§ 49 VersAusglG: Übergangsvorschrift für Auswirkungen des Versorgungsausgleichs in besonderen Fällen
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
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Änderung | Die GRA wurde im Zusammenhang mit der Abstimmung mit dem zuständigen Regionalträger redaktionell überarbeitet und um aktuelle Rechtsprechung sowie um Verweise auf verbindliche Gremienentscheidungen ergänzt. |
Stand | 24.03.2016 |
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Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 001.00 |
- Inhalt der Regelung
- Allgemeines
- Antragseingang bei der gesetzlichen Rentenversicherung vor dem 01.09.2009
- Weitergeltung von Entscheidungen nach dem VAHRG
- Antragseingang bei der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.09.2009
Inhalt der Regelung
Mit der Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG wird die Anwendbarkeit der Härteregelungen der §§ 4 bis 10 VAHRG für die Fälle bestimmt, in denen ein entsprechender Antrag beim Versorgungsträger noch vor der Außerkraftsetzung des VAHRG (Art. 23 Nr. 2 VAStrRefG) am 01.09.2009 eingegangen ist.
Beachte:
Die Ausführungen gelten nicht bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Nach § 20 Abs. 4 LPartG in der Fassung bis zum 31.08.2009 fanden die Härteregelungen für Lebenspartnerschaften keine Anwendung.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Die Vorschrift steht in Zusammenhang mit den bis zum 31.08.2009 geltenden §§ 4 bis 10 VAHRG sowie den Anpassungsregelungen des ab dem 01.09.2009 geltenden VersAusglG (siehe GRA zu den §§ 32 bis 38 VersAusglG).
Allgemeines
Bei Verfahren, die auf eine nachträgliche Anpassung der Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich gerichtet sind (bis 31.08.2009: § 4 ff. VAHRG; ab 01.09.2009: §§ 32 bis 38 VersAusglG), sieht § 49 VersAusglG wie auch die Regelung in § 48 Abs. 1 VersAusglG die weitere Anwendung des bis zum 31.08.2009 geltenden Rechts vor, wenn der Antrag beim zuständigen Versorgungsträger noch vor dem 01.09.2009 eingegangen ist.
Der Eingang des verfahrenseinleitenden Antrags beim Versorgungsträger ist auch dann maßgebend, wenn sich an das vor dem 01.09.2009 eingeleitete behördliche Verfahren ein gerichtliches Verfahren angeschlossen hat und dieses Verfahren noch nach dem 31.08.2009 beim Gericht anhängig ist. Denn auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kommt es nicht an.
Anders als in § 48 Abs. 2 und 3 VersAusglG wird für anhängige Verfahren nach den §§ 4 bis 10 VAHRG, die nach einer Aussetzung wieder aufgenommen werden, nicht die Geltung des Rechts ab 01.09.2009 angeordnet. Das beruht auf folgender Erwägung: Nach dem VersAusglG sind die Versorgungsträger nur noch für Anträge auf Anpassung wegen Invalidität der ausgleichspflichtigen Person oder einer für sie geltenden besonderen Altersgrenze oder wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person zuständig (§§ 35 bis 38 VersAusglG). Für Anträge auf Anpassung wegen Unterhalt sind die Familiengerichte zuständig (§§ 33 und 34 VersAusglG).
Antragseingang bei der gesetzlichen Rentenversicherung vor dem 01.09.2009
Für Anträge von berechtigten Personen (§ 9 VAHRG) auf Anwendung der Härteregelungen zur
- Aussetzung der Kürzung der Rente aufgrund des Versorgungsausgleichs wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person (§ 4 VAHRG),
- Aussetzung der Kürzung der Rente aufgrund des Versorgungsausgleichs wegen Unterhaltsleistungen der ausgleichspflichtigen Person an die ausgleichsberechtigte Person (§ 5 VAHRG),
- Rückzahlung von Beiträgen, die zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person oder zur Wiederauffüllung der Kürzung bei der ausgleichspflichtigen Person gezahlt worden sind (§§ 7 und 8 VAHRG),
ist das bis zum 31.08.2009 geltende Recht anzuwenden, wenn der Antrag vor dem 01.09.2009 bei dem jeweiligen Versorgungsträger wirksam gestellt worden ist.
