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IVb ZB 873/80

Gründe I.

Die Parteien haben am 4. Juli 1975 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin) wurde dem Ehemann (Antragsgegner) am 24. Juli 1978 zugestellt.

Der Ehemann stand nach Ableistung des Grundwehrdienstes seit dem 4. April 1972 für die Dauer von acht Jahren (bis zum 3. April 1980) als Zeitsoldat im Dienste der Bundesrepublik Deutschland.

Durch Verbundurteil vom 26. Juni 1980 hat das Familiengericht die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß es den Ehemann verpflichtet hat, zur Begründung einer Rentenanwartschaft von monatlich 30,20 DM einen Betrag von 5.281,41 DM auf das Rentenkonto der Ehefrau einzuzahlen. Dabei hat es auf Seiten der Ehefrau eine in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaft von monatlich 19,80 DM - bezogen auf den 30. Juni 1978 - berücksichtigt. Auf Seiten des Ehemannes hat es im Hinblick auf dessen Dienstverhältnis als Zeitsoldat nach Einholung von Auskünften des Wehrgebührnisamtes V vom 4. Mai 1979 und der Landesversicherungsanstalt Unterfranken vom 5. Oktober 1979 eine Rentenanwartschaft von monatlich 80,20 DM zugrundegelegt.

Mit ihrer Beschwerde hat die Ehefrau die Aufhebung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich und die Abtrennung des Versorgungsausgleichs vom Scheidungsverfahren mit dem Ziel eines Rentensplittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB nach Durchführung der Nachversicherung, hilfsweise einen Ausgleich in Form des Quasi-Splittings analog § 1587 b Abs. 2 BGB, erstrebt. Die Beschwerde ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden.

Mit der - zugelassenen - weiteren Beschwerde verfolgt die Ehefrau ihre vor dem Oberlandesgericht gestellten Anträge weiter. Hilfsweise bittet sie um Zurückverweisung.

Die Bundesrepublik Deutschland regt für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an, das Verfahren über den Versorgungsausgleich abzutrennen und auszusetzen, hilfsweise den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich anzuordnen, weiterhin hilfsweise, den Versorgungsausgleich im Wege der Begründung von Rentenanwartschaften durch Einzahlung gemäß § 1587 b Abs. 3 BGB zu regeln.

Gründe II.

Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist das durch den Dienst als Zeitsoldat begründete Versorgungsanrecht nicht im Wege der Begründung von Rentenanwartschaften durch Einzahlung gemäß § 1587 Abs. 3 BGB auszugleichen. Wie der Senat durch Beschluß vom 1. Juli 1981 - IV b ZB 659/80 -(FamRZ 1981, 856 = NJW 1981, 2187) in einem Fall, in dem das Dienstverhältnis als Zeitsoldat noch andauerte, entschieden hat, erwirbt der Zeitsoldat eine alternativ ausgestaltete Versorgungsaussicht entweder auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Dienstzeitanrechnung in einer Beamtenlaufbahn, die in entsprechender Anwendung des § 1587 b Abs. 2 BGB im Wege des sogenannten Quasi-Splittings auszugleichen ist. Diese Versorgungsaussicht ist mit dem Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bewerten, und zwar auch dann, wenn der Ausgleichsverpflichtete nach dem Ende der Ehezeit Beamter oder Berufssoldat wird und daher keine Nachversicherung stattfindet, sondern die als Zeitsoldat verbrachte Dienstzeit sich bei seiner Beamten- oder Soldatenversorgung auswirkt. Auch ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich ist insoweit nicht vorzubehalten. Im einzelnen wird auf die Ausführungen in dem genannten Beschluß des Senats Bezug genommen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts kann hiernach keinen Bestand haben und war daher aufzuheben.

2. Für eine eigene Sachentscheidung des Senats ist der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt. Zwar besteht Klarheit über den Wert der auszugleichenden beiderseitigen Versorgungsanrechte. Indessen sind weitere Feststellungen im Hinblick auf die Form des Versorgungsausgleichs erforderlich.

a) Der Ehemann ist nach den tatrichterlichen Feststellungen mit dem Ablauf des 3. April 1980 aus dem Dienstverhältnis als Zeitsoldat ausgeschieden. Welchen Berufsweg er anschließend eingeschlagen hat, ist nicht bekannt. Ist er Beamter oder Berufssoldat geworden, wird der Wehrdienst als Zeitsoldat im Rahmen der Beamten- oder Soldatenversorgung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG; §§ 20, 2 SVG). Anderenfalls ist der Ehemann von der Bundesrepublik Deutschland für die Zeit des Dienstes als Zeitsoldat nach Maßgabe der §§ 1232 Abs. 3, 1402, 1403 RVO (§§ 9 Abs. 3, 124, 125 AVG) in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern, sofern er nicht durch Tod ausscheidet und rentenberechtigte Hinterbliebene nicht vorhanden sind (§ 1232 Abs. 6 RVO; § 9 Abs. 6 AVG). Die Nachversicherung ist - wenn der Zeitsoldat nach dem Ablauf der Verpflichtungszeit keine Berufsförderung durch die Bundeswehr in Anspruch nimmt (§ 3 Abs. 1 SVG) und auch kein anderer Aufschubtatbestand für die Nachversicherung vorliegt - ein Jahr nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr durchzuführen (§§ 1232 Abs. 3, 1403 RVO; §§ 9 Abs. 3, 125 AVG; vgl. Senatsbeschluß vom 1. Juli 1981, FamRZ 1981, 857). Dieses Jahr ist vorliegend am 3. April 1981 abgelaufen.

