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§ 14 WGSVG: Besondere Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Die GRA wurde im Rahmen der Abstimmung mit den anderen Rentenversicherungsträgern vollständig überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand30.11.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des RÜG vom 25.07.1991 in Kraft getreten am 01.01.1992
Rechtsgrundlage

§ 14 WGSVG

Version001.01
Schlüsselwörter
  • 1412

Inhalt der Vorschrift

§ 14 WGSVG regelt die besondere Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten von Verfolgten. Nach dieser Vorschrift sollen Schäden in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden, die einem Versicherten in einem Zeitraum entstanden sind, in dem er eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, für die aus Gründen der nationalsozialistischen Verfolgung entweder keine Pflichtbeiträge oder zu geringe Pflichtbeiträge gezahlt wurden.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ist eine Sonderregelung zu den §§ 70, 256 SGB VI.

Allgemeines

Nach § 14 Abs. 1 WGSVG sind Entgeltpunkte für Zeiten, in denen ein Verfolgter eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, für die aus Verfolgungsgründen Beiträge nicht gezahlt wurden, aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, nach der Beiträge aufgrund des erzielten Arbeitsentgelts oder Einkommens zu zahlen gewesen wären. Für Zeiten, in denen ein Verfolgter des NS-Regimes eine dem Grunde nach rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, für die aus Verfolgungsgründen eine Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung unterblieben ist, gelten die Beiträge nach § 12 WGSVG als gezahlt.

Gemäß § 14 Abs. 2 WGSVG sind für Pflichtbeitragszeiten eines Verfolgten, die aus Verfolgungsgründen eine niedrigere Beitragsbemessungsgrundlage als bei einem nicht verfolgten Versicherten mit gleichartiger Beschäftigung oder Tätigkeit aufweisen, Entgeltpunkte mindestens aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergibt. Für die Einstufung und Zuordnung ist auf die tatsächlich während der Verfolgung ausgeübte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit, mindestens jedoch auf eine gegebenenfalls vorher ausgeübte, von Verfolgungsmaßnahmen nicht beeinträchtigte Beschäftigung oder Tätigkeit abzustellen.

Für Zeiten, in denen ein Verfolgter des NS-Regimes in seiner rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit aus Verfolgungsgründen weniger verdient hat als ein vergleichbarer Nichtverfolgter, sind Entgeltpunkte mithin nicht aus der tatsächlichen Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln. Der verfolgungsbedingte Minderverdienst ist im Rahmen der Wiedergutmachung in der Sozialversicherung erlittenen nationalsozialistischen Unrechts auszugleichen.

Für die Feststellung der nach § 14 Abs. 1 und 2 WGSVG erheblichen Tatsachen reicht es aus, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 3 WGSVG). Zur Glaubhaftmachung rechtserheblicher Tatsachen wird auf die GRA zu § 4 FRG verwiesen.

Feststellung der Verfolgteneigenschaft

Die Regelung des § 14 Abs. 1 und 2 WGSVG findet Anwendung auf Verfolgte, die als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung im Sinne des § 1 BEG anerkannt sind. Zum erforderlichen Nachweis der Verfolgteneigenschaft wird auf die GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 6.1 verwiesen.

Sofern in Fällen der Neufeststellung einer Rente nach § 307b Abs. 1 SGB VI die Anwendung des § 14 Abs. 1 und 2 WGSVG geltend gemacht wird, ist vom Vorliegen der Verfolgteneigenschaft im Sinne des § 1 BEG ohne weitere Prüfung auszugehen, wenn der Versicherte im Beitrittsgebiet eine Ehrenrente nach der Anordnung des Ministerrates der DDR über Ehrenpensionen für Kämpfer gegen den Faschismus und für Verfolgte des Faschismus vom 20.09.1976 (VD 26/19/76) bezogen hat.

