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§ 13 SGB VI: Leistungsumfang

Änderungsdienst
veröffentlicht am

04.11.2024

Änderung

Abschnitt 2.1 - redaktionelle Anpassung zur Verwaltungsvereinbarung im Zusammenhang mit dem PUEG ab 01.01.2024; Abschnitt 2.2.2.1 - redaktionelle Präzisierung

Dokumentdaten
Stand21.10.2024
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (Gesetz Digitale Rentenübersicht) vom 11.02.2021 in Kraft getreten am 18.02.2021
Rechtsgrundlage

§ 13 SGB VI

Version008.00

Inhalt der Regelung

Nach Absatz 1 bestimmt der RV-Träger im Einzelfall unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie des Wunsch- und Wahlrechts (§ 8 SGB IX) Art, Dauer, Umfang, Beginn und Ort der Rehabilitationsleistungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei berücksichtigt der RV-Träger die besonderen Belange von Pflegepersonen. Die Leistungen zur Teilhabe werden auf Antrag in Form eines Persönlichen Budgets (§ 29 SGB IX) erbracht.

Absatz 2 regelt unter anderem die Leistungsabgrenzung zur Akutbehandlung, entsprechende Vereinbarungen zwischen KV und RV sind nach Absatz 3 und Absatz 4 zu schließen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Das Leistungsbestimmungsrecht der Rentenversicherungsträger wird durch das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten nach § 8 SGB IX und die Vorgaben zur Zulassung, Auswahl und Zuweisung von Rehabilitationseinrichtungen nach § 15 SGB VI beeinflusst.

Zur Leistungserbringung in Form eines Persönlichen Budgets wird auf die GRA zu § 29 SGB IX verwiesen, zur Zuständigkeitsklärung bei Anträgen auf Persönliche Budgets siehe auch GRA zu § 14 SGB IX und GRA zu § 15 SGB IX.

Zur Leistungsabgrenzung zwischen RV und KV bei interkurrenten Erkrankungen und bei Schwangerschaft und Mutterschaft haben die RV-Träger und die KV-Spitzenverbände die Vereinbarung zur Leistungsabgrenzung nach § 13 Abs. 4 SGB VI getroffen.

Leistungsauswahl und Ermessen

Leistungen zur Teilhabe werden grundsätzlich nach dem Sachleistungsprinzip erbracht: Nach § 13 Abs. 1 SGB VI entscheidet der Rentenversicherungsträger zukunftsgerichtet über das Rehabilitationsbegehren und bestimmt dabei im Einzelfall Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Dabei sind nach § 8 Abs. 1 SGB IX beziehungsweise nach § 33 SGB I berechtigte Wünsche der Leistungsberechtigten sowie deren persönliche und familiäre Lebenssituation in angemessener Form zu berücksichtigen, vergleiche GRA zu § 8 SGB IX und GRA zu § 15 SGB VI. Das Wunsch- und Wahlrecht der Rehabilitanden ist also im Rahmen der Ermessensausübung seiner Intention entsprechend zu würdigen.

Die Beurteilung, ob die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 10, 11 SGB VI) erfüllt sind und keine Ausschlussgründe (§ 12 SGB VI) vorliegen, unterliegt hingegen nicht der Ermessensausübung des RV-Trägers, sondern der uneingeschränkten Tatsachenfeststellung.

Eine nachträgliche Kostenübernahme für eine ohne Antrag oder vor Antragstellung begonnene und durchgeführte Leistung zur Teilhabe ist grundsätzlich nicht möglich; zu abweichenden Fallgestaltungen vergleiche GRA zu § 18 SGB IX.

Faktoren der Leistungsbestimmung

Die Rahmenbedingungen der Leistungsauswahl und Leistungserbringung bestimmen sich insbesondere unter Beachtung medizinischer, organisatorischer und struktureller Kriterien sowie des Wunsch- und Wahlrechts.

