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Organisation der Sozialversicherung Portugal

Änderungsdienst
veröffentlicht am

07.06.2021

Änderung

In Abschnitt 6.1 wurde eine Anschrift aktualisiert.

Dokumentdaten
Stand10.05.2021
Version002.00

Organisation der gesetzlichen Sozialversicherung

Die Eckdaten des modernen Systems der Sozialen Sicherheit Portugals wurden durch das „Lei da Segurança Social“ (Lei Nr. 28/84 vom 14.08.1984) festgelegt, das die berufsständische Orientierung des bisherigen Systems ablöste und ein regional gegliedertes Allgemeines System schuf. Wesentliche Aufgabe dieses neuen Systems war es, ein einheitliches Niveau der Sozialen Sicherung für die gesamte Bevölkerung sicherzustellen.

Eine erneute grundlegende Reform des portugiesischen Systems der Sozialen Sicherheit folgte mit dem Inkrafttreten des Rahmengesetzes für Solidarität und soziale Sicherheit „Lei de bases do sistema de solidariedade e de segurança social“ (Lei Nr. 17/2000 vom 08.08.2000) am 02.02.2001, mit der die portugiesische Regierung auf die neuen familiären, demografischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und Entwicklungen reagieren wollte. Die Neustrukturierung des Sozialversicherungssystems wurde im Wesentlichen mit dem Inkrafttreten eines zweiten (Gesetz Nr. 32/2002 vom 20.12.2002) und eines dritten Rahmengesetzes zur Sozialen Sicherheit (Gesetz Nr. 4/2007 vom 16.01.2007) abgeschlossen.

Mit dem Gesetz Nr. 60/2005 vom 29.12.2005 wurde das Sondersystem für öffentlich Bedienstete an die Regelungen des Allgemeinen (Vorsorge-)Systems angepasst. Personen, die ihre Beschäftigung im öffentlichen Dienst erst nach dem 31.12.2005 begonnen haben, sind nun ebenfalls im Allgemeinen System versichert.

Wesentlicher Bestandteil des heutigen portugiesischen Systems der sozialen Sicherheit ist das Öffentliche System der Sozialen Sicherheit (Sistema Público de Segurança Social), das sich in folgende drei Untersysteme gliedert:

  • (Beitragsbezogenes) Allgemeines (Vorsorge-)System (Sistema Previdencial)
    Das Allgemeine (Vorsorge-)System ist in das System für Beschäftige, das System für Selbständige und in das System für freiwillig Versicherte untergliedert.
    Wesentliche Aufgabe der durch Beiträge finanzierten Systeme ist der Ausgleich von Lohnausfall oder Lohnminderungen durch die Gewährung von Leistungen bei
    • Krankheit,
    • Mutterschaft/Vaterschaft und Adoption,
    • Arbeitslosigkeit
      (Leistungen werden gezahlt vom Instituto de Segurança Social, IP, Centro Distrital des Wohnortes),
    • Arbeitsunfällen
      (Träger dieser Pflichtversicherung sind private Versicherungsgesellschaften),
    • Berufskrankheiten
      (Leistungen werden gewährt vom Instituto de Segurança Social, IP, Centro Nacional de Protecção Contra os Riscos Profissionais - SS CNPRP),
    • Invalidität, Alter und Tod.

