Art. 17 SVA-Marokko: KVdR, PflegeV, Zuschuss zur Krankenversicherung
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
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Änderung | Abschnitt 3.1 wurde um einen Hinweis auf die sogenannte multilaterale Vertragsanwendung ergänzt. Abschnitt 3.2 wurde neu aufgenommen. Die GRA wurde insgesamt redaktionell überarbeitet. |
Stand | 21.08.2017 |
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Rechtsgrundlage | |
Version | 002.00 |
- Inhalt der Regelung
- Krankenversicherung der Rentner (KVdR)
- Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI
- Krankenversicherung in Marokko
Inhalt der Regelung
Art. 17 SVA-Marokko bestimmt, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es auch bei gewöhnlichem Aufenthalt im anderen Vertragsstaat zu einer Krankenversicherung der Rentner (KVdR) in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung kommt. Die Regelung findet zurzeit keine Anwendung (siehe Abschnitt 2).
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
- Art. 18 SVA-Marokko
Nach Art. 18 SVA-Marokko ist die Anwendung der Bestimmungen des Abkommens betreffend die Sachleistungen bei Krankheit (unter anderem Art. 17 SVA-Marokko) Gegenstand einer besonderen Übereinkunft. Eine solche Übereinkunft wurde bislang nicht geschlossen. - Nr. 10 SP zum SVA-Marokko
Nr. 10 SP zum SVA-Marokko enthält Bestimmungen zur Ausführung der in Artikel 17 enthaltenen Regelungen, findet zurzeit aber keine Anwendung (siehe Abschnitt 2).
Krankenversicherung der Rentner (KVdR)
Art. 17 SVA-Marokko in Verbindung mit Nr. 10 SP zum SVA-Marokko findet zurzeit keine Anwendung.
In Marokko besteht zwar eine gesetzliche Krankenversicherung für Geldleistungen, eine Krankenversicherung für Sachleistungen ist jedoch erst noch im Aufbau begriffen.
Ziel des Abkommens ist es, die gesetzliche Krankenversicherung stufenweise in die Anwendung des Abkommens einzubeziehen (siehe Art. 18 SVA-Marokko). Daher ist im Hinblick auf das sonst bestehende Ungleichgewicht zwischen Beitragsleistung und Leistungsansprüchen Art. 17 SVA-Marokko über die KVdR in Verbindung mit Art. 18 SVA-Marokko so auszulegen, dass die Bestimmung und die darauf beruhende Versicherungs- und Beitragspflicht erst dann wirksam werden, wenn auch die Sachleistungsansprüche durch besondere Übereinkunft voll gewährleistet sind. Eine solche Übereinkunft wurde bislang nicht getroffen.
Auch Art. 13 SVA-Marokko, der unter anderem Regelungen zur KVdR-Belegung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 SGB V beinhaltet, findet keine Anwendung, weil die Zeit einer marokkanischen Krankenversicherung für Geldleistungen ihrer Art nach nicht einer Versicherung entspricht, die Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung begründet.
Auswirkungen auf die KVdR und die Pflegeversicherung
Unter Beachtung der Ausführungen zu Abschnitt 2 ergeben sich somit zurzeit in Bezug auf eine deutsche KVdR aus dem Abkommen keine wirksamen Regelungen. Die deutsche KVdR beurteilt sich ausschließlich nach rein innerstaatlichem Recht. Dies hat unter anderem zur Folge, dass bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko aufgrund des § 3 Nr. 2 SGB IV (Territorialitätsprinzip) auch beim Bezieher oder Antragsteller allein einer deutschen Rente eine deutsche KVdR (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 SGB V) nicht eintreten kann.
Art. 17 SVA-Marokko gilt grundsätzlich nicht für die Pflegeversicherung (PflegeV), weil diese vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens (GRA zu Art. 2 SVA-Marokko, Abschnitt 4) nicht erfasst ist. Die Versicherungspflicht in der PflegeV beurteilt sich daher nach innerstaatlichem deutschen Recht. Bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko kann es somit unter Berücksichtigung von § 3 Nr. 2 SGB IV nicht zur Versicherungspflicht in der PflegeV kommen.
Verlegen die Bezieher einer deutschen Rente ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach Marokko, endet die Versicherungspflicht in der KVdR und PflegeV mit dem Tage dieser Verlegung. Entsprechend beginnt die Versicherungspflicht in der KVdR und PflegeV im Fall der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts aus Marokko nach Deutschland mit dem Tage der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts.
Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI
Das SVA-Marokko enthält mit Nr. 10 Buchst. a SP zum SVA-Marokko zwar eine Regelung, die die Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI betrifft. Die Regelung der Nr. 10 Buchst. a SP zum SVA-Marokko findet aus den in Abschnitt 2 genannten Gründen jedoch keine Anwendung. Ob ein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 106 SGB VI besteht, beurteilt sich daher grundsätzlich nach den innerstaatlichen deutschen Rechtsvorschriften.
Das SVA-Marokko kann sich jedoch bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko auswirken und zwar durch die Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 5 SVA-Marokko.
