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§ 68 FamFG: Gang des Beschwerdeverfahrens

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand21.05.2019
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 68 FamFG

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift regelt den Gang des Beschwerdeverfahrens.

Nach Absatz 1 hat das Gericht, dessen Entscheidung durch eine Beschwerde angefochten wird, der Beschwerde abzuhelfen, wenn es sie für begründet hält und die Beschwerde nicht gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache gerichtet ist. Anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen.

Absatz 2 beinhaltet eine Prüfpflicht des Beschwerdegerichts in Bezug auf die Statthaftigkeit sowie die gesetzliche Form und Frist der Beschwerde.

In Absatz 3 wird für das Beschwerdeverfahren auf die Vorschriften im ersten Rechtszug verwiesen und die Möglichkeit eröffnet, von bestimmten Verfahrenshandlungen abzusehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

Nach Absatz 4 kann das Beschwerdegericht die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen, wenn es sich nicht um einen Richter auf Probe handelt.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit den Regelungen zum Beschwerdeverfahren und zur Rechtskraft zu sehen, unter anderem mit:

Allgemeines

§ 68 FamFG regelt den Gang des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht/ Kammergericht.

Wurde beim Ausgangsgericht Beschwerde eingelegt, kann dieses in bestimmten Fällen der Beschwerde abhelfen (§ 68 Abs. 1 S. 1 FamFG). Dies trägt zur Entlastung des Beschwerdegerichts bei, weil es nicht mit Entscheidungen befasst wird, deren Fehlerhaftigkeit das Gericht der ersten Instanz bereits selbst erkannt hat.

In Familiensachen, zu denen auch Versorgungsausgleichssachen zählen, besteht eine derartige Abhilfemöglichkeit nicht (§ 68 Abs. 1 S. 2 FamFG). Das Ausgangsgericht hat entsprechende Beschwerden daher stets an das zuständige Beschwerdegericht (Oberlandesgericht/ Kammergericht) weiterzuleiten. Das Oberlandesgericht/ Kammergericht prüft dann die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde; liegen diese nicht vor, hat es die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Stellt das Oberlandesgericht/ Kammergericht die Zulässigkeit der Beschwerde fest, prüft es deren Begründetheit. Nach Abschluss der Prüfung erlässt es einen entsprechenden Beschluss, in dem es die Ausgangsentscheidung abändert, die Beschwerde als unbegründet zurückweist oder zur Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückverweist.

Darüber hinaus sieht § 68 FamFG vor, gerichtliche Ressourcen in der Beschwerdeinstanz effizient zu nutzen, indem zum Beispiel unnötige doppelte Beweisaufnahmen verhindert werden. Zudem kann die Durchführung eines Termins entbehrlich sein, wenn die Sache bereits in der ersten Instanz im erforderlichen Umfang mit den Beteiligten erörtert wurde (Abschnitt 5).

Grundsätzlich ist im Beschwerdeverfahren in Versorgungsausgleichssachen eine Entscheidung durch den Senat, dem drei Berufsrichter angehören, vorgesehen. Zur Einsparung von Personalressourcen kann unter bestimmten Voraussetzungen die Entscheidung in der Beschwerdeinstanz auch auf einen Einzelrichter übertragen werden (Abschnitt 6).

Entscheidung über Abhilfe einer Beschwerde (Absatz 1)

§ 68 Abs. 1 S. 1 FamFG regelt die Möglichkeit, dass das Amtsgericht, bei dem eine Beschwerde nach § 64 Abs. 1 FamFG einzulegen ist, selbst der Beschwerde abhilft. Hält das Amtsgericht die Beschwerde für begründet, kann es seine unzutreffende Entscheidung selbst korrigieren und eine Vorlage beim Beschwerdegericht vermeiden.

In Familiensachen (§ 111 FamFG), zu denen auch die Versorgungsausgleichssachen zählen (siehe GRA zu § 217 FamFG), darf das Amtsgericht allerdings grundsätzlich nicht selbst eine Abhilfeentscheidung treffen (§ 68 Abs. 1 S. 2 FamFG). Daher leitet es eine gegen eine Versorgungsausgleichsentscheidung eingelegte Beschwerde unverzüglich an das Beschwerdegericht weiter. Beschwerdegericht ist das zuständige Oberlandesgericht, in Berlin das Kammergericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GVG).

Hinweis:

Ausnahmsweise darf das Ausgangsgericht seine Entscheidung selbst korrigieren, wenn ein Beteiligter Beschwerde eingelegt hat, obwohl tatsächlich eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 FamFG vorliegt oder eine Beschlussergänzung nach § 43 FamFG begehrt wird. Mit Einverständnis des Beschwerdeführers kann es die Beschwerde zum Beispiel in einen Berichtigungsantrag nach § 42 FamFG umdeuten und einen Berichtigungsbeschluss im Sinne des Beschwerdeantrags erlassen.

