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3 RK 99/59

Aus den Gründen

Der Kläger, damals Postassistent bei der Deutschen Bundespost, wurde im Jahre 1956 wegen mehrerer Dienstvergehen unter Einbehaltung der Hälfte seiner Dienstbezüge seines Dienstes vorläufig enthoben. Das Disziplinarverfahren endete mit seiner Entfernung aus dem Dienst. Während der Zeit seiner vorläufigen Dienstenthebung war der Kläger im Jahre 1956 bei mehreren Arbeitgebern als Arbeiter beschäftigt gewesen. Die beklagte AOK sah diese Beschäftigungsverhältnisse im Hinblick auf die immer noch bestehende Anwartschaft des Klägers auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung als nicht versicherungspflichtig an und veranlaßte die Rückzahlung der einbehaltenen Beiträge zur KrV und RentV an den Kläger.

In den Jahren 1957 und 1958 war der Kläger bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt. Er erhielt auf seine Anfrage, die sich auf sein am 25.1.1957 bei der beigeladenen Firma T. eingegangenes Beschäftigungsverhältnis bezog, von der beklagten AOK den Besch., dieses Beschäftigungsverhältnis sei versicherungspflichtig, weil sein Lohn - 394,00 DM monatlich - höher als die während des Disziplinarverfahrens gewährten Dienstbezüge sei. Seinen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der beklagten AOK mit der Begründung zurück, die Vorschrift über die Versicherungsfreiheit (§ 169 RVO) beziehe sich nur auf die „tätigen“ Beamten; hierzu gehöre der Kläger z.Z. aber nicht.

Mit der Klage vor dem SG machte der Kläger geltend, die in §§ 169, 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO geregelte Versicherungsfreiheit der Beamten erstrecke sich auch auf die außerhalb des Beamtenverhältnisses ausgeübten abhängigen Beschäftigungsverhältnisse. Ein Beamter bedürfe keines Schutzes durch die SozVers; das gelte auch während eines Disziplinarverfahrens. Auch dann sei der Dienstherr zur Gewährung von Beihilfe während einer Erkrankung verpflichtet. Scheide der Beamte aus dem Dienstverhältnis aus, so müsse er nachversichert werden. Allenfalls bestehe in der ArblV ein Bedürfnis nach Versicherungsschutz.

Das SG hat die Klage auf Erstattung der gezahlten Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Die Revision ist nicht begründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG die Beschäftigung des Klägers im Jahre 1957 bei der beigeladenen Firma T. als versicherungspflichtig angesehen.

Der Kläger ist in der Zeit vom 25.1.1957 bis zum Juni 1957 als Arbeiter bei der Firma T. beschäftigt gewesen. Hieraus folgt, falls keine Befreiungsvorschrift Platz greift, seine Versicherungspflicht in der KrV (§ 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Diese wiederum begründet seine Versicherungspflicht in der ArblV, und zwar für die Zeit bis 31.3.1957 nach § 69 AVAVG i.d.F. der Bek. vom 12.10.1929 - RGBl. I 62 -, für den Zeitraum vom 1.4.1957 an nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 AVAVG i.d.F. der Bek. vom 3.4.1957 - BGBl I 321 -. Das gleiche gilt - beschränkt auf den Zeitraum bis zum 28.2.1957 - für die JV (§ 1226 Abs. 1 Nr. 1 RVO i.d.F. der Ersten VO zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung vom 17.3.1945 RGBl. I 41). Demnach ist für die Versicherungspflicht des Klägers in allen Versicherungszweigen für die Zeit seiner Beschäftigung bis zum 28.2.1957 maßgebend, ob er nach den Vorschriften über die KrV versicherungspflichtig gewesen ist.