Beitragsfiktion

§ 14 Abs. 1 WGSVG regelt ausschließlich die besondere Ermittlung von Entgeltpunkten für die Zeiten, in denen ein Verfolgter des NS-Regimes eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung aus Gründen der Verfolgung unterblieben ist und für die Beiträge im Rahmen der Beitragsfiktion des § 12 WGSVG als gezahlt gelten. Solche Zeiten können längstens bis zum 08.05.1945 vorliegen (entsprechende Anwendung von BSG 43, 181, 189). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die GRA zu § 12 WGSVG, Abschnitte 2 bis 2.5, verwiesen.

Rentenversicherungspflicht dem Grunde nach

Eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ist ausgeübt worden, wenn nach den zur Zeit der Beschäftigung oder Tätigkeit geltenden Vorschriften unter Berücksichtigung der damaligen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis Pflichtbeiträge hätten gezahlt werden müssen (BSG vom 04.10.1979, AZ: 1 RA 95/78, SozR 5070 § 14 Nr. 9). Sofern dem Grunde nach für die Beschäftigung oder Tätigkeit keine Rentenversicherungspflicht vorlag, kommt eine Beitragsfiktion nach § 14 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 WGSVG nicht in Betracht.

Die Beitragszahlung für die dem Grunde nach rentenversicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit muss allein aus Verfolgungsgründen des § 1 BEG unterblieben sein. Das war nur dann der Fall, wenn eine unmittelbar gegen den Verfolgten oder gegen seinen Arbeitgeber gerichtete Verfolgungsmaßnahme für die unterbliebene Beitragszahlung ursächlich war. Der allgemeine Verfolgungsdruck der damaligen Zeit gegen jüdische Mitbürger genügt hingegen nicht (BSG vom 27.03.1974, AZ: 1 RA 197/73, SozR 5070 § 14 Nr. 1 S. 2).

Für eine im Ausland ausgeübte Beschäftigung, für die als Folge innerstaatlicher Verfolgung keine Beiträge zur ausländischen Rentenversicherung gezahlt wurden, kommt eine Beitragsfiktion nicht in Betracht. Bei derartigen Zeiten handelt sich um Ersatzzeiten des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI oder bei Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen zum FRG um Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG. Die Folgen von Verfolgungen sind keine nach § 14 Abs. 1 WGSVG auszugleichenden Verfolgungen (Urteil des BSG vom 03.02.1977, AZ: 11 RA 20/76, BSGE 43, 181).

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die GRA zu § 12 WGSVG, Abschnitte 2 bis 2.5, verwiesen.

Maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage

Für die Zeiten der Beitragsfiktion nach § 12 WGSVG sind Entgeltpunkte nach § 14 Abs. 1 WGSVG aus den Beitragsbemessungsgrundlagen zu ermitteln, nach denen die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens (Verdienst) hätten gezahlt werden müssen.

Nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen

Die Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrundlage ist nach den während der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten oder Arbeitseinkommen (Verdienst) zu bestimmen, höchstens jedoch nach einem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bis zur Höhe der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Sofern ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, das die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet, nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, kommt eine Beitragsfiktion nach § 12 WGSVG mit einer Ermittlung von Entgeltpunkten nach § 14 Abs. 1 WGSVG nicht in Betracht (vergleiche Abschnitt 4.1).

Beitragsbemessungsgrundlage zur Ermittlung der Entgeltpunkte ist für Zeiten nach dem 30.06.1942 (in der Arbeiterrentenversicherung nach dem 28.06.1942) das für die unterbliebene Beitragszahlung maßgebende beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt, für Zeiten vor dem 01.07.1942 (in der Arbeiterrentenversicherung vor dem 29.06.1942) die sich daraus ergebenden Beiträge nach Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklassen.

Nicht nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen

Sofern die Beitragsbemessungsgrundlage, nach der die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens (Verdienst) hätten gezahlt werden müssen, nicht mehr nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden kann, sind die Entgeltpunkte, obwohl § 14 Abs. 1 WGSVG keinen Verweis auf § 15 S. 2 bis 4 WGSVG enthält, aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, die sich in entsprechender Anwendung des § 15 S. 2 bis 4 WGSVG ergibt. Danach sind die Entgeltpunkte aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergibt.

