (EG) Nr. 883/2004 vor (vergleiche GRA zu Art. 87 VO (EG) Nr. 883/2004).

Nationale Überprüfungsfälle

Wird eine Rente, die aufgrund eines Leistungsfalls vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 (am 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013) bis zu diesem Stichtag bereits bindend festgestellt war, rückwirkend (ab Rentenbeginn) neu festgestellt (§§ 44 ff. SGB X), wird Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 nachträglich angewendet.

Auch wenn die Rente nach § 44 Abs. 4 SGB X nicht mehr für die Zeit vor dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 (nach)gezahlt werden kann, handelt es sich rückwirkend gesehen zu diesem Stichtag um ein offenes Verfahren mit der Folge, dass die Rente auch nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 neu festgestellt wird.

Neufeststellung von Bestandsrenten (Absatz 2)

Die Renten der Mitgliedstaaten, die bereits vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 987/2009 (am 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013) festgestellt wurden, werden von Amts wegen nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 neu festgestellt, wenn ab dem Datum des Inkrafttretens der VO (EG) Nr. 987/2009

  • in einem Mitgliedstaat ein neuer Rentenantrag gestellt wird (vergleiche Abschnitt 4.1) und
  • diese Rente denselben „Versicherungsfall" (Leistungsfall) betrifft (vergleiche Abschnitt 4.2).

Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass die Renten der beteiligten Mitgliedstaaten nur nach einer Rechtsgrundlage gezahlt werden.

„Festgestellt wurde“ bedeutet, dass vor dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 bereits eine für die berechtigte Person bindende (rechtskräftige) Entscheidung getroffen wurde.

Ist die bisher gezahlte Rente höher als die nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 neu festgestellte Rente, wird die bisherige Rente im Rahmen des Besitzschutzes als Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 weitergezahlt (vergleiche Abschnitt 5).

Neuer Rentenantrag ab dem Stichtag

Ein Antrag auf Rente in einem Mitgliedstaat löst die Bearbeitung des Antrages in allen beteiligten Mitgliedstaaten aus (Art. 47 Absatz 4 VO (EG) Nr. 987/2009).

Auch Verfahren, die von Amts wegen aufgenommen werden (zum Beispiel Folgerente), bewirken in den beteiligten Mitgliedsstaaten die Neufeststellung nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009.

Renten können auch mehrfach nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 neu festgestellt werden, wenn in den beteiligten Mitgliedsstaaten aufgrund neuer Leistungsfälle nach dem jeweiligen Stichtag Rente beantragt wird.

Für denselben „Versicherungsfall"

Für denselben „Versicherungsfall" (Leistungsfall) bedeutet, dass die beantrage Rente auf den gleichen Versicherungs- beziehungsweise Wohnzeiten ein und derselben Person beruhen muss. Die Gleichartigkeit der Leistungsfälle in den beteiligten Mitgliedstaten ist nicht erforderlich. Unabhängig davon, welcher Leistungsfall Grundlage für die bisherige Rente war, wird diese Rente durch den neuen Leistungsfall in dem anderen Mitgliedstaat in entsprechender Anwendung des Art. 50 Absatz 4 VO (EG) Nr. 883/2004 auch nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 neu festgestellt.

So wird eine bisher gewährte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auch dann nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 neu festgestellt, wenn in dem anderen Mitgliedstaat erstmalig eine Altersrente nach dem jeweiligen Stichtag beantragt wird.

Beginn der Rente

Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 enthält keine Regelung zum Beginn der neu festgestellten Rente. Aus deutscher Sicht bestimmt sich der Rentenbeginn bei einer Neufeststellung nach § 100 Abs. 1 SGB VI. Die Prüfung, ob sich die Rentenhöhe ändert, wird zum Ersten des Monats vorgenommen, in dem die neue mitgliedstaatliche Rente beginnt.

Einzelvergleich und Besitzschutz

Unabhängig davon, ob die Rente nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche Abschnitt 3) oder nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche Abschnitt 4) neu festgestellt wird, ist die bisher gezahlte Rente grundsätzlich in vollem Umfang besitzgeschützt.

Ausnahmen ergeben sich, wenn ausländische Kleinstzeiten bisher nach einem SVA/ der VO (EWG) Nr. 1408/71 entschädigt wurden und der Mitgliedstaat aus diesen Versicherungszeiten in Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009

  • eine Rente zahlt (vergleiche Abschnitt 5.1)
  • weiterhin keine Rente zahlt (vergleiche Abschnitt 5.2).

