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§ 69 FamFG: Beschwerdeentscheidung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand21.05.2019
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 69 FamFG

Version002.00

Inhalt der Regelung

Absatz 1 beinhaltet den Grundsatz, dass das Beschwerdegericht selbst in der Sache zu entscheiden hat sowie Ausnahmen von diesem Grundsatz, bei deren Vorliegen eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs möglich ist.

In Absatz 2 ist die Verpflichtung des Beschwerdegerichts zur Begründung des Beschlusses geregelt.

Nach Absatz 3 gelten für die Beschwerdeentscheidung die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit den Regelungen zum Beschwerdeverfahren und zur Rechtskraft zu sehen, unter anderem mit:

Allgemeines

§ 69 FamFG regelt Einzelheiten zur Entscheidung des Beschwerdegerichts über das eingelegte Rechtsmittel.

Unter anderem ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen das Beschwerdegericht die Sache an das Gericht der ersten Instanz zurückverweisen darf. Auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden § 25 FGG war eine Zurückverweisung an das Ausgangsgericht lediglich im Wege der Auslegung möglich.

Ferner ist geregelt, dass sich das Gericht der ersten Instanz bei seiner Entscheidung an den rechtlichen Vorgaben des Beschwerdegerichts zu orientieren hat.

Anwendbar ist § 69 FamFG auf Beschwerden gegen Endentscheidungen (§ 38 Abs. 1 S. 1 FamFG) des ersten Rechtszugs, zum Beispiel in Versorgungsausgleichssachen (§ 217 FamFG).

Keine Anwendung findet die Vorschrift auf Zwischen- und Nebenentscheidungen (wie beispielsweise Entscheidungen über eine Aussetzung [§ 221 FamFG], die Anordnung von Zwangsmaßnahmen [§ 35 Abs. 5 FamFG] oder die Berichtigung von Beschlüssen [§ 42 FamFG]).

Entscheidung durch Beschwerdegericht oder Zurückverweisung an Gericht des ersten Rechtszugs (Absatz 1)

Grundsätzlich hat das Beschwerdegericht in der Sache selbst zu entscheiden (Abschnitt 3.1).

Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch eine Zurückverweisung an das Ausgangsgericht des ersten Rechtszugs möglich (Abschnitt 3.2).

Grundsatz der Entscheidung durch das Beschwerdegericht

Beschwerdegericht ist in Versorgungsausgleichssachen das jeweils zuständige Oberlandesgericht (OLG) oder in Berlin das Kammergericht (KG). Die beim Amtsgericht (Familiengericht) einzulegende Beschwerde (§ 64 Abs. 1 FamFG) in Versorgungsausgleichssachen wird an das Beschwerdegericht weitergeleitet.

Das Beschwerdegericht hat grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden, bezogen auf den Beschwerdegegenstand. Dabei wird geprüft, ob die vorangegangene Entscheidung des Amtsgerichts fehlerfrei getroffen wurde. Ferner kann das Beschwerdegericht auch von Amts wegen selbst Ermittlungen anstellen, bis zur Bekanntgabe (§ 41 Abs. 2 FamFG) oder Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle (§ 38 Abs. 3 FamFG) neue Tatsachen berücksichtigen und Ermessensentscheidungen treffen.

Ist eine Beschwerde unzulässig, wird sie vom Beschwerdegericht verworfen; ist sie unbegründet, wird sie zurückgewiesen.

In Beschwerdeverfahren zum Versorgungsausgleich gilt das Verschlechterungsverbot für den Beschwerde führenden Ehegatten oder Hinterbliebenen (Verbot der „reformatio in peius“), wenn nicht auch der andere frühere Ehegatte oder Hinterbliebene Beschwerde eingelegt hat (vergleiche BGH vom 07.03.2018, AZ: XII ZB 408/14, Rz. 47, FamRZ 2018, 894 ff.). Für Versorgungsträger gilt dies nicht, das heißt, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu Lasten des Versorgungsträgers ist möglich, weil das Erreichen eines gesetzmäßigen Zustands für die früheren Ehegatten oder deren Hinterbliebene im Vordergrund steht (siehe unter anderem Urteil des OLG Nürnberg vom 15.04.2014, AZ: 7 UF 1115/13, Rz. 63, 64; FamRZ 2014, 1703 ff.).

