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§ 75 SGG: Beiladung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

31.08.2020

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand25.08.2020
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 in Kraft getreten am 01.07.2020
Rechtsgrundlage

§ 75 SGG

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 75 SGG regelt die Beiladung Dritter neben den Hauptbeteiligten – dem Kläger und dem Beklagten – zu einem fremden sozialgerichtlichen Verfahren. Dritte können ebenso wie bei den Hauptbeteiligten entweder natürliche Personen (Bürger) oder juristische Personen des privaten sowie des öffentlichen Rechts (beispielsweise Arbeitgeber, Leistungsträger) sein.

Die Hinzuziehung und Beteiligung Dritter im Verwaltungsverfahren ist in § 12 Abs. 2 SGB X (Beteiligte) geregelt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 69 SGGDie Vorschrift benennt die Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens. Beigeladene sind nach § 69 Nr. 3 SGG Beteiligte.
§ 70 SGGBeteiligtenfähigkeit
§ 71 SGGProzessfähigkeit
§ 94 SGGDie Vorschrift regelt die Rechtshängigkeit durch Klageerhebung bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit (§ 90 SGG).
§ 106 SGGDie Vorschrift regelt die Aufklärungspflicht des Vorsitzenden. Dazu gehört, dass andere beizuladen sind (§ 106 Abs. 3 Nr. 6 SGG).
§ 141 SGGRechtskraft
§ 142 SGGBeschlüsse
§ 168 SGGRevisionsverfahren
§ 295 ZPOVerfahrensrügen

Allgemeines

Beschrieben werden ausschließlich die für die Deutsche Rentenversicherung bedeutsamen Fragen rund um die Beiladung.

Warum gibt es die Beiladung?

Die Beiladung dient der Wahrung der Interessen eines Dritten, einer umfassenden Sachaufklärung sowie der Prozessökonomie in einem rechtshängigen Verfahren (§ 94 Abs. 1 SGG).

Es wird unterschieden zwischen der

  • einfachen Beiladung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGG), siehe Abschnitt 3.1,
  • echten notwendigen Beiladung (§ 75 Abs. 2 1. Alternative SGG), siehe Abschnitt 3.2,
  • unechten notwendigen Beiladung (§ 75 Abs. 2 2. Alternative SGG), siehe Abschnitt 3.3,
  • Massenbeiladung (§ 75 Abs. 2a SGG), siehe Abschnitt 3.4,
  • Beiladung in besonderen Fällen (§ 75 Abs. 2b SGG), siehe Abschnitt 3.5.

Einfache Beiladung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGG)

Die einfache Beiladung eines Dritten kann vorgenommen werden, wenn berechtigte eigene rechtliche, wirtschaftliche, ideelle oder sonstige tatsächliche Interessen berührt werden bzw. berührt werden können. Der Begriff des berechtigten Interesses ist als unbestimmter Rechtsbegriff weit auszulegen.

Der Dritte muss die Voraussetzungen des berechtigten Interesses glaubhaft machen.

Die einfache Beiladung steht im Ermessen der Sozialgerichtsbarkeit. Auf eine einfache Beiladung besteht kein Rechtsanspruch.

Echte notwendige Beiladung (§ 75 Abs. 2 1. Alternative SGG)

Die echte notwendige Beiladung ist vorzunehmen, wenn eine ausreichende teilweise Identität des Streitgegenstands (§ 95 SGG) im Verhältnis der Hauptbeteiligten zu dem Dritten anzunehmen ist. Eine ausreichende teilweise Identität des Streitgegenstands kann gegeben sein, wenn die sozialgerichtliche Entscheidung unmittelbar in die Rechtssphäre eines Dritten eingreifen würde. Dann ist eine einheitliche Sachentscheidung gegenüber allen an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Rechtssubjekten erforderlich (BSG vom 26.10.2004, AZ: B 7 AL 16/04 R, juris Rn. 12; BSG vom 10.02.2000, AZ: B 3 P 12/99 R, juris Rn. 12).

