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Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009: Verfahren bei der Anwendung von Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004

Änderungsdienst
veröffentlicht am

22.06.2020

Änderung

Verweise auf das GMBl wurden aktualisiert. In Abschn. 2, 4 und 7.1.1 wurden Hinweise zum EESSI-Verfahren aufgenommen, Abschn. 7.1.1 im Hinblick auf den EESSI-Anwendungsstart hinsichtlich der A1-Zuständigkeit aktualisiert, In Abschn. 9 wurde die max. Ausstellungsdauer des A1 auf 5 Jahre aktualisiert.

Dokumentdaten
Stand03.06.2020
Version002.00

Inhalt der Regelung

Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 regelt das Verfahren bei der Festlegung des anwendbaren Rechts für Personen, die gewöhnlich in mehr als einem Mitgliedstaat eine oder mehrere Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 ausüben (sogenannte Mehrfacherwerbstätige - siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004).

Absatz 1 verpflichtet eine Person, die gewöhnlich in mehr als einem Mitgliedstaat erwerbstätig ist, den zuständigen Wohnsitzträger über diesen Sachverhalt zu informieren.

Absatz 2 regelt, dass der Wohnsitzträger unverzüglich die auf die betreffende Person anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 14 VO (EG) Nr. 987/2009 vorläufig festzulegen und die Träger der Mitgliedstaaten, in denen die betreffende Person eine Tätigkeit ausübt, hiervon zu unterrichten hat.

Absatz 3 bestimmt, dass die nach Absatz 2 erfolgte vorläufige Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften durch den Wohnsitzträger nach zwei Monaten bindend wird, es sei denn, die Rechtsvorschriften wurden bereits vor diesem Zeitpunkt einvernehmlich festgelegt oder ein beteiligter Träger erhebt vor diesem Zeitpunkt Einwände gegen die Festlegung.

Bestehen Unsicherheiten bei der Festlegung des anwendbaren Rechts nach Absatz 2, werden die anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Absatz 4 einvernehmlich durch die beteiligten Träger festgelegt. Um zu verhindern, dass während dieses Verfahrens auf eine Person die Rechtsvorschriften keines Mitgliedstaats Anwendung finden, bestimmt Absatz 4 zudem, dass sie vorläufig den nach Art. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 bestimmten Rechtsvorschriften unterliegt.

Absatz 5 verpflichtet den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorläufig oder endgültig anzuwenden sind, dies der betreffenden Person unverzüglich mitzuteilen.

Absatz 6 regelt, dass das Verfahren zur Festlegung des anwendbaren Rechts nach Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 durch den Wohnsitzträger von Amts wegen einzuleiten ist, sofern die betreffende Person ihrer Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nicht nachkommt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Allgemeines - Verfahrensüberblick

Hinweis:

In dieser GRA umfasst der Begriff „Erwerbstätigkeit“ sowohl eine abhängige Beschäftigung als auch eine selbständige Tätigkeit.

Soweit der Begriff „Mehrfacherwerbstätigkeit“ im Sinne des Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 verwendet wird, schließt dies sowohl

  • eine (oder mehrere) Erwerbstätigkeit(en), die gewöhnlich gleichzeitig oder nacheinander für nur einen Arbeitgeber in mehr als einem Mitgliedstaat ausgeübt wird/werden, als auch
  • Beschäftigungen, die gewöhnlich gleichzeitig oder nacheinander in mehr als einem Mitgliedstaat für mindestens zwei Arbeitgeber ausgeübt werden, die ihren Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben,

ein.

Der Begriff „Mitgliedstaat“ bezieht sich sowohl auf die Mitgliedstaaten der EU, als auch auf die Schweiz und die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen.

Nach dem Grundprinzip des Art. 11 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 unterliegen auch Mehrfacherwerbstätige einheitlich den Rechtsvorschriften nur eines einzigen Mitgliedstaats. Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 bestimmt, welche Rechtsvorschriften das sind (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004).

Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 regelt das Verfahren zur Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften in Fällen der Mehrfacherwerbstätigkeit nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004.

Nach Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 hat der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Trägern auf elektronischem Weg über das „EESSI-System“ (Electronic Exchange of Social Security Information) zu erfolgen. Art. 95 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 räumte den Mitgliedstaaten bis zur Funktionsfähigkeit dieses Systems jedoch eine Übergangszeit ein, die bis zum 30.04.2014 befristet war. Durch die Verwaltungskommission wurde mit Beschluss Nr. E4 vom 13.03.2014 die Übergangszeit erneut verlängert. Sie endete nicht mehr zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern zwei Jahre nach Bereitstellung eines zentralen EESSI-Systems.

Mit Inkrafttreten des Beschlusses Nr. E7 der EU Verwaltungskommission vom 27.06.2019 ist die EESSI-Übergangszeit ab dem 03.07.2019 beendet und die Datenübermittlung zwischen den Verbindungsstellen und Trägern erfolgt auf elektronischem Wege über das EESSI-System. Für den deutschen Renten-Sektor und die meisten Verbindungsstellen und Träger in anderen Mitgliedstaaten war dies technisch ab dem 03.07.2019 jedoch nicht möglich. Um den sozialen Schutz der unter die europäischen Verordnungen fallenden Personen dennoch zu gewährleisten, konnten und können die Mitgliedstaaten, die im Hinblick auf einen bestimmten Geschäftsprozess (Business Use Case – BUC) noch nicht zum elektronischen Austausch in der Lage sind, die betreffenden Daten weiterhin mittels jedem beliebigen anderen Dokument austauschen.

Gemäß Beschlusses Nr. E7 wird diese Verfahrensweise so lange möglich sein, bis die Anzahl der Mitgliedstaaten, die in der Lage sind, das EESSI-System für den betreffenden BUC zu nutzen, den Schwellenwert von 80 % erreicht. Das Erreichen dieses Wertes wird von der EU-Verwaltungskommission bekannt gegeben.

Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 sieht bei der Festlegung der auf eine mehrfach erwerbstätige Person anzuwendenden Rechtsvorschriften einen engen Informationsaustausch zwischen den Trägern der beteiligten Mitgliedstaaten vor. Ein Mitgliedstaat ist am Verfahren beteiligt, wenn die betreffende Person in diesem Mitgliedstaat

  • eine Erwerbstätigkeit ausübt,
  • dort wohnt oder
  • ihr Arbeitgeber dort seinen Sitz hat.

Im Regelfall läuft das Verfahren nach Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 wie folgt ab:

1.Die betreffende mehrfach erwerbstätige Person hat den zuständigen Wohnsitzträger über ihre Mehrfacherwerbstätigkeit zu informieren (siehe Abschnitt 3).
2.Der Wohnsitzträger legt daraufhin die für die betreffende Person geltenden Rechtsvorschriften unverzüglich vorläufig fest (siehe Abschnitt 4).
3.Der Wohnsitzträger unterrichtet die Träger jedes Mitgliedstaats, in dem die Person eine Erwerbstätigkeit ausübt oder in dem sich der Sitz des Arbeitgebers befindet, über das Ergebnis der vorläufigen Rechtsfestlegung (siehe Abschnitt 4)
4.Der Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorläufig oder endgültig festgelegt worden sind, unterrichtet hiervon durch Ausstellung einer Bescheinigung A1 unverzüglich die betreffende Person sowie den Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften für die betreffende Person zuletzt gegolten haben (siehe Abschnitte 6 und 7).

Siehe Beispiel 1

Wichtig:

Da die Verfahren und Zuständigkeitsregelungen der VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 von denen der VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009 teilweise abweichen, ist bei eingehenden Vorgängen, auch wenn dort ausdrücklich (aber eventuell unzutreffend) auf Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 Bezug genommen wird, zunächst festzustellen, ob ein Anwendungsfall der VO (EG) Nr. 883/2004 oder der VO (EWG) Nr. 1408/71 vorliegt.

Das Verfahren nach Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 findet keine Anwendung, sofern die Mehrfacherwerbstätigkeit (noch) nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 zu beurteilen ist. Dies ist insbesondere der Fall bei

  • erstmaligem Antrag auf (nachträgliche) Ausstellung einer Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften für Mehrfacherwerbstätigkeiten, bei denen jede vor dem 01.05.2010 aufgenommen worden ist und
  • Drittstaatsangehörigen im Sinne der VO (EG) Nr. 859/2003, die eine Mehrfacherwerbstätigkeit auch im Vereinigten Königreich ausüben (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 2.2).

Erfolgt die Rechtsfestlegung in den genannten Fällen anhand der VO (EWG) Nr. 1408/71, gelten für das Verfahren und die Zuständigkeit die in der VO (EWG) Nr. 574/72 getroffenen Festlegungen. Ist danach die Deutsche Rentenversicherung Bund oder ein anderer deutscher Träger für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (E101) zuständig, ist der Vorgang mit der Bitte um weitere Veranlassung an die zuständige Stelle abzugeben. Eine Abgabenachricht an den anfragenden ausländischen Träger kann unterbleiben, weil dieser im Regelfall bei Ausstellung der Bescheinigung E101 über die anzuwendenden Rechtsvorschriften vom ausstellenden deutschen Träger informiert wird.

