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§ 42 SGB IX: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Änderungsdienst
veröffentlicht am

10.02.2025

Änderung

Neuaufnahme Abschnitt 5.4 (VOR), Änderung der Nummerierung nachfolgender Abschnitte; Neuaufnahme Abschnitt 5.11 (zuvor aufgeführt in GRA zu § 15 SGB VI, Abschn. 6.5)

Dokumentdaten
Stand28.01.2025
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) vom 02.06.2021 in Kraft getreten am 10.06.2021
Rechtsgrundlage

§ 42 SGB IX

Version011.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift entspricht der bisherigen Regelung. Sie stellt Ziele, Inhalte und Bestandteile von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für alle Rehabilitationsträger dar, die diese Leistungen nach ihren Leistungsoptionen erbringen können (siehe § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 bis 7 SGB IX).

Absatz 1 fasst die Rehabilitationsziele der Rehabilitationsträger zusammen.

Absatz 2 nennt die Anforderungen an die Leistungsinhalte sowie mögliche Leistungsbestandteile.

Absatz 3 spezifiziert, dass Bestandteil der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch psychosoziale Leistungen sein können, soweit diese im Einzelfall erforderlich sind.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 42 SGB IX wird für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durch § 15 SGB VI sowie - für Kinder und Jugendliche - durch § 15a SGB VI konkretisiert. Dabei sind die jeweiligen Rehabilitationsziele der RV in § 9 SGB VI und - für Leistungen zur Kinderrehabilitation - in § 15a SGB VI formuliert.

Danach erbringt die Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 42 bis 47 SGB IX - ausgenommen Leistungen der Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder sowie zahnärztliche Behandlungen, soweit sie als Leistungen der Krankenversorgung in Betracht kommen.

Anzuwendendes Recht

Nach § 301 Abs. 1 S. 1 SGB VI sind für Leistungen zur Teilhabe jeweils bis zu deren Ende die Vorschriften weiter anzuwenden, die im Zeitpunkt der Antragstellung oder, wenn den Leistungen ein Antrag nicht vorausging, der Inanspruchnahme galten.

Es gilt somit grundsätzlich das am Tag der rechtswirksamen Antragstellung maßgebende Recht, und zwar sowohl hinsichtlich der Antragsprüfung (Zuständigkeitsklärung, konkrete Bedarfsfeststellung, Fristen und Anspruchsvoraussetzungen), als auch hinsichtlich der Leistungserbringung.

Ziele der medizinischen Rehabilitation (§ 42 Abs. 1 SGB IX)

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation richten sich nach § 42 Abs. 1 SGB IX an behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen (siehe § 2 SGB IX). Sie sind Teil der Leistungen zur Teilhabe (siehe § 4 SGB IX) und werden von den Rehabilitationsträgern unter anderem erbracht, um Behinderungen einschließlich Krankheitsfolgen zu beseitigen oder zu mindern, Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und/oder eine Pflegebedürftigkeit sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden, zu beseitigen oder zu mindern. Damit wird der in § 9 SGB IX und § 9 Abs. 1 SGB VI normierte Grundsatz "Rehabilitation vor Rente (und Pflege)" näher bestimmt.

Diese Ziele sind auch bei der Identifizierung von Bedarfslagen und der Teilhabeplanung im Rahmen der Krankenbehandlung zu beachten (siehe § 43 SGB IX).

Nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IX richten sich die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Für von der Rentenversicherung in sachlicher Zuständigkeit zu erbringende Leistungen zur medizinischen Rehabilitation müssen deshalb die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 10 und 11 SGB VI erfüllt sein und es dürfen keine Ausschlussgründe nach § 12 SGB VI vorliegen. Für die Kinderrehabilitation gelten zudem die in § 15a Abs. 1 SGB VI formulierten Voraussetzungen.

Leistungsinhalte und Leistungscharakteristik (§ 42 Abs. 2 SGB IX)

Leistungen nach den §§ 42 bis 47 SGB IX werden durch die Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht (§ 15 Abs. 1 S. 1 SGB VI).

Sie umfassen nach § 42 Abs. 2 SGB IX beispielsweise ärztliche Behandlungen sowie Verband-, Heil- und Hilfsmittel; diese können nach dem Grundsatz der einheitlichen Leistungserbringung im Zusammenhang mit einer Rehabilitationsleistung erbracht werden (als sogenannte Komplexleistung in einem gesetzlichen oder vertraglichen Zeitrahmen). Einzelne ärztliche und therapeutische Behandlungen sind dabei jedoch keine isoliert zu betrachtenden Teilhabeleistungen, zum Beispiel chirurgische Operationen, Medikamentengaben, bloße Physio- und Psychotherapie, die Versorgung von Knochenfrakturen durch Steifverbände und Orthesen sowie die Versorgung gehbehinderter Menschen mit Rollstühlen.

Denn die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation sind integrativ-umfassend (ganzheitlich) angelegt, folgen kontextbezogenen Zielsetzungen (Beruf, Umwelt/Umfeld, Person) und werden von verschiedenen Berufsgruppen (Ärzte, Therapeuten) interdisziplinär durchgeführt.

Sie werden nicht erbracht anstelle einer erforderlichen Krankenhausbehandlung beziehungsweise bei akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit sowie anstelle einer als vorrangig oder ausreichend einzuschätzenden ambulanten Krankenbehandlung. Vor diesem Hintergrund können auch (einzelne) Leistungen der Krankenbehandlung nicht isoliert als medizinische Rehabilitation erbracht werden.

§ 42 SGB IX stellt insofern auch keinen abschließenden Leistungskatalog dar, sondern führt beispielhaft Teilleistungen auf, die als konzeptioneller Bestandteil, also während einer medizinischen Rehabilitation erbracht werden können.

Ausgeschlossen sind indes Leistungen, die nicht dem anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse entsprechen. Vergleiche GRA zu § 13 SGB VI.

Behandlung durch Ärzte (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX)

Unter ärztlicher Behandlung ist jede Art von ärztlicher Intervention in Form von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu verstehen.

Diagnostische Maßnahmen umfassen Untersuchungen und Beobachtungen im Rahmen der Befunderhebung und zur Diagnosestellung einschließlich medizinisch-technischer Erhebungen. Siehe auch GRA zu § 13 SGB VI, Abschnitt 4.2.

Die therapeutischen Maßnahmen schließen alle Verfahren ein, die die behandelnden Ärzte vor allem in ihren jeweiligen Fachrichtungen einsetzen (Behandlung durch die Ärzte selbst und auch Einsatz von medizinischen Instrumenten, Apparaturen und Einrichtungen).

Obwohl die medizinische Rehabilitation überwiegend von nichtärztlichem Personal erbracht wird, kommt der ärztlichen Verantwortung im Rehabilitationsprozess eine besondere Bedeutung zu, siehe Abschnitt 3.3.

