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§ 40 VersAusglG: Zeitratierliche Bewertung einer Anwartschaft

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.04.2021

Änderung

In Abschnitt 4.1 wurde aktuelle BGH-Rechtsprechung ergänzt. Im Übrigen erfolgten redaktionelle Anpassungen.

Dokumentdaten
Stand01.04.2021
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 40 VersAusglG

Version003.00

Inhalt der Regelung

In § 40 VersAusglG ist die Ermittlung des Ehezeitanteils von Anrechten in der Anwartschaftsphase geregelt, deren Wert sich nicht gemäß § 39 VersAusglG unmittelbar aus bestimmten Zeitabschnitten bestimmen lässt. Grundlage der Berechnung des Werts des Ehezeitanteils ist dann die zeitratierliche Bewertung.

Nach Absatz 1 sind Versorgungsanrechte in der Anwartschaftsphase, für die eine unmittelbare Bewertung nach § 39 VersAusglG nicht möglich ist, auf der Grundlage eines Zeit-Zeit-Verhältnisses (zeitratierlich) zu bewerten.

Absatz 2 enthält die Formel für die Berechnung des Werts des Ehezeitanteils. Danach wird der Quotient aus der in die Ehezeit fallenden Zeitdauer und der höchstens erreichbaren Zeitdauer mit der zu erwartenden Versorgung multipliziert.

Nach Absatz 3 ist bei der Ermittlung der zu erwartenden Versorgung von den Bemessungsgrundlagen zum Ende der Ehezeit auszugehen, wobei rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, zu berücksichtigen sind (§ 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG).

Absatz 4 stellt klar, dass insbesondere solche Anrechte zeitratierlich zu bewerten sind, aus denen im Versorgungsfall entgeltabhängige Versorgungen zu zahlen sind.

Absatz 5 zählt auf, welche Bestandteile des Ehezeitanteils bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden dürfen. Es handelt sich dabei um familienbezogene Bestandteile, die die Ehegatten aufgrund bestehender Ehe oder für Kinder erhalten.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit den anderen Regelungen zur Wertermittlung von Anrechten im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu sehen, unter anderem mit:

Allgemeines

Bei der Wertermittlung zur Durchführung des Versorgungsausgleichs hat die unmittelbare Bewertung einer Anwartschaft Vorrang. Bei der unmittelbaren Bewertung, die auch für Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung gilt, kann grundsätzlich jedem Zeitabschnitt die Höhe der Versorgung, die im direkten Zusammenhang mit einer Bezugsgröße steht, unmittelbar zugeordnet werden.

Ist dies nicht möglich, weil die Höhe der Versorgung nicht allein aus Beiträgen, Entgelten oder Kapitalbeträgen berechnet wird, sondern auch Zeitfaktoren zu berücksichtigen sind, wird der Wert des Ehezeitanteils ausgehend von der zu erwartenden Versorgung nach einem Zeit-Zeit-Verhältnis bestimmt; die Anwartschaft wird in diesen Versorgungssystemen zeitratierlich bewertet.

Es sind auch „Mischfälle“ möglich, in denen ein Teil des Anrechts unmittelbar und ein weiterer Teil zeitratierlich zu bewerten ist. Ein Beispiel hierfür ist die betriebliche Altersversorgung des öffentlichen Dienstes (VBL). Die bis 31.12.2001 bei der VBL erworbenen Anrechte sind gemäß § 40 VersAusglG zeitratierlich zu bewerten. Die Bewertung der ab 01.01.2002 beitragsbezogen erworbenen Anrechte erfolgt nach der unmittelbaren Bewertungsmethode gemäß § 39 VersAusglG.