Der Streitgegenstand ergibt sich aus dem mit dem Klageantrag verfolgten Begehren, wobei der Sachverhalt zur Auslegung herangezogen wird.

Unechte notwendige Beiladung (§ 75 Abs. 2 2. Alternative SGG)

Die unechte notwendige Beiladung eines anderen Leistungsträgers (§ 12 SGB I) ist vorzunehmen, wenn sich im sozialgerichtlichen Verfahren ergeben sollte, dass dieser andere Leistungsträger und nicht der verklagte Leistungsträger als (potentiell) leistungspflichtiger Leistungsträger in Betracht kommt.

Massenbeiladung (§ 75 Abs. 2a SGG)

Die Massenbeiladung ist eine Sonderform der echten notwendigen Beiladung (§ 75 Abs. 2 1. Alternative SGG). Sie kommt in Betracht, wenn eine Beiladung von mehr als 20 (natürlichen und juristischen) Personen erforderlich ist. Ein typischer Fall sind Rechtsstreite zu Betriebsprüfungen (§ 28p SGB IV) mit einer potentiell großen Zahl an Drittbetroffenen.

Der Beschluss über die Massenbeiladung ist unanfechtbar (§ 75 Abs. 2a S. 2 SGG).

Der Beschluss über die Massenbeiladung ist im Bundesanzeiger und mindestens zwei bundesweit verbreiteten Tageszeitungen zu veröffentlichen (§ 75 Abs. 2a S. 3 und 4 SGG).

Das Gericht kann zusätzlich eine Bekanntmachung in einem von ihm bestimmten Informations- und Kommunikationssystem (beispielsweise der Homepage des Gerichts) vornehmen (§ 75 Abs. 2a S. 5 SGG).

Personen, die von einer Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, sollen nach § 75 Abs. 2a S. 9 SGG auch ohne Antrag beigeladen werden (BSG vom 15.07.2009, AZ: B 12 KR 1/09 R, juris Rn. 12-15).

Ein veröffentlichter Massenbeiladungsbeschluss kann dem Beschluss des SG München vom 15.07.2020, AZ: S 10 R 2708/16 entnommen werden.

Die Massenbeiladung zielt auf eine Rechtskrafterstreckung der gerichtlichen Entscheidung kraft Beiladungsfiktion in § 141 Abs. 1 Nr. 2 SGG.

Beiladung auf Antrag in besonderen Fällen (§ 75 Abs. 2b SGG)

Nur auf Antrag ist eine Beiladung der potentiell betroffenen (dritten) Versicherungsträger (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Bundesagentur für Arbeit) für folgende Verfahren vorgesehen:

Hierzu benachrichtigt das Gericht mit Fristsetzung die in Betracht kommenden Träger der Deutschen Rentenversicherung.

Die Umstellung zum 01.07.2020 auf ein Antragsverfahren (siehe Abschnitt 1) trägt zur Verschlankung und Beschleunigung der betreffenden Gerichtsverfahren bei. Falls erforderlich, kann das Gericht in geeigneten Fällen die Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen. Durch die ergänzende Änderung des § 141 Abs. 1 Nr. 2 SGG wird die Rechtskraftwirkung der gerichtlichen Entscheidung entsprechend auf die Versicherungsträger erstreckt, die trotz Benachrichtigung einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Form und Verfahren (§ 75 Abs. 3 SGG)

Der Beiladungsantrag ist als Willenserklärung auslegungsfähig (§ 133 BGB).

Der Beizuladende muss beteiligtenfähig (§ 70 SGG) und prozessfähig (§ 71 SGG) sein.

Eine Beiladung kann im anhängigen Verfahren (§ 94 Abs. 1 SGG) bis zur Rechtskraft in Betracht kommen. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beiladung ist die Zustellung des Beiladungsbeschlusses (§ 75 Abs. 3 S. 1 SGG).

Der Beigeladene wird erst durch den förmlichen, konstitutiven Beiladungsbeschluss (§ 142 SGG) Beteiligter des Verfahrens (§ 69 Nr. 3 SGG).