    Während die Systeme für Beschäftigte und Selbständige alle genannten Risiken abdecken, hängt der Umfang des Schutzes im System für freiwillig Versicherte von der Art der Tätigkeit ab. So umfasst der „Minimalschutz“ für die Mehrzahl der freiwillig Versicherten lediglich die Gewährung von (Renten-)Leistungen im Falle des Alters, der Invalidität und des Todes.
    Sondersysteme mit eigenen Institutionen bestehen für öffentlich Bedienstete und Rechtsanwälte/Rechtsberater.
  • (Steuerfinanziertes) System des sozialen Schutzes der Bürger (Sistema de Protecção Social de cidadania),
    das untergliedert ist in folgende Teilsysteme:
    • das System der sozialen Aktion (Sistema de Acção Social), dessen Ziel die Vermeidung beziehungsweise Linderung von sozialen und wirtschaftlichen Notsituationen sowie von sozialer Ausgrenzung ist,
    • das (beitragsfreie) System der Solidarität (Sistema de Solidariedade - Regime não contributivo).
      Aufgabe dieses beitragsfreien, sozialhilfeähnlichen Systems ist es, Einzelpersonen und Familien mit fehlenden oder unzureichenden finanziellen Mitteln zu unterstützen. Im Rahmen dieser Aufgabe werden unter anderem Sozialrenten wegen Alters, Todes oder Invalidität gewährt (vergleiche GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Portugal', Abschnitt 5).
    • das System zum Schutz der Familie (Sistema de Protecção Familiar).
      Aufgabe dieses Systems ist es, im Interesse aller Bürger einen Ausgleich für erhöhte Familienlasten bei Kindererziehung, Behinderung und Pflege zu bieten. Es sollen insbesondere die in Verbindung mit der Erziehung eines Kindes entstehenden allgemeinen Kosten oder besondere Lasten bei Versorgung eines behinderten oder pflegebedürftigen Kindes ausgeglichen werden. Es sieht die Gewährung von Kindergeld, Kindergeldzuschlag für behinderte Kinder, Sondererziehungsgeld, einer pauschalen Beihilfe für behinderte Kinder über 24 Jahre und Pflegegeld vor.
      Darüber hinaus wird ein Bestattungsgeld aus diesem System gezahlt.
  • Zusatzsystem (Sistema Complementar)
    bestehend aus
    • dem freiwilligen öffentlichen System des Vorsorgesparens (regime público de capitalização), das für Arbeitnehmer und Selbständige zusätzlich zum Allgemeinen (Vorsorge-)System ergänzende Leistungen bietet,
    • den fakultativen Ergänzungssystemen aufgrund tarifvertraglicher Initiativen (regimes complementares de iniciativa colectiva) finanziert von den Arbeitgebern für bestimmte Personengruppen von Arbeitnehmern und Selbständigen und
    • den fakultativen individuellen Ergänzungssystemen (regimes complementares de iniciativa individual) zum Beispiel in Form von Sparplänen für das Alter, Lebensversicherungen, kapitalbildenden Versicherungen.

Für die autonomen Regionen Madeira und Azoren gelten in allen Systemen Besonderheiten, auf die hier nicht weiter eingegangen wird.

Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung Portugals stellt keinen eigenständigen Versicherungszweig deutscher Prägung dar. Sie ist in das gesamte System der Sozialen Sicherheit innerhalb des Allgemeinen (Vorsorge-)Systems und innerhalb der Sondersysteme eingebunden.

Sondersysteme existieren für öffentlich Bedienstete, für Rechtsanwälte und Rechtsberater sowie für Personen, die bis zum 31.12.1986 in der Landwirtschaft beschäftigt oder selbständig tätig waren und danach keine Zeiten im Allgemeinen (Vorsorge-)System zurückgelegt haben.

Systeme, die vom Europarecht erfasst werden

Die Mitgliedstaaten geben in Erklärungen (siehe Art. 9 VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 5 VO (EWG) Nr. 1408/71) die Systeme bekannt, für die das Europarecht entsprechend Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 oder Art. 4 Abs. 1 und 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 gelten soll. In Bezug auf Portugal werden folgende Versicherungssysteme aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst:

  • das Allgemeine (Vorsorge-)System (vergleiche Abschnitt 3),
  • das Landwirtschaftliche Sondersystem bis 31.12.1986 (vergleiche Abschnitt 4),
  • ab 25.10.1998 das Sondersystem für öffentlich Bedienstete (vergleiche Abschnitt 5) und
  • ab 01.05.2010 das Zusatzrentensystem des Vorsorgesparens (regime público de capitalização).

Systeme, die nicht vom Europarecht erfasst werden

Das berufsständische Sondersystem für Rechtsanwälte und Rechtsberater (verwaltet durch die Caixa de Previdência dos Advogados e Solicitadores - CPAS) fällt offenbar nicht unter den Geltungsbereich des Europarechts. Waren jedoch bis zum 30.04.2010 im Allgemeinen (Vorsorge-)System Versicherungszeiten vorhanden, konnten die Zeiten im Sondersystem für Rechtsanwälte und Rechtsberater über Art. 15 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 574/72 auch von den anderen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden.

Dies galt bis zur Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs der VO (EWG) Nr. 1408/71 auf Beamte und ihnen gleichgestellte Personen durch die VO (EG) Nr. 1606/98 am 25.10.1998 auch für das Sondersystem für öffentlich Bedienstete.