  • Medizinische Faktoren:
    zum Beispiel
    • Art der gesundheitlichen Einschränkungen (Hauptindikation, Begleiterkrankungen)
    • Dauer der Leistungen
    • Durchführungsart (ambulant, stationär)
    • Sonderanforderungen (zum Beispiel Barrierefreiheit)

  • Organisatorische Faktoren:
    zum Beispiel
    • Entfernung zum Wohnort
    • Auslastung der Rehabilitationseinrichtung
    • Wartezeit bis zum Beginn der Leistungen
    • Höhe des Vergütungssatzes

  • Strukturelle Faktoren:
    zum Beispiel
    • Zulassung und Vertragsverhältnis mit einem der Rentenversicherungsträger (§ 15 SGB VI, § 38 SGB IX)
    • medizinisches, therapeutisches und personelles Konzept
    • Qualität der in Betracht kommenden Reha-Einrichtungen und Reha-Leistungen
    • bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch Eignung und Neigung des Rehabilitanden sowie Bildungskonzept der Einrichtung

  • Wunsch- und Wahlrecht:
    • berechtigte Wünsche der Versicherten
    • besondere Belange von Pflegepersonen (zum Beispiel Möglichkeit der Mitaufnahme von Pflegebedürftigen)

In diesem Zusammenhang besteht ein Rechtsanspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens unter Würdigung von Wünschen, nicht auf Erfüllung jeglicher Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen. Lediglich die Nichtberücksichtigung berechtigter Wünsche macht eine Leistungsentscheidung ermessensfehlerhaft, vergleiche GRA zu § 8 SGB IX.

Die Ausübung des Ermessens bezieht sich insofern auf die Frage, welche Leistung unter welchen Bedingungen (wo, wann, wie lange, in welcher Form) geeignet und am zweckmäßigsten ist, um den angestrebten Rehabilitationserfolg zu erreichen. Art und Umfang der Leistungen orientieren sich dabei an dem Stand der Entwicklung in der Medizin und an den ärztlichen Erfahrungen.

Bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind zudem die Erkenntnisse und Erfahrungen der Berufsbildungsträger unter Beachtung der jeweiligen Arbeitsmarktsituation und Arbeitsmarktentwicklung zu berücksichtigen. Gestaltung und Auswahl der Leistungen sind insoweit nicht begrenzt. So können im Rahmen eines Teilhabeplans auch mehrere Leistungen derselben oder verschiedener Leistungsarten nacheinander oder parallel in Betracht kommen.

Soweit Pflegebedürftige ab dem 01.07.2024 nach § 42a SGB XI Anspruch auf Mitversorgung haben, wenn ihre Pflegeperson (siehe hierzu § 19 Satz 1 SGB XI) an Vorsorge- oder Rehabilitationsleistungen teilnimmt, soll auch im Bereich der gesetzlichen RV mit § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (2. Halbsatz) Pflegepersonen der Zugang zur medizinischen Rehabilitation erleichtert werden, beispielsweise indem unter bestimmten Voraussetzungen die Mitaufnahme des Pflegebedürftigen in die stationäre Rehabilitationseinrichtung der Pflegeperson ermöglicht wird. Es handelt sich um einen eigenen Leistungstatbestand im Pflegeversicherungsrecht. Eine Mitaufnahme ist nur möglich, wenn die Pflege des Pflegebedürftigen von der Reha-Einrichtung selbst sichergestellt werden kann oder wenn die Reha-Einrichtung die Pflege durch zugelassene ambulante Pflegeeinrichtungen erbringen lässt. Alternativ kann die pflegebedürftige Person in einer nahegelegenen zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtung versorgt werden, wenn die Reha-Einrichtung die Pflege nicht selbst und auch nicht unter Einbindung zugelassener ambulanter Pflegedienste erbringt. Der Leistungsanteil der pflegerischen Versorgung wird von der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen, das die Pflege-Pflichtversicherung durchführt, getragen und umfasst neben Unterkunft und Verpflegung die körperbezogenen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen, die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege sowie die gegebenenfalls betriebsnotwendigen Investitionen. Pflegebedürftige haben zudem Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Fahr- und Gepäcktransportkosten durch die Pflegekasse, die im Zusammenhang mit der Versorgung am Rehabilitationsort entstehen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund und der GKV-Spitzenverband Bund für die Pflegekassen haben hierzu die Verwaltungsvereinbarung über das Antrags- und Genehmigungsverfahren nach § 42a SGB XI vom 01.08.2024 geschlossen. So soll gewährleistet werden, dass die RV-Träger durch enge Zusammenarbeit mit den Pflegekassen bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange von Pflegepersonen berücksichtigen.