Der Beschluss über eine Beiladung eines Dritten ist nach § 75 Abs. 3 Satz 2 SGG unanfechtbar.

Wird dagegen eine beantragte Beiladung durch Beschluss abgelehnt, so ist diese Entscheidung durch Beschwerde (§ 172 Abs. 1 SGG) anfechtbar.

Antragsrechte des Beigeladenen (§ 75 Abs. 4 SGG)

Die Antragsrechte, zu denen der Beigeladene berechtigt ist, sind Prozesshandlungen.

Der einfach Beigeladene kann nach § 75 Abs. 4 S. 1 SGG nur innerhalb der Sachanträge der Hauptbeteiligten tätig werden.

Als Sachanträge bezeichnet man in einem Rechtsstreit Anträge, die sich auf den Inhalt der gewünschten oder der erstrebten Entscheidung beziehen. Eine gewünschte Entscheidung kann darin bestehen, dass auf Antrag der Beklagte zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verurteilt wird. Eine erstrebte Entscheidung kann darin bestehen, dass auf Antrag die Verurteilung zu einer gesetzlichen Leistung gefordert wird.

Der Sachantrag ist regelmäßig mit dem Klagebegehren identisch (Giesbert in Schle-gel/Voelzke, juris PraxisKommentar SGG 2017, § 123 Rn. 32 mit Verweis auf Rn. 14).

Der einfach Beigeladene kann den Rechtsstreit nur in den durch die Hauptbeteiligten gezogenen Grenzen betreiben und muss auch jede Verfügung der Hauptbeteiligten über den Streitgegenstand innerhalb oder außerhalb des Rechtsstreits hinnehmen, wie es seinem schwächeren Verfahrensstatus entspricht. Er kann also keine Verfahrenshandlungen vornehmen, mit denen über den Streitgegenstand verfügt wird.

Der notwendig Beigeladene kann nach § 75 Abs. 4 S. 2 SGG abweichende Sachanträge stellen, wenn er in seinen Rechten betroffen ist (BSG vom 23.09.2003, AZ: B 12 RA 3/02 R, juris Rn. 16).

Macht der Beigeladene von seinem Antragsrecht Gebrauch, nimmt er positiv wie negativ am Kostenrisiko des sozialgerichtlichen Verfahrens teil.

Den Beigeladenen nach § 75 Abs. 1 und 2 SGG steht das Recht zu, die gerichtliche Entscheidung anzufechten, wenn sie durch die sozialgerichtliche Entscheidung beschwert, d.h. in eigenen Rechten (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG) verletzt sind.

Reichweite und Grenze der Beiladung

Die nachstehenden Ausführungen betreffen die einfache wie die notwendige Beiladung.

Der Beigeladene tritt mit Zustellung des Beiladungsbeschlusses als Beteiligter (§ 69 Nr. 3 SGG) in das Verfahren ein.

Die Beiladung bewirkt vom Zeitpunkt der Zustellung des Beiladungsbeschlusses die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB. Die Hemmung der Verjährung endet nach § 204 Abs. 2 S. 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung des eingeleiteten Verfahrens.

Der Beigeladene kann die Hauptbeteiligten nicht an ihrer Disposition über den Streitgegenstand hindern. Das bedeutet, dass er weder die Klagerücknahme (§ 102 SGG) noch ein Anerkenntnis oder Vergleich zwischen den Hauptbeteiligten (§ 101 Abs. 1 und 2 SGG) verhindern kann.

Ist die Deutsche Rentenversicherung Beigeladene und steht ein Vergleichsabschluss an, so achtet sie darauf, sich daran zu beteiligen (siehe GRA zu § 101 SGG, Abschnitt 11).

Auf die Zustimmung des Beigeladenen zum Ruhen eines sozialgerichtlichen Verfahrens kommt es nicht an.

Der Beigeladene ist nach § 141 Abs. 1 S. 1 SGG wie die Hauptbeteiligten (Kläger und Beklagter, § 69 Nr. 1 und 2 SGG) an die rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beigeladene nicht aktiv am Verfahren teilgenommen hat.