Behandlung durch Zahnärzte (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX)

Nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB VI kann zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz durch die Rentenversicherung nur erbracht werden, wenn sie unmittelbar und gezielt zur Ausübung des bisherigen Berufs erforderlich sind. Hier kommen neben den Leistungen der Krankenversicherung und gegebenenfalls der Träger der Grundsicherung lediglich Zuschüsse zu den berufsbedingt notwendigen Aufwendungen in Betracht, wenn die Regelversorgung der Krankenversicherung nicht ausreicht.

Diese Leistungen schränken somit die zahnärztliche Pflichtleistung der Krankenversicherung für die Versorgung mit Zahnersatz nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht ein. Siehe GRA zu § 15 SGB VI.

Behandlung durch Angehörige anderer Heilberufe (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX)

Die Behandlung durch Angehörige anderer Heilberufe setzt voraus, dass deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt und somit im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplans erbracht werden.

Zu den Angehörigen anderer Heilberufe gehören zum Beispiel Krankenschwestern/Krankenpfleger, technische Assistenten in der Medizin, Physiotherapeuten, Masseure, medizinische Bademeister, Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, Sport- und Bewegungstherapeuten, Logopäden, Ernährungsberater und Diätassistenten sowie Psychologen.

Anleitung zur Entwicklung eigener Heilungskräfte (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX)

Für einen langfristigen Rehabilitationserfolg sollen die Betroffenen auch dazu befähigt werden, nach der Rehabilitation eigenverantwortlich eine nachhaltige und gesunde Lebensführung im Alltag anzustreben. Hierfür kommen insbesondere das Gesundheitstraining (zum Beispiel in Form von Vorträgen und Patientenschulungen, Ernährungsumstellungen, Verzicht auf Nikotin- und Alkoholgenuss) sowie Bewegungsübungen (zum Beispiel Reha-Sport oder Funktionstraining) in Betracht.

Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (§ 42 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX)

Diese Leistungen werden vorrangig von der gesetzlichen Krankenversicherung sowie den Trägern der Sozialhilfe/Eingliederungshilfe und öffentlichen Jugendhilfe erbracht. Sie gehören nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB VI nicht zu den Leistungsoptionen der gesetzlichen Rentenversicherung. Siehe GRA zu § 46 SGB IX.

Die Rentenversicherungsträger können für Kinder und Jugendliche aber Rehabilitationsleistungen nach § 15a SGB VI erbringen. Siehe GRA zu § 15a SGB VI.

Arznei- und Verbandmittel (§ 42 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX)

In der Regel gehören Arznei- und Verbandmittel zu den Leistungen der Krankenversorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung (§ 31 SGB V). Wird deren Verordnung und Verabreichung beziehungsweise Anwendung allerdings während einer medizinischen Rehabilitation auf Intervention der Rehabilitationseinrichtung erforderlich und entsprechend vorgenommen, sind deren Kosten nach Maßgabe der einheitlichen Leistungserbringung vom Rentenversicherungsträger zu übernehmen.

Insoweit kommt der Rentenversicherungsträger grundsätzlich für die vollständige medizinische Versorgung des Rehabilitanden während der medizinischen Rehabilitation auf. Dies gilt sowohl für rehabilitationsrelevante Bedarfe, als auch für plötzlich hinzutretende interkurrente Erkrankungen (zum Beispiel Erkältung, verstauchte Gliedmaßen und so weiter) sowie für mitgebrachte interkurrente Erkrankungen (zum Beispiel chronischer Art). Maßgebendes Kriterium ist jedoch die Mitbehandlungsfähigkeit sowie Verordnung in der Rehabilitationseinrichtung im Kontext mit der zugleich durchgeführten Rehabilitation. Siehe GRA zu § 13 SGB VI, Abschnitt 3.1.1.

Heilmittel (§ 42 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX)

Als Heilmittel werden überwiegend therapeutische Maßnahmen bezeichnet, die vor allem äußerlich/physisch auf den Körper einwirken, zum Beispiel die physikalische Therapie und die Sprach- und Beschäftigungstherapie, Physiotherapie beziehungsweise Krankengymnastik sowie Massagen und Bäder.

Heilmittel sind - wie die Arznei- und Verbandmittel, siehe Abschnitt 3.6 vorrangig Leistungen der Krankenbehandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung (§ 32 SGB V). Werden sie aber im Zusammenhang mit einer medizinischen Rehabilitation durch die Rentenversicherung erforderlich beziehungsweise sind sie konzeptioneller Bestandteil der Rehabilitation, fallen sie in die Kostenträgerschaft der Rentenversicherung.

Psychotherapie (§ 42 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX)

Psychotherapie als ärztliche und therapeutische Behandlung kann von den Rentenversicherungsträgern als wesentliches Behandlungselement in der medizinischen Rehabilitation bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen erbracht werden. Sie ist als ein Baustein eines multidisziplinären Behandlungskonzepts im Rahmen der medizinischen Rehabilitation zu betrachten, tritt jedoch als isolierte beziehungsweise nichtganzheitliche Leistung nicht ersatzweise an die Stelle der Rehabilitation.

Unter Berücksichtigung des Krankheitsverlaufs setzt die Rehabilitation voraus, dass deren zentrale Inhalte wie Schulung, Lebensstiländerungen oder Copingstrategien voraussichtlich erfolgreich vermittelt werden können. Damit Rehabilitation konzeptionell zum richtigen Zeitpunkt ansetzen und möglichst langfristig wirken kann, müssen zum Beispiel eine Selbst- oder Fremdgefährdung, schwere Psychopathologie und fehlende Behandelbarkeit ausgeschlossen werden können.

Hilfsmittel (§ 42 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX)

Auch Hilfsmittel können Bestandteil der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sein. Zu den speziellen Regelungen für die Versorgung mit Hilfsmitteln siehe GRA zu § 47 SGB IX.

Digitale Gesundheitsanwendungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 6a SGB IX)

Um das Potential der Digitalisierung im Gesundheitsbereich auch in der medizinischen Rehabilitation nutzen zu können, besteht die Möglichkeit, digitale Gesundheitsanwendungen als einen konzeptionellen Bestandteil bedarfsgerechter Rehabilitation einzusetzen und so die Versorgung der Leistungsberechtigten um eine weitere Komponente zu ergänzen.

Bei digitalen Gesundheitsanwendungen handelt es sich zumeist um Formen der technischen Unterstützung bei der Ausführung einzelner Leistungsbestandteile der medizinischen Rehabilitation (Anleitungs- und Kommunikationssoftware bzw. sogenannte Gesundheits-Apps zur Nutzung auf PC, Tablet, Smartphone; gegebenenfalls dazugehörige Hardware). Sie gelten als Medizinprodukte und bieten beispielsweise interaktive Gesundheits- und Patienteninformationen, elektronische Tagebuchfunktionen und Übungspläne sowie gegebenenfalls begleitete Online-Therapieprogramme, zum Beispiel zur Physio- und Psychotherapie.