Durchführung und Dauer der Rehabilitation

Erforderliche Leistungen, deren Durchführung in speziellen Einrichtungen vorgesehen ist, können bedarfsgerecht in stationärer, ganztägig ambulanter oder ambulanter Form erbracht werden; ein grundsätzlicher Vor- oder Nachrang einer bestimmten Art der Leistungsdurchführung besteht nicht.

Die vorgesehene Dauer der Rehabilitation und erforderliche Anwesenheitszeiten ergeben sich aus den jeweiligen Therapiekonzepten und gegebenenfalls gesetzlichen Vorgaben. So sollen beispielsweise nach § 15 Abs. 3 SGB VI stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für längstens 3 Wochen erbracht werden.

Während der Rehabilitation kann sich sowohl die Notwendigkeit einer Verlängerung als auch die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Verkürzung der bewilligten Leistungen ergeben.

Sowohl Anwesenheitszeiten als auch Unterbrechungen können sich auf den (weiteren) Verlauf und den (voraussichtlichen) Erfolg der Rehabilitation auswirken und sind in die fortlaufende Beurteilung der Rehabilitationsprognose einzubeziehen. Die Auswirkungen sind nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen, vergleiche Abschnitt 2.2.2.

Anwesenheit bei ambulanter Rehabilitation

Die auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) verabschiedeten Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation bilden die Grundlage für eine Abgrenzung zu den Leistungen anderer Rehabilitationsträger. In der Regel wird die ambulante Rehabilitation der RV mit ihrem ganzheitlichen Ansatz anstelle stationärer Leistungen erbracht und ebenso ganztägig durchgeführt, wobei üblicherweise eine Therapiezeit von täglich mindestens 4 bis maximal 6 Stunden an 5 bis 6 Tagen in der Woche einzuhalten ist.

Einzelne Leistungen der ambulanten Rehabilitation können sich hiervon wegen ihrer konzeptionell bedingten, zeitlichen Flexibilisierung unterscheiden (zum Beispiel ambulante Rehabilitation für Abhängigkeitskranke). Sie finden in der Regel berufsbegleitend am Abend (cirka 1 bis 2 Stunden an wenigen Tagen der Woche) statt.

In Anlehnung an das Arbeitsrecht zählt der Rehabilitand nur dann als "nicht anwesend", wenn er an dem betreffenden Tag überhaupt nicht erscheint oder die Teilnahme gänzlich verweigert. Eine (zeitliche) Differenzierung danach, ob an dem betreffenden Tag Therapieeinheiten in überwiegendem Maße versäumt wurden oder ob das Versäumnis verhältnismäßig unbedeutend war, ist nicht vorzunehmen.

Unterbrechungstatbestände

Unterbrechungen der Leistung zur Teilhabe sind im Hinblick auf die Möglichkeiten der Fortführung der Rehabilitation in engem Kontext mit dem angestrebten Behandlungserfolg zu beurteilen. Sie können in diesem Zusammenhang unter anderem auch Auswirkungen auf den während der Leistungen grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Übergangsgeld haben.

Generell sollen Unterbrechungen (unabhängig von ihrem Anlass) sowohl bei stationären als auch bei ambulanten Leistungen nicht länger als 3 Kalendertage andauern; länger andauernde Unterbrechungen können insbesondere bei den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dazu führen, dass die Leistung mit Wirkung ab dem Tag des Unterbrechungsbeginns abzubrechen ist.

Auch wenn die Rehabilitation mehrmals für 3 Kalendertage (oder auch weniger, zum Beispiel wöchentlich 1- bis 2-mal) unterbrochen wird, ist die Frage maßgebend, inwiefern der angestrebte Behandlungserfolg dennoch erreicht werden kann. Ist die Prognose nicht mehr erfolgversprechend, so ist die Leistung abzubrechen.