Nach § 141 Abs. 1 S. 2 SGG umfasst die Bindung im Falle des § 75 Abs. 2a SGG die Personen und im Falle des § 75 Abs. 2b SGG die Versicherungsträger, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Verurteilung des Beigeladenen (§ 75 Abs. 5 SGG)

Es handelt sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die der Vermeidung eines neuen Rechtsstreits und sich widersprechender Entscheidungen dienen soll. Nur der unecht notwendig beigeladene Leistungsträger nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG kann verurteilt werden.

Eine Verurteilung des unecht notwendig beigeladenen Leistungsträgers kann in Betracht kommen, wenn Anspruchsgrund und Rechtsfolgen im Kern übereinstimmen (BSG vom 08.05.2007, AZ: B 2 U 3/06 R, juris Rn. 26).

Es liegt dann ein Fall der gesetzlich angeordneten Klageerweiterung vor.

Beispiel:

Der 12. Senat des BSG hat eine Klage gegen den beigeladenen Rentenversicherungsträger auf Feststellung der Versicherungspflicht einer Pflegeperson als zulässig angesehen, nachdem zunächst die hierfür unzuständige Pflegekasse verklagt worden war (BSG vom 23.09.2003, AZ: B 12 RA 3/02 R, juris Rn. 27).

Folgen unterbliebener Beiladung im Instanzenzug

Das Unterlassen einer einfachen Beiladung (siehe Abschnitt 3.1) stellt keinen Verfahrensfehler dar.

Die unterbliebene echte notwendige Beiladung (siehe Abschnitt 3.2) stellt einen von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG und § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG) dar. Auf sie kann nicht verzichtet werden (§ 202 SGG in Verbindung mit § 295 Abs. 2 ZPO). Als Verfahrensmangel bezeichnet man einen Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Zu diesen Verfahrensvorschriften zählt § 75 Abs. 2 1. Alternative SGG.

Die unterbliebene unechte notwendige Beiladung ist nur auf Rüge zu beachten (BSG vom 02.03.2010, AZ: B 12 R 5/09 R, juris Rn. 15). Anders als die unterbliebene echte notwendige Beiladung ist sie verzichtbar (§ 202 SGG in Verbindung mit § 295 Abs. 2 ZPO).

Die Beiladung kann im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren (siehe Abschnitt 9) nachgeholt werden.

Nachholung einer echten notwendigen Beiladung im Revisionsverfahren

Das Bundessozialgericht kann im Revisionsverfahren eine echte notwendige Beiladung mit Zustimmung des Beizuladenden nach § 168 S. 2 2. Alternative SGG nachholen, wenn diese Beiladung in der Tatsacheninstanz versäumt worden ist.

Eine solche Beiladung dient der Verfahrenskonzentration und hilft in den Fällen, wo es keiner weiteren Tatsachenfeststellung bedarf, die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zu vermeiden.

Eine Beiladung kann unterbleiben, wenn sich für den nicht Beigeladenen weder verfahrensrechtliche noch materiell-rechtliche Nachteile ergeben (BSG vom 06.04.2006, AZ: B 7a AL 56/05 R, juris Rn. 20).

Fallgestaltungen aus dem SGB I für eine Beiladung

Im Bereich der Allgemeinen Vorschriften des SGB I ergeben sich folgende typische Fallgestaltungen:

Auszahlung bei Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 48 SGB I)

Zu einem Rechtsstreit über eine Abtrennung ist je nach Fallkonstellation der Abzweigungsbegünstigte (BSG vom 19.02.1986, AZ: 7 RAr 70/85, juris Rn. 13) oder der Abzweigungsbetroffene (BSG vom 28.07.1987, AZ: 7 RAr 39/86, juris Rn. 14) beizuladen.

Aufrechnung (§ 51 SGB I) und Verrechnung (§ 52 SGB I)

Zu einem Rechtsstreit zur Auf- bzw. Verrechnung ist der jeweilige Gläubiger beizuladen (BSG vom 18.02.1992, AZ: 13/5 RJ 61/90, juris Rn. 10).