Digitale Gesundheitsanwendungen können dabei auch den individuellen Lebensumständen Leistungsberechtigter und/oder strukturellen Besonderheiten Rechnung tragen, indem sie in Bereichen und Situationen ansetzen, in denen eine unmittelbare Kommunikation in Präsenz der Kommunikationspartner (Patienten, Therapeuten, Ärzte) nicht zwingend erforderlich oder nur eingeschränkt möglich ist.

Der Einsatz digitaler Gesundheitsanwendungen kommt je nach Rehabilitationskonzept regelmäßig nur unterstützend (für einzelne Stunden, gegebenenfalls auch für ganze Tage oder Wochen) in Betracht, nicht jedoch ausschließlich als Rehabilitationsleistung.

Belastungserprobung und Arbeitstherapie (§ 42 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX)

Die Belastungserprobung kann in Fällen besonders schwerer Schädigungsfolgen, insbesondere bei psychisch Kranken, in Betracht kommen. Sie dient der Klärung der Leistungsfähigkeit in körperlicher, geistiger und psychischer Hinsicht.

Durch eine Arbeitstherapie wird die Belastbarkeit, insbesondere in Bezug auf das Berufsleben, überprüft.

Diese Leistungen werden von der Rentenversicherung erbracht, wenn sie Bestandteil der stationären oder ganztägig ambulanten medizinischen Rehabilitation sind, das heißt, sie müssen während einer vom Rentenversicherungsträger bewilligten medizinischen Rehabilitation durchgeführt werden.

Hiervon abzugrenzen sind die Maßnahmen zur Abklärung der beruflichen Eignung und die Arbeitserprobungen nach § 49 Abs. 4 SGB IX, die selbst keine Leistungen zur Teilhabe, sondern dem Verwaltungsverfahren zur Leistungsauswahl im Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuzuordnen sind.

Medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen (§ 42 Abs. 3 SGB IX)

Zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gehören auch psychosoziale Leistungen, soweit diese im Einzelfall erforderlich sind, um die in § 42 Abs. 1 SGB IX genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern. Sie dienen vor allem der Erhaltung und Förderung alltagspraktischer, kognitiver und sozialer Fertigkeiten sowie der Unterstützung bei der psychischen Bewältigung einer Erkrankung. Damit soll insbesondere die Eigenverantwortung und die Selbstbestimmung der Rehabilitanden gefördert werden.

Auch diese Leistungen werden durch die Rentenversicherung nicht als eigenständige (isolierte) Leistungen erbracht, sondern als konzeptioneller Bestandteil einer medizinischen Rehabilitation (zum Beispiel bei der Rehabilitation von psychisch Kranken oder Abhängigkeitskranken).

Für die soziale Rehabilitation (zum Beispiel die Unterbringung in therapeutischen Wohngemeinschaften und soziotherapeutischen Einrichtungen, die ambulante therapeutische Einzelbetreuung sowie die Langzeitunterbringung in Wohnheimen oder geschlossenen Einrichtungen) sind ausschließlich die Sozialhilfeträger im Rahmen des SGB XII zuständig.

Besonderheiten

Die medizinische Rehabilitation im eigentlichen Sinne kann im Einzelfall durch besondere Leistungsbestandteile beziehungsweise Leistungsarten und -konzepte sowie Zugangsoptionen ausgestaltet sein.

Anschlussrehabilitation (AHB)

Die Anschlussrehabilitation ist eine ganztägig ambulante oder stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB VI, deren Besonderheit darin besteht, dass sie sich unmittelbar oder in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang an eine stationäre Krankenhausbehandlung anschließt und nach besonderen Vorgaben der Rentenversicherungsträger (Schnell- beziehungsweise Direkteinleitungsverfahren) und der beteiligten gesetzlichen Krankenkassen eingeleitet und in ausgewählten Rehabilitationseinrichtungen durchgeführt wird.

Ziel der AHB im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der vorhergehenden Krankenhausbehandlung ist es, beeinträchtigte oder verlorengegangene körperliche beziehungsweise organbezogene Funktionen und Fähigkeiten wiederherzustellen oder zu kompensieren, um den Belastungen und Erfordernissen des Alltags und des Berufslebens begegnen zu können und eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Mit dieser Zielsetzung kann die AHB auch der Vermeidung und Minderung von Pflegebedürftigkeit dienen.

Sie kommt zu Lasten der Rentenversicherung nur bei bestimmten Erkrankungen in Betracht. Bei onkologischen Erkrankungen kann die Rehabilitation auch dann durch die Rentenversicherung durchgeführt werden, wenn eine wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 10 SGB VI nicht zu erwarten ist. In diesem Fall wird die Leistung nicht nach § 15 Abs. 1 SGB VI, sondern nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erbracht. Siehe auch GRA zu § 31 SGB VI.

Voraussetzungen

Für die Qualifizierung einer beantragten Rehabilitation als AHB und deren Leistungserbringung gelten die folgenden Voraussetzungen:

  • Indikation

    Die den aktuellen Leistungsfall betreffende Diagnose muss in der AHB-Indikationsliste enthalten sein (siehe Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung > Suchbegriff: Indikationskatalog AHB).

  • Rehabilitationsbedürftigkeit

    Für das AHB-Verfahren muss vom medizinischen Dienst des Krankenhauses geprüft werden, ob eine stationäre oder eine ganztägig ambulante Rehabilitation in einer durch den Rentenversicherungsträger anerkannten AHB-Rehabilitationseinrichtung erforderlich ist oder ob eine ambulante Krankenbehandlung zu Lasten der Krankenkasse ausreicht. Leistungen zur Frührehabilitation nach § 39 Abs. 1 SGB V müssen im Krankenhaus zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden.

  • Rehabilitationsfähigkeit

    Der Patient muss

    • frühmobilisiert, insbesondere in der Lage sein, ohne fremde Hilfe zu essen, sich zu waschen und auf Stationsebene zu bewegen (beachte Besonderheit bei Indikationsgruppe 10 - Neurologische Krankheiten),
    • für effektive rehabilitative Leistungen ausreichend belastbar sein,
    • motiviert und aufgrund seiner geistigen Aufnahmefähigkeit und psychischen Verfassung in der Lage sein, aktiv bei der Rehabilitation mitzuwirken.

    Patienten, die den besonderen Anforderungen an die Rehabilitationsfähigkeit für eine AHB wegen andauernder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderungen nicht gewachsen sind, kommen für eine AHB nicht in Betracht. Eine Kontraindikation für die Einleitung und Durchführung einer AHB kann sich im Einzelfall auch ergeben, wenn schwerwiegende Begleiterkrankungen vorliegen. In diesen Fällen ist in der Regel davon auszugehen, dass Rehabilitationsfähigkeit nicht gegeben oder diese zumindest so weit eingeschränkt ist, dass eine erfolgreiche Rehabilitation in Frage gestellt ist.

