Organisation der Sozialversicherung Kanada
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
---|---|
Änderung | Auch wenn Regionalbüros von Service Canada zuständig sind, ist das Sachbearbeiterzentrum in Edmonton zu kontaktieren (siehe Abschnitt 5). |
Stand | 04.04.2017 |
---|---|
Version | 001.01 |
- Organisation der gesetzlichen Sozialversicherung
- Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung
- Vom sachlichen Geltungsbereich erfasste Systeme
- Einkommenssteuer auf kanadische Leistungen
- Zuständigkeit im zwischenstaatlichen Verfahren
Organisation der gesetzlichen Sozialversicherung
Kanada ist das zweitgrößte Land der Erde. Als Bundesstaat gliedert es sich in zehn Provinzen und drei Territorien, die - ähnlich der deutschen Bundesländer - eigene Verfassungen sowie Legislativ- und Exekutivorgane haben. In der Folge ist auch die soziale Sicherheit in Kanada nicht immer einheitlich ausgestaltet, sondern kann sich hinsichtlich des erfassten Personenkreises, der Finanzierung und des Leistungskataloges unterscheiden. Eine private oder über den Arbeitgeber ergänzende Sicherung ist nicht selten.
Die kanadische Krankenversicherung (Medicare) umfasst Sachleistungen im Fall der Krankheit. Rechtsgrundlage ist der „Canada Health Act” von 1996, der die Organisation und Leistungserbringung der Krankenversicherung den Provinzen und Territorien überträgt. Erfasst wird die Wohnbevölkerung, das heißt sowohl Kanadier als auch Ausländer, die über einen dauerhaften Aufenthaltsstatus verfügen. Die Finanzierung der Sachleistungen erfolgt durch Steuern, in den Provinzen Alberta, British Columbia und Ontario werden Arzt- und Krankenhausleistungen zusätzlich durch Prämien der Versicherten finanziert. Um Sachleistungen in Anspruch nehmen zu können, muss im Allgemeinen ein dreimonatiger Aufenthalt in der Provinz bestanden haben. Die Leistungen variieren je nach Provinz und Territorium, stellen aber eher eine Basissicherung dar, die nicht alle Heil- und Hilfsmittelkosten erstattet. Träger sind die Programme der Provinzen und Territorien. Geldleistungen, wie Kranken-, Mutter-/Vaterschafts-, Eltern- oder Pflegegeld, werden durch die kanadische Arbeitslosenversicherung erbracht.
Die kanadische Arbeitslosenversicherung (Employment Insurance - EI) bietet nicht nur für die Zeit der unverschuldeten Arbeitssuche oder Fortbildung finanzielle Unterstützung, sondern auch dann, wenn aufgrund von Krankheit, Geburt, Erziehung oder Pflege eines Familienangehörigen vorübergehend einer Arbeit nicht nachgegangen werden kann. Rechtsgrundlage ist der „Employment Insurance Act” von 1996. Versichert sind alle Arbeitnehmer, einschließlich der Bundesangestellten, sowie selbstständigen Fischer. Die Finanzierung erfolgt über Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze. Um Leistungen erhalten zu können, muss, in Abhängigkeit von der regionalen Arbeitslosenquote, im letzten Jahr vor der Arbeitslosigkeit eine versicherte Mindestbeschäftigungsdauer bestanden haben, zudem ist eine zweiwöchige Wartefrist hinzunehmen, bevor zwischen 14 und 45 Wochen lang Arbeitslosengeld in Höhe von 55 % des Wochenverdienstes zuzüglich eines Familienzuschlags von 25 % bis zu einer Maximalhöhe bezogen werden kann. Für Kranken-, Mutter-/Vaterschafts-, Eltern- oder Pflegegeld muss ebenfalls eine gewisse versicherte Mindestbeschäftigungsdauer bestanden haben. Die Höhe orientiert sich ebenfalls an 55 % des bisherigen Wochenverdienstes zuzüglich dem Familienzuschlag von 25 %, wobei Kranken- und Mutter-/Vaterschaftsgeld bis zu 15 Wochen, Pflegegeld für 26 Wochen und Elterngeld für 35 Wochen gezahlt werden kann. Träger ist Service Canada.
