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3 RK 40/67

Aus den Gründen

Der Beigeladene Dr. v. L.-S. war von 1962 bis 1966 Gerichtsreferendar (Beamter auf Widerruf). Daneben war er während eines Teils der Referendarzeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der Juristischen Fakultät der Universität G. im Angestelltenverhältnis beschäftigt, und zwar mit Bezügen von anfangs (Oktober 1962) 140 DM, zuletzt (März 1965) 250 DM. Die BfA als Klägerin und die AOK als Beklagte streiten darüber, ob die Beschäftigung des Beigeladenen an der Universität angestelltenversicherungspflichtig war.

Nachdem die Beklagte dies zunächst angenommen hatte, erkannte sie auf den Widerspruch des Beigeladenen Versicherungsfreiheit an: Die Spitzenverbände der beteiligten VersTr seien übereinstimmend der Auffassung (DOK 1964, 366; 1965, 99), daß nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG Beamte, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet würden, auch in einer Zweitbeschäftigung versicherungsfrei seien. Die BfA, die diese Auffassung nicht teilt, sondern Referendare nur im eigentlichen Ausbildungsverhältnis für versicherungsfrei hält, ist mit der Klage vom SG abgewiesen worden.

Ihre Berufung hatte Erfolg. Das LSG hat unter Aufhebung des Besch. der Beklagten festgestellt, daß der Beigeladene als wissenschaftliche Hilfskraft der Universität G. angestelltenversicherungspflichtig war.

Die Revision der Beklagten ist unbegründet...

Beizutreten ist dem Berufungsgericht darin, daß der angefochtene Besch. nicht schon wegen Unzuständigkeit der beklagten KK rechtswidrig ist. Eine KK kann allerdings über die Rentenversicherungspflicht einer Beschäftigung nur entscheiden, wenn sie - bei Versicherungspflicht der Beschäftigung - zugleich die Beiträge vom Arbeitgeber einzuziehen hätte (§ 121 Abs. 1 und 3 AVG). Für Mehrfachbeschäftigte, d.h. für Personen, die im Laufe eines Monats regelmäßig bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt werden (§ 118 Abs. 2 AVG), war die KK während der hier maßgebenden Zeit nicht Einzugsstelle der Rentenversicherungsbeiträge; die Beiträge waren vielmehr von den Beschäftigten selbst durch Verwendung von Beitragsmarken zu entrichten (§ 127 Abs. 1 AVG a.F.). Zu den Mehrfachbeschäftigten im Sinne des § 118 Abs. 2 AVG gehörten und gehören indessen nur Personen, die in ihren mehreren Beschäftigungen versicherungspflichtig sind; denn nur unter dieser Voraussetzung konnten und brauchten die Arbeitgeber durch § 118 Abs. 2 AVG von ihrer aus § 118 Abs. 1 AVG folgenden Verpflichtung entbunden zu werden, „die Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte ... zu entrichten“. Hier hat die beklagte KK den Beigeladenen in seiner Beschäftigung als Referendar zutreffend für versicherungsfrei gehalten (vgl. BSG 20, 244). Eine - die Entscheidungskompetenz der KK ausschließende - Mehrfachbeschäftigung des Beigeladenen lag deshalb nicht vor.

Die Beklagte hat in dem angefochtenen Besch. die Beschäftigung des Beigeladenen an der Universität zu Unrecht für versicherungsfrei erklärt, wie das LSG richtig entschieden hat. Es hat dabei auf ein Urt. des Senats verwiesen, in dem eine Beschäftigung, die ein vorläufig des Dienstes enthobener Beamter aufgenommen hatte, als versicherungspflichtig angesehen worden ist (BSG 20, 123; vgl. ferner BSG 20, 133). Der Senat hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß eine Beschäftigung, die ein Beamter außerhalb seines Beamtenverhältnisses ausübe und die nicht aus anderen Gründen, insbesondere nicht als eine nur gelegentlich oder nebenher verrichtete Beschäftigung versicherungsfrei sei, der Rentenversicherungspflicht unterliege; die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit von Beamten beträfen nur das eigentliche Beamtenverhältnis, nicht eine daneben aufgenommene „private“ Beschäftigung; andernfalls wäre der Beamte im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis nur ungenügend gesichert, da einer Nachversicherung allein die Beamtenbezüge zugrunde zu legen seien (Die Entsch. betraf einen Beamten, der nach § 169 RVO i.V.m. § 1226 Abs. 1 Nr. 1 RVO a.F. und nach § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO wegen einer ihm gewährleisteten Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung versicherungsfrei war).