Siehe Beispiele 2 und 3

Ist in den angesprochenen Fällen kein deutscher, sondern ein anderer mitgliedstaatlicher Träger für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig, ist dem Vorschlag des Wohnsitzträgers schriftlich mit dem Hinweis auf die Anwendung der VO (EWG) Nr. 1408/71 zu widersprechen. Erfolgt die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers in diesen Fällen jedoch durch ein Anschreiben, dem eine vorläufige oder endgültige Bescheinigung A1 beigefügt ist (siehe Abschnitt 4), die für Zeiträume vor dem 01.05.2010 gilt, und ist die Rechtszuweisung zutreffend, kann dies akzeptiert werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der Wohnsitzträger in diesem Fall informiert werden, dass die Bescheinigung A1 als Bescheinigung E101 angesehen wird (siehe Abschnitt 7.2).

Einleitung des Verfahrens durch den Erwerbstätigen

Nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ist eine mehrfach erwerbstätige Person verpflichtet, den zuständigen Träger ihres Wohnmitgliedstaates darüber zu informieren, dass sie eine Mehrfacherwerbstätigkeit ausübt.

Der in Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 verwendete Begriff „Wohnmitgliedstaat“ ist im Europarecht nicht näher definiert, bezeichnet aber den Mitgliedstaat, in dem sich der Wohnort der betreffenden Person befindet und damit den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts (Art. 1 Buchst. j VO (EG) Nr. 883/2004). Zur Feststellung des Wohnorts und damit des Wohnmitgliedstaates im Sinne von Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 gelten die in der GRA zu § 30 SGB I beschriebenen Grundsätze.

Zuständig für die Entgegennahme der Meldung nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ist ausschließlich der Wohnsitzträger. Dies gilt auch dann, wenn nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht die Rechtsvorschriften des Wohnstaates, sondern die eines anderen Mitgliedstaats anzuwenden sind und der Wohnsitzträger demzufolge beispielsweise eine Bescheinigung A1 nicht auszustellen hat.

Siehe Beispiel 4

Einleitung des Verfahrens von Amts wegen

Kommt die betreffende Person ihrer Meldepflicht nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 nicht nach, so hat der Wohnsitzträger das Verfahren nach Art. 16 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 (nachträglich) von Amts wegen einzuleiten, sobald er - beispielsweise durch den Träger eines anderen beteiligten Mitgliedstaats - über den Sachverhalt der Mehrfacherwerbstätigkeit der betreffenden Person informiert worden ist.

Erlangt ein deutscher Rentenversicherungsträger im Rahmen der allgemeinen Aktenbearbeitung davon Kenntnis, dass eine grenzüberschreitende Mehrfacherwerbstätigkeit (Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004) ausgeübt wird und die betreffende Person den zuständigen Wohnsitzträger über diesen Sachverhalt noch nicht informiert hat und demzufolge eine Bescheinigung A1 nicht vorlegen kann, sind die erforderlichen Schritte durch den bearbeitenden Rentenversicherungsträger einzuleiten.

  • Bei Wohnsitz in Deutschland (Zuständigkeit DVKA, siehe auch Abschnitt 6) ist der betreffenden Person vom bearbeitenden Rentenversicherungsträger der vom GKV Spitzenverband (DVKA Bonn) bereitgestellte Fragebogen zur Feststellung der anzuwendenden Rechtsvorschriften mit der Bitte zu übersenden, den Vordruck ausgefüllt an die DVKA zu senden. Gleichzeitig ist darum zu bitten, dem bearbeitenden Träger nach dem Erhalt die Bescheinigung A1 zuzusenden. Die verschiedenen Fallkonstellationen der Mehrfacherwerbstätigkeit, die entsprechenden Vordrucke sowie die Adresse der DVKA sind über die Internetseite der DVKA (Informationen für Arbeitgeber und Erwerbstätige/Erwerbstätigkeit in anderen Staaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz/bei gewöhnlicher Erwerbstätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten) abrufbar.
  • Bei Wohnsitz im Ausland (Zuständigkeit Deutsche Rentenversicherung Bund, siehe auch Abschnitt 7) ist die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin vom bearbeitenden Rentenversicherungsträger zu bitten, sich mit dem Wohnsitzträger in Verbindung zu setzen, damit dieser das Verfahren nach Art. 16 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 einleitet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund informiert den bearbeitenden Träger nach Abschluss des Verfahrens über das Ergebnis der Rechtsfestlegung.

Vorläufige Rechtsfestlegung durch den Wohnsitzträger und Information der beteiligten Träger

Der Wohnsitzträger entscheidet unter Berücksichtigung der in der Meldung nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 von der mehrfach erwerbstätigen Person dargestellten Sachverhalte und unter Beachtung des Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 14 VO (EG) Nr. 987/2009, welchen Rechtsvorschriften die betreffende Person unterliegt. Diese Entscheidung hat unverzüglich zu erfolgen, nachdem die betreffende Person den Wohnsitzträger über die Mehrfacherwerbstätigkeit informiert hat oder (in Fällen des Art. 16 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009) nachdem der Wohnsitzträger von einem anderen beteiligten Träger über den Sachverhalt der Mehrfacherwerbstätigkeit informiert worden ist.

Bei Anfragen des Wohnsitzträgers hinsichtlich einer in Deutschland ausgeübten Erwerbstätigkeit, die in Vorbereitung einer vom Wohnsitzträger vorzunehmenden vorläufigen Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 eingehen, sind grundsätzlich keine eigenen Ermittlungen zu führen, weil eine entsprechende Vorabfrage europarechtlich nicht vorgesehen und eine Auskunft bei Aufnahme der Erwerbstätigkeit in der Zukunft auch nicht möglich ist. Eventuell bereits vorhandene Informationen, die sich aus einem vorliegenden Versicherungskonto ergeben, sind jedoch mitzuteilen. Im Übrigen ist der Wohnsitzträger zu bitten, die Rechtsfestlegung zunächst anhand der von der betreffenden Person oder ihrem Arbeitgeber gemachten Angaben vorläufig vorzunehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Wohnsitzträger in seiner Anfrage ausdrücklich darauf hinweist, dass die Rechtsvorschriften bei unklarer Sachlage und Rechtslage einvernehmlich nach Art. 16 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 festgelegt werden sollen.

Nachdem der Wohnsitzträger die anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 vorläufig festgelegt hat, sind durch ihn anschließend alle beteiligten Träger (siehe Abschnitt 2) über seine (vorläufige) Entscheidung zu informieren.

Die beteiligten Träger haben innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Information die Möglichkeit, gegen die vorläufige Rechtsfestlegung Einwände zu erheben. Geschieht dies nicht, wird die vorläufige Rechtsfestlegung bindend (siehe Abschnitt 5).

Die vorläufige Festlegung des Wohnsitzträgers erfolgt bis zum Ablauf der EESSI-Übergangszeit insbesondere in Form

  • eines freien Schreibens über die vorläufige Rechtsfestlegung mit der Bitte, diese zu bestätigen oder ihr gegebenenfalls zu widersprechen,
  • eines Anschreibens, dem eine Bescheinigung A1 beigefügt ist, bei der unter Ziffer 2.5 „die Feststellung ist vorläufig“ angekreuzt ist oder
  • eines Anschreibens mit dem Hinweis, dass die Rechtsfestlegung vorläufig ist, aber bindend wird, sofern nicht innerhalb der Zweimonatsfrist (siehe Abschnitt 5) widersprochen wird, und dem eine endgültige Bescheinigung A1 beigefügt ist.

Ab dem Anwendungsstart des EESSI-Verfahrens erfolgt die vorläufige Rechtsfestlegung des ausländischen Trägers im Rahmen des LA_BUC_02 durch Versendung des SED A003 an die DRV Bund.

Für das weitere Verfahren nach Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 ist von Bedeutung, ob sich der Wohnsitz der betreffenden Person in

  • Deutschland (siehe Abschnitt 6) oder
  • einem anderen Mitgliedstaat der EU (siehe Abschnitt 7)

befindet.

Bindungswirkung der vorläufigen Rechtsfestlegung

Die Festlegung des Wohnsitzträgers über die anzuwendenden Rechtsvorschriften ist zunächst nur vorläufig (Art. 16 Abs. 2 S. 2 VO (EG) Nr. 987/2009) und kann innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Schreibens über die vorläufige Rechtsfestlegung bei den beteiligten Trägern im Rahmen des Informationsaustauschs nach Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 einvernehmlich mit Wirkung für die Vergangenheit (also ab Beginn der Mehrfacherwerbstätigkeit) noch abgeändert werden.

Werden gegen die vorläufige Festlegung des Wohnsitzträgers durch die beteiligten Träger innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Schreibens über die vorläufige Rechtsfestlegung keine Einwände erhoben, erhält die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers endgültigen Charakter.

Endgültig bedeutet dabei nicht, dass die getroffene Festlegung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften zu einem späteren Zeitpunkt nicht korrigiert werden könnte. Dies ist nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 jederzeit möglich. Nach Ablauf der Zweimonatsfrist kann eine andere Festlegung hinsichtlich des anwendbaren Rechts jedoch (anders als innerhalb der Zweimonatsfrist) nur noch für die Zukunft vorgenommen werden, also ab dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung einer zuvor erfolgten (unzutreffenden) Entscheidung über die Rechtsfestlegung, nicht aber für die Vergangenheit.

Die Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 ist nicht maßgeblich, wenn die anzuwendenden Rechtsvorschriften zwischen den beteiligten Trägern bereits vor Ablauf dieser Frist einvernehmlich festgelegt worden sind.

Vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 bei unterschiedlicher Auffassung der Träger

Werden gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 von einem der beteiligten Träger Einwände erhoben, wird die vorläufige Rechtsfestlegung nicht bindend.