Besonderheiten beziehungsweise Ausnahmen von der 3-Kalendertage-Regelung stellen die interkurrenten Erkrankungen (vergleiche Abschnitt 3.1.1), die therapiebedingten Unterbrechungen (vergleiche Abschnitt 2.2.2.2) und die Beurlaubungen in der Weihnachtszeit (vergleiche Abschnitt 2.2.2.5) dar.

Entschuldigte Fehltage ("besondere Anlässe")

"Besondere Anlässe" sind in Anlehnung an die Regelungen für Arbeitnehmer (§ 616 BGB, § 29 TVöD) zum Beispiel

  • schwere Erkrankung eines Angehörigen, der im selben Haushalt lebt
  • Niederkunft von Ehefrau oder Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes
  • Tod des Ehe- oder Lebenspartners im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes
  • Tod eines Kindes
  • Tod eines Elternteils.

Weitere Anlässe, die in Anlehnung an die Regelungen für Arbeitnehmer in Betracht kommen könnten, sind an den Umständen des Einzelfalls zu ermessen.

Unentschuldigte Fehltage

Tageweises unentschuldigtes Fehlen während der Leistungen zur Teilhabe unterbricht generell die Leistungsdurchführung und beeinflusst möglicherweise die Beurteilung des Rehabilitationsverlaufs und die weitere Rehabilitationsprognose.

Rehabilitanden, die am letzten Tag vor beziehungsweise am ersten Tag nach Feiertagen/Wochenenden unentschuldigt fernbleiben, verlängern eigenmächtig die jeweilige Freizeitphase (sogenannte Bummelei vor und nach Feiertagen).

Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles; hier ist zu differenzieren, ob unentschuldigte Fehltage im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem Wochenende oder Feiertag während der Rehabilitation einmal (und somit als Ausnahmefall) zu verzeichnen sind, oder ob solche Fehlzeiten wiederholt und vermehrt auftreten.

Im Hinblick auf das Übergangsgeld gilt jedoch, dass bei unentschuldigten Fehltagen während ganztägig ambulanter Leistungen nur für die tatsächlichen Fehltage kein Übergangsgeld zu zahlen ist, und zwar unabhängig davon, ob vor oder nach dem Fehltag ein Wochenende oder ein Feiertag liegt.

Krankheitsbedingte Unterbrechungen

Krankheitsbedingte Unterbrechungen einer (ambulanten) medizinischen Rehabilitation sind nicht zwangsläufig durch eine Krankmeldung (sogenannter gelber Schein) zu belegen, da kurzfristige Erkrankungen zwar möglicherweise zu Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne, jedoch in der Regel nicht automatisch auch zu Therapieunfähigkeit führen. Auch bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist, insbesondere im Hinblick auf die Weiterzahlung des Übergangsgeldes nach § 71 Abs. 3 SGB IX, nicht zwingend auf eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abzustellen.

Erforderlich ist eine (haus-)ärztliche Bescheinigung, dass Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigung die Teilnahme an den Leistungen verhindern.

Zu den Besonderheiten bei interkurrenten Erkrankungen während stationärer medizinischer Rehabilitation vergleiche Abschnitt 3.1.1.

Zu den durch die Rentenversicherung für die Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vergleiche Abschnitt 4.

Therapiebedingte Unterbrechungen

Unterbrechungen im Rahmen und als Teil des Therapieplans gelten als "Beurlaubungen", die von dem ärztlichen Dienst der Rehabilitationseinrichtung organisiert werden, um zum Beispiel den Behandlungsverlauf positiv zu beeinflussen. Sie können - abweichend von der 3-Kalendertage-Regelung - üblicherweise bis zu 7 Tage andauern.

Beurlaubungen in der Weihnachtszeit

Anlässlich der Weihnachtsfeiertage können unter bestimmten Voraussetzungen sogenannte Weihnachtsbeurlaubungen in Betracht kommen, sofern und soweit ein Anspruch auf Familienheimfahrt besteht. Die Zeit der Abwesenheit anlässlich der Weihnachtsfeiertage gilt jedoch jedoch nicht als Unterbrechungstatbestand.Siehe hierzu GRA zu § 73 SGB IX, Abschnitt 16.1.