Von der Gebietsgleichstellungsnorm erfasste Personen
Nach § 111 Abs. 2 SGB VI ist die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt nicht für Bezieher einer deutschen Rente, die von der Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 5 SVA-Marokko erfasst werden (siehe GRA zu Art. 5 SVA-Marokko, Abschnitt 2 und 5 sowie GRA zu Art. 3 SVA-Marokko, Abschnitt 2).
Bei den Hinterbliebenen der von der Gebietsgleichstellungsnorm erfassten Personen gilt die Gebietsgleichstellung nur im Hinblick für die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI zu einer Hinterbliebenenrente. Beziehen die Hinterbliebenen auch eine eigene deutsche Versichertenrente, können sie hierzu einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI nur erhalten, wenn sie selbst deutsche oder marokkanische Staatsangehörige, Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz oder Flüchtlinge beziehungsweise Staatenlose sind.
Den vorgenannten Rentnern kann somit bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko ein Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI gezahlt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 106 SGB VI erfüllt sind.
Hierbei ist im Verhältnis zu Marokko Folgendes zu beachten:
- Es ist unbeachtlich, ob der Anspruch auf deutsche Rente bereits innerstaatlich, unter Anwendung des SVA-Marokko oder eines anderen multi- oder bilateralen Abkommens besteht. Die Erfüllung der Voraussetzungen für die Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ist getrennt von der Frage der Erfüllung der Voraussetzungen für den Rentenanspruch zu beurteilen. Die Anwendung abweichender über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften zur Erfüllung des Rentenanspruchs einerseits und zur Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI andererseits stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der multilateralen Vertragsanwendung des Art. 2 Abs. 2 SVA-Marokko dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 9.1).
- In Marokko besteht eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung (siehe Abschnitt 4). Sie stellt seit dem 01.05.2007 eine den Zuschuss ausschließende ausländische gesetzliche Pflichtkrankenversicherung dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 5.2), sofern nicht die Besitzstandsregelung des § 315 Abs. 4 SGB VI anzuwenden ist.
Bis zum 30.04.2007 hat eine marokkanische Pflichtkrankenversicherung keine den Zuschuss ausschließende Pflichtkrankenversicherung dargestellt. Die Sonderregelung der Nr. 10 Buchst. a SP des SVA-Marokko war aus den unter Abschnitt 2 genannten Gründen nicht anzuwenden. - Eine private marokkanische Krankenversicherung stellt keine zuschussfähige Krankenversicherung im Sinne des § 106 SGB VI dar (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 4.3).
- Eine freiwillige Versicherung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung dürfte bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko nicht anzutreffen sein, weil dies nach § 3 SGB IV nicht zulässig ist. Beachte hier darüber hinaus den oben angeführten Ausschlussgrund durch eine marokkanische Pflichtkrankenversicherung.
- Eine private Krankenversicherung, die der deutschen Aufsicht oder der Aufsicht eines anderen Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz unterliegt, stellt grundsätzlich eine zuschussfähige Krankenversicherung im Sinne des § 106 SGB VI dar (vergleiche GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 4.3). Beachte hier darüber hinaus den oben angeführten Ausschlussgrund durch eine marokkanische Pflichtkrankenversicherung.
Soweit erforderlich, sind weitere Einzelheiten zu den Voraussetzungen des § 106 SGB VI der GRA zu § 106 SGB VI zu entnehmen.
Nicht von der Gebietsgleichstellungsnorm erfasste Personen
Auf Rentenbezieher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko, für die die Gebietsgleichstellung aus Art. 5 SVA-Marokko nicht gilt, ist die Ausschlussnorm des § 111 Abs. 2 SGB VI anzuwenden. Diese Personen haben damit bei gewöhnlichem Aufenthalt in Marokko keinen Anspruch auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung. Eine andere Beurteilung kann sich für sie im Einzelfall ergeben, wenn auf sie ausnahmsweise die Übergangsbestimmung des § 319 Abs. 1 SGB VI anzuwenden ist (siehe GRA zu § 319 SGB VI, Abschnitt 2).
Krankenversicherung in Marokko
In Marokko besteht eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung für gegen Entgelt Beschäftigte in Industrie, Handel, der Forstwirtschaft und landwirtschaftlichen Kooperativen und Genossenschaften. Auch Personen, die bei Handwerkern, Landbesitzern, Fischern und Selbständigen angestellt sind, unterliegen in der Regel der Pflichtkrankenversicherung.
Der marokkanischen Pflichtkrankenversicherung unterliegen auch die Bezieher einer marokkanischen Rente.
Die Selbständigen werden von der gesetzlichen Pflichtkrankenversicherung nicht erfasst.
Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und einen bestimmten Teil anderer Beschäftigter bestehen Sondersysteme.
Gesetz vom 10.04.1986 zu dem Abkommen vom 25.03.1981 |
Inkrafttreten: 11.04.1986 (Gesetz), 01.08.1986 (Abkommen) Quelle: BGBl. II 1986, S. 550 ff |
Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 17 SVA-Marokko sind nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum 01.08.1986 in Kraft getreten.