Beachte:
Grundsätzlich findet das VAHRG bei einem Rentenbeginn ab 01.09.2009 keine Anwendung mehr (Art. 23 Nr. 2 VAStrRefG). Maßgebend sind die Anpassungsregelungen der §§ 33 ff. VersAusglG.
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass dann über Anträge auf Aussetzung der Kürzung der Rente wegen Unterhalt (bis 31.08.2009 nach § 5 VAHRG; ab 01.09.2009 nach § 33 VersAusglG) nicht mehr die Rentenversicherungsträger entscheiden. Hierfür sind die Familiengerichte zuständig (§ 34 Abs. 1 VersAusglG). Bei der vor dem 01.09.2009 erfolgten Antragstellung beim Rentenversicherungsträger entscheidet dieser über den Antrag.
Bei eingetragenen Lebenspartnerschaften war die Anwendung der Härteregelungen der §§ 4 bis 6 und 8 VAHRG bis zum 31.08.2009 nach § 20 Abs. 4 LPartG nicht möglich. Mit Wirkung vom 01.09.2009 ist § 20 Abs. 4 LPartG aufgehoben worden. Dadurch können die Anpassungsregelungen der §§ 33 ff. VersAusglG ab 01.09.2009 auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften Anwendung finden (siehe auch GRA zu § 20 LPartG). Wurde ein Antrag bereits vor dem 01.09.2009 gestellt und werden die Voraussetzungen erfüllt, liegen also die Voraussetzungen am 01.09.2009 um 0.00 Uhr vor, so ist eine Anpassung bereits ab dem 01.09.2009 möglich (AGVA 2/2009, TOP 2). Auch hierbei ist die Zuständigkeitsregelung des § 34 Abs. 1 VersAusglG zu berücksichtigen.
Sofern die Anwendung des ab 01.09.2009 geltenden Rechts für die antragstellende Person günstiger ist, ergeben sich für den Rentenversicherungsträger Beratungspflichten (§ 14 SGB I). Dies kann insbesondere bei Anträgen nach § 4 VAHRG von Bedeutung sein, wenn Leistungen aus der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person über den 31.08.2009 hinaus auf den sich für die ausgleichspflichtige Person ergebenden Erhöhungsbetrag anzurechnen sind (siehe auch GRA zu § 37 VersAusglG, Abschnitt 6.1) oder der Antrag abzulehnen ist (siehe auch GRA zu § 37 VersAusglG, Abschnitt 6.2).
Weitergeltung von Entscheidungen nach dem VAHRG
Entscheidungen über die Anwendung der Härteregelungen des VAHRG, die unanfechtbar geworden sind, bleiben weiterhin bestandskräftig.
Die Weitergeltung dieser Entscheidungen bezieht sich sowohl auf Fälle, in denen die Anwendung der Härteregelung abgelehnt als auch bewilligt worden ist.
Das gilt selbst dann, wenn sich eine Bewilligung nach § 4 VAHRG erst nach dem 01.09.2009 auswirkt, weil Leistungen aus der Versicherung der verstorbenen ausgleichsberechtigten Person auf die Erhöhung bei der ausgleichspflichtigen Person anzurechnen sind (§ 4 Abs. 2 VAHRG, AGVA 2/2009, TOP 2); siehe GRA zu § 37 VersAusglG, Abschnitt 6.1.
Gleiches gilt, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des § 4 VAHRG nach dem 31.08.2009 entfallen, aber die Voraussetzungen für eine Anpassung erfüllt werden: Aus der Versicherung der verstorbenen ausgleichsberechtigten Person werden Leistungen an Hinterbliebene gezahlt, sodass die Rente an die ausgleichspflichtige Person wieder zu kürzen ist (§ 4 Abs. 2 VAHRG). Leistungen an Hinterbliebene der ausgleichsberechtigten Person sind bei einer Anpassung nach §§ 37, 38 VersAusglG jedoch ohne Bedeutung.
Sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 4 VAHRG nach dem 31.08.2009 entfallen und die Voraussetzungen der §§ 37, 38 VersAusglG nicht erfüllt, kann es ab dem 01.09.2009 nicht zu einem „Wiederaufleben“ eines Anspruchs nach § 4 VAHRG kommen.