Die nach der Sachlage allein in Frage kommende Befreiungsvorschrift - § 169 RVO i.d.F. der VO vom 17.3.1945 - greift nicht durch. Zutreffend ist das LSG im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, daß der Kläger Bundesbeamter, dem Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet war, auch während des schwebenden Disziplinarverfahrens geblieben ist. Sein Beamtenstatus mit der hierauf gegründeten Versorgungsanwartschaft hat erst mit der rechtskräftigen Entsch. des Bundesdisziplinarhofs sein Ende gefunden. Unrichtig ist allerdings die Auffassung des LSG, ein vorläufig des Dienstes enthobener Beamter sei nicht mehr „tätig“ i.S. des § 169 Abs. 1 Satz 1 RVO; diese Vorschrift setze eine „tatsächliche“ Beschäftigung voraus. Wie schon das RVA (GE Nr. 4235, AN 1931,487,488) bei der Auslegung des § 11 AVG a.F. - der Vorschrift, die offensichtlich bei der Neufassung des § 169 RVO durch die VO vom 17.3.1945 als Leitbild gedient hat - überzeugend dargelegt hat, stellt das Beschäftigungsverhältnis i.S. der Sozialversicherung nicht immer auf die rein tatsächliche Beschäftigung ab. Vielmehr ist für Urlaubs- und ähnliche Fälle anerkannt, daß keine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses eintritt. Auch für das Fortbestehen eines beamtenrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ist entscheidend, ob die Verfügungsgewalt des Dienstherrn über den Beamten aufrechterhalten geblieben ist (so außer der zitierten Entsch. des RVA auch GE Nr. 3947, AN 1931,32).

Die Verfügungsgewalt des Dienstherrn bleibt aber bei der rein innerdienstlichen Maßnahme der vorläufigen Dienstenthebung eines Beamten bestehen. Diese kann jederzeit durch einseitige Entsch. des Dienstherrn beendet werden mit der Folge, daß der Beamte - im Rahmen des aufrechterhalten gebliebenen Dienstverhältnisses - seinen Dienstobliegenheiten wieder nachzukommen hat. Deshalb ist auch ein vorläufig des Dienstes enthobener Beamter im öffentlichen Dienst „tätig“ i.S. des § 169 RVO. Die Einfügung des Begriffsmerkmals „tätig“ in § 169 RVO i.d.F. der VO vom 17.3.1945 erklärt sich aus dem Bestreben des Gesetzgebers, den veränderten Sachgehalt der Vorschrift gegenüber der vorher gültigen Regelung (§ 169 RVO i.d.F. der VO vom 12.12.1939 - RGBl. 12414) zu verdeutlichen. Nach der früheren Fassung des § 169 RVO waren auch gegen Entgelt beschäftigte Ruhe- und Wartegeldempfänger des öffentlichen Dienstes versicherungsfrei, während sie nach der Neuregelung durch die VO vom 17.3.1945 versicherungspflichtig - mit der Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag (§ 173 RVO) - wurden (vgl. hierzu den im Einverständnis mit dem BMA ergangenen Besch. der BfArb vom 3.11.1953, BKK 1953, 612). Deshalb hebt § 169 RVO n.F. durch das Merkmal „tätig“ hervor, daß die Versicherungsfreiheit nach dieser Vorschrift nur für im Dienst stehende Beamte und sonstige im öffentlichen Dienst Beschäftigte gilt (so wohl auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 6. Aufl. Stand: 1. Januar 1963, Bd. II S. 318 b, der zwar davon spricht, daß Versicherungsfreiheit nach §169 RVO „nur für die Dauer der tatsächlichen Tätigkeit bei diesem Dienstherrrn begründet wird“, und deshalb auch vom LSG für die im angefochtenen Urteil vertretene Meinung in Anspruch genommen wird; wie die später folgenden Ausführungen zeigen, dürfte aber Brackmann mit der „tatsächlichen Tätigkeit“ nur das Dienstverhältnis des aktiven Beamten - im Gegensatz zum Ruhestands- oder Wartestandsbeamten - gemeint haben). Demnach ist § 169 RVO im Falle des Klägers nicht schon deshalb unanwendbar, weil dieser vorläufig des Dienstes enthoben war.