Für die maßgebende Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ist nach den Tätigkeitsmerkmalen die entsprechende Leistungsgruppe der Anlage 1 zum FRG

  • A. Rentenversicherung der Arbeiter,
  • B. Rentenversicherung der Angestellten,
  • C. Knappschaftliche Rentenversicherung

zu bestimmen und dementsprechend die jeweils maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage nach den Anlagen 2 bis 16 zum FRG zuzuordnen. Es gelten insoweit die in der GRA zu § 22 Abs. 1 FRG, B. Alte Bewertung (Anlagen 1 bis 16 FRG) aufgestellten Grundsätze einschließlich der Regelung des § 26 FRG. Die Kürzungsregelung des § 22 Abs. 3 FRG und die Absenkungsregelung des § 22 Abs. 4 FRG finden keine Anwendung.

Ausgleich eines Minderverdienstes

Die Regelung des § 14 Abs. 2 WGSVG erfasst zwei Personenkreise von Verfolgten, bei denen aus Gründen der Verfolgung zu niedrige Pflichtbeiträge gezahlt wurden oder nach § 203 Abs. 2 SGB VI als gezahlt gelten und aus diesem Grunde ein Ausgleich dieser Minderbeitragszahlung durchzuführen ist. Es handelt sich hierbei um folgende Personenkreise:

  • Verfolgte, die entweder niemals zum Personenkreis der Versicherten gehört oder die bei Beginn der Verfolgung keine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt haben (vergleiche Abschnitt 5.2.1) und
  • Verfolgte, die bei Beginn der Verfolgung eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt haben (vergleiche Abschnitt 5.2.2).

Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 WGSVG betrifft Zeiten, in denen der Verfolgte eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und für den - anders als bei den in § 14 Abs. 1 WGSVG geregelten Fällen der Beitragsfiktion nach § 12 WGSVG - Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung tatsächlich gezahlt wurden oder nach § 203 Abs. 2 SGB VI als gezahlt gelten. Diesen nachgewiesenen Pflichtbeitragszeiten des Verfolgten müssen aus Gründen der Verfolgung ein niedrigeres Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen (Verdienst) als bei einem nichtverfolgten Versicherten mit gleichartiger Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit zugrunde liegen.

Zeiten des verfolgungsbedingten Minderverdienstes können „im Inland“ nur bis zum 08.05.1945 berücksichtigt werden (vergleiche Urteil des BSG vom 03.02.1977, AZ: 11 RA 40/76). Der in einem Einzelfall zu einer Auslandsbeschäftigung (nach dem 08.05.1945) ergangenen gegenteiligen Entscheidung des BSG vom 16.03.1989 (AZ: 4/11 RA 70/87) wird nicht gefolgt.

Nachweis oder Glaubhaftmachung eines Minderverdienstes

Der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 1 WGSVG erfordert einen Vergleich der nachgewiesenen Beitragsbemessungsgrundlage des Verfolgten mit der eines vergleichbaren nicht verfolgten Versicherten. Um diesen Vergleich für die Praxis durchführbar zu machen, ist grundsätzlich folgende Vereinfachungsregel anzuwenden:

Es ist davon auszugehen, dass der Verfolgte für die während der Verfolgungsmaßnahmen in der Zeitspanne vom 30.01.1933 bis 08.05.1945 ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit ein geringeres Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als ein nicht verfolgter Versicherter für eine gleichartige Beschäftigung oder Tätigkeit erhalten hat. Da die strengeren Nachweisanforderungen in der gegenteiligen Entscheidung des BSG vom 16.02.1984 (AZ: 1 RA 61/83) den besonderen Beweisnotstand des Verfolgten unberücksichtigt lassen, wird diesem Urteil im Grundsatz nicht gefolgt.

Maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage

Es sind anstelle der Entgeltpunkte, die sich aus der vorhandenen Beitragsbemessungsgrundlage ermitteln, mindestens die Entgeltpunkte zu berücksichtigen, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergeben.

