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Sowjetunion (bis 1991) - 2.7 Sonstige Sozialleistungen: Recht der Herkunftsgebiete

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand01.12.2014
Rechtsgrundlage

Recht der Herkunftsgebiete

Version002.01

Überblick

Die sowjetische Sozialversicherung gewährte neben den in der GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.6 Rentenleistungen: Recht der Herkunftsgebiete beschriebenen Renten auch andere, in der Regel kurzfristige Leistungen aus den Bereichen der Krankenversicherung und (zeitweise) auch der Arbeitslosenversicherung. Hierzu gehörten das Krankengeld (siehe Abschnitt 2), Rehabilitationsleistungen (siehe Abschnitt 3), Schwangerschafts- und Wochengeld (siehe Abschnitt 4) sowie Arbeitslosenunterstützung (siehe Abschnitt 5).

Die Ausführungen konzentrieren sich auf die Geldleistungen der Sozialversicherung, die für die FRG-Anwendung von Bedeutung sind. Daneben bot die sowjetische Sozialversicherung weitere Leistungen wie zum Beispiel medizinische Versorgung der Bevölkerung, Unterbringung in Altersheimen und anderes mehr, auf die hier nicht eingegangen wird.

Krankengeld

Der Anspruch auf Krankengeld bestand bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, wenn die Arbeitsunfähigkeit während eines entlohnten Arbeitsverhältnisses eintrat. Erkrankte jemand, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, entstand kein Anspruch auf Krankengeld. Eine Ausnahme galt nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit der Erfüllung gesellschaftlicher Pflichten eintrat und daher als Arbeitsunfall angesehen wurde.

Der Krankengeldanspruch entstand sofort mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Seine Dauer war grundsätzlich unbefristet (Ausnahmen gab es bei der Arbeitsunfähigkeit weiterbeschäftigter Invalidenrentner). Erst mit den gesetzlichen Neuregelungen von 1990 konnte Krankengeld nur noch längstens für vier Monate gezahlt werden; danach wurde gegebenenfalls eine Invalidenrente gewährt.

Die Höhe des Krankengeldes war von mehreren Faktoren abhängig: von der Ursache der Arbeitsunfähigkeit, von der Dauer der Beschäftigungszeit und (bis 1990) von der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Die Auszahlung des Krankengeldes erfolgte nach Entscheidung der jeweiligen Gewerkschaftskommissionen durch die Betriebe.

Außer bei einer Erkrankung konnte nach sowjetischem Recht Krankengeld auch aufgrund anderer Tatbestände gezahlt werden; zum Beispiel während einer Quarantäne oder während der Pflege erkrankter Familienangehöriger.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit sind grundsätzlich Anrechnungszeiten nach § 29 FRG, sofern eine Beitrags- oder Beschäftigungszeit unterbrochen wurde. Ob nach sowjetischem Recht Krankengeld gezahlt wurde, ist dabei unerheblich. Die Krankengeldzahlung kann auch nicht verhindern, dass Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach dem 31.12.1983 nach § 29 Abs. 2 FRG in Verbindung mit § 74 SGB VI nicht bewertet werden. Einzelheiten können der GRA zu § 29 FRG entnommen werden.

Die Zeiten des Krankengeldbezuges stellen grundsätzlich keine Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach den §§ 15, 16 FRG dar, denn es fehlt an der Lohnzahlung und damit auch an einer Beitragsleistung. Die Tatsache, dass das Krankengeld je nach Voraussetzung die volle Höhe des bisherigen Verdienstes erreichen konnte und vom Betrieb ausgezahlt wurde, verleitet vielfach dazu, eine Lohnfortzahlung anzunehmen. Das ist aber unzutreffend; es handelte sich um Sozialleistungen, die nicht aus dem Lohnfonds des Betriebes entnommen wurden und daher auch nicht zu einer Beitragsleistung des Betriebes führten (zur Beitragsentrichtung siehe GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.2 Versicherte Personen (Arbeitnehmer): Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 4).