Zeitratierliche Bewertung (Absatz 1)

Zur Berechnung des Ehezeitanteils eines Anrechts in der Anwartschaftsphase erfolgt nach § 40 Abs. 1 VersAusglG eine zeitratierliche Bewertung, wenn kein direkter Zusammenhang zwischen einer Bezugsgröße aus der Ehezeit und der Höhe der Versorgung besteht und daher die vorrangige unmittelbare Bewertung für Anrechte nicht möglich oder nicht sachgerecht ist. Für laufende Versorgungen verweist § 41 Abs. 2 S. 1 VersAusglG auf die Grundsätze der zeitratierlichen Bewertung, sofern keine unmittelbare Bewertung nach § 41 Abs. 1 VersAusglG möglich ist.

Die nachrangige zeitratierliche Bewertung ist im Vergleich zur unmittelbaren Bewertung ungenauer. Zum einen erfolgt sie unter der Annahme, dass die Versorgungsanwartschaft gleichmäßig (linear) aufgebaut wird, was in der Praxis jedoch nicht immer der Fall ist. Hinzu kommt, dass in Anwartschaftsfällen die bei Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze zu erwartende Versorgung mittels einer Prognose bestimmt werden muss (BT-Drucks. 16/10144, S. 79).

Eine zeitratierliche Bewertung erfolgt in erster Linie für Versorgungsanrechte von Beamten, Soldaten und Richtern sowie für private Versorgungsanrechte nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, zum Beispiel von Lehrern an Privatschulen (siehe auch § 44 Abs. 1 VersAusglG); ferner auch für Anrechte aus betrieblichen Versorgungszusagen, insbesondere Direktzusagen.

Für die Höhe des Ehezeitanteils kommt es in der Regel auf das Endgehalt bei Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze an. In Anwartschaftsfällen ist zum Beispiel bei Beamten das fiktive Ruhegehalt maßgebend; bei Pensionsbeziehern wird die gewährte Pension zugrunde gelegt. Wird das Endgehalt mit dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Dienstzeit zur Gesamtdienstzeit bis zur Altersgrenze vervielfältigt, ergibt sich der Ehezeitanteil (siehe Abschnitt 4).

Soweit es um die Bewertung von Anrechten aus der Beamtenversorgung geht, setzt diese voraus, dass sowohl bei Ehezeitende (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ein Beamtenverhältnis bestehen muss. Ein Beamtenverhältnis auf Probe genügt. Der Ehezeitanteil von Anrechten der Beamtenversorgung wird als monatlicher Rentenbetrag ermittelt.

Besteht zum Ende der Ehezeit im Sinne des § 3 Abs. 1 VersAusglG ein Beamtenverhältnis auf Widerruf oder ein Dienstverhältnis einer Soldatin oder eines Soldaten auf Zeit, ist ein beamtenrechtlicher Versorgungsanspruch noch nicht sicher. In diesem Fall ist der Wert des Anrechts auf der Grundlage einer fingierten Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermitteln; die Bewertung erfolgt dann unmittelbar nach § 39 VersAusglG (§ 44 Abs. 4 VersAusglG, siehe GRA zu § 44 VersAusglG).

Berechnungsformel (Absatz 2)

Bei der zeitratierlichen Bewertung nach § 40 Abs. 2 VersAusglG werden für die Berechnung des Ehezeitanteils folgende Werte benötigt:

  • die in der Gesamtzeit vom Eintritt in die Versorgung bis zur maßgeblichen Altersgrenze des Versorgungssystems erreichbaren Zugehörigkeitszeiten (n),
  • die Zugehörigkeitszeit, die auf die Ehezeit fällt (m) und
  • die zu erwartende Versorgung (R).

Die Formel, nach der die zeitratierliche Bewertung vorgenommen wird, lautet:

(m)  geteilt durch  (n)  mal  (R) ist gleich Ehezeitanteil der Versorgung in EUR.

Indem (m) durch (n) geteilt wird, entsteht ein Verhältniswert vom Teilzeitraum der Ehe zur Gesamtzeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem. Das Ergebnis wird mit der insgesamt zu erwartenden Versorgung (R) multipliziert. Die auf diese Weise berechnete Anwartschaft ist der Ehezeitanteil, der dem Wertausgleich zugrunde gelegt werden kann.

