Übersicht Abk. DDR-Tschechoslowakei
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung | Vollständige Überarbeitung der GRA |
Stand | 28.04.2015 |
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Rechtsgrundlage | Abk. mit der DDR vom 11.09.1956 |
Version | 001.01 |
- Allgemeines
- Geltungsbereich des Abkommens
- Gewährung von Rentenleistungen
- Rentenabfindungen
- Leistungen für Kindererziehung
- Eingliederung der tschechoslowakischen Zeiten
- Abgrenzung Abkommen - FRG
- Gleichstellung der Antragstellung
- Besonderheiten bei Rentenbeziehern in Tschechien oder der Slowakei
- Sonstige Regelungen
- Kranken- und Pflegeversicherung
- Verbindungsstellen und Zuständigkeit
- Allgemeines
- Geltungsbereich des Abkommens
- Gewährung von Rentenleistungen
- Rentenabfindungen
- Leistungen für Kindererziehung
- Eingliederung der tschechoslowakischen Zeiten
- Abgrenzung Abkommen - FRG
- Gleichstellung der Antragstellung
- Besonderheiten bei Rentenbeziehern in Tschechien oder der Slowakei
- Sonstige Regelungen
- Kranken- und Pflegeversicherung
- Verbindungsstellen und Zuständigkeit
Allgemeines
Das Abkommen zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Tschechoslowakischen Republik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Sozialpolitik vom 11.09.1956 (GBl. 1957 I Nr. 50 S. 393) - im Folgenden „Abkommen“ - ist nach der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit vom 03.04.1991 (BGBl. II S. 614) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit vom 18.12.1992 (BGBl. II S. 1231) - im Folgenden „WeitergeltungsVO“ - über den 02.10.1990 hinaus grundsätzlich noch bis 31.12.1992 weiter anzuwenden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sieht die WeitergeltungsVO darüber hinaus umfassende Übergangsregelungen vor, nach denen das Abkommen auch nach dem 31.12.1992 noch anzuwenden ist (siehe Abschnitt 2.4).
Seit dem 1.1.1993 ist die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen jeweils getrennt zwischen der Tschechischen Republik (Tschechien) und der Slowakischen Republik (Slowakei) anzuwenden.
Im Prinzip handelt es sich bei dem Abkommen um ein Eingliederungsabkommen. Es sieht vor, dass der Versicherungsträger des Vertragsstaates, in dem die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt genommen haben, neben den eigenen Zeiten die im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach seinen Vorschriften zu berücksichtigen hat. Gleichzeitig entfallen für die Dauer des Aufenthalts in diesem Staat die Ansprüche gegenüber dem Träger des anderen Staates (Rentenausschluss nach Art. 7 Abs. 7 WeitergeltungsVO). Es gelten jedoch Besonderheiten bei Rentenbeziehern mit gewöhnlichem Aufenthalt in Tschechien oder der Slowakei, siehe Abschnitt 9.
Voraussetzung für die Anrechnung der fremden Zeiten ist, dass die Berechtigten deutsche, tschechische oder slowakische Staatsangehörige sind. Die persönlichen Voraussetzungen des Fremdrentengesetzes (FRG) brauchen dagegen nicht erfüllt zu sein. Allerdings steht die Berechtigung nach dem FRG der Anwendung des Abkommens nicht entgegen; das Abkommen ist insoweit vorrangig.
Für Personen, die eine Rente nach diesem Abkommen erhalten, sind Leistungsansprüche nach dem deutsch-tschechischen Sozialversicherungsabkommen vom 27.07.2001 (SVA-Tschechien) beziehungsweise nach dem deutsch-slowakischen Sozialversicherungsabkommen vom 12.09.2002 (SVA-Slowakei) sowie nach dem Europarecht ausgeschlossen (siehe GRA zu Rechtsgrundlagen Tschechien, Abschnitt 4 und GRA zu Rechtsgrundlagen Slowakei, Abschnitt 4).
Geltungsbereich des Abkommens
In den Abschnitten 2.1 bis 2.4.3 wird der Geltungsbereich der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen dargestellt.