Allerdings ist die Fiktion des § 26 Satz 2 FRG zu beachten, wonach die in einem Kalendermonat mit Beitrags- beziehungsweise Beschäftigungszeiten zusammentreffenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ihren Charakter als Anrechnungszeiten verlieren und als Beitrags- beziehungsweise Beschäftigungszeiten zu behandeln sind (siehe GRA zu § 26 FRG, Abschnitt 4).

Die Unterbrechung der Beitragszahlung während des Krankengeldbezugs (und damit während der Arbeitsunfähigkeit) ist einer der Hauptgründe, weshalb Arbeitsbücher und die üblichen Arbeitsbescheinigungen nur als Mittel der Glaubhaftmachung und nicht als Nachweis der Beitragsleistung angesehen werden können.

Rehabilitationsleistungen

Eine medizinische Rehabilitation (Heilbehandlung in Sanatorien und Kurheimen) wurde üblicherweise während des (bezahlten) Jahresurlaubs durchgeführt; reichte dieser nicht aus, konnte bezahlter Zusatzurlaub gewährt werden. Da somit kein Verdienstausfall vorlag, bestand auch kein Anspruch auf Geldleistungen aus der Sozialversicherung.

Während einer beruflichen Rehabilitation (aus gesundheitlichen Gründen veranlasste Umschulungslehrgänge) wurden dagegen Geldleistungen gewährt, die dem Krankengeld ähnelten.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Da während der medizinischen Rehabilitation weder das Beschäftigungsverhältnis noch der Lohn-/Gehaltsanspruch unterbrochen wurde, trat keine Unterbrechung der Beitrags- und Beschäftigungszeiten ein.

Zeiten mit Leistungen zur beruflichen Rehabilitation sind Anrechnungszeiten nach § 29 FRG, sofern eine Beitrags- oder Beschäftigungszeit unterbrochen wurde. Darüber hinaus ist je nach Form der Umschulung anhand der allgemeinen Kriterien zu prüfen, ob möglicherweise eine Fachschulausbildung im Sinne von § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen ist.

Schwangerschafts- und Wochengeld

Ein Anspruch auf Schwangerschafts- und Wochengeld (teilweise auch als Mutterschaftsgeld bezeichnet) bestand für alle berufstätigen Frauen während der Inanspruchnahme der gesetzlichen Mutterschutzfristen. Der Umfang dieser Schutzfristen ist in der Vergangenheit mehrfach geändert worden; eine tabellarische Übersicht ist sowohl in der GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.2 Versicherte Personen (Arbeitnehmer): Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 3.2 als auch in der GRA zu § 29 FRG, Anlage 1 enthalten.

Die Höhe des Schwangerschafts- und Wochengeldes war abhängig von der Dauer der Beschäftigungszeit und der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Erst seit 1990 erreichte das Schwangerschafts- und Wochengeld generell den vollen bisherigen Verdienst.

Die Auszahlung des Schwangerschafts- und Wochengeldes erfolgte nach Entscheidung der jeweiligen Gewerkschaftskommissionen durch die Betriebe.

Nach Ablauf des Wochengeldes konnten unter Umständen noch andere Geldleistungen gezahlt werden. Der (zunächst unbezahlte) Mutterschafts- beziehungsweise Erziehungsurlaub, der 1968 eingeführt wurde, wurde in den 80er Jahren dahingehend erweitert, dass er bis zum 18. Lebensmonat des Kindes ausgedehnt und teilweise auch bezahlt wurde. Die gesetzlichen Neuregelungen von 1990 brachten noch weitere Leistungsverbesserungen.

Außerdem gab es aus Anlass der Geburt eines Kindes einmalige Beihilfen der Sozialversicherung.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Ungeachtet der sowjetischen Sozialleistungen sind Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft im Umfang der jeweiligen sowjetischen Mutterschutzfristen Anrechnungszeiten nach § 29 FRG, sofern eine Beitrags- oder Beschäftigungszeit unterbrochen wurde oder die Schwangerschaft beziehungsweise Mutterschaft zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr lag. Einzelheiten können der GRA zu § 29 FRG entnommen werden.

Darüber hinaus stellt die Erziehung eines Kindes eine Kindererziehungszeit im Sinne von § 28b FRG in Verbindung mit §§ 56, 249 SGB VI sowie eine Berücksichtigungszeit im Sinne von § 28b FRG in Verbindung mit § 57 SGB VI dar. Einzelheiten können der GRA zu § 28b FRG entnommen werden.