Gesamtzeit (n)

Die Gesamtzeit umfasst die Zeit vom Eintritt in die Versorgung bis zur maßgeblichen Altersgrenze. Maßgebliche Altersgrenze ist bei Anrechten in der Anwartschaftsphase grundsätzlich die Regelaltersgrenze bei dem betroffenen Anrecht, sofern nicht eine besondere Altersgrenze zu beachten ist.

Befindet sich ein Anrecht in der Leistungsphase, sind die Annahmen für die Gesamtzeit (die höchstens erreichbare Zeitdauer) und die zu erwartende Versorgung grundsätzlich durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen.

Die Dauer der Gesamtzeit beeinflusst maßgeblich die Höhe von Ehezeitanteil und Ausgleichswert eines zeitratierlich zu bewertenden Anrechts. Je länger die Gesamtzeit bei gleicher Zugehörigkeitszeit zur Ehe ist, desto niedriger fallen Ehezeitanteil und Ausgleichswert - zum Vorteil der ausgleichspflichtigen Person - aus. Daher stand die Dauer der Gesamtzeit schon des Öfteren im Fokus der Rechtsprechung, unter anderem in folgenden Fällen:

  • Hat ein ausgleichspflichtiger Beamter auf Antrag seine Dienstzeit als Beamter verlängert, ist das bei der Ermittlung der Gesamtzeit nach § 41 Abs. 2 S. 2 VersAusglG in Verbindung mit § 40 Abs. 2 S. 1 VersAusglG zu beachten (BGH vom 20.06.2018, AZ: XII ZB 102/17, FamRZ 2018, 1500, BGH vom 03.07.2019, AZ: XII ZB 34/17, FamRZ 2019, 1604).
  • Bei kommunalen Wahlbeamten endet die Gesamtzeit grundsätzlich mit dem Ablauf der Amtszeit (Wahlperiode), die in dem für die letzte tatrichterliche Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt läuft, weil eine Wiederwahl nicht sicher ist (BGH vom 21.11.2018, AZ: XII ZB 303/18, FamRZ 2019, 191).
  • Hat ein kommunaler Wahlbeamter am Ende der Ehezeit bereits ein Versorgungsanrecht nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erworben, und kommt es nach der Ausgangs-entscheidung zum Versorgungsausgleich zu seiner Wiederwahl, sind bei der Bewertung des Versorgungsanrechts im Rahmen eines Abänderungsverfahrens die nach dem Ende der in der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegten Wahlperiode abgeleisteten Dienstzeiten bei der Gesamtzeit im Sinne von § 40 Abs. 2 S. 1 VersAusglG zu berücksichtigen (BGH vom 10.04.2019, AZ: XII ZB 284/18).
  • Bei Soldaten ist die dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legende Gesamtzeit regelmäßig nach der besonderen Altersgrenze des Soldatengesetzes (§ 45 Abs. 2 SG) zu bemessen (BGH vom 25.01.2012, AZ: XII ZB 371/11, FamRZ 2012, 944, und BGH vom 19.12.2012, AZ: XII ZB 299/10, FamRZ 2013, 435).
  • Bei Versorgungsanrechten eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ist für den Beginn der im Rahmen der zeitratierlichen Bewertung einzustellenden Gesamtzeit auf den in der Versorgungszusage für den Erwerb des Anrechts tatsächlich festgelegten Erdienensverlauf abzustellen; wenn die Unternehmereigenschaft des Versorgungsem-pfängers schon bei Erteilung der Zusage bestanden hat, wird in der Versorgungszusage der Beginn des Erwerbs von Anrechten schon aus steuerrechtlichen Gründen regelmäßig auf den Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage festgelegt sein (BGH vom 11.09.2019, AZ: XII ZB 627/15, FamRZ 2019, 1993).

Zugehörigkeitszeit in der Ehe (m)

Zu den Zugehörigkeitszeiten in der Ehe gehören alle Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, die auf die Ehezeit fallen und für eine spätere Versorgung angerechnet werden. Zu berücksichtigen sind dabei nur die zeitratierlich zu bewertenden Zugehörigkeitszeiten; unmittelbar zu bewertende Zugehörigkeitszeiten bleiben außer Betracht.