Sachlicher Geltungsbereich
Das Abkommen ist nach Art. 1 der WeitergeltungsVO auf deutscher Seite vorübergehend weiter anzuwenden, sofern es sich auf die Bereiche der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie auf Familienleistungen bezieht.
Das Abkommen ist dagegen bereits seit 03.10.90 nicht mehr anzuwenden, soweit es Vertragsgegenstände außerhalb des Bereichs der Sozialversicherung und der Familienleistungen regelt (zum Beispiel die Sozialfürsorge).
Persönlicher Geltungsbereich
Bei dem Abkommen handelt es sich um ein geschlossenes Abkommen, das nur auf die Angehörigen der Vertragsstaaten, das heißt auf deutsche, tschechische oder slowakische Staatsangehörige, Anwendung findet (Art. 2 des Abkommens). Dabei kommt es jeweils auf die berechtigte Person an. Für Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten reicht es daher aus, wenn die Hinterbliebenen, nicht aber die Versicherten, die Staatsangehörigkeit eines der Vertragsstaaten besitzen. Die Vertragsstaatsangehörigkeit muss für die gesamte Dauer des Leistungsbezuges vorliegen; bei ihrem Verlust entfällt die (weitere) Anwendung des Abkommens.
Drittstaatsangehörige, Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention vom 28.07.1951 und Staatenlose im Sinne des Abkommens vom 28.09.1954 werden von diesem Abkommen nicht erfasst.
Territorialer Geltungsbereich
Die Verordnung in Verbindung mit dem Abkommen ist grundsätzlich nur für die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 30 SGB I) der Berechtigten im Gebiet der Vertragsparteien (Beitrittsgebiet beziehungsweise anschließend Alt-Bundesgebiet oder Tschechoslowakei beziehungsweise anschließend Tschechien oder Slowakei) anzuwenden. Verlegen dagegen die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einen Drittstaat, entfällt in jedem Falle die weitere Anwendung des Abkommens. Dies gilt auch bei einer Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes in das Gebiet des anderen Vertragspartners nach dem 31.12.1992.
Auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt zunächst nicht im Beitrittsgebiet, sondern sogleich im bisherigen Bundesgebiet genommen haben, findet die WeitergeltungsVO keine Anwendung. Die weitere Anwendung des Abkommens setzt einen konkreten Bezug zur Rechtsordnung des Beitrittsgebiets voraus. Personen, die direkt in die alten Bundesländer eingereist beziehungsweise lediglich durch das Beitrittsgebiet „durchgereist“ sind, werden nicht begünstigt (BSG vom 29.09.1998, AZ: B 4 RA 34/98 R).
Für Personen, die bereits vor dem 02.10.1990 vom Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer übergesiedelt sind, ist die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen ebenfalls nicht anzuwenden, da der Verlust der Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abkommen keine Folge der Vereinigung, sondern der Übersiedlung in die alten Bundesländer ist.
Zeitlicher Geltungsbereich
Die WeitergeltungsVO und damit auch das Abkommen treten grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.1992 außer Kraft (Art. 7 Abs. 2 der WeitergeltungsVO). In zahlreichen Übergangsfällen findet das Abkommen aber auch nach diesem Zeitpunkt noch Anwendung, und zwar
- auf deutsche Rentenansprüche am 31.12.1992, siehe Abschnitt 2.4.1,
- auf deutsche Rentenansprüche vom 01.01.1993 bis 31.12.1995 und gewöhnlichem Aufenthalt im Beitrittsgebiet seit 02.10.1990, siehe Abschnitt 2.4.2, oder
- bei Nachfolgerenten, siehe Abschnitt 2.4.3.
Die tschechische beziehungsweise die slowakische Seite hat die weitere Anwendung des Abkommens ebenfalls zum 31.12.92 beendet und ihrerseits dem deutschen Recht vergleichbare („spiegelbildliche“) Übergangsregelungen geschaffen. Soweit danach die tschechische oder die slowakische Seite auf der Grundlage des Abkommens Zeiten im Beitrittsgebiet zu berücksichtigen hat, ist der Zahlungsausschluss auf deutscher Seite zu beachten (Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO). Es gelten jedoch Besonderheiten, siehe Abschnitt 9.