Die Zeiten des Schwangerschafts- und Wochengeldbezuges sowie Zeiten eines Erziehungsurlaubes stellen keine Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach den §§ 15, 16 FRG dar, denn es fehlt an der Lohnzahlung und damit auch an einer Beitragsleistung. Die Tatsache, dass das Schwangerschafts- und Wochengeld je nach Voraussetzung die volle Höhe des bisherigen Verdienstes erreichen konnte und vom Betrieb ausgezahlt wurde, verleitet vielfach dazu, eine Lohnfortzahlung anzunehmen. Das ist aber unzutreffend; es handelte sich um Sozialleistungen, die nicht aus dem Lohnfonds des Betriebes entnommen wurden und daher auch nicht zu einer Beitragsleistung des Betriebes führten (zur Beitragsentrichtung siehe GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.2 Versicherte Personen (Arbeitnehmer): Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 4).

Die Unterbrechung der Beitragszahlung während des Leistungsbezugs ist einer der Gründe, weshalb Arbeitsbücher und die üblichen Arbeitsbescheinigungen nur als Mittel der Glaubhaftmachung und nicht als Nachweis der Beitragsleistung angesehen werden können.

Arbeitslosenunterstützung

Bei Gründung der Sowjetunion gab es dort als Folge des Zusammenbruchs des Zarenreichs, des Bürgerkriegs und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Neuordnung eine erhebliche Arbeitslosigkeit. Die 1922 eingeführte allgemeine Sozialversicherung beinhaltete deshalb zunächst auch eine Arbeitslosenversicherung.

Mit entsprechenden Maßnahmen der planwirtschaftlichen Arbeitskräftelenkung wurde die Arbeitslosigkeit nach und nach verringert bis sie 1930 offiziell als beseitigt galt. Gemäß dem in der Verfassung verankerten Recht auf Arbeit wurde praktisch jedem ein Arbeitsplatz zugewiesen. Als Folge dessen wurde die Arbeitslosenversicherung wieder abgeschafft.

Erst mit den in den 80er Jahren eingeleiteten Wirtschaftsreformen trat dann wieder Arbeitslosigkeit auf. Mit der Reformpolitik wurde auch das Arbeitsrecht umgestaltet und dabei eine Unterstützung bei vorübergehender Arbeitslosigkeit eingeführt. Mit dem Beschäftigungsgesetz vom Januar 1991 wurde eine umfassende Arbeitsverwaltung errichtet, deren Aufgaben die Arbeitsvermittlung, die Förderung und Durchführung von Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sowie die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung waren.

Auswirkungen auf die FRG-Anwendung

Für Zeiten einer Arbeitslosigkeit ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anrechnungszeit nach § 29 FRG vorliegen. Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist nach deutschen Maßstäben zu beurteilen. Ob in der jeweiligen Zeit in der Sowjetunion eine Arbeitslosenversicherung existierte und ob entsprechende Arbeitslosenunterstützungen bezogen wurden, ist unerheblich.

Angesichts der Verhältnisse in der Sowjetunion wird eine dortige Arbeitslosigkeit ein seltener Ausnahmefall sein, für den keine offiziellen Bestätigungen zu erlangen sein werden. Zur Glaubhaftmachung wird dann auf Zeugenerklärungen und gegebenenfalls sogar auf eigene Versicherungen an Eides Statt zurückgegriffen werden müssen.

Die Anerkennung als Anrechnungszeit kommt nur für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 30.09.1927 in Betracht, und bei Zeiträumen bis zum 31.12.1991 muss die Arbeitslosigkeit mindestens einen Kalendermonat angedauert haben.

Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978 sind Anrechnungszeiten ohne Wert (§ 29 Abs. 2 FRG in Verbindung mit §§ 74, 263 Abs. 2a SGB VI). Das gilt selbst dann, wenn in der Sowjetunion eine Leistung bezogen wurde.

Einzelheiten können der GRA zu § 29 FRG entnommen werden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Recht der Herkunftsgebiete