Bei einer Überprüfung der Unterhaltsverpflichtung durch den Rentenversicherungsträger nach dem 31.08.2009 ist dieser auch für die Entscheidung über die weitere Aussetzung der Kürzung der Rente nach § 5 VAHRG zuständig. Dabei ist die Kürzung der Rente in voller Höhe auszusetzen, solange weiterhin eine Unterhaltspflicht besteht (AGVA 2/2009, TOP 2).
Sofern nur der Zahlungsanspruch auf eine Rente ruht (zum Beispiel wegen Einkommensanrechnung), aber sowohl der Rentenanspruch als auch die maßgebenden Voraussetzungen des VAHRG in dieser Zeit dem Grund nach weiter vorliegen, handelt es sich nicht um ein „Entfallen“ der Voraussetzungen für die Anwendung der Härteregelung. Kommt es (nach dem 31.08.2009) wieder zur Zahlung der Rente, findet auch die Härteregelung wieder Anwendung.
Fällt jedoch der Rentenanspruch auch dem Grunde nach weg (zum Beispiel wegen § 34 Abs. 2 SGB VI), könnte eine „Wiedergewährung“ der Rente nach dem 31.08.2009 nicht mehr zur Berücksichtigung einer Härteregelung nach dem VAHRG führen (Art. 23 Nr. 2 VAStrRefG). Im Hinblick darauf, dass mit dem VAHRG eine Rückübertragung nicht stattfand, müssen die Voraussetzungen der Aussetzung der Kürzung der Rente aufgrund des Versorgungsausgleichs bei jedem Rentenanspruch neu geprüft werden. Bei einem Rentenbeginn ab dem 01.09.2009 erfolgt die Prüfung grundsätzlich nach den §§ 32 bis 38 VersAusglG.
Eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nach § 5 VAHRG ist nach einer Abänderungsentscheidung über den Versorgungsausgleich (§§ 51, 52 VersAusglG) weiterhin zu beachten. Denn allein die Abänderung des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht bewirkt weder eine Änderung der Leistungsart der Rente noch lässt sie den Grund für die Anwendung des § 5 VAHRG entfallen (AGVA 1/2010, TOP 2).
Antragseingang bei der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.09.2009
Auf Anträge zur Anwendung der Härte- oder Anpassungsregelungen, die ab dem 01.09.2009 bei der gesetzlichen Rentenversicherung eingehen, finden ausschließlich die Vorschriften des VersAusglG Anwendung. Hierbei ist insbesondere die Zuständigkeit des Familiengerichts für die Entscheidung über die Anpassung wegen Unterhalt (§ 34 Abs. 1 VersAusglG) zu beachten. Seitens der Rentenversicherungsträger ergeben sich dabei Hinweispflichten, dass ein entsprechender Antrag beim Familiengericht zu stellen wäre.
Beachte:
Nach dem 31.08.2009 ist für die Anwendung der Anpassungsregelungen nur der Zeitpunkt der Antragstellung und nicht der Zeitpunkt des Rentenbeginns maßgebend. Wird zum Beispiel eine Hinterbliebenenrente aus der Versicherung der ausgleichspflichtigen Person verspätet (nach dem 31.08.2009) beantragt und liegt der Rentenbeginn vor dem 01.09.2009, so kann für die Hinterbliebenenrente eine Anpassung wegen Tod nicht berücksichtigt werden (AGVA 2/2009, TOP 2). Hinterbliebene der ausgleichspflichtigen Person sind im Gegensatz zu dem bis zum 31.08.2009 geltenden § 9 Abs. 2 VAHRG nicht mehr antragsberechtigt (§ 38 Abs. 1 S. 2 VersAusglG).
Liegen jedoch besitzgeschützte persönliche Entgeltpunkte im Sinne von § 88 SGB VI vor, die sich bei einer Vorrente aus § 4 VAHRG oder aus § 37 VersAusglG ergeben, sind diese bei der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen (BSG vom 20.03.2013, AZ: B 5 R 2/12 R, und vom 24.04.2014, AZ: B 13 R 25/12 R, AGFAVR 1/2015, TOP 8).
Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700) |
Inkrafttreten: 01.09.2009 Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08; BT-Drucksache 16/10144 |
Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.