Die kanadische Unfallversicherung (Workers Compensation) ist in den einzelnen Provinzen und Territorien mittels „Workers’ Compensation Acts“ geregelt, sowohl Beiträge als auch Leistungen variieren. Versichert sind in der Regel alle Arbeitnehmer. Die Kosten werden durch Beiträge der Industrie finanziert und variieren entsprechend dem veranlagten Risikograd. Die Leistungen decken medizinische und Behandlungskosten (Sachleistungen), daneben gibt es auch zeitlich befristete und unbefristete Invaliden- und Hinterbliebenenrenten und Bestattungsbeihilfen (Geldleistungen). Die Leitungshöhen orientieren sich am bezogenen Lohn, dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit und dem Alter beziehungsweise der Anzahl der Hinterbliebenen. Träger der kanadischen Unfallversicherungen sind die Berufsgenossenschaften (Workers’ Compensation Boards/Commissions).
Neben den Sozialversicherungsleistungen wird Kindergeld in Form von Steuervergünstigungen gewährt. Dabei wird in das pauschale Universal Child Care Benefit für die Betreuung von Kindern unter sechs Jahren und das Canada Child Tax Benefit, für Kinder unter 18 Jahren in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen unterschieden. Träger ist die kanadische Steuerverwaltung (Canada Revenue Agency).
Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung
In Kanada steht die Alterssicherung auf drei Säulen, den gesetzlichen Wohnzeiten- und Beitragssystemen und der betrieblichen/privaten Vorsorge. Eine Grundsicherung stellt das Volksrentensystem (Old Age Security - OAS) dar, das auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts in Kanada (Wohnzeiten) basiert und durch Steuermittel finanziert wird. Der Deutschen Rentenversicherung hinsichtlich Finanzierung und Leistungen vergleichbar ist die Kanadische Rentenversicherung (Canada Pension Plan - CPP), die die Leistungen der Volksrente ergänzt. In der kanadischen Provinz Quebec besteht eine eigenständige Alterssicherung, die Rentenversicherung von Quebec (Quebec Pension Plan - QPP oder auf Französisch Régime de rentes du Québec - RRQ, siehe GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Quebec).
Der Leistungskatalog der Kanadischen Rentenversicherung umfasst Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenleistungen (siehe GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Kanada). Gesetzliche Grundlage sind der „Old Age Security Act“ von 1951 und der „Canada Pension Plan“ von 1965. Träger des Volksrentensystems und der Kanadischen Rentenversicherung ist Service Canada (siehe Abschnitt 4).
Die dritte Säule stellen die während der Ansparphase steuerbegünstigten privaten Renten (Registered Retirement Pension Plans - RRPPs) und Betriebsrenten (Registered Pension Plans - RPPs) dar.
Vom sachlichen Geltungsbereich erfasste Systeme
Das Abkommen mit Kanada erfasst sowohl die erste Säule, die Volksrente (OAS) als auch die zweite Säule, die Kanadische Rentenversicherung (CPP). Im Rentenfall soll nur eine Leistung aus der zweiten Säule, entweder aus der Kanadischen Rentenversicherung oder der Rentenversicherung von Quebec erbracht werden. Zuständig ist das System, in dessen Bereich der Versicherte wohnt beziehungsweise zuletzt gewohnt hat (siehe GRA zu Rechtsgrundlagen Quebec, Abschnitt 3).
