KVdR/PflegeV/BZ USA
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
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Änderung | Abschnitt 3 wurde aufgrund einer zum 01.01.2019 in Kraft getretenen Änderung im US-amerikanischen Krankenversicherungsrecht vollständig überarbeitet. |
Stand | 18.01.2019 |
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Version | 001.00 |
- Deutsche gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung
- Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI
- Krankenversicherung für Rentenbezieher in den USA
Deutsche gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung
Eine Pflichtmitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR) oder der Pflegeversicherung (PflegeV) ist bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA nicht zulässig.
Der sachliche Geltungsbereich des SVA-USA erstreckt sich nicht auf die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Die Pflichtmitgliedschaft in der deutschen KVdR (§ 5 Abs. 1 Nr. 11, 12 SGB V) und sozialen PflegeV (§§ 20 ff. SGB XI) beurteilt sich allein nach innerstaatlichem deutschen Recht. Dies sieht solche Pflichtversicherungen bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA nicht vor (siehe GRA zu § 5 ff. SGB V, Abschnitt 12).
Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI
Die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ist bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA nur in bestimmten Fällen zulässig.
Das SVA-USA enthält keine sich unmittelbar auf den Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI beziehende Norm. Das Abkommen kann sich jedoch bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA auswirken und zwar durch die Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 5 SVA-USA. Dabei ist zwischen von der Gebietsgleichstellung erfassten Personen (siehe Abschnitt 2.1) und nicht erfassten Personen (siehe Abschnitt 2.2) zu unterscheiden.
Von der Gebietsgleichstellung erfasste Personen
Aufgrund der Gebietsgleichstellung nach Art. 5 SVA-USA ist die Bestimmung des § 111 Abs. 2 SGB VI auf deutsche und US-amerikanische Staatsangehörige, Flüchtlinge, Staatenlose sowie deren Hinterbliebene, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den USA haben, nicht anzuwenden (siehe GRA zu Art. 5 SVA-USA, Abschnitt 2 und 2.5).
Seit dem 05.05.2005 gilt dies auch für andere Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU, des EWR sowie der Schweiz und deren Hinterbliebene, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den USA haben. Dies folgt aus der Rechtsprechung EuGH-Urteil vom 15.01.2002, Rechtssache C-55/00, Gottardo, in Verbindung mit der Änderung des Art. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 vom 05.05.2005.
Bei den Hinterbliebenen der oben angeführten Personen gilt die Gebietsgleichstellung nur im Hinblick für die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI zu einer Hinterbliebenenrente. Beziehen die Hinterbliebenen auch eine eigene deutsche Versichertenrente, können sie hierzu einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI erhalten, wenn sie selbst deutsche oder US-amerikanische Staatsangehörige, Flüchtlinge, Staatenlose oder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz sind.
Den vorgenannten Rentnern kann somit bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA ein Zuschuss nach § 106 SGB VI gezahlt werden, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
Hierbei ist im Verhältnis zu den USA Folgendes zu beachten:
- Es ist unbeachtlich, ob der Anspruch auf deutsche Rente bereits innerstaatlich, unter Anwendung des SVA-USA oder eines anderen multi- oder bilateralen Abkommens besteht. Die Erfüllung der Voraussetzungen für die Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ist getrennt von der Erfüllung der Voraussetzungen für den Rentenanspruch zu beurteilen. Die Anwendung abweichender über- und zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften zur Erfüllung des Rentenanspruchs einerseits und zur Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI anderseits stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der multilateralen Vertragsanwendung des Art. 2 Abs. 2 SVA-USA in Verbindung mit Nr. 2 Buchst. C SP zum SVA-USA dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 9.1).
- In den USA besteht eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung für Personen, die sich legal in den USA aufhalten (Einzelheiten siehe Abschnitt 3). Sie ist seit dem 01.05.2007 eine den Zuschuss ausschließende gesetzliche ausländische Pflichtkrankenversicherung (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 5.2), sofern nicht die Besitzstandsregelung des § 315 Abs. 4 SGB VI anzuwenden ist.
- Eine private US-amerikanische Krankenversicherung ist keine zuschussfähige Krankenversicherung im Sinne des § 106 SGB VI (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 4.3).