Aufhebung und Zurückverweisung an das Ausgangsgericht

Eine Aufhebung des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht des ersten Rechtszugs ist in folgenden Fällen möglich:

  • Das Ausgangsgericht hat noch keine Entscheidung in der Sache getroffen, zum Beispiel, weil lediglich über Zulässigkeitsfragen entschieden wurde.
  • Das Verfahren leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel und es sind noch umfangreiche oder aufwendige Beweiserhebungen nötig und ein Beteiligter (im Versorgungsausgleich siehe § 219 FamFG) hat die Zurückverweisung beantragt. Für eine Aufhebung und Zurückverweisung müssen alle drei Voraussetzungen vorliegen.

Die Zurückverweisung liegt im Ermessen des Beschwerdegerichts.

Die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde gelegt hat, hat auch das Ausgangsgericht des ersten Rechtszugs zugrunde zu legen.

Begründungspflicht für Beschwerdeentscheidung (Absatz 2)

Beschwerdeentscheidungen sind durch das Beschwerdegericht uneingeschränkt zu begründen. Dies dient der Erhöhung der Akzeptanz der Beschwerdeentscheidung sowie der Stärkung der Richtigkeitsgewähr, weil Beschwerdeentscheidungen auf der Grundlage des FamFG regelmäßig nicht mehr anfechtbar sind (vergleiche BT-Drucksache 16/9733, S. 290).

Bei der Begründung einer Entscheidung spielen zum Beispiel neue tatsächliche oder rechtliche Erwägungen, die Würdigung erhobener Beweise, die Darstellung von Beurteilungs- und Ermessenspielräumen sowie die Rechtsanwendung eine Rolle. Bei Tatsachenfeststellungen kann das Beschwerdegericht auch auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug nehmen, sofern diese insoweit zutreffend ist. Eine pauschale Verweisung auf einen gesamten Akteninhalt wäre hingegen unzulässig, weil die Begründung aus sich heraus verständlich und die Entscheidung (Beschlussformel) erläutern soll.

Ausnahmen von der Begründungspflicht können sich durch den Verweis in § 69 Abs. 3 FamFG auf die Vorschriften des ersten Rechtszugs ergeben, zum Beispiel, wenn die Beschwerdeentscheidung aufgrund eines Anerkenntnisses, Verzichts oder der Säumnis von Beteiligten ergeht (vergleiche auch § 38 Abs. 4 Nr. 1 FamFG).

Vorschriften für Beschwerdeentscheidung (Absatz 3)

Die Vorschriften zum Beschluss im ersten Rechtszug gelten für die Beschwerdeentscheidung entsprechend (§ 38 ff. FamFG). Dies bedeutet unter anderem, dass

  • über die Beschwerde durch Beschluss zu entscheiden ist und insoweit die Grundsätze für einen Beschluss zu beachten sind (vgl. § 38 FamFG),
  • der Beschluss eine Rechtsbehelfsbelehrung beinhalten muss (§ 39 FamFG),
  • sich die Wirksamkeit des Beschlusses nach § 40 FamFG richtet,
  • für die Bekanntgabe des Beschlusses § 41 FamFG zu beachten ist,
  • eine Berichtigung (§ 42 FamFG) bzw. eine Ergänzung (§ 43 FamFG) möglich sind,
  • mangels weiterem Rechtsmittel (sofern die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wurde) die Möglichkeit einer Anhörungsrüge (§ 44 FamFG) bestehen kann und
  • die Regelung über den Eintritt der Rechtskraft gilt (§ 45 FamFG).

Durch die entsprechende Geltung der Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug im Beschwerdeverfahren kann eine Beschwerde im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden. Das Beschwerdegericht hat eine vollständige Prüfung des Sachverhalts vorzunehmen, so wie er sich im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung darstellt, und auf dessen Grundlage auch eigene Ermessenserwägungen anzustellen (BGH vom 12.10.2016, AZ: XII ZB 372/16, FamRZ 2017, 97).

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 309/07, BT-Drucksachen 16/6308, 16/9733

Artikel 1 des FGG-RG enthält das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Die Vorschrift ist Teil dieses Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 69 FamFG