Vielmehr hängt die Entsch. der Frage, ob der Kläger mit seiner Beschäftigung bei der beigeladenen Firma T. versicherungsfrei ist, davon ab, ob § 169 RVO Versicherungsfreiheit nur für das Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst, das die Grundlage der Gewährleistung der Versorgungsanwartschaft ist, oder schlechthin, also auch für ein daneben eingegangenes - „privates“ - Beschäftigungsverhältnis, gewährt. Die Frage taucht im allgemeinen deshalb nicht auf, weil ein Beamter auf Grund seiner Verpflichtung, „sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen“ (§ 54 Satz 1 BBG), die Genehmigung seiner Dienstbehörde zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung gegen Vergütung (vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 2 BBG) nur unter der Voraussetzung erhält, daß die Nebentätigkeit die dienstlichen Interessen nicht beeinträchtigt (vgl. § 65 Abs. 2 BBG). Regelmäßig wird daher die Nebenbeschäftigung eines aktiven Beamten den Rahmen von gelegentlich oder nebenher ausgeübten Dienstleistungen nicht überschreiten, die ohnehin nach § 168 RVO versicherungsfrei sind. Überschreitet jedoch die außerhalb des Beamtenverhältnisses ausgeübte Beschäftigung - wie im vorliegenden Fall - diesen Rahmen, so wäre dieses Versicherungsverhältnis nur dann versicherungsfrei, wenn § 169 RVO auf einen solchen Fall Anwendung fände.

Nach Auffassung der Revision ist § 169 RVO überhaupt nur auf die neben dem Beamtendienstverhältnis ausgeübten Beschäftigungsverhältnisse anwendbar: Das Beamtendienstverhältnis sei ohnehin versicherungsfrei, da „Beamte“ in den die Versicherungspflicht regelnden Vorschriften (§§ 165 ff. RVO) überhaupt nicht aufgeführt seien. Diese Meinung ist irrig. Schon der Wortlaut des §169 RVO - ... „Beamten und sonstigen Beschäftigten“ - läßt erkennen, daß die RVO das Beamtenverhältnis zu den abhängigen Beschäftigungsverhältnissen rechnet, die grundsätzlich Versicherungspflicht begründen, wenn den in § 169 RVO genannten Beschäftigten nicht Versorgungsanwartschaft gewährleistet ist. Beamte sind sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer - regelmäßig „Angestellte“ i.S. des § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO -, wie auch in der Rechtspr. des RVA niemals zweifelhaft gewesen ist (vgl. GE Nr. 4235, AN 1931, 487, 488; GE Nr. 4926, AN 1935, 413, 414). Demnach erfaßt die in § 169 RVO geregelte Versicherungsfreiheit auf jeden Fall und in erster Linie das Beamtendienstverhältnis selbst, dem die Versorgungsanwartschaft entspringt.

Darüber hinaus hat allerdings das RVA angenommen, daß die durch Gewährleistung der Versorgungsanwartschaft begründete Versicherungsfreiheit auf außerhalb des Beamtendienstverhältnisses ausgeübte Beschäftigungsverhältnisse ausstrahlen kann. So hat es Gerichtsassessoren, die vorübergehend zu anderen Dienstleistungen beurlaubt worden waren, als versicherungsfrei in der ArblV angesehen (GE Nr. 4235, AN 1931, 487, 488 und GE Nr. 4926, AN 1935, 413, 414). Im gleichen Sinne ist der Besch. des RAM vom 30.6.1939 über die Versicherungsfreiheit von Studienassessoren ergangen, die zur Beschäftigung von Privatschulen beurlaubt sind (AN 1939, 335). Ob dieser Auffassung unter den wesentlich veränderten Verhältnissen des heutigen Rechts beigepflichtet werden kann, ist zweifelhaft. Die Frage der Versicherungspflicht in der KrV spielte bei dem genannten Personenkreis keine Rolle; denn die damals zur Beurteilung stehenden Beschäftigungsverhältnisse der beurlaubten Gerichtsassessoren und Studienassessoren waren als Tätigkeit von Angestellten in höherer Stellung nach der damaligen Fassung des § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO ohnehin versicherungsfrei. In der AV waren kurzfristige Versicherungsverhältnisse für den Versicherten wenig lohnend: Wurde das Versicherungsverhältnis nach Beendigung der Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung nicht unter Aufbringung erheblicher Beitragsleistungen freiwillig fortgesetzt, so blieben die im Rahmen des Pflichtversicherungsverhältnisses geleisteten Beiträge ohne wirtschaftlichen Nutzen für den Versicherten; eine Möglichkeit der Beitragserstattung, wie sie nach heutigem Recht besteht (§ 1303 RVO§ 82 AVG), war damals nicht gegeben.