- Eine freiwillige Versicherung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung dürfte bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA nicht bestehen, weil dies nach § 3 SGB IV nicht zulässig ist. Darüber hinaus wäre auch hier zu beachten, dass eine US-amerikanische Pflichtkrankenversicherung den Anspruch auf Zuschuss ausschließt.
- Eine private Krankenversicherung, die der deutschen Aufsicht oder der Aufsicht eines anderen Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz unterliegt, stellt grundsätzlich eine zuschussfähige Krankenversicherung im Sinne des § 106 SGB VI dar. Der zuvor angegebene Ausschlussgrund durch die US-amerikanische Pflichtkrankenversicherung ist jedoch zu beachten.
Weitere Einzelheiten zu den Voraussetzungen des §106 SGB VI sind der GRA zu § 106 SGB VI zu entnehmen.
Von der Gebietsgleichstellung nicht erfasste Personen
Auf Rentenbezieher mit gewöhnlichem Aufenthalt in den USA, die von der Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 5 SVA-USA nicht erfasst werden (beispielsweise kanadische Staatsangehörige), ist die Ausschlussnorm des § 111 Abs. 2 SGB VI anzuwenden. Diese Personen haben damit bei gewöhnlichem Aufenthalt in den USA keinen Anspruch auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI.
Eine andere Beurteilung kann sich für sie im Einzelfall ergeben, wenn auf sie ausnahmsweise die Übergangsbestimmung des § 319 Abs. 1 SGB VI anzuwenden ist (siehe GRA zu § 319 SGB VI, Abschnitt 2).
Krankenversicherung für Rentenbezieher in den USA
Das Krankenversicherungsrecht in den USA hat in den letzten Jahren mehrere Änderungen erfahren. Diese Änderungen haben auch Einfluss darauf, ob und gegebenenfalls welche US-amerikanische Krankenversicherung als Pflichtkrankenversicherung im Sinne des § 106 Abs. 1 S. 2 SGB VI anzusehen ist. Die Änderungen werden in den folgenden Abschnitten beschrieben.
Zeitraum bis 31.12.2013
Bis zum 31.12.2013 bestand in den USA nur für einen begrenzten Personenkreis eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung. Hierzu gehörten
- Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine US-amerikanische Rente hatten,
- Angehörige von rentenberechtigten Versicherten, wenn die Versicherten zwar noch keine US-amerikanische Rente erhalten, aber zumindest das 62. Lebensjahr vollendet hatten und
- Invalidenrentner, die seit 24 Monaten eine US-amerikanische Invaliditätsrente erhielten.
Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2018
Nach dem Affordable Care Act (ACA, sogenannte Obamacare) besteht in den USA eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung, die alle legalen Einwohner der USA erfasst. Diese Personen sind seit dem 01.01.2014 verpflichtet, eine ausreichende Krankenversicherung abzuschließen.
Als ausreichender Krankenversicherungsschutz kommen insbesondere in Betracht:
- private Krankenversicherungen, (insbesondere Gruppenversicherungen, die über den Arbeitgeber abgeschlossen werden oder individuelle Versicherungen, die über staatlich organisierte Internet-Plattformen - exchanges oder marketplaces genannt - abgeschlossen werden können),
- Medicare A, die gesetzliche Pflichtkrankenversicherung für Rentenbezieher oder
- Medicaid, die staatliche Krankenversicherung für Bedürftige.
Von der gesetzlichen Pflichtkrankenversicherung für Rentner (Medicare A) werden
- Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine US-amerikanische Altersrente haben, oder
- Invalidenrentner, die seit 24 Monaten eine US-amerikanische Invalidenrente erhalten,
erfasst.
Personen, die dem Grunde nach der Versicherungspflicht nach dem ACA unterliegen, aber keine ausreichende Krankenversicherung abschließen, müssen eine Strafe (individual shared responsibility provision) zahlen. Die Strafe wird im Rahmen der jährlichen Steuererklärung rückwirkend für das Vorjahr für jeden Monat ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz erhoben.