Für die maßgebende Beschäftigung oder Tätigkeit (vergleiche dazu Abschnitte 5.2.1 und 5.2.2) ist nach den Tätigkeitsmerkmalen die entsprechende Leistungsgruppe der Anlage 1 zum FRG

  • A. Rentenversicherung der Arbeiter
  • B. Rentenversicherung der Angestellten
  • C. Knappschaftliche Rentenversicherung

zu bestimmen und die jeweils maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage nach den Anlagen 2 bis 16 zum FRG zuzuordnen. Es gelten insoweit die in der einschlägigen GRA zu § 22 Abs. 1 FRG, B. Alte Bewertung (Anlagen 1 bis 16 FRG) aufgestellten Grundsätze einschließlich der Regelung des § 26 FRG. Die Kürzungsregelung des § 22 Abs. 3 FRG und die Absenkungsregelung des § 22 Abs. 4 FRG finden keine Anwendung.

Nach dem Vergleich der sich aus der tatsächlichen Beitragsbemessungsgrundlage ergebenden Entgeltpunkten mit den sich nach Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergebenden Entgeltpunkten ist das günstigere Ergebnis maßgebend.

Keine Rentenversicherungspflicht vor dem Beginn der Verfolgung

Sofern der Verfolgte vor dem Beginn der Verfolgung, das heißt vor dem Einsetzen des verfolgungsbedingten Minderverdienstes, keine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, ist für die Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ausschließlich die tatsächlich während der Verfolgung ausgeübte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit maßgebend. Das Gleiche gilt, wenn der Verfolgte vor dem Beginn der Verfolgung bereits einmal eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, diese jedoch vor dem Einsetzen der Verfolgungsmaßnahmen, das heißt vor dem Einsetzen des verfolgungsbedingten Minderverdienstes, bereits aus anderen Gründen aufgegeben hat.

Rentenversicherungspflicht bei Beginn der Verfolgung

Sofern der Verfolgte bei Beginn der Verfolgung, das heißt bei Einsetzen des verfolgungsbedingten Minderverdienstes, eine von Verfolgungsmaßnahmen nicht beeinträchtigte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, für die entweder Pflichtbeiträge tatsächlich gezahlt wurden oder nach § 203 Abs. 2 SGB VI als gezahlt gelten, ist für die Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG anstelle der tatsächlich während der Verfolgung ausgeübten mindestens die vorher ausgeübte, von Verfolgungsmaßnahmen unbeeinträchtigte Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit maßgebend. Dabei kann es sich nach der Entscheidung des BSG vom 12.08.1982, AZ: 11 RA 48/81 auch um eine in einem anderen Versicherungszweig ausgeübte als die während der Verfolgungsmaßnahmen ausgeübte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit handeln.

Die vor der Verfolgung ausgeübte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit muss mit den einsetzenden Verfolgungsmaßnahmen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen. Von einem solchen zeitlichen Zusammenhang ist auszugehen, wenn es sich um einen pflichtversicherten Verfolgten im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG handelt. Ist dieser zeitliche Zusammenhang bei Beginn der Verfolgungsmaßnahmen einmal gegeben, geht er für alle während der Verfolgungsmaßnahmen ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlagen, nicht mehr verloren.

Ein pflichtversicherter Verfolgter ist der Versicherte, dessen rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit aus Gründen der Verfolgung unterbrochen oder beendet wurde und für den bis zum Beginn der Verfolgung

  • eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft oder Mutterschutzes oder wegen Arbeitslosigkeit,
  • eine Ersatzzeit nach § 250 SGB VI, die eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit unterbrochen oder beendet hat,

vorliegt.

Liegt der Status „pflichtversicherter Verfolgter“ vor, bleibt diese Eigenschaft für alle nachfolgenden rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungen oder Tätigkeiten, die durch Verfolgungsmaßnahmen beeinträchtigt worden sind, erhalten.

Zum Tatbestand der Unterbrechung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit wird auf die GRA zu § 58 SGB VI, Abschnitt 3, verwiesen.