Um festzustellen, welche deutsche Rente die höhere ist, wird die deutsche Rente (nationale Rente, SVA-Rente oder Rente nach der VO (EWG) Nr. 1408/71) mit der neuen deutschen Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zum Stichtag 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 (vergleiche Abschnitt 2) verglichen (Einzelvergleich). Dieser Vergleich erfolgt nur einmal unter Berücksichtigung von Anrechnungs-, Kürzungs-, Ruhens- und gegebenenfalls Auslandszahlungsvorschriften, jedoch vor Abzug der Beiträge zur KVdR/ PflegeV (=Bruttobetrag) und gegebenenfalls ohne den Zuschuss nach §§ 106, 106a SGB VI. Der Einzelvergleich wird von jedem Mitgliedstaat eigenverantwortlich vorgenommen. Die Renten der beteiligten Mitgliedstaaten werden hierbei nicht berücksichtigt. Besitzgeschützt ist die Rente, die den höchsten Zahlbetrag garantiert.

Ein Vergleich unter Berücksichtigung sämtlicher mitgliedstaatlicher Renten (Gesamtsummenvergleich), wird nur in Sonderfällen erforderlich (vergleiche Abschnitt 5.4).

Rechtsgrundlagen für die neu festgestellte Rente (die bisherige nationale Rente, SVA-Rente beziehungsweise Rente nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 oder die neue höhere Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009) sind die VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009. Auf die neu festgestellte Rente werden uneingeschränkt die VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 angewendet.

Ist die bisherige Rente höher, hat das zur Folge, dass sich künftig auch die Anrechnungs-, Kürzungs-, Ruhens- und gegebenenfalls Auslandszahlungsvorschriften sowie die KVdR/ PfegeV nicht mehr nach dem bisherigen Recht richten, sondern nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009. Allerdings werden (gegebenenfalls) weiter geltende Abkommensregelungen aus dem Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004 beachtet.

Ausländische Versicherungszeiten wurden mit entschädigt; der Mitgliedstaat zahlt eine Rente

Wurden in der deutschen Rente ausländische Versicherungszeiten nach einem SVA/ der VO (EWG) Nr. 1408/71 entschädigt (Kleinstzeitenregelung) und zahlt der Mitgliedstaat nun selbst eine Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009, wird nur der Betrag der SVA- / VO (EWG) Nr. 1408/71-Rente besitzgeschützt, der sich ohne die ausländischen Versicherungszeiten ergibt. Würde der Besitzschutz uneingeschränkt aus der bisher gezahlten vollen deutschen Rente (mit den ausländischen Kleinstzeiten) gewährt, käme es in diesen Fällen zu einer Doppelhonorierung.

Der Vergleich erfolgt daher auf der Grundlage der deutschen Rente nach dem bisherigen Recht (SVA- / VO (EWG) Nr. 1408/71) - jedoch ohne die ausländischen Kleinstzeiten -, mit der Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 (Art. 52 Absatz 1 Buchstabe b VO (EG) Nr. 883/2004).

Ausländische Versicherungszeiten wurden mit entschädigt; der Mitgliedstaat zahlt weiterhin keine Rente

Wurden in der deutschen Rente ausländische Versicherungszeiten nach einem SVA/ der VO (EWG) Nr. 1408/71 entschädigt (Kleinstzeitenregelung), wird grundsätzlich nur der Betrag der SVA- / VO (EWG) Nr. 1408/71-Rente besitzgeschützt, der sich ohne die ausländischen Kleinstzeiten ergibt (vergleiche Abschnitt 5.1).

Für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat über Art. 57 Absatz 1 VO (EG) Nr. 883/2004 (weiterhin) nicht leistungspflichtig wird und die mitgliedstaatlichen Versicherungszeiten nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 (auch) von Deutschland abgegolten werden, ergibt sich der Besitzschutz aus der bisherigen (vollen) SVA- / VO (EWG) Nr. 1408/71-Rente.

Der Vergleich erfolgt in diesem Fall auf der Grundlage der deutschen Rente nach dem bisherigen Recht (SVA / VO (EWG) Nr. 1408/71) - unter Berücksichtigung auch der ausländischen Versicherungszeiten -, mit der deutschen Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 unter Berücksichtigung (Abgeltung) der mitgliedstaatlichen Versicherungszeiten (Art. 52 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i VO (EG) Nr. 883/2004).

Weniger als 12 Monate deutsche Versicherungszeit

Grundsätzlich ist ein Mitgliedstaat nach Art. 57 Absatz 1 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht zu einer Leistung verpflichtet, wenn die Versicherungszeit nach seinen Rechtsvorschriften weniger als ein Jahr beträgt und allein aufgrund dieser Zeit kein Rentenanspruch besteht. Die Versicherungszeiten werden dann von den anderen beteiligen Mitgliedstaaten über Art. 57 Absatz 2 VO (EG) Nr. 883/2004 berücksichtigt (Abgeltung).

Wurde die deutsche Rente bisher nach nationalem Recht (vorzeitige Wartezeiterfüllung beziehungsweise Wartezeitfiktion), einem SVA oder der VO (EWG) Nr. 1408/71 aus weniger als einem Jahr gezahlt, findet Art. 57 Absatz 1 VO (EG) Nr. 883/2004 keine Anwendung. Aufgrund der Tatsache, dass bereits ein nationaler Anspruch entstanden ist, liegt die darin normierte Voraussetzung (kein Rentenanspruch) tatsächlich nicht vor.