Deutscher Rentenanspruch am 31.12.1992
Für Personen, die am 31.12.1992 Anspruch auf eine deutsche Rente aufgrund der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen hatten, sind diese auch nach diesem Zeitpunkt weiter anzuwenden, solange die Berechtigten die deutsche, tschechische oder slowakische Staatsangehörigkeit besitzen und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben (Art. 7 Abs. 3 der WeitergeltungsVO).
Es reicht aus, dass am 31.12.1992 ein Rentenanspruch dem Grunde nach bestanden hat (Stammrecht); es ist nicht erforderlich, dass im Dezember 1992 auch bereits eine Zahlung erfolgt ist. Der Zuzug in das Beitrittsgebiet muss aber bis 31.12.1992 erfolgt sein.
Siehe Beispiel 1
Aufenthalt im Beitrittsgebiet am 02.10.1990 und Rentenbeginn vor dem 01.01.1996
Die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen ist nach Art. 7 Abs. 4 der WeitergeltungsVO auf deutscher Seite auch auf Personen anzuwenden,
a) | die
|
b) | deren Anspruch auf deutsche Rente vor dem 01.01.1996 entsteht. |
Art. 7 Abs. 4 der WeitergeltungsVO ist auch dann anzuwenden, wenn die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 02.10.1990 im Beitrittsgebiet hatten und der Anspruch auf die Rente erst nach einem Verzug in die alten Bundesländer (spätestens aber bis 31.12.1995) entstanden ist. Es ist nicht erforderlich, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Beitrittsgebiet bis zum Leistungsfall beibehalten wurde (BSG vom 29.09.1998, AZ: B 4 RA 34/98 R).
Nachfolgerenten
Die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen ist auch für Zeiten eines weiteren Rentenbezugs anzuwenden, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen (Art. 7 Abs. 6 der WeitergeltungsVO). Damit wird sichergestellt, dass für Nachfolgerenten das Abkommen auch dann weiter anzuwenden ist, wenn diese Renten nach dem 31.12.1992 beziehungsweise 31.12.1995 beginnen.
Die Anwendung des Art. 7 Abs. 6 der WeitergeltungsVO bei Nachfolgerenten setzt voraus, dass
- zuvor bereits eine deutsche Rente nach der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen gezahlt wurde,
- ein neuer Rentenanspruch besteht und
- beide Rentenzahlungen ununterbrochen aneinander anschließen.
Bei Hinterbliebenenrenten, die in unmittelbarem Anschluss an Versichertenrenten gezahlt werden, reicht es für die Anwendung der WeitergeltungsVO aus, wenn die unter den Abschnitten 2.4.1 und 2.4.2 genannten Voraussetzungen von den verstorbenen Versicherten erfüllt wurden.
Wurde danach eine Versichertenrente auf der Grundlage der WeitergeltungsVO gezahlt, ist das Abkommen auch dann weiter anzuwenden, wenn die Hinterbliebenen keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten (zum Beispiel weil sie immer in den alten Bundesländern gelebt und die zugezogenen Versicherten erst dort geheiratet haben).
Ungeachtet dessen müssen die Berechtigten weiterhin die deutsche, tschechische oder slowakische Staatsangehörigkeit besitzen.
Gewährung von Rentenleistungen
Das Abkommen stellt nur die im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten den eigenen Zeiten gleich (siehe Abschnitt 6). Anspruch und Höhe der Rente richten sich dagegen allein nach den Vorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine deutsche Abkommensrente (unter Einbeziehung der ausländischen Zeiten) kann daher nur gewährt werden, wenn alle innerstaatlichen deutschen Anspruchsvoraussetzungen für die betreffende Leistung (zum Beispiel Erwerbsminderung, Altersgrenze, Wartezeit) erfüllt sind.
Rentenabfindungen
Zu den Leistungen nach der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen gehören auch Rentenabfindungen bei Wiederheirat oder Wiederbegründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft von Witwen, Witwern und überlebenden Lebenspartnern nach § 107 SGB VI.