Das Zusatzsystem (Sistema Complementar) fällt - mit Ausnahme des Systems des Vorsorgesparens (regime público de capitalização) ab 01.05.2010 - nicht unter den Geltungsbereich des Europarechts.

Allgemeines (Vorsorge-)System

Das Allgemeine (Vorsorge-)System ist in folgende drei Einzelsysteme unterteilt:

  • System für Beschäftigte
    Erfasst werden im Rahmen einer Pflichtversicherung alle Arbeitnehmer auf fremde Rechnung, die mit einem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag oder einen gesetzlich gleichgestellten Vertrag abgeschlossen haben. Besondere Personengruppen, wie zum Beispiel Auszubildende oder behinderte Arbeitnehmer, die in besonders geschützten Arbeitsverhältnissen tätig sind, wurden dem System durch Gesetzesverordnung ausdrücklich zugeordnet.
  • System für Selbständige
    Erfasst werden im Rahmen einer Pflichtversicherung alle Arbeitnehmer, die eine berufliche Tätigkeit auf eigene Rechnung ausüben. Hierzu zählen insbesondere Händler, Angehörige freier Berufe und Unternehmer. Für Geringverdiener und Existenzgründer gelten hinsichtlich der Versicherungspflicht im System für Selbständige Besonderheiten (vergleiche GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Portugal - Versicherungszeiten und Wohnzeiten Portugal, Abschnitt 2.1).
  • System für freiwillig Versicherte
    Die Mitgliedschaft können alle nicht versicherungspflichtigen Personen, die älter als 18 Jahre und arbeitsfähig sind, beantragen (vergleiche GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Portugal, Abschnitt 2.3).

Trotz dieser Untergliederung innerhalb des Allgemeinen (Vorsorge-)Systems sind die Einzelsysteme zumindest im Bereich der Rentenversicherung untereinander vollständig koordiniert. Das bedeutet, dass zur Erfüllung der Wartezeit und zur Berechnung der Leistungen jeweils auch die Versicherungszeiten, die bei den anderen Einzelsystemen zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden. Bewilligt wird nur eine Leistung, die von dem zuletzt zuständigen System gezahlt wird. Es werden Renten für die Leistungsfälle der Invalidität, des Alters und des Todes gewährt (vergleiche GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Portugal Abschnitt 2). Die Leistungsvoraussetzungen der Einzelsysteme entsprechen dabei einander weitestgehend.

Träger des Allgemeinen (Vorsorge-)Systems (und damit auch der drei Einzelsysteme) ist die Staatliche Rentenanstalt in Lissabon (Instituto da Segurança Social, IP, Centro Nacional de Pensões - SS CNP). Für den Beitragseinzug und die Antragsaufnahme für nahezu alle Sozialleistungen bei Wohnsitz in Portugal sind die 18 Bezirksstellen der Sozialversicherung (Instituto da Segurança Social, IP, Centro Distrital) am Wohnort des Betreffenden zuständig.

Eine Kopie der Bescheinigung A1 wird jedoch dem Instituto de Segurança Social, IP, Departamento de Identificação, Qualificação e Contribuintes (ISS - DIQC) in Lissabon übersandt (vergleiche GRA zu Art. 15 VO (EG) Nr. 987/2009, Anlage 1).

Landwirtschaftliches Sondersystem bis 31.12.1986

Das Landwirtschaftliche Sondersystem ist zum 01.01.1987 in das Allgemeine (Vorsorge-)System eingegliedert worden. Versicherte, für die nach dem 31.12.1986 Beiträge oder gleichgestellte Versicherungszeiten im Allgemeinen (Vorsorge-)System nicht vorhanden sind, verbleiben jedoch im früheren Sondersystem.

Sondersystem für öffentlich Bedienstete

Das Sondersystem für öffentlich Bedienstete (Caixa Geral de Aposentações) erfasst im Rahmen einer Pflichtversicherung

  • Beamte der Staatsverwaltungen und der Kommunalverwaltungen,
  • Militärpersonal,
  • Lehrkräfte an Privatschulen und
  • Bedienstete öffentlicher Unternehmen,

die vor dem 01.01.2006 in den öffentlichen Dienst eingetreten sind. Personen, die ab 01.01.2006 in den öffentlichen Dienst eintreten, sind im Allgemeinen (Vorsorge-)System (vergleiche Abschnitt 3) versichert.