Die bisher festgestellte Rente wird besitzgeschützt für den Vergleich berücksichtigt und gilt, wenn sich keine günstigere Rente ergibt, ab dem 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013 (vergleiche Abschnitt 2) als Rente nach der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009. Aufgrund der Zahlung der deutschen Rente werden die weniger als 12 Monate deutsche Versicherungszeiten nicht zur Abgeltung angeboten.

Sonderfälle Gesamtsummenvergleich

Abweichend von der allgemeinen Regelung zum Einzelvergleich (vergleiche Abschnitt 5) ist ein Vergleich unter Berücksichtigung sämtlicher mitgliedstaatlicher (Renten)Leistungen (Gesamtsummenvergleich) erforderlich, wenn aufgrund der Besonderheit in der Rechtsanwendung

a)ein SVA vorsieht, dass immer nur ein Land für die Zahlung aus sämtlichen Versicherungszeiten zuständig ist (zum Beispiel Invaliditätsrente nach dem deutsch-französischen SVA).
b)bei Waisenrenten vor dem Stichtag 01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012 das Kapitel 8 VO (EWG) Nr. 1408/71 Anwendung fand (vergleiche GRA zu Art. 69 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 7).

Innerstaatliche Rechtsanwendung (§ 300 Abs. 3 SGB VI)

Unabhängig davon, dass die Rente nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009 in zwei Schritten festgestellt wird, handelt es sich insgesamt um die Erstfeststellung dieser Rente. Damit wird die Rechtsanwendung vom Rentenbeginn bestimmt. Im Ergebnis ist für beide Rentenberechnungen nur eine innerstaatliche Rechtsanwendung maßgeblich.

Bei einer Neufeststellung der Rente nach Art. 94 Absatz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 wird auch die innerstaatliche Rechtsanwendung für Neufeststellungen nach § 300 Absatz 3 SGB VI beachtet.

Kein Fall von Artikel 94 VO (EG) Nr. 987/2009

Fälle, für die nach Art. 96 Absatz 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 auch ab dem Datum des Inkrafttretens der VO (EG) Nr. 987/2009 (01.05.2010/ 01.01.2011/ 01.04.2012/ 01.06.2012/ 01.07.2013; vergleiche Abschnitt 2) weiterhin die VO (EWG) Nr. 574/72 anzuwenden ist (vergleiche GRA zu Art. 96 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 3), werden nicht nach Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009, sondern nach Art. 118 VO (EWG) Nr. 574/72 beurteilt.

Beispiel 1: Offenes Verfahren nach einem SVA

(Beispiel zu Abschnitt 3.4)

Ein Versicherter, verstorben am 31.12.2012, hat Versicherungszeiten in Deutschland und Kroatien zurückgelegt; die Witwe beantragt am 15.01.2013 die Hinterbliebenenrente nach dem deutsch–kroatischen SVA.

Zum Stichtag 01.07.2013 (Beitritt Kroatiens zur EU) liegt nur der bindende Witwenrentenbescheid aus Kroatien vor; über die deutsche Witwenrente wurde noch nicht entschieden.

Lösung:

Da der deutsche Bescheid für die Witwenrente zum Stichtag noch nicht vorlag, handelt es sich um einen Fall nach Art. 94 Absatz 1 VO (EG) Nr. 987/2009. Deutschland und Kroatien stellen den Witwenrentenanspruch bis zum 30.06.2013 nach dem deutsch-kroatischen SVA und ab 01.07.2013 nach dem Europarecht (VO (EG) Nr. 883/2004) von Amts wegen fest.

Beispiel 2: Offenes Verfahren nach dem Europarecht

(Beispiel zu Abschnitt 3.4)

Ein Versicherter hat Versicherungszeiten zurückgelegt in Deutschland, Österreich und Kroatien; die Regelaltersrenten zum 01.05.2013 werden beantragt am 15.02.2013.

Der österreichische Rentenbescheid wird am 15.04.2013 und der deutsche Rentenbescheid am 15.07.2013 erteilt.

Lösung:

Da der deutsche Rentenbescheid zum Stichtag 01.07.2013 (Beitritt Kroatiens zur EU) noch nicht bindend war, handelt es sich insgesamt um ein offenes Verfahren. Österreich und Deutschland werden daher die Altersrente jeweils zum 01.07.2013 mit den kroatischen Versicherungszeiten von Amts wegen neu feststellen. Kroatien wird die bisherige SVA-Altersrente zum 01.07.2013 nach dem Europarecht (VO (EG) Nr. 883/2004) mit deutschen und österreichischen Versicherungszeiten feststellen. Der Summenvergleich wird von jedem Land getrennt vorgenommen.

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Art. 94 VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt ab seinem Anwendungsbeginn Art. 118 VO (EWG) Nr. 574/72.

Zusatzinformationen