Leistungen für Kindererziehung
Für in der Tschechoslowakei geborene Kinder kann grundsätzlich auch an abkommensberechtigte Mütter keine Leistung für Kindererziehung nach §§ 294 ff. SGB VI gewährt werden. Die Geburt in der Tschechoslowakei steht insoweit einer Geburt in Deutschland nicht gleich. Etwas anderes gilt für Berechtigte nach dem FRG.
Eingliederung der tschechoslowakischen Zeiten
Bei dem Abkommen handelt es sich nach der Kernvorschrift des Art. 4 um ein Eingliederungsabkommen. Das bedeutet, dass der zuständige Versicherungsträger des Vertragsstaates, in dem die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt genommen haben, die im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach seinen Vorschriften einzugliedern hat.
Auf deutscher Seite erfolgt die Eingliederung der tschechoslowakischen Zeiten grundsätzlich in Anwendung des FRG und des FANG (Art. 1 Abs. 2 der WeitergeltungsVO).
Abgrenzung Abkommen - FRG
Für Personen, die sowohl zum berechtigten Personenkreis nach dem Abkommen als auch nach dem FRG gehören, kann das FRG nur subsidiär angewandt werden; das Abkommen ist vorrangig. Wäre danach dieselbe Zeit sowohl nach dem Abkommen als auch nach dem FRG zu berücksichtigen, ist sie vorrangig nach dem Abkommen anzurechnen (§ 2 Buchst. b FRG). Lediglich Zeiten, die dem Grunde nach nicht vom Abkommen erfasst werden (weil zum Beispiel das tschechische oder slowakische Recht eine Anrechnung nicht vorsieht oder Zeiten in Sondersystemen nicht unter den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens fallen), können im Rahmen des FRG angerechnet werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen nach diesem Gesetz erfüllt sind.
Das FRG findet dagegen keine Anwendung auf solche Zeiten, die dem Grunde nach Abkommenszeiten sind, aber von tschechischer oder slowakischer Seite nicht bestätigt werden, weil keine Unterlagen vorhanden sind.
Gleichstellung der Antragstellung
Anträge, Erklärungen und Rechtsbehelfe können - soweit das Abkommen noch anwendbar ist - fristwahrend bei einer zugelassenen Stelle des anderen Vertragsstaates eingereicht werden. In solchen Fällen hat die unverzügliche Übersendung an die zuständige Stelle zu erfolgen (Art. 12 des Abkommens).
Besonderheiten bei Rentenbeziehern in Tschechien oder der Slowakei
Nach Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO besteht ein Anspruch auf Zahlung einer deutschen Rente aus rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet nicht, sofern diese Zeiten nach dem Abkommen bereits vom tschechischen oder slowakischen Versicherungsträger zu berücksichtigen sind, ohne Rücksicht darauf, ob dieser hieraus eine Leistung erbringt.
Das BSG hat entschieden, dass Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO keine wirksame Rechtsgrundlage darstellt und deshalb nach innerstaatlichem deutschen Recht bestehende Leistungsansprüche nicht ausschließen kann (BSG vom 22.09.1999, AZ: B 5 RJ 36/98 R, SozR3-8100 Art. 12 Nr. 4, und vom 01.02.2000, AZ: B 8 KN 8/97 R, SozR3-8100 Art. 12 Nr. 5). Die deutschen Rentenversicherungsträger folgen der BSG-Rechtsprechung (Beschluss AGFAVR 5/2002, TOP 11), da eine rückwirkende andere gesetzliche Regelung durch den deutschen Gesetzgeber nicht existiert und auch nicht zu erwarten ist.
Dies bedeutet, dass deutsche Rentenansprüche auch dann entstehen können, wenn die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien oder der Slowakei haben und von dem jeweiligen Versicherungsträger bereits eine Rente beziehen, in der die rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet im Rahmen des Abkommens berücksichtigt worden sind.