  • Unmittelbarkeit

    Grundsätzlich muss die Aufnahme in die Rehabilitationseinrichtung unverzüglich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen. Der enge zeitliche Zusammenhang ist grundsätzlich bei einem Zeitraum von bis zu 14 Tagen zwischen Ende der Krankenhausbehandlung und Beginn der AHB gewahrt, beispielsweise, wenn die AHB vom Krankenhaus bereits eingeleitet worden ist, der Patient jedoch mit ärztlicher Genehmigung bis zum Beginn der AHB zunächst aus der stationären Behandlung nach Hause entlassen wird. Darüber hinausgehende Zeiträume für die Verlegung sind einzelfallabhängig zu beurteilen und erstrecken sich insbesondere auf Sachverhalte, die der Betroffene nicht selbst zu vertreten hat:

    Medizinische Gründe sind zum Beispiel die individuellen Zustände

    • nach Wirbelsäulen- oder Gelenkoperationen,
    • nach komplizierten Frakturen,
    • bei bestimmten Herzerkrankungen, wenn noch andere Therapiemaßnahmen durchgeführt werden sollen (zum Beispiel eine Koronar-Angiographie),
    • bei onkologischen Erkrankungen in Abhängigkeit von den im Rahmen der Primärbehandlung durchgeführten Therapiemaßnahmen (Chemotherapie, Bestrahlung).

    Soweit es in der jeweiligen Indikation aus medizinischer Sicht eine optimale Karenz zwischen Operation beziehungsweise Akut-Ereignis und Beginn der AHB gibt, ist dieses Intervall möglich.

    Als sonstige Gründe zählen zum Beispiel:

    • aufgrund fehlender Kapazitäten in der Reha-Einrichtung keine frühere Aufnahme möglich,
    • der Tod oder die lebensbedrohende Erkrankung des Ehegatten beziehungsweise Lebenspartners, der Kinder, der Eltern, der Schwiegereltern, der Geschwister oder des Haushaltsführers.

    Entscheidend ist, dass die Zwischenphase sich in einem angemessenen Rahmen hält.

Beachte:

Wird die Leistung zur medizinischen Rehabilitation aus anderen, privaten Gründen (Urlaubsreise et cetera) nicht innerhalb von 14 Tagen begonnen, ist das Kriterium der Unmittelbarkeit nicht gewahrt. Im Hinblick auf die Zuzahlung siehe hierzu GRA zu § 32 SGB VI, Abschnitte 3 und 3.1.

Kosten für Begleitpersonen

Bei der Durchführung der AHB für einen Versicherten kann aus medizinischen Gründen die Mitaufnahme einer Begleitperson erforderlich sein. In solchen Fällen werden die Aufenthaltskosten auch für die Begleitperson übernommen. Siehe auch GRA zu § 73 SGB IX.

Medizinisch-berufliche Rehabilitation (sogenannte Phase II)

Die medizinisch-berufliche Rehabilitation soll dazu beitragen, bei längerfristig und schwer Erkrankten durch eine umfassende medizinische und therapeutische Behandlung die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erleichtern. Es handelt sich um Personen mit speziellen Krankheitsbildern oder Behinderungen, wie zum Beispiel neurologischen und psychischen Erkrankungen, Schädel-Hirn-Verletzungen, Querschnittslähmungen, Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates, Herz-Kreislauferkrankungen sowie Stoffwechselerkrankungen.

Die Leistungen werden in speziellen Rehabilitationseinrichtungen (sogenannten Einrichtungen der Phase II) erbracht, die zu einer Bundesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen sind. Diese Einrichtungen dienen der Überbrückung zwischen Akutbehandlung beziehungsweise Erstversorgung (Phase I) und beruflicher Rehabilitation (Phase III).

So umfassen die in den Einrichtungen der Phase II durchgeführten Leistungen neben der rehabilitationsmedizinischen Versorgung gegebenenfalls auch Belastungserprobung, Arbeitstherapie und begleitende berufsvorbereitende Maßnahmen. Das je nach Art und Schwere der Behinderung frühestmögliche vorberufliche Training steht im engen Wechselspiel mit den weiterhin notwendigen medizinischen und rehabilitationstherapeutischen Leistungen. Hiermit soll es den Betroffenen erleichtert werden, sich schrittweise wieder an eine bestimmte körperliche Belastung in der bisherigen oder einer artverwandten beruflichen Tätigkeit zu gewöhnen beziehungsweise sich erforderlichenfalls auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten. Im Verlauf der Leistungen der Phase II ergibt sich dadurch eine Schwerpunktverlagerung der Rehabilitationsinhalte von der medizinisch-therapeutischen Betreuung hin zur Berufsvorbereitung.

Die medizinisch-berufliche Rehabilitation ist nach ihrer Charakteristik eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§ 15 Abs. 1 SGB VI), an die sich je nach ihrem Verlauf und der Prognose zur Entwicklung der Erwerbsfähigkeit eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI in Verbindung mit §§ 49 ff. SGB IX) anschließen kann. Sie steht nicht in Verbindung mit der namentlich ähnlichen medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR).

Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR)

Die medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation ist eine besondere Form der medizinischen Rehabilitation (§ 15 Abs. 1 SGB VI), die sich in Diagnostik und Therapie auf die Bedingungen des (aktuellen oder angestrebten) Arbeitsplatzes der Rehabilitanden konzentriert und damit explizit deren jeweilige berufliche Situation berücksichtigt.

Es handelt sich um eine diagnostische und therapeutische Erweiterung der herkömmlichen medizinischen Rehabilitation, die mit zusätzlichen berufsbezogenen Maßnahmen (beispielsweise Arbeitsplatztrainings, Belastungserprobungen und berufsbezogenen Gruppenangeboten) eine Steigerung der Reintegrationschancen anstrebt. Vor allem Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL), bei denen eine Verbesserung der physischen Fähigkeiten und des allgemeinen Gesundheitsverhaltens nicht ausreichend ist, können von dieser Leistungsform profitieren.

Die MBOR steht dabei nicht in Verbindung mit der namentlich ähnlichen medizinisch-beruflichen Rehabilitation (Phase II) oder mit den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Phase III).

Verhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation (VOR)

Die verhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation ist ein spezifisches Angebot für Rehabilitanden mit psychischer Komorbidität sowie Problemen bei der Krankheitsbewältigung. Dabei handelt es sich um Versicherte, die von einem Gruppenangebot profitieren können, um sowohl ihre somatischen als auch ihre psychischen Funktionseinschränkungen abzubauen.
Eine Indikation für die VOR kann gegeben sein, wenn eine gravierende Funktionseinschränkung in einem rehabilitationsrelevanten somatischen Indikationsbereich im Vordergrund steht und diese von einer wesentlichen psychischen Komponente begleitet wird.