Das Sondersystem gewährt Renten für die Leistungsfälle Alter, Invalidität und Tod. In der Vergangenheit war es jedoch möglich, die Beitragszahlung auf die Leistungsfälle Alter und Invalidität zu beschränken. Haben Bedienstete von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, kann ihren Hinterbliebenen keine Rente wegen Todes gewährt werden.

Zwischenstaatliches Verfahren

Bei Durchführung des zwischenstaatlichen Verfahrens wird in folgende drei Fallgruppen unterschieden:

  • nur Versicherungszeiten im Allgemeinen (Vorsorge-)System (gegebenenfalls zusätzlich auch Versicherungszeiten im Sondersystem für Rechtsanwälte und Rechtsberater)
    Zuständig für die Durchführung des zwischenstaatlichen Verfahrens und für die Leistungsgewährung ist das Instituto da Segurança Social, IP - Centro Nacional de Pensões (SS CNP) in Lissabon. Die auf dem portugiesischen Festland zurückgelegten Zeiten werden von der jeweiligen Bezirksstelle der Sozialversicherung am Wohnort des Versicherten registriert und von dort jährlich nach Lissabon weitergeleitet. Anfragen zum Umfang der portugiesischen Zeiten oder zur Anforderung eines SED P5000 (übergangsweise des E 205 PT) werden daher immer an das SS CNP in Lissabon gerichtet.
    • Wurden (auch) Versicherungszeiten auf Madeira zurückgelegt oder wohnt der Antragsteller dort, wird das zwischenstaatliche Verfahren (auch) mit dem Centro de Segurança Social da Madeira (CSSM) in Funchal geführt.
    • Wurden (auch) Versicherungszeiten auf den Azoren zurückgelegt oder wohnt der Antragsteller dort, wird das zwischenstaatliche Verfahren (auch) mit dem Instituto de Gestão de Regimes de Segurança Social (IGRSS) in Angra do Heroísmo geführt.
  • nur Versicherungszeiten im Sondersystem für öffentlich Bedienstete
    Das zwischenstaatliche Verfahren wird mit dem Träger des Sondersystems, der Caixa Geral de Aposentações (CGA), Lissabon durchgeführt.
  • Versicherungszeiten im Allgemeinen (Vorsorge-)System (gegebenenfalls zusätzlich auch Versicherungszeiten im Sondersystem für Rechtsanwälte und Rechtsberater) und im Sondersystem für öffentlich Bedienstete
    Das zwischenstaatliche Verfahren wird sowohl mit dem Instituto da Segurança Social, IP - Centro Nacional de Pensões (SS CNP) als auch mit dem Träger des Sondersystems für öffentlich Bedienstete Caixa Geral de Aposentações (CGA) geführt.

Zahlungen im Verhältnis zum Allgemeinen (Vorsorge-)System

Die folgenden Stellen sind für die Abrechnung von grenzüberschreitenden Zahlungen zuständig:

  • Art. 87 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009
    Die Abrechnung von Kosten für ärztliche Gutachten erfolgt mit dem
    Instituto da Segurança Social, IP (ISS, IP)
    Departamento de Gestão e Controlo Financeiro
    Av. 5 de Outubro, 175
    1069-451 Lisboa
    Portugal
  • Art. 72 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009
    Für die Erstattung von Überzahlungen, die in Anwendung des Europarechts entstanden sind, ist zuständig das
    Instituto da Segurança Social, IP - Centro Nacional de Pensões (SS CNP)
  • Art. 72 Abs. 1 oder 3 VO (EG) Nr. 987/2009
    Hat ein portugiesischer Sozialleistungsträger einen Erstattungsanspruch nach Absatz 1 oder Absatz 3 auf die deutsche Rente angemeldet, so erfolgt die Abrechnung mit dem
    Instituto da Segurança Social, IP (ISS, IP)
    Calçada Engenheiro Miguel Pais, 32
    1249-119 Lisboa
    Portugal
    Für eine Erstattungsforderung der Träger der Deutschen Rentenversicherung, der deutschen Arbeitslosenversicherung, der Krankenkassen und der Fürsorgeträger auf eine portugiesische Rente ist das Instituto da Segurança Social, IP - Centro Nacional de Pensões (SS CNP) zuständig.

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