Vor allem muß als wesentliche Veränderung der Rechtslage angesehen werden, daß das geltende Recht eine Entlastung der Arbeitgeber von ihrer Beitragspflicht aus einem allein in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund bei Beschäftigungsverhältnissen, die in jeder Beziehung den sonst Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen entsprechen, ausschließen will. Deshalb sieht § 113 AVG (= § 1386 RVO) vor, daß der Arbeitgeber für Versicherte, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG (= § 1229 Ah. 1 Nr. 1 RVO) versicherungsfrei oder nach § 7 Abs. 1 AVG (= § 1230 Abs. 1 RVO) von der Versicherungspflicht befreit sind, den Beitragsanteil zu entrichten hat, den er entrichten müßte, wenn der Versicherte versicherungspflichtig wäre. § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG (= § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO) ist in diesem Zusammenhang nicht genannt, hätte aber wegen der Gleichheit des Rechtsgrundes hier aufgeführt werden müssen, wenn das Ges. nicht ohnehin diese Arbeitgeber wegen der Versicherungspflicht der von ihnen beschäftigten Beamten und öffentlichen Bediensteten als beitragspflichtig angesehen hätte.

Selbst wenn die aufgezeigten Zusammenhänge nicht zu berücksichtigen wären und § 169 RVO, wie die Revision meint, allein vom Schutzbedürfnis des anderweit beschäftigten Beamten her auszulegen wäre, könnten die von einem vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten eingegangenen Beschäftigungsverhältnisse nicht als versicherungsfrei angesehen werden. Wie der Senat bereits im Zusammenhang mit § 173 RVO ausgeführt hat (BSG 14, 185, 191), läßt sich die Durchbrechung des das Recht der SozVers beherrschenden Grundsatzes der Solidarität der Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes zu Versicherungsgemeinschaften zusammengeschlossen sind, nur rechtfertigen, wenn der sonst durch die SozVers gegebene Schutz anderweitig gewährleistet ist. Das ist aber bei einem Beamten, der im Rahmen eines Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes enthoben ist, nicht der Fall. Hier ist fraglich geworden, ob das Beamtenverhältnis mit seinen Sicherungen bestehen bleibt. Die Möglichkeit, daß das beamtenrechtliche Dienstverhältnis in Kürze beendet wird, muß bei der Würdigung des Sicherungsbedürfnisses des dienstenthobenen Beamten mit in Rechnung gestellt werden.

In diesem Falle aber erweisen sich die Sicherungen aus dem Beamtenverhältnis als ungenügend. Die mit Entfernung aus dem Amt bestraften Beamten sind zwar grundsätzlich nachzuversichern (§ 1232 RVO). Die Nachversicherung wird aber nur auf der Grundlage der gewährten Bezüge durchgeführt (vgl. § 1402 Abs. 1 RVO), so daß die nach § 79 der Bundesdisziplinarordnung einbehaltenen und nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 ebenda „verfallenen“ Dienstbezüge bei der Nachversicherung außer Ansatz bleiben (vgl. hierzu RVA, GE Nr. 3947, AN 1931, 32). Würde der dienstentlassene Beamte nicht zum Ausgleich dafür beitragspflichtige Entgelte aus den Beschäftigungsverhältnissen nachweisen können, die er ja gerade zur Aufbesserung seiner unzulänglich gewordenen Dienstbezüge während des Disziplinarverfahrens eingegangen ist, so würden u.U. erhebliche Beträge bei der späteren Gewährung der Rente unberücksichtigt bleiben müssen, auf die er aber nach seiner veränderten Lebenssituation angewiesen ist.