Eine VOR ist nicht geeignet bei

  • einer im Vordergrund stehenden psychischen Störung (dann eher psychosomatisch-psychotherapeutische Rehabilitation) oder
  • einer reha-relevanten somatischen Funktionsstörung mit besonderer beruflicher Problemlage ohne psychische Komorbidität (dann eher MBOR). Liegen sowohl besondere berufliche Problemlagen als auch psychische Komorbidität vor, empfiehlt sich eine Rehabilitation in einer Einrichtung, die sowohl medizinisch-beruflich als auch verhaltensmedizinisch orientiert ist.

Der VOR liegen ein Rahmenkonzept und ein Anforderungsprofil der Rentenversicherung zur inhaltlichen, strukturellen und personellen Ausgestaltung der VOR zugrunde.

Rehabilitation psychisch Kranker (RPK)

Die besondere Leistungskonzeption der Rehabilitation psychisch Kranker kommt für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen beziehungsweise ausgeprägten Schädigungen (einschließlich psychischer Funktionen) und daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Aktivitäten und der Teilhabe in Betracht. Sie stellt keine rein medizinische Rehabilitation dar, sondern eine Kombination aus Elementen der medizinischen und der beruflichen Rehabilitation, die unmittelbar aufeinanderfolgen beziehungsweise ineinandergreifen. Die sozialmedizinische Indikation für eine RPK ergibt sich demnach insbesondere aus der zusammenfassenden Analyse und Bewertung vorliegender Beeinträchtigungen mit Blick auf kontext-bezogene Zielsetzungen, wie zum Beispiel berufs-, umwelt- und personenbezogene Aspekte (bio-psycho-soziales Gesundheitsmodell).

Der medizinisch geprägte Bestandteil einer RPK ist nach seiner Leistungscharakteristik der medizinischen Rehabilitation zuzuordnen, der (in der Regel nachfolgende) beruflich geprägte Bestandteil den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Zur Verbesserung der Behandlung psychisch Kranker haben die Spitzenverbände der beteiligten Rehabilitationsträger (Arbeitsverwaltung, Krankenversicherung und Rentenversicherung) auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) eine Empfehlungsvereinbarung geschlossen (RPK-Empfehlungsvereinbarung vom 01.08.2024), die unter anderem zum Indikationsbereich und zu den Zuständigkeiten der Leistungsträger (und den Voraussetzungen für Zuständigkeitswechsel), zu den dabei zu berücksichtigenden Verfahrensabläufen sowie zu den Anforderungen an die RPK-Einrichtungen ausführt. Sie löst die bisherige RPK-Empfehlungsvereinbarung vom 29.09.2005 ab.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Phase C bei neurologischen Erkrankungen

Die neurologische Rehabilitation der Phase C ist leistungsrechtlich der stationären Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung nach § 40 Abs. 2 SGB V beziehungsweise § 15 SGB VI zuzuordnen. Sie folgt unmittelbar auf die Phasen A (Akutbehandlung im Krankenhaus) und B (sogenannte Frührehabilitation, § 39 SGB V, ebenfalls im Krankenhaus) und kann anschließend in die reguläre medizinische Rehabilitation der Phase D übergehen. Dabei fallen die Phasen A und B üblicherweise in die Leistungsverantwortung von gesetzlicher Krankenversicherung und gesetzlicher Unfallversicherung in ihrer Eigenschaft als Träger der Krankenversorgung. Erst die daran anschließenden Phasen C, D und E sind dem Leistungsgeschehen der Rehabilitation und damit den Leistungsträgern in ihrer Eigenschaft als Rehabilitationsträger (Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung) zugeordnet.

Im Gegensatz zur Frührehabilitation (Phase B) kann der Betreute in der Phase C in der Therapie bereits aktiv mitarbeiten, muss aber noch mit hohem pflegerischem Aufwand betreut werden.

Die Zuständigkeit für die Phase C in der Abgrenzung zwischen Krankenversicherung und Rentenversicherung richtet sich im Einzelfall nach den auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) abgestimmten "Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C" vom 02.11.1995.

So erteilt zunächst die gesetzliche Krankenversicherung für die Phase C eine vorläufige Kostenzusage für mindestens 4 Wochen. Ein Wechsel der Kostenträgerschaft hin zur Rentenversicherung kommt in Betracht, wenn bis spätestens 10 Tage nach Rehabilitationsbeginn im Rahmen einer sozialmedizinischen Begutachtung ein neurologisches Reha-Assessment durchgeführt wurde, welches eine positive Erwerbsprognose bestätigt. In diesem Fall übernimmt die gesetzliche Rentenversicherung die Kosten für die Rehabilitation in der Phase C (einschließlich des bereits zurückliegenden Begutachtungszeitraumes für das neurologische Reha-Assessment), sofern die weiteren gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen gegeben sind und keine Ausschlussgründe vorliegen, siehe Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation in den Phasen B und C vom 02.11.1995, dort: Anlage 3 (- Anwendungshinweis zur leistungsrechtlichen Zuordnung der Phase C).

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei Tuberkulose (Tbc)

Während die Behandlung einer offenen (das heißt ansteckungsfähigen) Tuberkulose keiner Rehabilitationsleistung, sondern der akutmedizinischen Versorgung in Form einer stationären Krankenhausbehandlung bedarf (Leistung der Krankenbehandlung durch die Krankenversicherung), kann sich bei Vorliegen einer geschlossenen (das heißt derzeit nicht ansteckenden) Tbc-Erkrankung ein Rehabilitationsbedarf im Sinne des § 10 SGB VI ergeben.

Dies kann der Fall sein, wenn die Tbc als Nebendiagnose vorliegt oder wenn als Folge der Tbc-Erkrankung schwere (insbesondere pulmonale) Funktionseinschränkungen bestehen.

Das Vorliegen einer geschlossenen Tbc-Erkrankung für sich allein begründet dagegen regelmäßig keinen Reha-Bedarf nach § 10 SGB VI.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen

Eine konkret auf Abhängigkeitserkrankungen gerichtete medizinische Rehabilitation kommt durch die gesetzliche Rentenversicherung bei Vorliegen einer stoffgebundenen Abhängigkeit wie Alkohol-, Medikamenten- und/oder Drogenabhängigkeit oder einer nichtstoffgebundenen Abhängigkeit wie dem "Pathologischen Glücksspielen" und dem "Pathologischen Computer- und Internetgebrauch" (siehe hierzu Abschnitte 5.9 und 5.10) in Betracht.

Der medizinischen Rehabilitation bei Abhängigkeiten (sogenannte Entwöhnungsbehandlung beziehungsweise Suchtrehabilitation) geht bei stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen die Entzugsbehandlung beziehungsweise Entgiftung als Leistung der Krankenbehandlung voraus.