In diesem Fall unterliegt die betreffende (mehrfach erwerbstätige) Person nach Art. 16 Abs. 4 S. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 vorrangig kraft Gesetzes vorläufig den nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) und c) VO (EG) Nr. 987/2009 festgelegten Rechtsvorschriften, die von der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers abweichen können. Diese sind wie folgt zu bestimmen:

  • Wird eine (oder werden mehrere) Erwerbstätigkeit(en) gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten und zumindest teilweise (irgend) eine Erwerbstätigkeit auch im Wohnmitgliedstaat ausgeübt, unterliegt die betreffende Person nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 987/2009 den Rechtsvorschriften dieses Wohnmitgliedstaats.
    Siehe Beispiel 5
  • Wird eine (oder werden mehrere) Erwerbstätigkeit(en) gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten, aber nicht im Wohnstaat ausgeübt oder ist der Wohnstaat nicht Mitgliedstaat der EU, unterliegt die betreffende Person nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c VO (EG) Nr. 987/2009 den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, deren Anwendung zuerst beantragt worden ist.
    Siehe Beispiel 6

Sinn dieser Auffangregelung ist, dass eine Person in Folge von Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Trägern über die anzuwendenden Rechtsvorschriften in diesem Zeitraum nicht dem Schutz der sozialen Sicherheit entzogen ist. Die vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 gilt so lange, bis die beteiligten Träger die anzuwendenden Rechtsvorschriften einvernehmlich endgültig festgelegt haben.

Wurde innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 der vorläufigen Rechtszuweisung des Wohnsitzträgers von mindestens einem der beteiligten Träger widersprochen und sind nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, ist unverzüglich eine vorläufige Bescheinigung A1 durch den in Deutschland zuständigen Träger auszustellen (siehe Abschnitt 9.2).

Wurden unter Beachtung der vorläufigen Rechtsfestlegung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 Beiträge an einen Träger gezahlt, der sich im Nachhinein als unzuständig erweist, können diese über Art. 73 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 ausgeglichen und an den als endgültig zuständig bestimmten Träger überwiesen werden.

Verfahren bei Wohnsitz in Deutschland - Zuständigkeit der DVKA

Wohnt eine mehrfach erwerbstätige Person in Deutschland, ist für die Entgegennahme der Meldung über die Mehrfacherwerbstätigkeit nach Art. 16 Abs. 1 bis 4 und 6 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 3) zentral der GKV-Spitzenverband (die DVKA in Bonn) zuständig (Festlegung des BMAS im GMBl 2019 Nr. 35 S. 683 Ziff. 1 Buchst. a).

Die DVKA ist in diesem Fall auch zentrale Zugangsstelle für den elektronischen Datenaustausch zwischen den beteiligten Trägern bei der Anwendung des Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b lit. bb SozSichEUG).

Bei Mehrfacherwerbstätigen mit Wohnsitz in Deutschland ist die DVKA demnach insbesondere zuständig für

Die Zuständigkeit der DVKA für in Deutschland wohnende Mehrfacherwerbstätige erstreckt sich dabei auch auf Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind (beispielsweise Beamte oder Selbständige) oder die einer berufsständischen Versorgungseinrichtung angehören. Der sozialversicherungsrechtliche Status der betreffenden Person (in einem oder mehreren Zweigen der Sozialversicherung versichert, nicht versichert, versicherungspflichtig, nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherung befreit) ist insoweit ohne Bedeutung. Maßgeblich ist allein der Wohnsitz in Deutschland.

Wohnt eine mehrfach erwerbstätige Person in Deutschland und wird direkt bei einem deutschen Rentenversicherungsträger die Ausstellung einer Bescheinigungen A1 beantragt oder geht ein Schreiben über die vorläufige Rechtsfestlegung eines Trägers eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 ein, ist der Vorgang an die DVKA in Bonn weiterzuleiten. Eine Abgabenachricht ist nicht zu erteilen.

Verfahren bei Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat - Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin

Wohnt eine mehrfach erwerbstätige Person in einem anderen Mitgliedstaat der EU ist für die Entgegennahme der Meldung über die Mehrfacherwerbstätigkeit nach Art. 16 Abs. 1 und 6 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 3) und die vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 4) der dortige Wohnsitzträger zuständig.

In der Praxis werden auch bei Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat Anträge auf Ausstellung einer Bescheinigung A1 von Arbeitgebern und Versicherten unzutreffend direkt beim (letztlich) zuständigen deutschen Träger gestellt. Ohne die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 können (selbst bei eindeutiger Sachlage und Rechtslage) derartige Anträge jedoch nicht bearbeitet werden. Nach Art. 2 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 sind derartige Anträge unverzüglich an den für die vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 zuständigen Wohnsitzträger weiterzuleiten.

Der vom Wohnsitzträger in der vorläufigen Rechtsfestlegung zutreffend als zuständig festgelegte Mitgliedstaat hat unverzüglich eine Bescheinigung A1 auszustellen (siehe Abschnitte 5 und 9). Bei Einwänden gegen die vorläufige Rechtsfestlegung innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 gilt dies für den nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 vorläufig zuständigen Mitgliedstaat gleichermaßen. Aufgrund der beitragsrechtlichen Konsequenzen ist sicherzustellen, dass der Wohnsitzträger eine eindeutige Rechtsfestlegung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 vorgenommen hat. Das Schreiben des Wohnsitzträgers muss also eine klare Aussage enthalten, dass auf eine mehrfach erwerbstätige Person die Rechtsvorschriften eines bestimmten Mitgliedstaats anzuwenden sind.

Erfolgt lediglich eine Anfrage zur rechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes, ohne dass eine konkrete Rechtsfestlegung vorgenommen wird, ist dies noch keine vorläufige Rechtsfestlegung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009, auch wenn im entsprechenden Schreiben allgemein auf Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 Bezug genommen wird. Im Zweifelsfall ist der Wohnsitzträger nochmals zu befragen, ob es sich um eine vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 handelt. Im Übrigen sind entsprechende Anfragen anhand des vom Wohnsitzträger dargestellten Sachverhaltes unter Berücksichtigung der Ausführungen in der GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 zu beantworten. Weitere Ermittlungen zum Sachverhalt, insbesondere zur tatsächlichen Ausgestaltung einer von der betreffenden Person vorgetragenen Mehrfacherwerbstätigkeit in Deutschland oder Drittstaaten, sind von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin nicht zu führen. Hierfür ist allein der Wohnsitzträger zuständig. Dies ist dem Wohnsitzträger gegebenenfalls mitzuteilen.

Der Wohnsitzträger hat die Träger aller beteiligten Mitgliedstaaten (siehe Abschnitt 2) über die vorläufige Rechtsfestlegung zu informieren. Ist Deutschland beteiligter Staat, ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b lit. aa SozSichEUG die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung (Würzburg) zentrale Zugangsstelle für die Entgegennahme der elektronischen Information über die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers im Rahmen des EESSI-Verfahrens. Zuständig für die Bearbeitung der Information nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 ist jedoch die Rentenversicherung Bund (Berlin).

Bis zum Ende der EESSI-Übergangszeit gehen bei der Datenstelle der Träger der Rentenversicherung Würzburg auch schriftliche Informationen über die vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 ein. Als Zugangsstelle hat die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung Würzburg lediglich Adressfunktion. Dies gewährleistet für die mitgliedstaatlichen Wohnsitzträger, dass - trotz unterschiedlicher Zuständigkeiten in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 (siehe Abschnitt 7.1.1) - für die Information nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 einheitlich nur ein Adressat in Deutschland existiert.

Gehen bei der Datenstelle der Träger der Rentenversicherung Würzburg - und nicht direkt bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Berlin) - nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 Informationen über die vorläufige Rechtsfestlegung in Papierform ein (siehe Abschnitt 4), sind sie von dort an die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin weiterzuleiten, die für das weitere Verfahren nach Art. 16 Abs. 1 bis 4 und 6 VO (EG) Nr. 987/2009 bei Wohnsitz der mehrfach erwerbstätigen Person in einem anderen Mitgliedstaat - unabhängig vom sozialversicherungsrechtlichen Status - zuständig ist (GMBl 2019 Nr. 35 S. 683 Ziff. 2). Dies gilt auch, wenn vorläufige Rechtsfestlegungen bei einem - hierfür unzuständigen - anderen deutschen Rentenversicherungsträger eingehen.

Für das weitere Verfahren innerhalb der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin ist nunmehr von Bedeutung, ob von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin oder einem anderen beteiligten Träger gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers

  • keine Einwände (siehe Abschnitt 7.1) oder
  • Einwände (siehe Abschnitt 7.2)

erhoben werden.

Die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers ist zutreffend

Geht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin eine Information des Wohnsitzträgers über die vorläufige Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften für einen Mehrfacherwerbstätigen nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 ein, ist zu prüfen, ob die Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers unter Berücksichtigung des Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 zutreffend erfolgt ist (GMBl 2019 Nr. 35 S. 683 Ziff. 2).

Diese Prüfung beschränkt sich grundsätzlich darauf festzustellen, ob die Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers unter Beachtung der dargestellten Sachverhalte und Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004) aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin zutreffend ist, da der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin im Regelfall über die tatsächliche Ausgestaltung der betreffenden Mehrfacherwerbstätigkeit keine Erkenntnisse vorliegen, insbesondere, wenn diese erst in der Zukunft aufgenommen wird.

Die vom Wohnsitzträger festgestellten Sachverhalte sind verbindlich. Dies folgt aus Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009, wonach die von einem Träger eines Mitgliedstaats ausgestellten Dokumente für die Träger der anderen Mitgliedstaaten verbindlich sind, solange sie durch den ausstellenden Träger nicht widerrufen werden. Zu den Dokumenten im Sinne des Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 gehören auch die Informationen (Schreiben) über die vorläufige Festlegung der Rechtsvorschriften nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009.