Für die vorstehend genannten Personen besteht somit eine ausländische gesetzliche Pflichtkrankenversicherung im Sinne des § 106 Abs. 1 S. 2 SGB VI.
Von der Versicherungspflicht nach dem ACA ausgenommen sind insbesondere Personen, die wegen ihres geringen Einkommens keine Steuern zahlen müssen. Auch wenn diese Personen über ein geringes Einkommen verfügen, kann dieses Einkommen dennoch so hoch sein, dass sie auch nicht der staatlichen Krankenversicherung Medicaid angehören.
Weitere Ausnahmen von der Versicherungspflicht bestehen für Angehörige von Religionsgemeinschaften und Strafgefangene.
Theoretisch müssen Personen, die von der Versicherungspflicht nach dem ACA ausgenommen sind, eine Ausnahmebestätigung bei Abgabe ihrer US-amerikanischen Steuererklärung einreichen, um zu vermeiden, dass sie eine Strafe zahlen müssen, weil sie keine ausreichende Krankenversicherung haben. Die Ausnahmebestätigung kann in der Regel über die exchanges/marketplaces beantragt werden.
Ob eine solche Ausnahmebestätigung auch ausgestellt wird beziehungsweise erforderlich ist, wenn Rentner gegenüber der zuständigen Steuerbehörde nachweisen, dass sie über eine ausländische private Krankenversicherung verfügen, ist bislang nicht bekannt.
Beantragen Rentner mit gewöhnlichem Aufenthalt in den USA einen Zuschuss zur Krankenversicherung und machen geltend, nicht nach dem ACA pflichtversichert zu sein, sollte eine Ausnahmebestätigung angefordert werden. Sollten die Rentner in einem solchen Fall mitteilen, dass sie keine Ausnahmebestätigung oder sonstige Negativbescheinigungen beschaffen können, kann auch die eigene Angabe der Versicherten ausreichen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Versicherten
- nicht bereits wegen des Bezugs einer US-amerikanischen Rente über Medicare (Part A) krankenversichert sind,
- nicht bereits aufgrund einer in den USA ausgeübten Beschäftigung über ihren Arbeitgeber in den USA krankenversichert sind oder
- ausdrücklich bestätigen, dass neben ihrer privaten Krankenversicherung bei einem Krankenversicherungsunternehmen unter deutscher oder Aufsicht eines Mitgliedstaats der EU, des EWR oder der Schweiz keine weitere Krankenversicherung bei einem US-amerikanischen Krankenversicherungsunternehmen besteht.
Liegen somit keine Hinweise darauf vor, dass die Rentner nach dem ACA versicherungspflichtig sind, kann bei der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des § 106 SGB VI ein Zuschuss zur Krankenversicherung gewährt werden.
Zeitraum ab 01.01.2019
Zum 01.01.2019 wurde die im ACA enthaltene Versicherungspflicht faktisch abgeschafft. Ab diesem Zeitpunkt müssen Personen, die nach dem ACA verpflichtet sind, eine Krankenversicherung abzuschließen, keine Strafe zahlen, wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Damit obliegt die Entscheidung, eine Krankenversicherung abzuschließen, allein den vom ACA dem Grunde nach erfassten Personen. Ab dem 01.01.2019 kann somit nicht mehr davon ausgegangen werden, dass in der Regel für alle Personen mit legalem Aufenthalt in den USA eine Pflichtkrankenversicherung besteht, die die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 Abs. 1 S. 2 SGB VI ausschließt.
Es besteht somit - wie bereits bis 31.12.2013 (siehe Abschnitt 3.1) - nur für einen begrenzten Personenkreis eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung. Hierzu gehören
- Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine US-amerikanische Rente haben,
- Angehörige von rentenberechtigten Versicherten, wenn die Versicherten zwar noch keine US-amerikanische Rente erhalten, aber zumindest das 62. Lebensjahr vollendet haben und
- Invalidenrentner, die seit 24 Monaten eine US-amerikanische Invaliditätsrente erhalten.
Für diesen Personenkreis hat die zum 01.01.2019 eingetretene Änderung keine Auswirkung, sie sind weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung für Rentner (Medicare A) pflichtversichert.