Die gleichen Erwägungen gelten für den vorliegenden Fall. Hier hatte der Beigeladene zwar nicht als Beamter auf Lebenszeit nach einer vorläufigen Dienstenthebung, sondern als ein von vornherein nur auf bestimmte Zeit und auf Widerruf angestellter Beamter ein „privates“ Beschäftigungsverhältnis aufgenommen. Auch er war jedoch beim Ausscheiden aus dem Referendarverhältnis nur mit dem ihm als Referendar gewährten Unterhaltszuschuß nachzuversichern (§§ 9 Abs. 1 und 2124 Abs. 2 AVG). Die aus der Beschäftigung an der Universität bezogene Vergütung würde also, wenn insoweit keine Versicherungs- und Beitragspflicht bestände, bei einer künftigen Rentengewährung ausfallen. Das widerspräche dem Schutzzweck der RentV. Wie gerade die Neuregelung der Nachversicherung zeigt, die sich seit 1957 nicht mehr auf Beamte beschränkt, die „in Ehren“ aus ihrem Dienstverhältnis ausscheiden (vgl. früher § 1242a Abs. 1 RVO i.d.F. der VO vom 17.3.1945), sollen sie für den Fall der Nachversicherung den übrigen Versicherten grundsätzlich gleichstehen. Dazu gehört, daß auch Verdienste aus einer zweiten oder einer weiteren Beschäftigung wie bei den übrigen Versicherten für die Rentenberechnung berücksichtigt werden. Um dies sicherzustellen, kann es nicht darauf ankommen, ob der Eintritt der Nachversicherung bei dem einzelnen Beamten aus tatsächlichen Gründen mehr oder minder wahrscheinlich ist. Auch bei Beamten, bei denen die Möglichkeit einer Nachversicherung fern liegt, gelten deshalb für eine Zweitbeschäftigung die allgemeinen Vorschriften über die Versicherungspflicht. Daran ändert nichts, daß sie in ihrem Beamtenverhältnis - bis zum Eintritt der Nachversicherung - versicherungsfrei sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AVG). Diese Regelung soll lediglich verhindern, daß in den Regelfällen, in denen keine Nachversicherung stattfindet, eine Doppelversorgung durch Gewährung von Rente und Ruhegehalt erfolgt. Ihr kann dagegen nicht entnommen werden, der Gesetzgeber habe Beamte schlechthin für nicht schutzbedürftig gehalten, wie dies früher in der Tat für Angestellte zutraf, die mit ihrem Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze lagen (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AVG a.F.); sie wurden deshalb vom RVA mit Recht auch in einer Zweitbeschäftigung als versicherungsfrei angesehen (GE Nr. 5592, AN 1945,6).

Auch der Beigeladene war somit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG („Versicherungsfrei sind Beamte ... der Länder ..., solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden“) nur für die Zeit seiner Referendarausbildung und nur in seiner Eigenschaft als Widerrufsbeamter, nicht dagegen in der daneben ausgeübten Beschäftigung an der Universität versicherungsfrei. Daß diese Beschäftigung keine (versicherungsfreie) Nebenbeschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 AVG war, ergibt sich schon aus ihrer Dauer und der Höhe der gezahlten Vergütung; in beiden Beziehungen wurden die insoweit in § 4 Abs. 2 AVG festgelegten Grenzwerte erheblich überschritten. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Beschäftigung des Beigeladenen auch nicht wegen eines inneren Zusammenhangs mit der Referendarausbildung dieser zugeordnet werden. Daß der Dienstherr sie als „ausbildungskonform“ genehmigt hatte, machte sie noch nicht zu einem Teil der Referendarausbildung; dazu gehören nur die in der Ausbildungsordnung ausdrücklich als solche vorgesehenen „Ausbildungsstationen“.

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