Ist die vorläufige Festlegung des Wohnsitzträgers unter Berücksichtigung der in der Information nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 dokumentierten Sachverhalte und den Ausführungen in der GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin zutreffend und werden auch von den anderen beteiligten Trägern keine Einwände erhoben, kommt es für das weitere Verfahren darauf an, ob

  • die deutschen Rechtsvorschriften (siehe Abschnitt 7.1.1) oder
  • die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats (siehe Abschnitt 7.1.2)

anzuwenden sind.

Die deutschen Rechtsvorschriften sind anzuwenden

Ist die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin unter Berücksichtigung des GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 zutreffend und erhebt auch kein anderer beteiligter Träger Einwände und sind die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, ist der Vorgang von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin an die in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständige Stelle zur weiteren Veranlassung abzugeben.

Nach der VO (EG) Nr. 987/2009 ist zwar die Ausstellung einer Bescheinigung A1 für Mehrfacherwerbstätige im Sinne von Art. 13 VO (EG) Nr. 987/2009 nicht ausdrücklich vorgesehen; Art. 16 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 bestimmt hierzu lediglich, dass der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorläufig oder endgültig anzuwenden sind, dies der betreffenden Person unverzüglich „mitzuteilen“ hat. Für diese Mitteilung ist aus Gründen der Rechtssicherheit aber in jedem Fall eine Bescheinigung A1 zu verwenden.

Die Zuständigkeit für die Ausstellung der Bescheinigung A1 bei Wohnsitz der mehrfach erwerbstätigen Person in einem anderen Mitgliedstaat der EU ergibt sich aus den Festlegungen des BMAS im GMBl 2019 Nr. 35 S. 683.

Nach den dortigen Festlegungen ist danach für Personen, die

  • in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, der Träger, bei dem sie krankenversichert sind (Ziff. 4 Buchst. b),
  • nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören und nicht Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, der nach den §§ 127 und 128 SGB VI jeweils zuständige Träger der Rentenversicherung (Ziff. 5 Buchst. b)
    Hinweis:
    Abweichend von den Festlegungen im GMBl 2019 Nr. 35 S. 683 Ziff. 5 Buchst. b stellt die DRV Bund ab Einsatz des EESSI-Verfahrens die Bescheinigung A1 auch dann aus, wenn ein anderer Träger der Rentenversicherung zuständig ist. Die Kontoführung bleibt davon unberührt (siehe Beratungsergebnis zu AGZWSR 1/2017, TOP 9), oder
  • nicht gesetzlich krankenversichert sind und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) Berlin - Nr. 6 Buchst. b -,

für die nach Art. 16 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 zu erteilende Information, das heißt also die Ausstellung der Bescheinigung A1, zuständig.

Die Zuständigkeit der ABV erstreckt sich auch auf Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, aber (aufgrund einer weiteren Erwerbstätigkeit) gleichzeitig in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin hat (gegebenenfalls unter Einschaltung der mehrfach erwerbstätigen Person oder ihres Arbeitgebers) den in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständigen Träger (gesetzliche Krankenkasse, ABV Berlin oder Rentenversicherungsträger) zu ermitteln und den Vorgang an den entsprechenden Träger weiterzuleiten, sofern sie nicht selbst zuständig ist (siehe hierzu auch vorangehenden „Hinweis“).

Dieser Träger hat dann die Bescheinigung A1 auszustellen (siehe Abschnitt 9.1) und zusätzlich sämtliche betroffenen Arbeitgeber sowie alle beteiligten Träger in anderen Mitgliedstaaten mittels einer Zweitschrift der Bescheinigung A1 über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften zu informieren (AGZWSR 2/2014, TOP 2).

Ab Einsatz des EESSI-Verfahrens erfolgt die Information des ausländischen Trägers im Rahmen des LA_BUC_02 mittels SED A012 („Zustimmung zur Festlegung der anwendbaren Rechtsvorschriften“).

Beachte:

Bei Personen, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, kann Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung vorliegen. In diesem Fall ist darauf zu achten, bzw. bei Abgabe an die ABV darauf hinzuweisen, dass nach Ausstellung der Bescheinigung A1 auch der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) eine Kopie der Bescheinigung A1 übersandt wird, damit diese den Beitragseinzug in die Wege leitet. Sofern die zuständige Krankenkasse nicht bekannt ist, ist diese über den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zu ermitteln.

Bei Selbständigen ist zu prüfen, ob - (auch) für die im Ausland ausgeübte Tätigkeit - Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI vorliegt. Wird in einem anderen Mitgliedstaat eine selbständige landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, ist auch der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) in Kassel (Postfach 10 13 40, 34013 Kassel) eine Kopie der Bescheinigung A1 zu übersenden.

Ist das Verfahren im Rahmen von Art. 16 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 durch einen deutschen Rentenversicherungsträger eingeleitet worden (siehe Abschnitt 3.1), ist der für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständige Träger darüber hinaus zu bitten, eine Mehrfertigung der Bescheinigung A1 auch an den entsprechenden deutschen Rentenversicherungsträger zu senden.

Die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats sind anzuwenden

Ist die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin unter Berücksichtigung des GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 zutreffend und erhebt auch kein anderer beteiligter Träger Einwände und sind die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats anzuwenden, ist

  • gegenüber dem Wohnsitzträger nichts weiter zu veranlassen, wenn die vorläufige Rechtsfestlegung durch Ausstellung einer vorläufigen oder endgültigen Bescheinigung A1 erfolgt ist (siehe Abschnitt 4), weil die Bescheinigung A1 in diesem Fall nach Ablauf von 2 Monaten kraft Gesetzes bindend wird. Gegebenenfalls ist der Ablauf der Zweimonatsfrist in diesem Fall abzuwarten und die ausländische Bescheinigung A1 anschließend in der Datenbank nach § 150 Abs. 3 SGB VI als endgültig zu speichern (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 10).
  • die vom Wohnsitzträger vorgenommene Festlegung schriftlich zu bestätigen, sofern die vorläufige Rechtsfestlegung allein durch ein freies Schreiben des Wohnsitzträgers erfolgt ist (siehe Abschnitt 4). Für die Bestätigung der anzuwendenden Rechtsvorschriften ist im EESSI-Verfahren (siehe Abschnitt 2) das SED A012 vorgesehen. Bis zur Einführung dieses Systems kann das SED A012 auch in Papierform zur Bestätigung der anzuwendenden Rechtsvorschriften gegenüber dem Wohnsitzträger verwendet werden. Der zuständige Träger wird anschließend eine endgültige Bescheinigung A1 ausstellen und die Deutsche Rentenversicherung Bund sowie den betreffenden Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Selbständigen darüber informieren.

Ist das Verfahren im Rahmen von Art. 16 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 durch einen deutschen Rentenversicherungsträger eingeleitet worden (siehe Abschnitt 3.1), ist dieser von der Deutschen Rentenversicherung Bund gesondert über die Ausstellung der Bescheinigung A1 zu informieren.

Die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers ist unzutreffend

Ist die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin unter Berücksichtigung des Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 14 VO (EG) Nr. 987/2009 unzutreffend und ist die Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 5) noch nicht abgelaufen, ist der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers zu widersprechen. Hierfür ist im EESSI-Verfahren (siehe Abschnitt 2) das SED A004 vorgesehen. Bis zur Einführung des EESSI-Systems kann das SED A004 auch in Papierform an den Wohnsitzträger geschickt werden.

Der vorläufigen Rechtsfestlegung ist in jedem Fall zu widersprechen, wenn

  • im Wohnstaat eine (oder mehrere) selbständige Erwerbstätigkeit(en) und in Deutschland eine (oder mehrere) abhängige Beschäftigung(en) ausgeübt werden und der Wohnsitzträger die Anwendung der Rechtsvorschriften des Wohnstaates vorläufig festgelegt hat (in diesem Fall sind nach Art. 13 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 die deutschen Rechtsvorschriften und nicht die des Wohnstaates anzuwenden) oder
  • der Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften vorläufig festgelegt wurden (Ziffer 2.1 in der Bescheinigung A1), nicht beteiligter Mitgliedstaat ist (siehe Abschnitt 2), das heißt, die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorläufig festgelegt werden, in dem die betreffende Person nicht wohnt, in dem ihr Arbeitgeber nicht seinen Sitz hat und in dem keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
    Hinweise:
    • Übt eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, eine Beschäftigung für einen deutschen Arbeitgeber aus und ist sie für diesen Arbeitgeber sowohl in Deutschland als auch in wesentlichem Umfang (> 25 %) in ihrem Wohnstaat tätig, so finden auf diese Person die Rechtsvorschriften des Wohnstaates Anwendung (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 3.2.1.1). In der Bescheinigung A1 ist in diesem Fall vom Wohnsitzträger unter Ziffer 4.4 die deutsche Adresse des Arbeitgebers einzutragen. Hierdurch wird lediglich die Adresse des Arbeitgebers in Deutschland während der im Wohnstaat ausgeübten Beschäftigung dokumentiert. Eine von der Ziffer 2.1 in der Bescheinigung A1 abweichende Rechtsfestlegung liegt nicht vor. Einer entsprechenden Rechtsfestlegung ist demnach nicht zu widersprechen.
    • Erfolgt die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 durch ein Anschreiben, dem eine als vorläufig oder auch endgültig ausgestellte Bescheinigung A1 beigefügt ist (siehe Abschnitt 4), die für Zeiträume vor dem 01.05.2010 gilt, und ist die Rechtsfestlegung zutreffend, kann dies akzeptiert werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der Wohnsitzträger in diesem Fall aber informiert werden, dass die Bescheinigung A1 als Bescheinigung E101 angesehen wird. Hierfür kann das SED A012 in Papierform verwendet werden.

