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Art. 80 VO (EG) Nr. 883/2004: Befreiungen - Gebühren und Legalisationen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Aktualisiert. Hinweis auf die Gebührenfreit für mitgliedstaatliche Träger bei Ermittlungen bei deutschen Meldebehörden.

Dokumentdaten
Stand27.07.2017
Version001.00

Inhalt der Regelung

Art. 80 VO (EG) Nr. 883/2004 enthält Vereinfachungen für Versicherte und ihre Hinterbliebenen und erleichtert so den Zugang zu mitgliedstaatlichen Leistungen.

Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 überträgt innerstaatliche Gebührenbefreiungen auf Schriftstücke, die in anderen Mitgliedstaaten oder nach der Verordnung vorzulegen sind. Ist die Ausstellung von Schriftstücken kostenlos oder -reduziert, so gilt dies auch, wenn sie zur Vorlage in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt (siehe Abschnitt 2).

Art. 80 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 enthält den Verzicht auf die Beglaubigung von Schriftstücken, die in Anwendung der Verordnung vorzulegen sind. Eine mitgliedstaatliche Urkunde bedarf danach keiner amtlichen Bescheinigung über deren Echtheit, sogenannte Legalisation (siehe Abschnitt 3).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • § 64 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB X
    enthalten den Grundsatz der Gebührenfreiheit für das Sozialleistungsverfahren. Urkunden, die darüber hinaus erforderlich werden, sind nach § 64 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten befreit.
  • §§ 29 und 30 SGB X
    sehen die Beglaubigung von Dokumenten beziehungsweise Unterschriften durch die Deutsche Rentenversicherung vor (siehe GRA zu § 29 Abs. 1 SGB X, Abschnitt 4).

Kostenfreie Urkunden für die Mitgliedstaaten

Im Verwaltungsverfahren kann die Vorlage von Schriftstücken und Urkunden durch Versicherte beziehungsweise ihre Hinterbliebenen notwendig werden. Die Ausstellung oder Bestätigung dieser Dokumente ist in vielen Mitgliedstaaten für Zwecke der sozialen Sicherheit gebührenfrei oder -reduziert. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn entsprechende Dokumente in einem anderen Mitgliedstaat oder nach der Verordnung vorzulegen sind (Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004).

Das deutsche Verwaltungsverfahren ist für Versicherte beziehungsweise ihre Hinterbliebenen grundsätzlich kostenfrei (§ 64 Abs. 1 SGB X). Ausnahmen bestehen bei Aufwendungen für Übersetzungen und für Ablichtungen bei der Akteneinsicht (§§ 19 Abs. 2 S. 3, 25 Abs. 5 S. 3 SGB X), von denen die Träger der Deutschen Rentenversicherung aber regelmäßig keinen Gebrauch machen (siehe GRA zu § 19 SGB X, Abschnitt 5 und GRA zu § 25 SGB X, Abschnitt 5). So wird der Zugang zur Leistung nicht behindert. Die Kostenfreiheit umfasst die Auskunft und Beratung, das gesamte Renten(vor)- und Widerspruchs- sowie das zwischenstaatliche Verfahren. Eigene Auslagen, beispielsweise Portokosten, müssen Versicherte beziehungsweise ihre Hinterbliebenen allerdings selber tragen (siehe GRA zu § 65a SGB I, Abschnitt 2).

Siehe Beispiel 1

Nehmen Versicherte beziehungsweise ihre Hinterbliebenen andere Stellen der öffentlichen Verwaltung in Anspruch, beispielsweise Meldebehörden (BVerwG-Urteil vom 26.06.1987, AZ: 8 C 70/85, BVerwGE 77, 364-369), so ist dies für Rentenzwecke ebenfalls kostenfrei (§ 64 Abs. 2 S. 1 SGB X). Dies gilt auch für Rentenzwecke in anderen Mitgliedstaaten beziehungsweise nach der Verordnung (Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004). Auskünfte aus deutschen Melderegistern sind nach § 64 Abs. 2 S. 1 SGB X beziehungsweise § 34 Abs. 6 S. 1 Bundesmeldegesetz (BMG) für deutsche Sozialversicherungsträger gebührenfrei. Nach § 35 BMG sind die in § 34 Abs. 1 S. 1 BMG genannten Daten auch an andere öffentliche Stellen in anderen EU-Mitgliedstaaten beziehungsweise Staaten des EWR zu übermitteln. Dies gilt auch im Verhältnis zur Schweiz. Die Gleichstellung deutscher und mitgliedstaatlicher Sozialversicherungsträger bezüglich der Gebührenfreiheit für Auskünfte der Meldebehörden ergibt sich aus Art. 80 VO (EG) Nr. 883/2004.

Siehe Beispiel 2

Grundsätzlich erheben die deutschen Rentenversicherungsträger die Auskünfte direkt bei den mitgliedstaatlichen Behörden, in Ausnahmefällen können sie den Weg über die Amtshilfe beim dortigen Rentenversicherungsträgers wählen (Art. 76 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004), weil die zuständige Behörde im anderen Mitgliedstaat nicht bekannt ist oder dieser Weg regelmäßig kostenfrei ist.