Beide Leistungen (erstens Entgiftung; zweitens Entwöhnung) stehen dabei in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, sie werden in Form einer Leistungskette jedoch durch unterschiedliche Leistungsträger erbracht (Krankenversicherung: Entgiftung im Rahmen der Krankenbehandlung; Rentenversicherung: Entwöhnung im Rahmen der medizinischen Rehabilitation).

Zur Leistungsabgrenzung und zur Zusammenarbeit in den betreffenden Fällen haben gesetzliche Krankenversicherung und gesetzliche Rentenversicherung die Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen vom 04.05.2001 geschlossen. Siehe hierzu auch GRA zu § 13 SGB VI, Abschnitt 3.1.

Diese Vereinbarung bildet auch die Grundlage für die Vergütung der ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker. Die zur Vereinbarung verfassten Anlage 1 und Anlage 2 legen die Anforderungen an die ambulanten und stationären Einrichtungen fest. In der Anlage 3 zur Vereinbarung sind Kriterien für die Durchführung der Rehabilitation in ambulanter oder stationärer Form aufgeführt. Die Anlage 4 zur Vereinbarung und deren Ergänzende Hinweise enthalten Entscheidungshilfen für die medizinische Rehabilitation Drogenabhängiger.

Rehabilitationsziele

Nach der Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen" ist es Ziel von Leistungen zur Rehabilitation abhängigkeitskranker Menschen, die Betroffenen zur gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu befähigen. Dazu gehören

  • Erreichen und Erhalten von Abstinenz,
  • Beheben oder Ausgleich körperlicher und seelischer Störungen,
  • möglichst dauerhafte Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft.

Hierzu eröffnen die Empfehlungen zur Stärkung des Erwerbsbezugs Möglichkeiten einer an den individuellen Teilhabebedarfen orientierten, zielgerichteten Förderung der Rehabilitanden.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Für eine medizinische Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen müssen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erfüllt sein. Dabei ist für die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI bei einer manifesten Abhängigkeitserkrankung und erfüllter allgemeiner Wartezeit stets vom Vorliegen oder Drohen verminderter Erwerbsfähigkeit auszugehen.

Hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen für die Rehabilitation gelten § 10 SGB VI sowie die Regelungen der Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen".

Die Antragstellung erfolgt in der Regel über eine Suchtberatungsstelle oder eine Fachambulanz für Suchtkranke, einen Kliniksozialdienst, ein Gesundheitsamt oder den betrieblichen Sozialdienst. Dabei soll sich die Rehabilitation möglichst nahtlos an eine gegebenenfalls erforderliche Entzugsbehandlung beziehungsweise Entgiftung anschließen.

Eine fachgerechte medizinische Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen erfordert in aller Regel die Beteiligung von Bezugspersonen des Rehabilitanden in Form von Angehörigen-/Partnerseminaren. Wegen der Bedeutung für den Therapieerfolg sind solche Veranstaltungen therapeutischer Bestandteil der Leistungen. In diesem Zusammenhang entstehende notwendige Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten werden in entsprechender Anwendung der allgemeinen Regelungen erstattet, siehe GRA zu § 73 SGB IX.

Für abhängigkeitskranke Kinder und Jugendliche kann eine Rehabilitation im Rahmen des § 15a SGB VI in Betracht kommen.

Leistungsausschluss bei Inhaftierten

Für Versicherte, die sich in Untersuchungshaft oder im Vollzug einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befinden oder einstweilig nach § 126a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) untergebracht sind, sind Leistungen zur Teilhabe durch die Rentenversicherung nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI gesetzlich ausgeschlossen.

Ausnahmen stellen § 35 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung dar, die einen nahtlosen Übergang aus der Haft in die Rehabilitation ermöglichen soll.

Siehe GRA zu § 12 SGB VI, Abschnitt 7.

Leistungsformen und Bewilligungsdauern in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker können stationär, ganztägig ambulant oder ambulant durchgeführt werden. Auch eine Kombination beziehungsweise ein Wechsel der verschiedenen Behandlungsformen ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Siehe Abschnitte 5.8.4.1, 5.8.4.2, 5.8.4.3 und 5.8.4.4.

Die Bewilligungsdauern sind - wie nachfolgend dargestellt - ab 01.07.2023 rentenversicherungsweit vereinheitlicht worden (FAL 4/2022, TOP 9).

Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit
LeistungsformBewilligungsdauer in Wochen
Stationäre Regelbehandlung13
Stationäre Kurzzeitbehandlung8
Ganztägig ambulante Regelbehandlung12
Ganztägig ambulante Kurzzeitbehandlung8
Adaption12
Drogenabhängigkeit
LeistungsformBewilligungsdauer in Wochen
Stationäre Regelbehandlung22
Stationäre Kurzzeitbehandlung13
Ganztägig ambulante Regelbehandlung18
Ganztägig ambulante Kurzzeitbehandlung11
Adaption14
Pathologisches Glücksspiel und Pathologischer Computer- und Internetgebrauch (ohne stoffgebundene Abhängigkeit)
LeistungsformBewilligungsdauer in Wochen
Stationäre und ganztägig ambulante Rehabilitation10
Stationäre medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker

Die stationäre Rehabilitation kommt für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen in Betracht, wenn die Abhängigkeitserkrankung ambulant oder ganztägig ambulant nicht erfolgreich behandelt werden kann und eine Entzugsbehandlung nicht erforderlich oder bereits durchgeführt ist.

Je nach individueller Bedarfslage werden unterschiedliche Behandlungsangebote vorgehalten. Bei Bedarf kann sich eine Adaptionsphase anschließen, siehe Abschnitt 5.8.5.

Im Falle eines Rückfallgeschehens kann eine erneute Rehabilitation mit kürzerer Behandlungsdauer in Betracht kommen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch von vornherein eine Kurzzeitbehandlung möglich.

Bei der Kurzzeitbehandlung handelt es sich um eine verkürzte Form der stationären oder ganztägig ambulanten Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen. Eine Kurzzeitbehandlung kann in Betracht kommen bei Rehabilitanden mit erhaltenem und stabilem sozialem Umfeld (gegebenenfalls auch erhaltenem Arbeitsplatz) sowie bei Rehabilitanden, bei denen die Anamnese beziehungsweise die Entwicklung der Abhängigkeitserkrankung die Prognose zulässt, dass eine Kurzzeitbehandlung zum Erreichen einer stabilen Abstinenz ausreichend ist.

Ganztägig ambulante medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker

Bei der ganztägig ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker befindet sich der Rehabilitand tagsüber 6 bis 8 Stunden in der Rehabilitationseinrichtung. Dabei sind die Abende und - je nach Einrichtungskonzept - meist auch die Wochenenden therapiefrei. Im Wesentlichen entspricht das ganztägig ambulante Therapieangebot also dem einer stationären Rehabilitationsleistung. Es kommt in Betracht, wenn der Rehabilitand nicht (mehr) auf den stützenden, strukturierten Rahmen der Einrichtung abends und am Wochenende angewiesen ist.