In dem Schreiben, mit dem die Einwände gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers erhoben werden, ist - sofern nicht das SED A012 verwendet wird - insbesondere anzugeben,

  • wann das Schreiben des Wohnsitzträgers über die vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin als zuständiger Behörde im Sinne des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 eingegangen ist (damit der Wohnsitzträger gegebenenfalls die Einhaltung der Zweimonatsfrist nach Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 nachvollziehen kann),
  • welche Rechtsvorschriften aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin auf die betreffende mehrfach erwerbstätige Person nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden sind,
  • weshalb der vorläufigen Rechtsfestlegung aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin widersprochen wird (hierfür gelten die in der GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 beschriebenen Grundsätze; sofern im Ausnahmefall Erkenntnisse darüber vorliegen, dass der in der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers dargestellte Sachverhalt nicht zutrifft, ist dies gegebenenfalls unter Beifügung entsprechender Nachweise dem Wohnsitzträger mitzuteilen),
  • welche Rechtsvorschriften nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 5) vorrangig kraft Gesetzes bis zur endgültigen Rechtsfestlegung vorläufig anzuwenden sind und,
  • falls danach die deutschen Rechtsvorschriften vorläufig anzuwenden sind, dass der in Deutschland zuständige Träger eine vorläufige Bescheinigung A1 nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ausstellen wird.

Der Wohnsitzträger ist abschließend zu bitten, sich innerhalb von zwei Monaten zu den von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin vorgebrachten Einwänden zu äußern.

Das weitere Verfahren richtet sich danach, ob nach der Auffangregelung des Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009

  • die deutschen Rechtsvorschriften (siehe Abschnitt 7.2.1) oder
  • die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats (siehe Abschnitt 7.2.2)

anzuwenden sind.

Die deutschen Rechtsvorschriften sind vorläufig anzuwenden

Ist der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 widersprochen worden (siehe Abschnitt 7.2) und sind nach der Auffangregelung des Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 5) die deutschen Rechtsvorschriften vorläufig anzuwenden, ist von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin der in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständige Träger (siehe Abschnitt 7.1.1) zu informieren und um Ausstellung einer vorläufigen Bescheinigung A1 zu bitten. Für die Ausstellung der Bescheinigung A1 gelten die Ausführungen in Abschnitt 9.2.

Beachte:

Bei Personen, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, kann Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung vorliegen. In diesem Fall ist darauf zu achten, beziehungsweise bei Abgabe an die ABV (siehe Abschn. 7.1.1) darauf hinzuweisen, dass nach Ausstellung der Bescheinigung A1 die zuständige Einzugsstelle (Krankenkasse) informiert wird, damit diese den Beitragseinzug in die Wege leitet. Sofern die zuständige Krankenkasse nicht bekannt ist, ist diese über den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zu ermitteln.

Bei Selbständigen ist zudem zu prüfen, ob - (auch) für die im Ausland ausgeübte Tätigkeit - Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI vorliegt. Wird in einem anderen Mitgliedstaat eine selbständige landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, ist vom ausstellenden Träger auch der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) in Kassel (Postfach 10 13 40, 34013 Kassel) eine Kopie der Bescheinigung A1 zu übersenden.

Stimmen der Wohnsitzträger und gegebenenfalls die anderen beteiligten Träger dem Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund zu und werden die deutschen Rechtsvorschriften endgültig festgelegt, ist der Träger in Deutschland, der für die Ausstellung der vorläufigen Bescheinigung A1 zuständig ist, zu informieren und um Ausstellung einer endgültigen Bescheinigung A1 zu bitten (siehe Abschnitt 9.1).

Stimmen der Wohnsitzträger und gegebenenfalls die anderen beteiligten Träger dem Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund zu und werden die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats endgültig festgelegt, ist der Träger in Deutschland, der gegebenenfalls eine vorläufige Bescheinigung A1 nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ausgestellt hat, zu informieren und um Rücknahme der vorläufig ausgestellten Bescheinigung A1 sowie gegebenenfalls um eine entsprechende Mitteilung an die zuständige Einzugsstelle zu bitten (siehe Abschnitt 9.4). Sofern die Ausstellung der vorläufigen (deutschen) Bescheinigung A1 bereits gespeichert ist, sind die Daten wieder zu löschen. Eine endgültige Bescheinigung A1 ist in diesem Fall von einem anderen mitgliedstaatlichen Träger auszustellen.

Stimmen der Wohnsitzträger und gegebenenfalls die anderen beteiligten Träger dem Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin nicht zu oder nimmt der Wohnsitzträger nicht innerhalb von zwei Monaten Stellung, richtet sich das weitere Verfahren nach Abschnitt 8.

Die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats sind vorläufig anzuwenden

Beachte:

Soweit in diesem Abschnitt von „zu speichernden“ beziehungsweise „zu löschenden“ Bescheinigungen A1 die Rede ist, handelt es sich um in der Datenbank nach § 150 Abs. 3 SGB VI zu speichernden ausländische Bescheinigungen A1 (vergleiche GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 10) und nicht um deutsche A1 Bescheinigungen, die im Versicherungskonto gespeichert werden.

Sind nach der Auffangregelung des Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 5) aufgrund bestehender Unstimmigkeiten hinsichtlich des anwendbaren Rechts im Sinne des Art. 16 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats vorläufig anzuwenden, ist, nachdem die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin oder ein anderer beteiligter Träger (siehe Abschnitt 2) innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 Einwände gegen die Rechtsfestlegung erhoben hat (siehe Abschnitt 7.2), zunächst nichts weiter zu veranlassen und die Antwort des Wohnsitzträgers auf die Einwände abzuwarten.

Hat der Wohnsitzträger mit der vorläufigen Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 eine vorläufige oder endgültige Bescheinigung A1 ausgestellt (siehe Abschnitt 4) und weicht die dortige Rechtszuweisung von der vorläufigen Rechtszuweisung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ab, ist diese ausländische Bescheinigung A1 nicht zu speichern, weil die Rechtszuweisung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 vorrangig ist. Vielmehr ist der Eingang der nach Art. 16 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 vom zuständigen mitgliedstaatlichen Träger auszustellenden vorläufigen Bescheinigung A1 abzuwarten, die dann gegebenenfalls zu speichern ist. Weicht die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 von der vorläufigen Rechtszuweisung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 nicht ab, kann die Bescheinigung A1 als vorläufig gespeichert werden.

Stimmen der Wohnsitzträger und gegebenenfalls die anderen beteiligten Träger dem Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund zu und werden die deutschen Rechtsvorschriften endgültig festgelegt, ist der Träger in Deutschland, der für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständig ist, zu informieren und um Ausstellung einer endgültigen Bescheinigung A1 zu bitten (siehe Abschnitt 9.1). In diesem Fall ist eine nach Art. 6 VO (EG) Nr. 987/2009 von einem mitgliedstaatlichen Träger vorläufig ausgestellt Bescheinigung, die bereits gespeichert worden ist, wieder zu löschen.

Stimmen der Wohnsitzträger und gegebenenfalls die anderen beteiligten Träger dem Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund zu und werden die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats endgültig festgelegt, ist der Träger in Deutschland, der gegebenenfalls eine vorläufige Bescheinigung A1 nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ausgestellt hat, zu informieren und um Rücknahme der vorläufig ausgestellten Bescheinigung A1 zu bitten (siehe Abschnitt 9.4). Sofern die Ausstellung der vorläufigen Bescheinigung A1 bereits gespeichert ist, sind die Daten wieder zu löschen. Eine endgültige Bescheinigung A1 ist in diesem Fall von einem anderen mitgliedstaatlichen Träger auszustellen.

Stimmen der Wohnsitzträger und gegebenenfalls die anderen beteiligten Träger dem Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht zu oder nimmt der Wohnsitzträger nicht innerhalb von zwei Monaten Stellung, richtet sich das weitere Verfahren nach Abschnitt 8.

Die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers ist unzutreffend, aber bindend

Einwände gegen die Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers sind auch dann zu erheben, wenn die Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 seit dem Eingang der vorläufigen Rechtsfestlegung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Vorgangs bereits abgelaufen und die Rechtsfestlegung damit bindend ist (siehe Abschnitt 5). Eine geänderte Rechtsfestlegung kann dann allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Rechtsgrundlage für das Überprüfungsersuchen ist in diesem Fall Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009.

Für die Erhebung von Einwänden gegen die Rechtsfestlegung kann das SED A004 in Papierform verwendet werden. Sofern mit freiem Schreiben Einwände gegen die (bindend gewordene) Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers erhoben werden, ist insbesondere anzugeben,

  • dass die Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 bereits abgelaufen und die Rechtsfestlegung daher bindend ist, aber im Rahmen von Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 um Überprüfung der Rechtsfestlegung gebeten wird,
  • welche Rechtsvorschriften aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund auf die betreffende mehrfach erwerbstätige Person nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden sind,
  • weshalb der Rechtsfestlegung aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin widersprochen wird (hierfür gelten die in der GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 beschriebenen Grundsätze; sofern im Ausnahmefall Erkenntnisse darüber vorliegen, dass der in der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers dargestellte Sachverhalt nicht zutrifft, ist dies gegebenenfalls unter Beifügung entsprechender Nachweise dem Wohnsitzträger mitzuteilen) und,
  • falls die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind und eine Bescheinigung A1 noch nicht ausgestellt wurde, dass unbeachtlich der Tatsache, dass um Überprüfung der Rechtsfestlegung gebeten wird, der in Deutschland zuständige Träger eine Bescheinigung A1 nach Art. 16 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 ausstellen wird.