Zu erwartende Versorgung (R)

Dabei handelt es sich um die Versorgung, die bei Erreichen der maßgebenden Altersgrenze insgesamt zu erwarten ist. Ein gegebenenfalls früher durchgeführter Versorgungsausgleich bleibt dabei unberücksichtigt. Ferner sind Abschnitt 5 und Abschnitt 7 zu beachten.

siehe Beispiel 1

Stichtag Ende der Ehezeit (Absatz 3)

Zu ermitteln ist der Wert des Ehezeitanteils aus der Versorgung, die sich zum Ende der Ehezeit bei Erreichen der Altersgrenze als Versorgung ergeben hätte. § 40 Abs. 3 S. 1 VersAusglG bestimmt in Anlehnung an § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG als Stichtag für die Bewertung des Ehezeitanteils grundsätzlich das Ende der Ehezeit. Für die Ermittlung der zu erwartenden Versorgung sind daher die Bemessungsgrundlagen zum Ende der Ehezeit maßgebend.

Rechtliche und tatsächliche Veränderungen, die die Bewertung des Ehezeitanteils rückwirkend auf den Stichtag beeinflussen, sind aber nach § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG zu berücksichtigen. Nähere Erläuterungen zur Problematik der rechtlichen und tatsächlichen Veränderungen ergeben sich aus der GRA zu § 5 VersAusglG.

Endgehaltsbezogene Anrechte (Absatz 4)

Nach § 40 Abs. 4 VersAusglG ist die zeitratierliche Bewertung bei Anrechten vorzunehmen, bei denen die Höhe der zu erwartenden Versorgung vom Endgehalt abhängig ist. Dies ist in erster Linie bei der Beamtenversorgung der Fall, ferner teilweise bei betrieblichen Versorgungszusagen, insbesondere bei Direktzusagen (BT-Drucksache 16/10144 S. 79).

Nicht zu berücksichtigende familienbezogene Bestandteile (Absatz 5)

Familienbezogene Bestandteile der Versorgung sind nicht zu berücksichtigen, soweit diese nur wegen der bestehenden Ehe oder für Kinder geleistet werden. Damit soll gewährleistet werden, dass die Versorgung, die dann ebenfalls ohne diese Bestandteile zu erwarten ist und die für die zeitratierliche Bewertung zugrunde gelegt wird, in der Leistungshöhe nicht „verfälscht“ wird. Das gilt jedoch nicht für solche Beträge, die als unveränderlicher Bemessungsbestandteil einer Versorgung erhalten bleiben (zum Beispiel Kindererziehungs- und Kindererziehungsergänzungszuschlag nach §§ 50a, 50b BeamtVG).

Beispiel 1 Zeitratierliche Bewertung einer Anwartschaft eines Beamten

(Beispiel zu Abschnitt 4)
Ehezeit:01.12.1995 bis 31.08.2014
Eintritt in das Beamtenverhältnis01.09.1992
Erreichen der Regelaltersgrenze30.11.2031
Zu erwartende Versorgung2.000,00 EUR
Frage:
Wie ist der Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts zeitratierlich zu ermitteln?
Lösung:

Der Ehezeitanteil berechnet sich nach der Formel

(m) geteilt durch (n)  mal  (R)

(m)Zugehörigkeitszeit in der Ehe (12/1995 bis 08/2014) 225 Monate
(n)Erreichbare Zugehörigkeitszeit in der Gesamtzeit (09/1992 bis 11/2031) 471 Monate
(R)Zu erwartende Versorgung (fiktiv)2.000,00 EUR
225 Monate geteilt durch 471 Monate mal 2.000,00 EUR gleich955,41 EUR
Der Ehezeitanteil beträgt 955,41 EUR.
Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)
Inkrafttreten: 01.09.2009
Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/10144; BT-Drucksache 16/11903

Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 40 VersAusglG