Sogenannte Wanderversicherungsvorschriften sichern die gegenseitige Berücksichtigung von Beitragszeiten zur jeweils anderen Rentenversicherung. Im Rahmen eines Abkommens zwischen der Kanadischen Rentenversicherung und der Rentenversicherung von Quebec werden Beitragsjahre in der jeweils anderen Versicherung wie eigene Beitragsjahre berücksichtigt. Die Beitragsjahre in der Rentenversicherung von Quebec - QPP werden daher im Rentenfall wie Beitragsjahre in der Kanadischen Rentenversicherung - CPP bestätigt und im Rahmen des Abkommens mit Kanada wie Beitragsjahre in der Kanadischen Rentenversicherung berücksichtigt. Umgekehrt gilt dies bei Anwendung der Vereinbarung mit Quebec.
Unabhängig davon, ob das Abkommen mit Kanada oder die Vereinbarung mit Quebec angewandt wird, werden bei der Prüfung deutscher Anspruchsvoraussetzungen sämtliche Beitragszeiten der Kanadischen Rentenversicherung und Rentenversicherung von Quebec sowie alle Aufenthaltszeiten der Volksrente im gesamten Gebiet von Kanada - einschließlich Quebec - berücksichtigt (siehe GRA zu Art. 1 SVA-Kanada).
Einkommenssteuer auf kanadische Leistungen
Die Leistungen des kanadischen Volksrentensystem (OAS), der Kanadischen Rentenversicherung (CPP) und der Rentenversicherung von Quebec (QPP/RRQ) unterliegen grundsätzlich der kanadischen Einkommenssteuer. Dies gilt auch, wenn sich der Berechtigte gewöhnlich außerhalb Kanadas, in Deutschland aufhält. Es wird dann ein pauschaler Steuersatz im Voraus vom Leistungsbetrag einbehalten und an die kanadischen Steuerbehörden abgeführt. Für Renten beträgt der Abzug 15 %, für Leistungen im Todesfall 25 %. Berechtigte können auf Antrag zu individuellen Sätzen herangezogen werden. Dazu ist das kanadische Formblatt NR5 bis Ende April des Folgejahres in Kanada einzureichen.
Auskünfte zum kanadischen Steuerrecht erteilt: | |
Canada Revenue Agency International Tax Services Office Client Services Division Post Office Box 9769, Station T OTTAWA, ON K1G 3Y4 KANADA |
Leistungen der Deutschen Rentenversicherung an Berechtigte in Kanada können nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Kanada, das am 28.03.2002 in Kraft getreten ist, sowohl der deutschen als auch der kanadischen Steuer unterliegen, dabei sind jedoch die Freibeträge des Quellenstaats (Deutschland) vom Wohnsitzstaat (Kanada) zu berücksichtigen (Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada). Eine Doppelbesteuerung hat Kanada durch Anrechnung der bereits im Quellenstaat entrichteten Steuer zu vermeiden.
Zuständigkeit im zwischenstaatlichen Verfahren
Die Korrespondenz in sämtlichen Einzelfällen erfolgt immer über das Sachbearbeiterzentrum (Processing Centre) in Edmonton, Alberta:
International Operations - AB Service Canada P.O. Box 2710, Main Station EDMONTON, AB T5J 2G4 KANADA |
Dies gilt auch, wenn die Bearbeitung des Einzelfalls vor Ort in Kanada bei einem Regionalbüro von Service Canada erfolgt, es ist immer Edmonton zu kontaktieren (VSB-Kanada 2016 TOP 14 DE). Solche Regionalbüros in der (letzten) Wohnsitzprovinz sind in Kanada national immer dann zuständig, wenn für den kanadischen Anspruch keine Zusammenrechnung mit deutschen Versicherungszeiten notwendig ist (siehe GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Kanada).
Eigentliche Verbindungsstelle im Sinne des Art. 2 Abs. 1 DV zum SVA-Kanada ist:
International Operations Service Canada 140 Promenade du Portage Level 2, Mailstop 241 GATINEAU, QC K1A 0J9 KANADA |
Das dortige International Liaison Team wird aber nur bei grundsätzlichen Fragen oder Zweiterinnerungen kontaktiert (siehe GRA zu Übersicht VV zum SVA-Kanada, Abschnitt 8).