Der Wohnsitzträger ist abschließend zu bitten, sich innerhalb von zwei Monaten zu den von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin vorgebrachten Einwänden zu äußern.

Sofern nach der (bindend gewordenen) Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, ist anschließend der in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständige Träger (siehe Abschnitt 7.1.1) zu informieren und um Ausstellung einer Bescheinigung A1 zu bitten (siehe Abschnitt 9.3).

Sofern nach der (bindend gewordenen) Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats anzuwenden sind, ist darüber hinaus eine gegebenenfalls zusammen mit der vorläufigen Rechtsfestlegung übersandte ausländische Bescheinigung A1 (siehe Abschnitt 4) zunächst als endgültig in der Datenbank nach § 150 Abs. 3 SGB VI zu speichern (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 10).

Wurde wegen der Bindungswirkung des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 eine Bescheinigung A1 durch einen deutschen Träger bereits ausgestellt und stimmt der Wohnsitzträger anschließend den Einwänden der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin zu und werden die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats (nachträglich) festgelegt, hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin den in Deutschland zuständigen Träger, der die Bescheinigung A1 ausgestellt hat, zu informieren und um Rücknahme der ausgestellten Bescheinigung A1 für die Zukunft zu bitten (siehe Abschnitt 9.4).

Stimmt der Wohnsitzträger den Einwänden der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin nicht zu oder nimmt er nicht innerhalb von zwei Monaten Stellung, richtet sich das weitere Verfahren nach Abschnitt 8.

Dialogverfahren und Vermittlungsverfahren bei unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich des anwendbaren Rechts

Sind die beteiligten Träger oder zuständigen Behörden unterschiedlicher Auffassung über die nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 auf eine mehrfach erwerbstätige Person anzuwendenden Rechtsvorschriften, sollen diese nach Art. 16 Abs. 4 S. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 einvernehmlich zwischen den Trägern festgelegt werden.

Hierfür hat die EU-Verwaltungskommission mit dem Beschluss Nr. A1 vom 12.06.2009 (ABl. EU Nr. C 106/1 vom 24.04.2010) ein Dialogverfahren geschaffen, dem sich bei fortbestehenden Unstimmigkeiten ein Vermittlungsverfahren anschließt.

  • Dialogverfahren
    Das Dialogverfahren gliedert sich in zwei Phasen.
    Nach der Festlegung des BMAS (GMBl 2019 Nr. 35 S. 683 Ziff. 2) ist die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin für die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Art. 16 Abs. 1 bis 4 und 6 VO (EG) Nr. 987/2009 zuständig, sofern die betreffende mehrfach erwerbstätige Person nicht in Deutschland wohnt. Sie hat daher auch das Dialogverfahren nach Art. 16 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 in Verbindung mit dem Beschluss Nr. A1 vom 12.06.2009 durchzuführen.
    Sofern von Seiten der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin unter Berücksichtigung des Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 Einwände gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers bestehen (siehe Abschnitte 7.2 bis 7.2.3), sind diese gegenüber dem Wohnsitzträger schriftlich vorzubringen.
    Stimmt der Wohnsitzträger dem ersten Gegenvorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin nicht zu oder geht innerhalb von zwei Monaten keine Antwort ein oder führen auch die gegebenenfalls vorgetragenen weiteren Erläuterungen des Wohnsitzträgers nicht zu einer übereinstimmenden Rechtsfestlegung, ist dem Wohnsitzträger in einem weiteren Schritt mitzuteilen, dass die „erste Phase des Dialogverfahrens nach dem Beschluss Nr. A1 der EU-Verwaltungskommission vom 12.06.2009“ eingeleitet wird. Dem Wohnsitzträger ist mitzuteilen, aus welchen rechtlichen und sachlichen Gründen der vorläufigen Rechtsfestlegung nach wie vor widersprochen wird. Außerdem ist dem Wohnsitzträger dabei mitzuteilen, wer auf Seiten der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin Ansprechpartner für das Verfahren ist (einschließlich E-Mail-Adresse - gegebenenfalls per E-Mail geführter Schriftverkehr darf aus datenschutzrechtlichen Gründen jedoch keine personenbezogenen Informationen enthalten).
    Der Wohnsitzträger hat den Eingang des Schreibens der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin spätestens zehn Tage nach Erhalt zu bestätigen, seinerseits einen Ansprechpartner zu benennen und innerhalb von drei Monaten zu dem Vorbringen Stellung zu nehmen. Diese Frist kann in komplexen Fällen um drei Monate verlängert werden, wobei die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin spätestens eine Woche vor Ablauf der Dreimonatsfrist über die Fristverlängerung zu informieren ist.
    Wird im Rahmen dieser ersten Phase des Dialogverfahrens keine Einigung erzielt oder kann der Wohnsitzträger seine Ermittlungen innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Schreibens der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin nicht abschließen, hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin das BMAS als zuständige Behörde im Sinne der VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 zu informieren und den bisher ermittelten Sachverhalt sowie die Rechtslage darzustellen.
    Das BMAS, das für die Durchführung der zweiten Phase des Dialogverfahrens zuständig ist, entscheidet in Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde des Wohnmitgliedstaats und gegebenenfalls den zuständigen Behörden anderer beteiligter Mitgliedstaaten, ob die zweite Phase des Dialogverfahrens einzuleiten ist.
    Im Zuge der zweiten Phase des Dialogverfahrens versuchen die zuständigen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten die anzuwendenden Rechtsvorschriften einvernehmlich festzulegen.
  • Vermittlungsverfahren
    Sollte auch in der zweiten Phase des Dialogverfahrens kein Einvernehmen erzielt werden, kann vom BMAS im Rahmen des Vermittlungsverfahrens nach dem Beschluss Nr. A1 die EU-Verwaltungskommission angerufen werden. Ist auch unter Vermittlung der EU-Verwaltungskommission eine Einigung nicht möglich, kann die EU-Verwaltungskommission den Vorgang zur Entscheidung an einen Vermittlungsausschuss weiterleiten, der gemäß der Satzung der EU-Verwaltungskommission eingesetzt werden kann.
    Für die Dauer des Dialogverfahrens und Vermittlungsverfahrens sind auf die betreffende mehrfach erwerbstätige Person bis zur endgültigen Klärung der für sie geltenden Rechtsvorschriften vorläufig die nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 bestimmten Rechtsvorschriften anzuwenden (siehe Abschnitt 5).

Ausstellung der Bescheinigung A1 und Rücknahme

Nach Art. 16 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 hat der Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorläufig oder endgültig als anwendbar bestimmt worden sind, dies der betreffenden mehrfach erwerbstätigen Person unverzüglich mitzuteilen. Diese Mitteilung erfolgt durch die Ausstellung der Bescheinigung A1.

Bei den „vorläufig“ bestimmten Rechtsvorschriften im Sinne des Art. 16 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 kann es sich um die nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 vom Wohnsitzträger vorläufig festgelegten Rechtsvorschriften (siehe Abschnitt 4) oder um die nach Art. 16 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 kraft Gesetzes bei Unstimmigkeiten zwischen den Trägern vorläufig anzuwendenden Rechtsvorschriften handeln (siehe Abschnitt 5).

Nach dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 ist die Bescheinigung A1 von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag der betreffenden Person, ihres Arbeitgebers oder eines beteiligten Trägers und demnach in jedem Fall auszustellen und zwar selbst dann, wenn hinsichtlich der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers Einwände erhoben worden sind. Unabdingbare Voraussetzung für die Ausstellung der Bescheinigung A1 ist jedoch, dass der Wohnsitzträger eine vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 vorgenommen hat.

Die Bescheinigung A1 ist maximal für die Dauer von fünf Jahren auszustellen (Ziffern 2.2 und 2.3 der Bescheinigung A1), damit gewährleistet ist, dass die der Mehrfacherwerbstätigkeit zugrunde liegenden Sachverhalte in regelmäßigem Abstand im Zuge der Neuausstellung der Bescheinigung überprüft werden können.

Darüber hinaus sind für die Ausstellung beziehungsweise Rücknahme einer bereits ausgestellten Bescheinigung A1 die Abschnitte 9.1 bis 9.4 zu beachten.

Der vorläufigen Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers (deutsches Recht) wurde zugestimmt

Bestehen weder von Seiten der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin noch eines anderen beteiligten Trägers Einwände gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers und sind die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, hat der in Deutschland zuständige Träger (siehe Abschnitt 7.1.1) eine Bescheinigung A1 auszustellen. In diesem Fall ist in der Bescheinigung A1 die Ziffer 2.5 („Die Feststellung ist vorläufig“) nicht anzukreuzen, und zwar auch dann nicht, wenn zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung A1 die Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 noch nicht abgelaufen ist.

Die ausgestellte Bescheinigung A1 ist der betreffenden Person mit einem Anschreiben zu übersenden. Außerdem ist der Wohnsitzträger sowie (falls abweichend) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für die betreffende Person galten, und alle sonstigen beteiligten Träger nach Art. 20 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 schriftlich unter Beifügung einer Mehrausfertigung der Bescheinigung A1 über die Ausstellung zu informieren. Darüber hinaus sind alle beteiligten Arbeitgeber entsprechend zu informieren.