Leistungsausschlüsse

In Abgrenzung zu den Leistungen der Krankenversicherung sind nach § 13 Abs. 2 SGB VI Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bei akuter Behandlungsbedürftigkeit und anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung angezeigt.

Auch Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen, kommen nicht in Betracht.

Keine Rehabilitation bei akuter Behandlungsbedürftigkeit

In der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit bedarf es fortdauernder ärztlicher Leistungen und möglicherweise der medizinisch-technischen Versorgungsstrukturen eines Krankenhauses sowie einer intensiven pflegerischen Versorgung. Erst bei Vorliegen stabiler gesundheitlicher Verhältnisse und gegebenenfalls einer abgeschlossenen Wundheilung liegt (wieder) Rehabilitationsfähigkeit im Sinne der persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI vor, die unabdingbar für eine erfolgreich verlaufende Rehabilitation ist.

Die Differenzierung, ob eine Leistung nach ihrer Charakteristik der Akut- beziehungsweise Krankenversorgung in der Zuständigkeit der Krankenversicherung (§§ 27, 39 SGB V) zuzuordnen ist, oder der medizinischen Rehabilitation im Sinne der Rentenversicherung (§§ 9, 15 SGB VI, § 42 SGB IX), richtet sich nach folgenden Grundsätzen:

Eine Leistung, die im Wesentlichen aus der aktiven und fortdauernden Einwirkung von Ärzten unter Zuhilfenahme von Heil- und Hilfsmitteln der Krankenbehandlung und/oder medizinisch-technischer Apparaturen eines Krankenhauses besteht und unter nachgeordneter Assistenz, Betreuung und Beobachtung fachlich geschulten Pflegepersonals regelmäßig darauf gerichtet ist, eine Krankheit zu bekämpfen und einen Gesundheitszustand zu verbessern, ist der Krankenversorgung und damit dem Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherung zuzuordnen.

Eine Leistung hingegen, die darüber hinaus und vorrangig darauf gerichtet ist, mit einer ganzheitlichen Behandlung durch Ärzte und nebengeordnete therapeutische Assistenz und Betreuung die Erwerbsfähigkeit unter Einbeziehung kontextbezogener Zielsetzungen (physische, psychische und soziale Aspekte einer Erkrankung) zu verbessern, ist der medizinischen Rehabilitation im Sinne der Rentenversicherung zuzuordnen. Diese Leistungen kommen vorrangig zur Behandlung länger andauernder chronischer und degenerativer Erkrankungen und Behinderungen in Betracht.

Auf dieser Grundlage regelt beispielsweise die Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen vom 04.05.2001, dass die Krankenversicherung für eine Entgiftungs-/Entzugsbehandlung zuständig ist und die Rentenversicherung für die (anschließende) Entwöhnungsbehandlung, vergleiche Abschnitt 3.2. Wird nach Beginn einer Entwöhnungsbehandlung die Notwendigkeit einer (erneuten) Entzugsbehandlung festgestellt, und kann diese in der Rehabilitationseinrichtung durchgeführt werden, trägt die Kosten hierfür - analog der Verfahrensweise bei Mitbehandlungsfähigkeit interkurrenter Erkrankungen - der RV-Träger (PGSB 2/99, TOP 2; PGSB 4/99, TOP 12.2), siehe auch Abschnitt 3.1.1.

Interkurrente Erkrankungen

Interkurrente Erkrankungen sind im Vergleich zu den der Rehabilitation zugrunde liegenden Einschränkungen anders geartete Erkrankungen, die während einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation auftreten und einer sofortigen medizinischen Behandlung bedürfen.

Entweder können diese Erkrankungen in der Rehabilitationseinrichtung mitbehandelt werden, oder sie führen zu einer Aussetzung der Rehabilitation mit Verlegung in ein Krankenhaus oder in eine andere Station der Rehabilitationseinrichtung, die für die Krankenhausbehandlung zugelassen ist (§§ 107 Abs. 1, 108 SGB V).