Hiervon betroffen sind ausschließlich rein innerstaatliche Ansprüche nach dem SGB VI. Weitergehende zwischenstaatliche Ansprüche sind durch das SVA-Tschechien beziehungsweise durch das SVA-Slowakei aber ausgeschlossen. Sind die Anspruchsvoraussetzungen für einen Rentenanspruch innerstaatlich nicht gegeben (zum Beispiel wegen nicht erfüllter Wartezeit), können sie auch nicht zwischenstaatlich (durch Zusammenrechnung mit tschechischen oder slowakischen Zeiten) erfüllt werden. Auch durch das Europarecht ergibt sich dann keine Änderung. Die Ausschlussregelungen der Art. 39 Abs. 1 Buchst. b SVA-Tschechien und Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 SVA-Slowakei gelten nach Art. 8 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Anhang II (beziehungsweise dessen Vorgängervorschrift) unverändert weiter.
Bindende Bescheide, in denen entsprechende Rentenansprüche aufgrund der früheren Rechtsauffassung zu Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO abgelehnt wurden, sind mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen. Die Rücknahme kann sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen erfolgen. Dabei sind Leistungen längstens im Rahmen der vierjährigen Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X rückwirkend zu erbringen.
Siehe Beispiel 2
Erhalten Berechtigte aus den Beitrittsgebietszeiten eine Rentenleistung sowohl aus der deutschen als auch aus der tschechischen oder slowakischen Rentenversicherung, besteht keine Rechtsgrundlage, die ausländische Rente, die auf die Beitrittsgebietszeiten entfällt, auf die deutsche Rente anzurechnen. § 31 FRG ist weder unmittelbar noch im Wege der Auslegung anwendbar.
Sonstige Regelungen
Im Rahmen des Abkommens haben im Übrigen noch folgende Regelungen Bedeutung:
- Art. 10 des Abkommens (gegenseitige Amts- und Rechtshilfe),
- Art. 11 des Abkommens (Verwendung der Amtssprachen deutsch, tschechisch und slowakisch).
Kranken- und Pflegeversicherung
Berechtigte nach dem Abkommen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland können sowohl in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) als auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig sein (siehe Abschnitt 11.1). Sie können jedoch unter Umständen auch einen Zuschuss zur Krankenversicherung erhalten (siehe Abschnitt 11.2).
Haben die nach dem Abkommen Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien oder der Slowakei, kommt weder eine Pflichtversicherung in der KVdR und Pflegeversicherung noch die Zahlung eines Zuschusses nach § 106 SGB VI in Betracht.
Pflichtversicherung in der KVdR und Pflegeversicherung
Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und eine deutsche Rente nach der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen beziehen, sind unabhängig von der Erfüllung der Vorversicherungszeiten (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) Mitglied der deutschen Pflicht-KVdR (Art. 5 Abs. 4 des Abkommens) und damit (ab 01.01.1995) auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig (§ 20 Abs. 1 SGB XI).
Für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien oder der Slowakei haben und dort eine Rente nach dem Abkommen beziehen, kommt eine deutsche Pflichtversicherung - unabhängig von einem möglichen zusätzlichen deutschen Rentenbezug (siehe Abschnitt 9) - nicht in Betracht. Die Vorschriften über die KVdR sowie der sozialen Pflegeversicherung gelten grundsätzlich nur bei gewöhnlichem Aufenthalt des Berechtigten im Inland (§ 3 Nr. 2 SGB IV); das Abkommen enthält keine von diesem Grundsatz abweichende Regelung.
Zuschuss zur Kranken- und Pflegversicherung
Berechtigte nach dem Abkommen mit gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland sind aufgrund des Rentenbezuges regelmäßig bereits Mitglied der deutschen Pflicht-KVdR und damit nach § 20 Abs. 1 SGB XI auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig (siehe Abschnitt 11.1). Die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI beziehungsweise in der Zeit vom 01.01.1995 bis 31.03.2004 zur Pflegeversicherung nach § 106a SGB VI ist daher regelmäßig ausgeschlossen.
Sind die Rentenbezieher kraft Gesetzes versicherungsfrei (§ 6 SGB V) oder von der Versicherungspflicht befreit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V), kann auf Antrag auch zu einer Abkommensrente ein Zuschuss zu einer freiwilligen oder privaten Krankenversicherung nach § 106 SGB VI gezahlt werden.