Für entsprechend geeignete Rehabilitanden bleibt damit einerseits der unmittelbare Bezug zum familiären und sozialen Umfeld durch die Einbindung beispielsweise von Angehörigen, Arbeitgebern, Betriebsärzten, niedergelassenen Ärzten, Psychotherapeuten und Suchtberatungsstellen erhalten, andererseits steht aber auch das komplexe und intensive Angebot einer stationären Rehabilitationseinrichtung (jedoch ohne Unterbringung und Vollverpflegung) zur Verfügung.

Die ganztägig ambulante Rehabilitation erfordert daher aufgrund ihres differenzierten Behandlungsansatzes spezifische Indikations- und Zuweisungskriterien, die im Gemeinsamen Rahmenkonzept der Deutschen Rentenversicherung und der Gesetzlichen Krankenversicherung zur ganztägig ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 18.08.2011 dargestellt sind.

Ambulante medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker

Die Leistungen zur ambulanten Rehabilitation kommen für Abhängigkeitskranke in Betracht, die aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufes oder ihrer sozialen Situation einer stationären oder ganztägig ambulanten Rehabilitation nicht bedürfen. Die ambulanten Leistungen werden in Wohnortnähe erbracht, wodurch die Rehabilitanden im beruflichen und sozialen Umfeld verbleiben und dies therapeutisch genutzt werden kann. Siehe auch Gemeinsames Rahmenkonzept der Deutschen Rentenversicherung und der Gesetzlichen Krankenversicherung zur ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 03.12.2008 und die hierzu ergangenen Ergänzenden Hinweise vom 20. Mai 2020.

In einem Zeitraum von bis zu 12 Monaten werden bis zu 80 Therapieeinheiten (Gruppen- oder Einzeltherapie) sowie bis zu 8 Therapieeinheiten für Bezugspersonen des Abhängigkeitskranken durchgeführt.

In der Regel erfolgt zunächst die Bewilligung von 40 Therapieeinheiten (Gruppen- oder Einzeltherapie) sowie 4 Therapieeinheiten für Bezugspersonen für 6 Monate. Je nach Konzept einzelner Rehabilitationseinrichtungen beziehungsweise nach Maßgabe einzelner Rentenversicherungsträger sind Abweichungen möglich. Maximal können 120 Therapieeinheiten (Gruppen- oder Einzeltherapie) plus 12 Therapieeinheiten für Bezugspersonen für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten bewilligt werden.

Pro 40 Therapieeinheiten können zudem bis zu 10 Therapieeinheiten für arbeitsbezogene Interventionen durchgeführt werden. Siehe auch Hinweise der Deutschen Rentenversicherung zu arbeitsbezogenen Interventionen in der ambulanten medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker.

Ein therapeutisches Einzelgespräch soll grundsätzlich 50 Minuten, ein therapeutisches Gruppengespräch grundsätzlich 100 Minuten dauern.

Die Durchführung der ambulanten Rehabilitationsleistung erfolgt in von den Rehabilitationsträgern anerkannten Rehabilitationseinrichtungen. Dabei handelt es sich vorwiegend um ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen.

Kombinationsbehandlung in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker

Die Kombinationsbehandlung setzt sich aus verschiedenen Rehabilitationsphasen (stationär, ganztägig ambulant, ambulant) zusammen und muss vor Beginn der Rehabilitation bewilligt werden. In der Regel erfolgt im Anschluss an eine stationäre oder ganztägig ambulante Rehabilitationsphase eine Fortführung in ambulanter Form.

Die erste stationäre/ganztägig ambulante Phase dauert in der Regel 8 Wochen (Alkohol-/ Medikamentenabhängigkeit) beziehungsweise 16 Wochen (Drogenabhängigkeit). Die ambulante Phase beinhaltet bei Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigkeit in der Regel 40 Therapieeinheiten (Gruppen- oder Einzeltherapie) plus 4 Therapieeinheiten für Bezugspersonen über einen Zeitraum von 6 Monaten.

Siehe auch Gemeinsames Rahmenkonzept zur Kombinationsbehandlung in der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 14.11.2014.

Wechsel der Leistungsform

Neben der von vornherein festgelegten Kombinationsbehandlung (siehe Abschnitt 5.8.4.4) kann aus Gründen der Flexibilität und Passgenauigkeit auch nach Antritt einer Rehabilitation unter bestimmten Voraussetzungen ein Wechsel der Behandlungsform erfolgen. Siehe Abschnitte 5.8.4.5.1, 5.8.4.5.2 und 5.8.4.5.3.

Ganztägig ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit Verkürzung der vorherigen stationären Phase

Bei der ganztägig ambulanten Fortführung der Entwöhnungsbehandlung besteht die Möglichkeit, eine stationär begonnene Leistung zur medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker in einer wohnortnahen und vom zuständigen Rehabilitationsträger zugelassenen, ganztägig ambulanten Einrichtung weiterzuführen. Die Fortführung geht mit einer Verkürzung der stationären Phase einher und muss spätestens 4 Wochen vor dem ursprünglich für die stationäre Rehabilitation geplanten Entlassungstermin begonnen werden, wobei ein nahtloser Übergang zwischen stationärer und ganztägig ambulanter Rehabilitation sichergestellt sein muss.

Siehe auch Rahmenbedingungen für die ganztägig ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit Verkürzung der vorherigen stationären Phase.

Ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit Verkürzung der vorherigen Phase

Ein Wechsel in die ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung geht in der Regel mit einer Verkürzung der vorherigen (stationären oder ganztägig ambulanten) Phase einher: er muss bis zum Ablauf von 8 Wochen (bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit) beziehungsweise bis zum Ablauf von 16 Wochen (bei Drogenabhängigkeit) erfolgen und innerhalb einer Woche nach der Entlassung aus der stationären/ganztägig ambulanten Phase abgeschlossen sein.

Es werden in der Regel 40 Therapieeinheiten (plus 4 für Bezugspersonen) in einem Zeitraum von 26 Wochen durchgeführt.

Siehe auch Rahmenbedingungen für die ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung mit Verkürzung der vorherigen Phase.

Ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung ohne Verkürzung der vorherigen Phase

Die ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung kann im Einzelfall auch ohne eine Verkürzung der vorherigen (stationären oder ganztägig ambulanten) Phase in Betracht kommen, wenn sich im Rahmen der stationären oder ganztägig ambulanten Rehabilitation Veränderungen oder neue Erkenntnisse ergeben, die nach deren Ende bei erkennbar hoher Rückfallgefährdung eine fortgesetzte therapeutische Unterstützung im ambulanten Bereich erforderlich machen.

Siehe auch Rahmenbedingungen für die ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung ohne Verkürzung der vorherigen Phase.