Fallgestaltungen aus dem SGB IV für eine Beiladung

Im Bereich der Gemeinsamen Vorschriften des SGB IV ergeben sich folgende typische Fallgestaltungen:

Anfrageverfahren zur Statusfeststellung (§ 7a SGB IV)

Für die Beiladung der zuständigen (Fremd-)Sozialversicherungsträger (ist gleich andere Versicherungsträger) zu einem Rechtsstreit über einen Statusfeststellungsbescheid gilt § 75 Abs. 2b SGG (siehe Abschnitt 3.5).

Zusätzlich ist der Auftraggeber zum Rechtsstreit des Auftragnehmers (und umgekehrt) notwendig beizuladen (Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 75 Rn. 67).

Einzugsstellenverfahren (§ 28h Abs. 2 SGB IV)

Für die Beiladung der zuständigen (Fremd-)Sozialversicherungsträger (ist gleich andere Versicherungsträger) zu einem Rechtsstreit über den Bescheid der Einzugsstelle (Krankenkasse) über die Versicherungspflicht bzw. –freiheit, der von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern angestrengt wird, gilt § 75 Abs. 2b SGG (siehe Abschnitt 3.5).

Betriebsprüfung mit personenbezogener Beitragsfestsetzung (§ 28p SGB IV)

Für die Beiladung der zuständigen (Fremd-)Sozialversicherungsträger (ist gleich andere Versicherungsträger) zu einem Rechtsstreit über einen Betriebsprüfungsbescheid mit personenbezogener Beitragsfestsetzung gilt § 75 Abs. 2b SGG (siehe Abschnitt 3.5).

Zusätzlich sind die Arbeitnehmer notwendig beizuladen (BSG vom 16.12.2015, AZ: B 12 R 11/14 R, juris Rn. 20, 21).

Betriebsprüfung mit einem Summenbescheid (§ 28p SGB IV in Verbindung mit § 28f Abs. 2 SGB IV)

Für die Beiladung der zuständigen (Fremd-)Sozialversicherungsträger (ist gleich andere Versicherungsträger) zu einem Rechtsstreit über einen Summenbescheid gilt § 75 Abs. 2b SGG (siehe Abschnitt 3.5).

Arbeitnehmer sind nicht beizuladen (BSG vom 31.10.2012, AZ: B 12 R 1/11 R, juris Rn. 10).

Fallgestaltungen aus dem SGB V für eine Beiladung

Im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung des SGB V ergeben sich folgende typische Fallgestaltungen:

Beitragszahlung aus der Rente (§ 255 Abs. 1 SGB V)

Zum Rechtsstreit von Rentenbezieher*innen mit einer Krankenkasse über die Krankenversicherungspflicht als Rentner*in ist der Rentenversicherungsträger beizuladen (BSG vom 21.02.1990, AZ: 12 RK 38/89, juris LS).

Einbehaltung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge aus der Rente (§ 255 Abs. 2 SGB V)

Zu einem Rechtsstreit über die nachträgliche Einbehaltung rückständiger Beitragsanteile zur Krankenversicherung aus der Rente (§ 255 Abs. 2 SGB V) ist die zuständige Krankenkasse notwendig beizuladen (BSG vom 31.03.2017, AZ: B 12 R 6/14 R, juris).

Fallgestaltungen aus dem SGB VI für eine Beiladung

Im Bereich der Gesetzlichen Rentenversicherung des SGB VI ergeben sich folgende typische Fallgestaltungen:

Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen (§ 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI)

Zu einem Rechtsstreit über einen Bescheid über die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI sind die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen notwendig beizuladen (siehe GRA zu § 3 SGB VI, Anlage 2a - GKV-Spitzenverbandsabrede vom 09.01.2013 - Abschnitt 4 am Ende).