Die Rehabilitation gilt für die Zeit einer Aussetzung/Verlegung als unterbrochen. Entsprechendes gilt, wenn die interkurrente Erkrankung eine ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlung außerhalb der Rehabilitationseinrichtung erfordert. Die Kosten für eine solche Krankenbehandlung trägt die gesetzliche oder private Krankenversicherung des Betroffenen, vergleiche auch Abschnitte 3.1 und 3.2.

Dies gilt auch bei Rehabilitation im Ausland. Die Kosten der Behandlung einer interkurrenten Erkrankung, für die eine Aussetzung/Verlegung erforderlich wird oder die ambulant außerhalb der Reha-Einrichtung erfolgt, trägt - in Abhängigkeit von dem jeweiligen (Auslands-)Versicherungsschutz - die gesetzliche oder private Krankenversicherung.

Der Rentenversicherungsträger kommt also zwar grundsätzlich für die vollständige medizinische Versorgung des Rehabilitanden während der medizinischen Rehabilitation auf (rehabilitationsrelevante Bedarfe, plötzlich hinzutretende interkurrente Erkrankungen, mitgebrachte interkurrente Erkrankungen). Maßgebendes Kriterium ist jedoch die Mitbehandlungsfähigkeit aufgrund entsprechender Bedarfsidentifizierung in der Reha-Einrichtung.

Keine Rehabilitation anstelle einer erforderlichen Krankenhausbehandlung

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung kommen nicht in Betracht, wenn (zunächst noch) eine Krankenhausbehandlung erforderlich ist.

Auch eine Anschlussrehabilitation (AHB) kann erst durchgeführt werden, wenn die vorherige Krankenhausbehandlung abgeschlossen ist. Zu den Voraussetzungen für die Einleitung einer AHB vergleiche GRA zu § 15 SGB VI, Abschnitt 6.1.

Zur Abgrenzung bei Entzugs- und Entwöhnungsbehandlungen wegen chronischen Alkohol- oder Medikamentenmissbrauchs sowie wegen Drogen- und Mehrfachmissbrauchs vergleiche Abschnitt 3.1.

Zu den Besonderheiten bei interkurrenten Erkrankungen vergleiche Abschnitt 3.1.1.

Zu den durch die RV für die KV zu erbringenden Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vergleiche Abschnitt 4.

Keine Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen

Behandlungskonzepte und -methoden, deren Erfolg wissenschaftlich nicht gesichert ist, und die noch keine allgemeine Anerkennung in der Medizin gefunden haben, können nicht Bestandteil von Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung sein. Hierdurch sollen Qualität und einheitliche Kriterien der Leistungserbringung sichergestellt werden.

Die Begrifflichkeit "allgemein anerkannter Stand medizinischer Erkenntnisse" orientiert sich dabei an der jeweils aktuellen Forschung und Lehre an den wissenschaftlichen Hochschulen und Universitäten im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mithin an den dort vertretenen und dort im Wesentlichen unbestrittenen Auffassungen der sogenannten "Schulmedizin".

Die RV-Träger können sich aber an darüber hinausgehenden Forschungsprojekten und Modellvorhaben beteiligen, wenn sich diese mit grundsätzlich neuen, gegebenenfalls weiterreichenden Behandlungsmethoden befassen, die geeignet sind, die Zielsetzung der Rehabilitation im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung zu unterstützen.

Leistungserbringung für die Krankenversicherung

Nach § 13 Abs. 3 SGB VI übernehmen die Rentenversicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen (während einer medizinischen Rehabilitation, § 13 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI) und im Benehmen mit den Krankenkassen Leistungen der Krankenbehandlung (zum Beispiel bei interkurrenter Erkrankung). Hierzu gehören auch erforderliche Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, wenn die Rehabilitation voraussichtlich erfolgreich weitergeführt werden kann, vergleiche Abschnitte 3.1 und 3.2.

Die Krankenversicherung hat auf Verlangen die hierauf entfallenden Aufwendungen dem Rentenversicherungsträger zu erstatten.