Mitunter wird die Vorlage einer Urkunde beim Rentenversicherungsträger erforderlich (siehe GRA zu § 21 SGB X, Abschnitt 13). Die Ausstellung oder Beglaubigung dieser Urkunden ist dann kostenfrei (§ 64 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X). Dies gilt auch, wenn Urkunden für mitgliedstaatliche Träger benötigt werden (Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004).

Siehe Beispiel 3

Legalisation nicht erforderlich

Urkunden deutscher Behörden (sogenannte öffentliche Urkunden) haben im Ausland in der Regel keinen Beweiswert (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 9). Damit eine deutsche öffentliche Urkunde im Ausland Beweiswert erlangt, bedarf sie einer Bestätigung ihrer Echtheit, dass sie vom Aussteller beziehungsweise der Ausstellerin im Auftrag der Behörde stammt. Diese Bestätigung erfolgt völkerrechtlich durch eine amtliche Bescheinigung in Form der Legalisation (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 9.1). Umgekehrt gilt dies für ausländische öffentliche Urkunden zum Beweis ihrer Echtheit in Deutschland dem Grunde nach ebenso (siehe GRA zu § 29 SGB X, Abschnitt 10).

Sind Urkunden oder sonstige Schriftstücke in Anwendung der Verordnung vorzulegen, bedürfen sie keiner Bestätigung der Echtheit in Form einer Legalisation (Art. 80 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

Siehe Beispiel 4

Beispiel 1: Kostenfreies zwischenstaatliches Verfahren

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Eine Versicherte stellt bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Altersrente. Da auch Beiträge zum allgemeinen System in Frankreich entrichtet wurden, leitet der deutsche Träger das zwischenstaatliche Rentenverfahren nach Art. 47 VO (EG) Nr. 987/2009 ein.

Darf er für diese Tätigkeit Gebühren oder Auslagen von der Antragstellerin verlangen?

Lösung:

Nein, die Kostenfreiheit umfasst auch das Verfahren nach der Verordnung. Dies gilt auch dann, wenn die Deutsche Rentenversicherung gar nicht betroffen ist, beispielsweise wenn nur ein Rechtsbehelf nach Art. 81 VO (EG) Nr. 883/2004 weiterzuleiten ist.

Beispiel 2: Keine Gebühren bei anderen Behörden

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Ein Versicherter benötigt zum Nachweis gegenüber dem dänischen Träger einen Auszug aus dem deutschen Melderegister.

Darf die Gemeindeverwaltung für diese Tätigkeit Gebühren oder Auslagen verlangen?

Lösung:

Nein, nach deutschem Recht besteht für die Beantragung von Sozialleistungen Kostfreiheit gegenüber Nichtleistungsträgern (§ 64 Abs. 2 S. 1 SGB X). Dies gilt auch, wenn Dokumente für den Träger eines anderen Mitgliedstaats benötigt werden (Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004).

Beispiel 3: Keine Gebühren für Beglaubigungen

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Ein Versicherter benötigt zum Nachweis gegenüber dem spanischen Träger eine beglaubigte Kopie seines Diplomzeugnisses.

Darf die Hochschule für diese Tätigkeit Gebühren oder Auslagen verlangen?

Lösung:

Nein, nach deutschem Recht sind Urkunden von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten befreit, wenn sie in der Sozialversicherung erforderlich werden (§ 64 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X). Dies gilt auch, wenn Dokumente für den Träger eines anderen Mitgliedstaats benötigt werden (Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004).

Beispiel 4: Keine Bestätigung der Echtheit in Form einer Legalisation

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Zum Nachweis der Aufgabe ihrer selbständigen Tätigkeit verlangt die Deutsche Rentenversicherung von der Antragstellerin in Ungarn die Gewerbeabmeldung und ihren Steuerbescheid.

Muss die Antragstellerin die Urkunden durch die deutsche Auslandsvertretung in ihrer Echtheit bestätigen, legalisieren lassen?

Lösung:

Nein, Urkunden und sonstige Schriftstücke, die in Anwendung der Verordnung vorzulegen sind, bedürfen keiner amtlichen Bestätigung ihrer Echtheit in Form der Legalisation (Art. 80 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004

Inkrafttreten: 20.05.2004

Anzuwenden ab:01.05.2010

Quelle: ABl. (EU) Nr. L 200/1 vom 07.06.2004 (berichtigte Fassung)

Art. 80 VO (EG) Nr. 883/2004 ist mit der VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 am 20.05.2004 in Kraft getreten und ab 01.05.2010 anwendbar (Art. 91 S. 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

Art. 80 VO (EG) Nr. 883/2004 entspricht inhaltlich Art. 85 VO (EWG) Nr. 1408/71.

Art. 85 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 enthielt neben der Befreiung von Steuern und der Legalisation noch Regelungen für die Annahme elektronischer Nachrichten sowie zu deren Echtheitsvermutung. Diese Regelungen sind nun in Art. 78 Abs. 3 und 4 VO (EG) Nr. 883/2004 enthalten.

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