Befreiung von der Versicherungspflicht für eine bestimmte Beschäftigung (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI)

Zu einem Rechtsstreit über die Befreiung von der Versicherungspflicht für eine bestimmte Beschäftigung (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI) ist der jeweilige Arbeitgeber notwendig beizuladen (BSG vom 13.12.2018, AZ: B 5 RE 1/18 B, juris Rn. 25).

Vormerkung von Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) und Kinderberücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI)

Zu einem Rechtsstreit über einen Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI über die Zuordnung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten ist der jeweils andere Ehepartner und Elternteil notwendig beizuladen (BSG vom 11.05.2011, AZ: B 5 R 22/10 R, juris Rn. 17).

Aufteilung von Witwenrenten und Witwerrenten auf mehrere Berechtigte (§ 91 SGB VI)

Zu einem Rechtsstreit über die Aufteilung von Hinterbliebenenrenten (Witwen- und Witwerrente, § 46 SGB VI bzw. frühere Ehegatten, § 243 SGB VI) auf mehrere Beteiligte nach § 91 SGB VI, der Drittwirkung auf bestehende Zahlungsansprüche haben kann, ist der oder die jeweils drittbetroffene Hinterbliebene beizuladen (BSG vom 30.09.1980, AZ: 2 RU 105/78, juris Rn. 23).

Versorgungsausgleich (§ 101 Abs. 3 SGB VI)

Bezieht die im Versorgungsausgleich ausgleichspflichtige Person bei Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich bereits eine Rente, so ist sie im Rechtsstreit der ausgleichsberechtigten Person mit dem Versicherungsträger über den Rentenanspruch aus den übertragenen Versorgungsanwartschaften notwendig beizuladen (BSG vom 09.04.1987, AZ: 5b RJ 70/85, juris, LS 1, Rn. 8).

Nachversicherung (§ 181 SGB VI)

Ein Rechtsstreit über die Frage, ob im Falle der Nachversicherung der Betrag der Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung oder mit befreiender Wirkung an eine berufsständische Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu zahlen ist, kann nur einheitlich gegenüber der versicherten Person, ihrem Arbeitgeber*in, der Deutschen Rentenversicherung und der berufsständische Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung entschieden werden (BSG vom 19.11.1981, AZ: 11 RA 88/80, juris Rn. 14).

Zu einem Rechtsstreit über die Forderung von Nachversicherungsbeiträgen durch die Deutsche Rentenversicherung gegen einen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber nach §§ 181, 185 Abs. 1 S. 1 SGB VI ist der ehemalige Beamte beizuladen (BSG vom 14.12.2016, AZ: B 13 R 34/15 R, juris Rn. 11).

Gleiches gilt für Forderungsverfahren gegen den Nachversicherungsschuldner nach § 233 SGB VI (BSG vom 27.06.2012, AZ: B 5 R 88/11 R, juris Rn. 6, 13).

Rückerstattungsansprüche der Deutschen Rentenversicherung gegenüber dem SGB II-Träger (Job-Center)

Zur Leistungsklage des Rentenversicherungsträgers nach §§ 40a, 79 SGB II in Verbindung mit § 112 SGB X ist der Leistungsempfänger mit Blick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X notwendig beizuladen (BSG vom 31.10.2012, AZ: B 13 R 9/12 R, juris Rn. 22, 23).

Siebtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG) vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248)
Inkrafttreten: 01.07.2020
Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/17586 vom 04.03.2020

Durch Artikel 10 Nr. 4 des 7. SGBIV-ÄndG ist Absatz 2b eingefügt worden:

„In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen“ (siehe Abschnitt 3.5).

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234)
Inkrafttreten: 01.01.2020
Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/9522 vom 05.09.2016

Ergänzung in Absatz 2 und 5 um den Satzteil „einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch“.

Sechstes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144)
Inkrafttreten: 02.01.2002
Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/5943, BT-Drucksache 14/6335

Durch Artikel 1 Nummer 30 Buchstabe c des 6. SGGÄndG ist Abs. 2a eingefügt worden:

„Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen“ (siehe Abschnitt 3.4).

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 75 SGG