b) Tritt der ehemalige Zeitsoldat in ein Dienstverhältnis als Beamter oder Berufssoldat ein oder wird er nachversichert, so ist dem für die Form des Versorgungsausgleichs Rechnung zu tragen. Die Frage ist in der Entscheidung des Senats vom 1. Juli 1981 offengeblieben. Der Senat hat sich in dieser Entscheidung jedoch bereits zu dem Grundsatz bekannt, daß für die Form des Ausgleichs - im Gegensatz zum Wert des Ausgleichs - nicht die Umstände beim Ende der Ehezeit, sondern diejenigen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich sind (s. a.a.O. S. 861 m.w.N.). Hiervon ausgehend ergibt sich, daß dort, wo der Ausgleichspflichtige Beamter oder Berufssoldat geworden oder die Nachversicherung durchgeführt ist, nicht mehr auf eine analoge Anwendung des § 1587 b Abs. 2 BGB zurückzugreifen, sondern die tatsächlich begründete Versorgungsanwartschaft heranzuziehen und daher entweder das Quasi-Splitting - unmittelbar, jedoch zum Wert der fiktiven Nachversicherung - durchzuführen oder im Wege des Rentensplittings das durch die Nachversicherung begründete oder erhöhte Rentenkonto des Ausgleichspflichtigen zu belasten ist. Es wäre weder systemgerecht noch praktikabel, die Versorgungsaussicht des ehemaligen Zeitsoldaten auch dann noch in analoger Anwendung des § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Bundesrepublik auszugleichen, wenn bereits feststeht, in welcher Form die Versorgungsaussicht tatsächlich Gestalt angenommen hat und welcher Dienstherr oder Sozialversicherungsträger der Träger der Versorgungsanwartschaft ist.

Für den Fall der Nachversicherung wird durch die Heranziehung der durch die Nachversicherung entstandenen Rentenanwartschaften - statt einer bei der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Versorgungsaussicht - auch die Gefahr einer Doppelbelastung der Bundesrepublik Deutschland von vornherein vermieden. Diese könnte bei der Nachversicherung, wenn noch keine Entscheidung zum Versorgungsausgleich vorliegt, keinen Gebrauch von der Kürzungsmöglichkeit nach § 1402 Abs. 8 RVO machen, gleichwohl aber mit der Erstattungspflicht nach § 1304 b Abs. 2 Satz 2 RVO gegenüber dem Sozialversicherungsträger belastet bleiben. Auch aus diesem Grunde erscheint es angezeigt, die durch den Dienst als Zeitsoldat begründete Versorgungsaussicht beim Versorgungsausgleich jeweils in der Form heranzuziehen, in der sie sich nach dem Ausscheiden des Zeitsoldaten im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung konkretisiert hat.

c) Nach diesen Grundsätzen bedarf es für die abschließende Entscheidung noch der Klärung, ob die von dem Ehemann durch den Dienst als Zeitsoldat erworbene Versorgungsaussicht nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr in eine konkrete Versorgungsanwartschaft eingemündet ist. Die Sache ist daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Ist der Ehemann Beamter oder Berufssoldat geworden, ist die durch den Dienst als Zeitsoldat bedingte Versorgungsanwartschaft - zum Wert der fiktiven Nachversicherung - zu Lasten des (neuen) Dienstherrn im Wege des Quasi-Splittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB auszugleichen. Ergibt sich in dem erneuten Verfahren vor dem Oberlandesgericht, daß der Ehemann inzwischen nachversichert worden ist, ist der Versorgungsausgleich im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB durchzuführen.

3. Die von dem Oberlandesgericht erwogene Frage, ob die Entscheidung des Familiengerichts in der Frage der Berechnung des Versorgungsausgleichs auf die Erstbeschwerde der Ehefrau zu ihrem Nachteil abgeändert werden könnte oder insoweit das Verbot der reformatio in peius entgegensteht, bedarf in diesem Stadium des Verfahrens keiner Stellungnahme, da noch nicht feststeht, welche Anträge die Beteiligten in dem erneuten Beschwerdeverfahren verfolgen werden und ob sich die Frage des Verbots der reformatio in peius danach noch stellen wird.

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