Für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien oder der Slowakei haben und dort eine Rente nach dem Abkommen beziehen, kommt die Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI beziehungsweise in der Zeit vom 01.01.1995 bis 31.03.2004 zur Pflegeversicherung nach § 106a SGB VI nicht in Betracht, weil in der Regel keine deutsche Rente bezogen wird.
Verbindungsstellen und Zuständigkeit
Als deutsche Verbindungsstellen für die Durchführung des Abkommens sind nach Art. 6 Abs. 1 der WeitergeltungsVO im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung bestimmt worden:
- die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund),
- die Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz, Landshut (heute: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd),
- die Bundesknappschaft, (heute: Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See).
Im Bereich der Regionalträger ist damit die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd - abweichend von § 128 SGB VI - in allen Abkommensfällen für die Feststellung der Rente zuständig. Das gilt auch, wenn es sich gleichzeitig um FRG-Berechtigte handelt, weil das Abkommen vorrangig anzuwenden ist. Zu beachten ist, dass die Sonderzuständigkeit im Bereich der Regionalträger nur gilt, wenn die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Abkommen tatsächlich noch anwendbar ist.
Haben Berechtigte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien oder der Slowakei und sind die rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet im Rahmen des Abkommens vom ausländischen Vertragspartner zu berücksichtigen, ist ebenfalls die Zuständigkeit der jeweiligen Verbindungsstelle für die Bearbeitung eventuell anfallender Vorgänge gegeben (zum Beispiel für die Übermittlung des deutschen Versicherungsverlaufs oder die Erteilung eines Rentenbescheides bei Beantragung einer deutschen Rente aus den Zeiten im Beitrittsgebiet).
Beispiel 1: Rentenanspruch am 31.12.1992
(Beispiel zu Abschnitt 2.4.1) | |
Gewöhnlicher Aufenthalt im Beitrittsgebiet bis spätestens | 31.12.1992 |
Vollendung des 65. Lebensjahres am | 18.12.1992 |
Die allgemeine Wartezeit ist erfüllt, der Antrag wird verspätet gestellt am | 15.05.1993 |
Lösung: | |
Das Abkommen ist aufgrund der WeitergeltungsVO weiterhin anzuwenden. | |
Es besteht ein Rentenanspruch ab | 01.05.1993 |
Beispiel 2: Aufhebung bindender Ablehnungsbescheide
(Beispiel zu Abschnitt 9)
Die Versicherte war von 1970 bis 1980 im Beitrittsgebiet beschäftigt. Seit 1980 hat sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien. Sie hat am 25.07.1994 das 65. Lebensjahr vollendet und zu diesem Zeitpunkt die erforderliche Wartezeit von 5 Jahren aus Beitrittsgebietszeiten erfüllt. Aus der gesetzlichen tschechischen Rentenversicherung erhält sie bereits seit dem 60. Lebensjahr eine Altersrente, in der die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten aufgrund des Abkommens angerechnet worden sind.
Sie hat am 08.03.1995 beim deutschen Rentenversicherungsträger eine Altersrente beantragt. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom 22.06.1995 unter Hinweis auf Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO bindend abgelehnt worden.
Sie stellt am 18.10.2012 einen Überprüfungsantrag.
Lösung:
Der Ablehnungsbescheid vom 22.06.1995 ist im Rahmen des § 44 SGB X zurückzunehmen.
Bei zutreffender rechtlicher Würdigung hätte der abgelehnte Antrag, weil ein Anspruch auf deutsche Altersrente nach § 35 SGB VI seit dem 01.08.1994 (Ablauf des Monats des 65. Lebensjahres und erfüllter Wartezeit) gegeben war, aufgrund des § 99 SGB VI zu einem Rentenbeginn am 01.03.1995 geführt.
Aufgrund des § 44 Abs. 4 SGB X kann die beantragte Rücknahme des Bescheides vom 22.06.1995 jedoch nur zu einer rückwirkenden Zahlung der Rente ab 01.01.2008 führen.
Da für die Zeit vom 01.08.1994 bis zum 31.12.2007 ein innerstaatlicher deutscher Altersrentenanspruch bestanden hat, der nicht in Anspruch genommen worden ist, erhöht sich aufgrund dessen der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI entsprechend.