Beachte:

Bei Personen, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, kann Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung vorliegen. Ist ein deutscher Rentenversicherungsträger für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständig (siehe Abschnitt 7.1.1), ist nach Ausstellung der Bescheinigung A1 auch der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) eine Kopie der Bescheinigung A1 zu übersenden, damit diese den Beitragseinzug in die Wege leitet. Sofern die zuständige Krankenkasse nicht bekannt ist, ist diese über den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zu ermitteln.

Bei Selbständigen ist zu prüfen, ob - (auch) für die im Ausland ausgeübte Tätigkeit - Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI vorliegt. Wird in einem anderen Mitgliedstaat eine selbständige landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, ist auch der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) in Kassel (Postfach 10 13 40, 34013 Kassel) eine Kopie der Bescheinigung A1 zu übersenden.

Gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers wurden innerhalb der Zweimonatsfrist Einwände erhoben

Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin oder ein anderer beteiligter Träger der vorläufigen Rechtsfestlegung innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitte 5 und 7.2) widersprochen und sind nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 987/2009 vorläufig die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, ist von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin der in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständige Träger (siehe Abschnitt 7.1.1) zu informieren. Dieser Träger hat die Bescheinigung A1 auszustellen.

Dem zuständigen Träger ist dabei von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin mitzuteilen, dass gegen die vorläufige Rechtsfestlegung gegenüber dem Wohnsitzträger innerhalb der Zweimonatsfrist Einwände erhoben worden sind und die Rechtsfestlegung daher vorläufig über Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 erfolgt.

Bei der Ausstellung der Bescheinigung A1 durch den zuständigen deutschen Träger ist die Ziffer 2.5 („Die Feststellung ist vorläufig“) anzukreuzen. Die Bescheinigung ist der betreffenden Person vom ausstellenden Träger mit einem Anschreiben zu übersenden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers Einwände erhoben worden sind, die Bescheinigung deshalb nur vorläufig gilt und die Rechtsfestlegung gegebenenfalls auch rückwirkend abgeändert werden kann.

Der ausstellende Träger hat dem Wohnsitzträger sowie (falls abweichend) dem zuständigen Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für die betreffende Person galten, sowie allen sonstigen beteiligten Trägern eine Mehrausfertigung der Bescheinigung A1 mit einem Anschreiben zu übersenden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass gegen die vorläufige Rechtsfestlegung Einwände erhoben worden sind, die Bescheinigung deshalb lediglich vorläufigen Charakter hat und bis zu einer endgültigen Entscheidung die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 987/2009 bestimmten Rechtsvorschriften gelten. Außerdem ist die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin über die Ausstellung der Bescheinigung zu informieren, sofern diese nicht selbst die Bescheinigung A1 auszustellen hat. Darüber hinaus sind alle beteiligten Arbeitgeber entsprechend zu informieren.

Die Ausführungen im Abschnitt 9.1 unter „Beachte“ gelten entsprechend, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die deutschen Rechtsvorschriften bis zur endgültigen Festlegung nur vorläufig anzuwenden sind.

Gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers wurden erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist Einwände erhoben

Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin als zuständige Stelle für die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Art. 16 Abs. 1 bis 4 und 6 VO (EG) Nr. 987/2009 oder ein anderer beteiligter Träger der Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers nicht bis zum Ablauf der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 widersprochen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, ist die vorläufige Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers nach Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 bindend (siehe Abschnitt 5).

Sind danach die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, ist der in Deutschland für die Ausstellung der Bescheinigung A1 zuständige Träger (siehe Abschnitt 7.1.1) von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin zu informieren, damit dieser die Bescheinigung A1 ausstellt. Dem ausstellenden Träger ist dabei mitzuteilen, dass gegen die vorläufige Rechtsfestlegung gegenüber dem Wohnsitzträger nach Ablauf der Zweimonatsfrist Einwände erhoben worden sind.

Bei der Ausstellung der Bescheinigung A1 ist die Ziffer 2.5 („Die Feststellung ist vorläufig“) nicht anzukreuzen. Die Bescheinigung ist der betreffenden Person mit einem Anschreiben zu übersenden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Wohnsitzträger nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 um Überprüfung der Rechtsfestlegung gebeten worden ist und die Rechtsfestlegung gegebenenfalls mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden könnte.

Dem Wohnsitzträger sowie (falls abweichend) dem zuständigen Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für die betreffende Person galten, sowie allen sonstigen beteiligten Trägern ist vom ausstellenden Träger eine Mehrausfertigung der Bescheinigung A1 mit einem Anschreiben zu übersenden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass gegen die Rechtsfestlegung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 Einwände erhoben worden sind. Außerdem ist die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin über die Ausstellung der Bescheinigung A1 zu informieren, sofern diese nicht selbst die Bescheinigung A1 auszustellen hat. Darüber hinaus sind alle beteiligten Arbeitgeber entsprechend zu informieren.

Die Ausführungen im Abschnitt 9.1 unter „Beachte“ gelten entsprechend, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Wohnsitzträger nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 um Überprüfung der Rechtsfestlegung gebeten worden ist und die Rechtsfestlegung gegebenenfalls mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden könnte.

Nachträgliche Änderung der anzuwendenden Rechtsvorschriften, Rücknahme der Bescheinigung A1

  • Einwände wurden innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 erhoben
    Ändert der Wohnsitzträger aufgrund der von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 erhobenen Einwände seine vorläufige Rechtsfestlegung ab und sind die deutschen Rechtsvorschriften endgültig nicht anzuwenden, hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin den in Deutschland zuständigen Träger, der gegebenenfalls bereits eine Bescheinigung A1 vorläufig ausgestellt hat, zu informieren. Dieser Träger hat dann die Bescheinigung A1 nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 von Beginn an zurückzunehmen und hiervon die betreffende Person, gegebenenfalls deren Arbeitgeber, den Wohnsitzträger, die Träger der beteiligten Mitgliedstaaten, die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin sowie gegebenenfalls die gesetzliche Einzugsstelle (Krankenkasse) zu informieren. Gleichzeitig ist mitzuteilen, welcher mitgliedstaatliche Träger für die Ausstellung einer neuen Bescheinigung A1 zuständig ist. Eine zuvor (unzutreffend) ausgestellte Bescheinigung A1 ist zurückzufordern.
    Die Rücknahme der Bescheinigung A1 erfolgt durch freies Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Einwände gegen die Rücknahme der Bescheinigung A1 nur beim Wohnsitzträger erhoben werden können, weil nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 allein dieser für die Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig ist. Der zuständige Wohnsitzträger ist im Rücknahmeschreiben anzugeben.
  • Einwände wurden erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 erhoben
    Wurden von der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin oder einem anderen beteiligten Träger erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 Einwände gegen die Rechtsfestlegung des Wohnsitzträgers erhoben (siehe Abschnitt 7.2.3) und ändert der Wohnsitzträger aufgrund der erhobenen Einwände seine Rechtsfestlegung im Nachhinein ab und sind die deutschen Rechtsvorschriften nicht anzuwenden, hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin den in Deutschland zuständigen Träger, der gegebenenfalls bereits eine Bescheinigung A1 ausgestellt hat, zu informieren.
    Dieser Träger hat dann die Bescheinigung A1 nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ab dem mit den anderen beteiligten Trägern einvernehmlich festgelegten Zeitpunkt zurückzuziehen und hiervon die betreffende Person, gegebenenfalls deren Arbeitgeber, den Wohnsitzträger, die Träger der beteiligten Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die gesetzliche Einzugsstelle (Krankenkasse) sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin zu informieren, sofern diese nicht selbst die Bescheinigung A1 ausgestellt hat. Gleichzeitig ist mitzuteilen, welcher mitgliedstaatliche Träger für die Ausstellung einer neuen Bescheinigung A1 zuständig ist. Die zuvor ausgestellte Bescheinigung A1 ist zurückzufordern.
    Die Rücknahme der Bescheinigung A1 für die Zukunft erfolgt durch freies Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Einwände gegen die Rücknahme der Bescheinigung A1 nur beim Wohnsitzträger erhoben werden können, weil nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 allein dieser für die Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig ist. Der zuständige Wohnsitzträger ist im Rücknahmeschreiben anzugeben.

Beispiel 1: Verfahren nach Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 - Regelfall

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Polen wird von einem Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland gewöhnlich ausschließlich in Tschechien und der Slowakei beschäftigt. In seinem Wohnstaat (Polen) übt er keine Erwerbstätigkeit aus.

Lösung:

Nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 hat der Arbeitnehmer den zuständigen Träger in seinem Wohnstaat (Polen) darüber zu informieren, dass er gewöhnlich in Tschechien und der Slowakei für einen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland tätig ist. Nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 hat der polnische Träger die anzuwendenden Rechtsvorschriften anhand von Art. 13 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 unverzüglich festzulegen. Dies sind im vorliegenden Beispiel die deutschen Rechtsvorschriften, weil das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, anzuwenden ist, wenn im Wohnstaat kein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt wird. Anschließend hat der polnische Träger die zuständigen Träger in Deutschland - die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin -, Tschechien und der Slowakei über die vorläufige Festlegung der deutschen Rechtsvorschriften zu unterrichten. Da die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften vom Wohnsitzträger zutreffend vorläufig festgelegt worden ist, hat der in Deutschland zuständige Träger der betreffenden Person unverzüglich eine Bescheinigung A1 auszustellen und hierüber den Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt auf die betreffende Person anwendbar waren, zu unterrichten.