Adaption

Bei Abhängigkeitskranken kann es erforderlich sein, im unmittelbaren Anschluss an die stationäre Phase unter realen Alltagsbedingungen zu erproben, ob der Rehabilitand den Anforderungen des Erwerbslebens und der eigenverantwortlichen Lebensführung gewachsen ist. Integraler Bestandteil der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker kann daher eine Phase der Öffnung nach außen, der Erprobung der Therapieergebnisse und der Hinführung auf einen Entwicklungsstand, der den Rehabilitanden in die Lage versetzt, sich eigenständig im Erwerbsleben und im Alltag zu behaupten, sein (sogenannte Adaptionsphase).

Im Rahmen der Adaptionsphase erfolgt in der Regel eine externe Arbeitserprobung oder ein Betriebspraktikum als zentraler Bestandteil der Rehabilitation (siehe auch GRA zu § 73 SGB IX).

Die Adaptionsphase wird entweder in derselben Einrichtung durchgeführt, in der die Rehabilitation stattfindet (interne Adaption), oder sie findet in einer Einrichtung statt, die speziell der Durchführung der Adaptionsphase dient (externe Adaption).

Siehe auch Verfahrensabsprache der Spitzenverbände der Kranken- und Rentenversicherungsträger zur Adaptionsphase bei Abhängigkeitskranken vom 08.03.1994 sowie das Rahmenkonzept der Deutschen Rentenversicherung zur Adaption in der medizinischen Rehabilitation abhängigkeitskranker Menschen vom 27.03.2019.

Nachsorgeleistungen für Abhängigkeitskranke

Bei der ambulant erbrachten Nachsorge im Anschluss an eine medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker handelt es sich um eine Leistung nach § 17 SGB VI. Siehe GRA zu § 17 SGB VI.

Zuständigkeitswechsel während einer medizinischen Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen

Ändert sich im Laufe einer medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker die Erwerbsprognose, und wird somit ein anderer Rehabilitationsträger (RV, KV) zuständig, finden grundsätzlich die Festlegungen der zwischen RV und KV geschlossenen Vereinbarung zum Verfahren bei Zuständigkeitswechsel während einer Entwöhnungsbehandlung vom 01.09.2006 Anwendung.

Beachte:

Da der AOK-Bundesverband dieser Vereinbarung nicht beigetreten ist, ist sie bei Beteiligung einer AOK nicht anzuwenden. Ein Zuständigkeitswechsel findet in diesen Fällen nicht statt. Eine Ausnahme bildet hier jedoch die AOK Plus, mit der eine gleichlautende Vereinbarung geschlossen wurde.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei Pathologischem Glücksspielen

Das Pathologische Glücksspielen ist nach den Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger für die medizinische Rehabilitation bei Pathologischem Glücksspielen vom März 2001 als eigenständiges Krankheitsbild innerhalb der psychischen Störungen anzusehen.

Das Pathologische Glücksspielen ist aufgrund der ICD-10 derzeit den psychosomatischen Erkrankungen zugeordnet (ICD-10 F63.0, künftig nach der ICD-11 6C50 – gambling disorder).

Mit Blick auf die durch die ICD-11 vorgesehenen Änderungen sieht die Rentenversicherung das Pathologische Glücksspielen bei Erwachsenen nunmehr als Maßnahmeart der Abhängigkeitserkrankungen an.

Eine stationäre oder ganztägig ambulante Rehabilitation erfolgt in spezialisierten Fachabteilungen, in denen kontinuierlich eine eigene Bezugsgruppe für Rehabilitanden bei Pathologischem Glücksspielen beziehungsweise Pathologischem Computer- und Internetgebrauch vorgehalten wird. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine ambulante Rehabilitation möglich.

Liegt eine zusätzliche stoffgebundene Abhängigkeitserkrankung vor, stellt das Pathologische Glücksspiel eine Nebendiagnose dar. Die Bewilligungsdauern richten sich dann nach den stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei Pathologischem Computer- und Internetgebrauch

Im Bereich der Rentenversicherung ist der Pathologische Computer- und Internetgebrauch aufgrund der ICD-10 derzeit den psychosomatischen Erkrankungen zugeordnet (ICD-10 F63.8 bzw. F68.8; künftig nach der ICD-11 6C51 – gaming disorder).

Mit Blick auf die durch die ICD-11 vorgesehenen Änderungen sieht die Rentenversicherung den Pathologischen Computer- und Internetgebrauch bei Erwachsenen nunmehr als Maßnahmeart der Abhängigkeitserkrankungen an.

Eine stationäre oder ganztägig ambulante Rehabilitation erfolgt in spezialisierten Fachabteilungen, in denen kontinuierlich eine eigene Bezugsgruppe für Rehabilitanden bei Pathologischem Glücksspielen beziehungsweise Pathologischem Computer- und Internetgebrauch vorgehalten wird. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine ambulante Rehabilitation möglich.

Liegt eine zusätzliche stoffgebundene Abhängigkeitserkrankung vor, richtet sich die Bewilligungsdauer nach der Hauptdiagnose.

Kostenübernahme diagnostischer Maßnahmen

Diagnostische Maßnahmen fallen grundsätzlich in das Aufgabengebiet der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 27 SGB V).

Stehen sie jedoch im Zusammenhang mit einer bereits begonnenen und von der Rentenversicherung ohne Unterbrechung durchgeführten stationären oder ambulanten Leistung zur medizinischen Rehabilitation und sind sie zur Klärung des weiteren Verlaufs der Rehabilitation unbedingt erforderlich, so können im Einzelfall die Kosten der diagnostischen Klärung übernommen werden.

Das gilt auch dann, wenn die diagnostischen Maßnahmen während der medizinischen Rehabilitation von der Rehabilitationseinrichtung veranlasst und in einem Krankenhaus oder einer anderen auswärtigen Einrichtung durchgeführt werden.

Werden sie erst nach Abschluss einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation durchgeführt, trägt die Kosten nicht der Rentenversicherungsträger, selbst wenn sich die Notwendigkeit hierzu bereits während der Rehabilitation ergeben haben sollte. Die Kostentragung fällt dann in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenkasse, die auch die therapeutischen Folgerungen aus dem Ergebnis zu ziehen hat.

 

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) vom 02.06.2021 (BGBl. I S. 1387)

Inkrafttreten: 10.06.2021

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/27400

Mit dem Teilhabestärkungsgesetz werden die Leistungsmöglichkeiten in der medizinischen Rehabilitation um digitale Gesundheitsanwendungen erweitert (Absatz 2 Nummer 6a).

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234)

Inkrafttreten: 01.01.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/9522

Das Bundesteilhabegesetz stellt im Wesentlichen eine weitreichende Überarbeitung des SGB IX dar. Die bisherigen Regelungen wurden neu geordnet und ergänzt. Neue Regelungen zur umfassenden Bedarfsfeststellung und Teilhabeplanung wurden aufgenommen.

§ 42 SGB IX neuer Fassung entspricht dabei § 26 SGB IX alter Fassung.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 42 SGB IX