Prüfung der formellen Zulässigkeit einer Beschwerde (Absatz 2)

Das Beschwerdegericht (Oberlandesgericht/ Kammergericht Berlin) hat zunächst die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde zu prüfen, wie zum Beispiel die Statthaftigkeit der Beschwerde (§ 58 FamFG) sowie die Einhaltung von Formvorschriften und der Beschwerdefrist (§ 63 FamFG). Fehlt es an einer Zulässigkeitsvoraussetzung, ist die Beschwerde regelmäßig nach § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig zu verwerfen.

Ist die Beschwerde zulässig, muss deren Begründetheit geprüft werden. Das weitere Verfahren richtet sich nach § 68 Abs. 3, 4 FamFG.

Weiteres Verfahren beim Beschwerdegericht (Absatz 3)

Nach § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG gelten für das Beschwerdeverfahren die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das betrifft in erster Linie die §§ 1 bis 37 FamFG und – über § 69 Abs. 3 FamFG – die §§ 38 bis 48 FamFG.

Beispielsweise behalten Beteiligte, die das Amtsgericht im Ausgangsverfahren hinzugezogen hat, ihre Beteiligtenstellung (BGH vom 11.04.2012, AZ: XII ZB 531/11, FamRZ 2012, 1049). Den nicht Beschwerde führenden Beteiligten ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs die Beschwerdebegründung zu übersenden. Ferner gilt der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG. Auch kann im Beschwerdeverfahren wie im Verfahren vor dem Amtsgericht ein Zwangsgeld verhängt werden (§ 35 FamFG)

Die Beschwerde ist nach § 65 Abs. 3 FamFG eine Tatsachenbeschwerde (siehe GRA zu § 65 FamFG, Abschnitt 5). Das heißt, das Beschwerdegericht tritt im Rahmen seiner Prüfungskompetenz vollständig an die Stelle des Amtsgerichts und kann selbst die Entscheidung des Amtsgerichts korrigieren. Als echte zweite Tatsacheninstanz hat das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung die gleichen Befugnisse wie das Amtsgericht. Es muss zum Beispiel gegebenenfalls noch Beteiligte hinzuziehen oder Sachverhaltsermittlungen anstellen. Auch eine Zurückverweisung an das Ausgangsgericht ist möglich (§ 69 Abs. 1 S. 2, 3 FamFG – siehe dazu GRA zu § 69 FamFG, Abschnitt 3.2).

Unter die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts fallen nur die Sachverhalte, die Gegenstand der Entscheidung des Amtsgerichts der ersten Instanz waren. Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz kommt grundsätzlich nicht in Betracht, selbst wenn mit der Beschwerde ein Fehler gerügt wird, der auch die nicht angegriffenen Anrechte betrifft, zum Beispiel eine falsche Ehezeit (BGH vom 03.02.2016, AZ: XII ZB 629/13, FamRZ 2016, 794). Hinsichtlich des Ausgleichs der nicht angefochtenen Anrechte besteht dann keine Korrekturmöglichkeit.

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Beschwerdegericht eine Gesamtbilanz sämtlicher dem Wertausgleich unterliegenden Anrechte zu erstellen hat, zum Beispiel im Rahmen des § 31 VersAusglG. In diesem Fall ist eine Beschränkung der Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts auf ein einzelnes Anrecht nicht zulässig, auch dann nicht, wenn nur einer der beteiligten Versorgungsträger das Beschwerdegericht angerufen hat (BGH vom 13.04.2016, AZ: XII ZB 44/14, FamRZ 2016, 1062).

Nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG kann von der erneuten Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder Anhörung abgesehen werden, wenn das Gericht der ersten Instanz diese bereits durchgeführt hat. (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG).

Beschwerdeentscheidung durch Einzelrichter (Absatz 4)

Grundsätzlich ist im Beschwerdeverfahren in Versorgungsausgleichssachen eine Entscheidung durch den Senat, dem drei Berufsrichter angehören, vorgesehen. Um Personalressourcen einzusparen, kann unter bestimmten Voraussetzungen die Entscheidung in der Beschwerdeinstanz nach Maßgabe des § 526 ZPO auch auf einen Einzelrichter übertragen werden. Eine Übertragung der Entscheidung auf einen Einzelrichter ist zum Beispiel möglich, wenn es sich nicht um einen schwierigen Sachverhalt oder um eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung handelt.

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 309/07, BT-Drucksachen 16/6308, 16/9733

Artikel 1 des FGG-RG enthält das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Die Vorschrift ist Teil dieses Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 68 FamFG