Wie in der RentV besteht auch in der KrV ein starkes Bedürfnis danach, das vom dienstenthobenen Beamten eingegangene weitere Beschäftigungsverhältnis in die Versicherungspflicht einzubeziehen. Der vorläufig des Dienstes enthobene Beamte behält zwar seinen Anspruch auf Hilfe des Dienstherrn nach den Beihilfegrundsätzen; auch wird er regelmäßig - wie der Kläger - während des Disziplinarverfahrens in der vom Dienstherrn geförderten Krankenversorgungseinrichtung der Beamten bleiben können. Vielfach werden jedoch die dem Beamten während des Disziplinarverfahrens belassenen Dienstbezüge im Falle einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankung kein vollwertiger Ersatz für das Krankengeld nebst Arbeitgeberzuschuß sein, das dieser Beamte aus dem anderweitigen Beschäftigungsverhältnis erhalten würde (vgl. § 182 Abs. 4 RVO und § 1 i.V.m. § 2 des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfall vom 26.6.1957 i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 12.7.1961 - BGBl. 1957 I 649 und 1961 I 913). Hinzu kommt, daß auch dieses gekürzte Diensteinkommen bei Beendigung des Disziplinarverfahrens - wenn nämlich auf Dienstentlassung ohne Zubilligung eines Unterhaltsbeitrags erkannt wird - ganz entfallen kann, so daß der in diesem Zeitpunkt Arbeitsunfähige völlig ungesichert wäre.

Ähnlich ausgeprägt ist in der ArblV das Sicherungsbedürfnis des vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten, der eine anderweite Beschäftigung aufgenommen hat. Die Gewährung von Versicherungsleistungen in der ArblV setzt die Erfüllung der Anwartschaftszeit voraus (§ 87 Nr. 2 AVAVG a.F., § 74 Abs. 1 AVAVG n.F.); der Arbeitslose muß grundsätzlich wenigstens 26 Wochen in einer Versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben (§ 95 Abs. 1 AVAVG a.F., § 85 AVAVG n.F.). Der nach seiner Dienstentlassung aus dem Dienstverhältnis arbeitslose ehemalige Beamte hat daher nur dann Anspruch auf die Versicherungsleistungen der ArblV, wenn er entsprechende Vorversicherungszeiten aufzuweisen hat. Auch dieser Zusammenhang legt eine Einbeziehung des vom dienstenthobenen Beamten ausgeübten weiteren Beschäftigungsverhältnisses in die Versicherungspflicht nahe.

Nach alledem erstreckt sich die Versicherungsfreiheit nach § 169 RVO nicht auf abhängige Beschäftigungsverhältnisse, die vorläufig des Dienstes enthobene Beamte neben ihrem Beamtenverhältnis eingehen. Damit ist klargestellt, daß der Kläger während der ganzen Zeit seiner Beschäftigung bei der beigeladenen Firma T. versicherungspflichtig in der KrV und in der ArblV sowie für die Zeit bis zum 28.2.1957 versicherungspflichtig in der JV war.

Soweit es sich um die Versicherungspflicht des Klägers in der RentV der Arbeiter für die Zeit vom 1.3.1957 an handelt, ist § 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO i.d.F. des ArVNG maßgebend (vgl. Art. 3 §8 Satz 2 ArVNG). Die dem § 169 RVO entsprechende Befreiungsvorschrift ist § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO. Bereits bei der Auslegung des § 169 RVO ist der Zusammenhang mit der RentV dargelegt und gewürdigt worden. Wenn auch die Versicherungspflicht in den Vorschriften über die RentV der Arbeiter nunmehr eigenständig geregelt ist, so hat sich doch der Sachgehalt der dem § 169 RVO entsprechenden Befreiungsvorschrift - jetzt § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO - nicht geändert. Durch die Weglassung des in § 169 RVO verwandten Merkmals: „in Betrieben oder im Dienste tätigen Beamten“ ist nur i.S. der bereits dargelegten Auffassung deutlicher geworden, daß das Dienstverhältnis des aktiven Beamten, nicht die tatsächliche Tätigkeit als Beamter gemeint ist. Aus den bereits dargelegten Gründen, die auch in der RentV das ausgeprägte Sicherungsbedürfnis des dienstenthobenen, anderweit beschäftigten Beamten und die Notwendigkeit der Gleichbehandlung der Arbeitgeber aufzeigten, muß auch für § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO gelten, daß diese Befreiungsvorschrift in einem Falle wie dem vorliegenden nicht anwendbar ist.

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