Sofern es sich bei dem pflichtversicherten Verfolgten um einen Selbständigen handelt, ist für die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG in entsprechender Anwendung des § 15 S. 3 Nr. 2 WGSVG der Durchschnittswert aus den Pflichtbeiträgen der letzten sechs Kalendermonate der selbständigen Tätigkeit vor Beginn der Verfolgungszeit maßgebend.

Ein durch die Verfolgungsmaßnahmen entgangener beruflicher Aufstieg ist auf Antrag des Berechtigten zu berücksichtigen. Hierzu ist für die Einstufung der Beschäftigung oder Tätigkeit in die Anlage 1 zum FRG und die Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder der Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG der ohne Verfolgungsmaßnahmen mutmaßliche berufliche Werdegang nachzuzeichnen.

Nachgezahlte Beiträge, die Pflichtbeiträgen gleichstehen

Nach § 14 Abs. 2 S. 3 WGSVG fallen Beiträge, die nach § 11 WGSVG den Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit gleichstehen, nicht unter den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 WGSVG. Für diese Beiträge ist insoweit ein Minderverdienstausgleich ausgeschlossen.

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

§ 14 WGSVG ist in der nach Artikel 21 Nummer 2 RRG 1992 vorgesehenen Fassung nicht in Kraft getreten. Die Regelung ist am 01.01.1992 hingegen in der durch Artikel 20 Nummer 1 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) abgeänderten Fassung in Kraft getreten (Art. 42 Abs. 1 RÜG). Danach wird für die Ermittlung der Entgeltpunkte auf die Anlagen 1 bis 16 zum FRG unmittelbar verwiesen.

Die ursprünglich vorgesehene Ankoppelung des § 14 Abs. 2 WGSVG an die Vorschrift des § 22 Abs. 1 FRG wurde entbehrlich. Die Änderung war durch die strukturelle Veränderung des § 22 FRG erforderlich geworden, um die gewollte Anhebung verfolgungsbedingter Minderbewertungen im § 14 Abs. 2 WGSVG auf das allgemeine Niveau weiterhin zu gewährleisten.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

§ 14 WGSVG war durch Artikel 21 Nummer 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) mit Wirkung ab 01.01.1992 neu gefasst worden (Art. 85 Abs. 1 RRG 1992). Die Neufassung sollte im Wesentlichen die bisherige Regelung des § 14 WGSVG in der Fassung bis 31.12.1991 über die besondere Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten von Verfolgten in der Rentenberechnung in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 1 FRG aus Beitragsbemessungsgrundlagen für Zeiten übernehmen,

  • für die eine Zahlung von Pflichtbeiträgen aus Gründen der Verfolgung völlig unterblieben war,
  • für die Pflichtbeiträge aus Gründen der Verfolgung in zu geringer Höhe gezahlt worden waren,
  • in denen aus Gründen der Verfolgung eine geringwertigere Beschäftigung ausgeübt worden war.
WGSVG vom 22.12.1970 (BGBl. I S. 1846)

Inkrafttreten: 01.02.1971

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 6/715

Durch die im Rahmen des Artikels 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) erfolgte Neufassung des Gesetzes über die Behandlung der Verfolgten des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung (NVG) vom 22.08.1949 (WiGBl. S. 263) wurde mit § 14 Abs. 1 WGSVG mit Wirkung ab 01.02.1971 (Artikel 4 § 5 Abs. 1 WGSVG) eine Regelung geschaffen, die den bisherigen § 4 Abs. 5 NVG ersetzte. Mit § 14 Abs. 2 WGSVG wurde mit Wirkung ab 01.02.1971 eine Norm geschaffen, die die bisherige Regelung durch die Einbeziehung der Verfolgten, die nach Verlust ihrer Stellung - erneut oder erstmalig - eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit aufgenommen hatten, für die aber keine Pflichtbeiträge entrichtet worden waren, um den Verfolgten oder seinen Arbeitgeber nicht zu gefährden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 14 WGSVG