Zahnbehandlung und Zahnersatz

Die Rentenversicherungsträger übernehmen nicht die Kosten einer während der medizinischen Rehabilitation erforderlich werdenden (not-)zahnärztlichen Behandlung und der Versorgung mit Zahnersatz.

Zur Versorgung mit Zahnersatz als Leistung zur Teilhabe vergleiche GRA zu § 15 SGB VI, Abschnitt 7.

Diagnostische Maßnahmen

Diagnostische Maßnahmen fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 27 SGB V). Stehen sie jedoch im Zusammenhang mit einer bereits begonnenen medizinischen Rehabilitation und sind sie für die Beurteilung des weiteren Rehabilitationsverlaufs unabdingbar, so können im Einzelfall die Kosten der diagnostischen Klärung (gegebenenfalls auch in einem Krankenhaus) übernommen werden. Hierzu gehören beispielsweise Coronar-Angiographien (Röntgenuntersuchungen der Herzkranzgefäße), craniale Computertomographien (tomographische Untersuchungen des Gehirns - CCT) und Magnetresonanztomographien (tomographische Untersuchungen von Gewebe und Organen - MRT).

Diagnostische Maßnahmen, die erst nach Abschluss einer medizinischen Rehabilitation durchgeführt werden, fallen nicht in die Zuständigkeit des RV-Trägers, auch dann nicht, wenn sich deren Notwendigkeit bereits während der Rehabilitation ergeben hat.

Ist ein Rehabilitand wegen einer diagnostischen Maßnahme ganztägig verhindert, an einer ambulanten Rehabilitation teilzunehmen, hat die Rehabilitationseinrichtung für diesen Tag keinen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung.

Vereinbarungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen

Nach § 13 Abs. 4 SGB VI  sind die Träger der Rentenversicherung gehalten, mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen und im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Vereinbarungen zur Leistungserbringung im Rahmen von § 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VI (vergleiche Abschnitte 3.1 und 3.2) zu vereinbaren.

Neben der Vereinbarung zur Leistungsabgrenzung nach § 13 Abs. 4 SGB VI hat hier insbesondere die Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen Bedeutung (siehe Anlage zur GRA zu § 42 SGB IX).

Die Vereinbarung zur Leistungsabgrenzung nach § 13 Abs. 4 SGB VI gilt jedoch nicht für Unfälle (§ 8 SGB VII), die sich im Zusammenhang mit einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation ereignen. Die Kosten für die Behandlung derartiger Unfallfolgen trägt die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Die Krankenkassen sind insoweit nicht leistungspflichtig (§ 11 Abs. 4 SGB V).

 

Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz - PUEG) vom 19.06.2023 (BGBl. I Nr. 155)

Inkrafttreten: 01.01.2024

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 20/6544

Eine Ergänzung in Absatz 1 Satz 1 soll die Inanspruchnahme und den Zugang zu Rehabilitationsleistungen durch pflegende Personen stärken und erleichtern.

Gesetz zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (Gesetz Digitale Rentenübersicht) vom 11.02.2021 (BGBl. I°S. 153)

Inkrafttreten: 18.02.2021

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/23550

Mit einer Ergänzung in Absatz 1 wurde die Bedeutung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten bei der Bestimmung der erforderlichen Leistungen und ihrer Rahmenbedingungen gestärkt.

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3434)

Inkrafttreten: 01.01.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/9522

In Absatz 1 Satz 2 wird nunmehr geregelt, dass die Leistungen auf Antrag als Persönliches Budget zu erbringen sind.

Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 13.10.2006 (BGBl. I S. 2407)
Inkrafttreten: 08.11.2006

In Absatz 4 wurden die Wörter "Gesundheit und Soziale Sicherung" durch die Wörter "Arbeit und Soziales" ersetzt.

Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 30.12.2003 (BGBl. I S. 3022)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 15/1514

Absatz 1 wurde um einen weiteren Satz ergänzt. Grundsätzlich können alle Leistungen zur Teilhabe budgetfähig sein.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

§ 13 SGB VI ist in den neuen Bundesländern aufgrund des Einigungsvertrages bereits ab 01.01.1991 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 13 SGB VI