Beispiel 2: Kein Anwendungsfall des Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Am 30.09.2011 bittet der polnische Versicherungsträger (ZUS) formlos um Ausstellung einer Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften für einen in Polen wohnenden und dort selbständig Erwerbstätigen, der gleichzeitig in Deutschland eine Beschäftigung ausübt. Beide Erwerbstätigkeiten werden seit dem 01.07.2009 ausgeübt. Die Bescheinigung soll für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis 31.10.2010 ausgestellt werden. Der Betreffende war während der Beschäftigung in Deutschland bei der AOK in München versichert.

Lösung:

Da der Versicherte gewöhnlich eine selbständige Tätigkeit in Polen und eine abhängige Beschäftigung in Deutschland ausgeübt hat, liegt eine Mehrfacherwerbstätigkeit in zwei Mitgliedstaaten vor. Sowohl die VO (EWG) Nr. 1408/71 als auch die VO (EG) Nr. 883/2004 verweisen in diesem Fall in das Recht des Mitgliedstaats, in dem die Beschäftigung ausgeübt worden ist. Da der Beginn beider Erwerbstätigkeiten vor dem 01.05.2010 liegt, ist das anwendbare Recht noch nach Art. 14c VO (EWG) Nr. 1408/71 zu bestimmen. Hierbei ist nach Art. 12a Abs. 7 Buchst. a VO (EWG) Nr. 574/72 in Verbindung mit Anhang 10, E. Deutschland, Nr. 2 Buchst. i VO (EWG) Nr. 574/72 der Träger der Krankenversicherung für die Ausstellung der Bescheinigung E101 zuständig. Der Vorgang ist an diese Stelle weiterzuleiten. Dies gilt auch dann, wenn die Anfrage der ZUS unter Hinweis auf Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 erfolgt ist.

Beispiel 3: Kein Anwendungsfall des Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Mit Schreiben vom 01.04.2012 an die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung (Würzburg) legt der ungarische Versicherungsträger unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 die (deutschen) Rechtsvorschriften für einen indischen Arbeitnehmer, der in Ungarn wohnt und seit dem 01.07.2012 für einen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland eine Beschäftigung ausschließlich in Italien, Österreich und im Vereinigten Königreich im Rahmen eines Minijobs ausüben wird, vorläufig fest. Der Arbeitnehmer gehört keiner deutschen gesetzlichen Krankenversicherung an.

Lösung:

Es handelt sich zwar um einen Mehrfachbeschäftigten, der grundsätzlich von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst wird. Da das Vereinigte Königreich die Drittstaats VO (EU) Nr. 1231/2010 nicht angenommen hat, ist die VO (EG) Nr. 883/2004 in Bezug auf das Vereinigte Königreich für ihn jedoch nicht anwendbar. Daher ist das anzuwendende Recht anhand der VO (EWG) Nr. 1408/71 in Verbindung mit der Drittstaats VO (EG) Nr. 859/2003 festzulegen. Das Verfahren nach Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 findet keine Anwendung. Da der Arbeitnehmer keiner gesetzlichen deutschen Krankenversicherung angehört, ist der Vorgang, sofern nicht die Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin gegeben ist, an den nach Art. 12a Abs. 4 Buchst. a VO (EWG) Nr. 574/72 in Verbindung mit Anhang 10, E. Deutschland, Nr. 2 Buchst. ii VO (EWG) Nr. 574/72 zuständigen deutschen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten.

Beispiel 4: Einleitung des Verfahrens durch den Wohnsitzträger

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ein Arbeitnehmer, der in den Niederlanden wohnt, wird von einem Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland gewöhnlich seit dem 01.01.2011 an 2 Tagen im Monat in den Niederlanden und an den restlichen Tagen des Monats in Belgien beschäftigt. Am 20.01.2011 beantragt er bei der AOK in Aachen, bei der er versichert ist, die Ausstellung einer Bescheinigung A1, da ihm bekannt ist, dass in der vorliegenden Situation nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der VO (EG) Nr. 883/2004 die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind und demzufolge die AOK in Aachen die Bescheinigung auszustellen hat.

Lösung:

Obwohl in der geschilderten Situation die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind und die AOK in Aachen die erbetene Bescheinigung A1 am Ende des Verfahrens auszustellen hat, muss sich der Arbeitnehmer zunächst an den zuständigen Wohnsitzträger (hier: an den niederländischen Träger) wenden. Der niederländische Träger hat den Sachverhalt festzustellen und die anzuwendenden Rechtsvorschriften unverzüglich festzulegen, sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin und den zuständigen Träger in Belgien hierüber zu informieren. Dass die niederländischen Rechtsvorschriften im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, ist unerheblich.

Beispiel 5: Vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 987/2009 (Mehrfacherwerbstätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten, unter anderem im Wohnstaat)

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Ein Arbeitnehmer wohnt in Belgien und übt für einen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland eine Beschäftigung in Luxemburg und den Niederlanden aus. An zwei Tagen pro Monat ist er in seinem „Home-Office“ in Belgien beschäftigt. In Deutschland wird keine Erwerbstätigkeit ausgeübt.

Nach entsprechender Mitteilung des Arbeitnehmers an den zuständigen Wohnsitzträger in Belgien legt dieser nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 die Anwendung der belgischen Rechtsvorschriften vorläufig fest und unterrichtet hierüber die zuständigen Träger in Luxemburg, den Niederlanden und Deutschland - die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin. Innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 erhebt die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin gegen die vorläufige Rechtsfestlegung Einwände, weil sich aus den vorhandenen Unterlagen ergibt, dass im Wohnstaat Belgien kein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt wird und somit nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 987/2009 die deutschen Rechtsvorschriften (Arbeitgebersitz) anzuwenden sind. Nach Abschluss weiterer Ermittlungen werden zwischen allen beteiligten Trägern einvernehmlich die deutschen Rechtsvorschriften festgelegt.

Lösung:

Da die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist Einwände gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des belgischen Trägers erhoben hat, wird die vorläufige Rechtsfestlegung nicht bindend. Obwohl nach dem Abschluss der Ermittlungen von vornherein die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, unterliegt der Arbeitnehmer vorläufig bis zur endgültigen Rechtsfestlegung den belgischen Rechtsvorschriften (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 987/2009), weil er einen Teil der Erwerbstätigkeit in seinem Wohnstaat ausübt.

Beispiel 6: Vorläufige Rechtsfestlegung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c VO (EG) Nr. 987/2009 (Mehrfacherwerbstätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten, im Wohnmitgliedstaat keine Erwerbstätigkeit)

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Ein Arbeitnehmer wohnt in Luxemburg und ist für seinen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland ausschließlich in Frankreich (20 Tage pro Monat) und Belgien (10 Tage pro Monat) tätig. In Luxemburg wird keine Erwerbstätigkeit ausgeübt.

Auf den entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers beim zuständigen Wohnsitzträger in Luxemburg legt dieser nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften vorläufig fest und unterrichtet hierüber die zuständigen Träger in Frankreich, Belgien und Deutschland - die Deutsche Rentenversicherung Bund Berlin. Innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 erhebt der französische Träger gegen die vorläufige Rechtsfestlegung Einwände, weil sich aus den vorhandenen Unterlagen ergibt, dass der betreffende Arbeitnehmer einen Wohnsitz in Frankreich hat und demnach die französischen Rechtsvorschriften anzuwenden seien (Art. 13 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004). Nach Abschluss weiterer Ermittlungen wird festgestellt, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Arbeitnehmers tatsächlich in Frankreich ist und zwischen allen beteiligten Trägern einvernehmlich die Anwendung der französischen Rechtsvorschriften festgelegt.

Lösung:

Da der französische Träger rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 16 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 Einwände gegen die vorläufige Rechtsfestlegung des luxemburgischen Trägers erhoben hat, wird die vorläufige Rechtsfestlegung (deutsches Recht) nicht bindend. Obwohl nach dem Abschluss der Ermittlungen von vornherein die französischen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, unterliegt der Arbeitnehmer vorläufig bis zur endgültigen Rechtsfestlegung den zuerst beantragten deutschen Rechtsvorschriften (Art. 6 Abs. 1 Buchst. c VO (EG) Nr. 987/2009), weil er gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten, aber nicht in seinem Wohnstaat Luxemburg erwerbstätig ist.

Beschluss Nr. 76/2011 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 01.07.2011 zur Änderung von Anhang VI (Soziale Sicherheit) und von Protokoll 37 zum EWR-Abkommen

Inkrafttreten: 01.06.2012

Quelle: ABl. (EU) Nr. L 262/33 vom 06.10.2011

Mit dem Beschluss wurde die Anwendung der VO (EG) Nr. 987/2009 und damit von Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 im Verhältnis zu den EWR-Staaten ermöglicht.

Beschluss Nr. 1/2012 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz in der Fassung des Beschlusses des Rates vom 16.12.2011 zur Änderung des Anhangs II (Soziale Sicherheit)

Inkrafttreten: 16.12.2011 (ABl. (EU) Nr. L 341/1 vom 22.12.2011)

Anzuwenden ab: 01.04.2012

Mit dem Beschluss wurde die Anwendung der VO (EG) Nr. 987/2009 und damit von Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 im Verhältnis zur Schweiz ermöglicht.

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Art. 16 VO (EG) Nr. 987/2009 ist nach Art. 97 S. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 am 01.05.2010 in Kraft getreten und für die Mitgliedstaaten der EU ab diesem Zeitpunkt anwendbar.

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