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Art. 5 VO (EG) Nr. 987/2009: Rechtswirkung der in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente und Belege

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand14.01.2015
Version001.00

Inhalt der Regelung

Artikel 5 VO (EG) Nr. 987/2009 behandelt die Verbindlichkeit der in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente und Belege, auf deren Grundlage die Dokumente ausgestellt wurden, sowie das Dialog- beziehungsweise Vermittlungsverfahren bei Zweifeln an der Gültigkeit eines Dokuments oder der Richtigkeit der Belege.

Absatz 1 enthält den Grundsatz, dass die Angaben in einem und die Belege zu einem Dokument, das von einem Träger eines anderen Mitgliedstaates ausgestellt wurde, so lange für die Träger der anderen Mitgliedstaaten verbindlich sind, bis sie von dem Mitgliedstaat, in dem das Dokument ausgestellt wurde, widerrufen oder für ungültig erklärt werden (vergleiche Abschnitt 2).

Sofern der Träger, der das Dokument erhalten hat, Zweifel an der Gültigkeit des Dokuments oder der Richtigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts hat, wendet er sich an den ausstellenden Träger und ersucht diesen nach Absatz 2 um Klarstellung und gegebenenfalls um den Widerruf dieses Dokuments (vergleiche Abschnitt 3).

Bestehen Zweifel an den Angaben der betreffenden Person, der Gültigkeit eines Dokuments oder der Richtigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts, nimmt der für die betreffende Person zuständige Wohnsitzträger nach Absatz 3 auf Verlangen des zuständigen Trägers die nötige Überprüfung dieser Angaben oder dieses Dokuments vor (vergleiche Abschnitt 3).

Wird zwischen den betreffenden Trägern keine Einigung erzielt, so können die zuständigen Behörden nach Absatz 4 frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt, zu dem der das Dokument erhaltende Träger sein Ersuchen vorgebracht hat, die Verwaltungskommission anrufen. Die Verwaltungskommission bemüht sich binnen sechs Monaten um eine Annäherung der unterschiedlichen Standpunkte (vergleiche Abschnitt 4).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Verbindlichkeit der in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente und Belege

Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 beinhaltet den Grundsatz der Verbindlichkeit der in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente und Belege. Danach sind die vom Träger eines Mitgliedstaates ausgestellten Dokumente, in denen der Status einer Person für die Zwecke der Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009 bescheinigt wird, für die Träger der anderen Mitgliedstaaten so lange verbindlich, wie sie nicht von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurden, widerrufen oder für ungültig erklärt werden. Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 gilt auch für Belege, auf deren Grundlage ein Dokument ausgestellt wird und die für die Träger eines anderen Mitgliedstaates nur bindend sind, wenn sie Teil eines in einem Dokument enthaltenen Datensatzes sind.

Die Regelung entspricht der EuGH-Rechtsprechung, wonach die nationalen Sozialversicherungsträger und Gerichte eines Mitgliedstaats in Verfahren über sozialrechtliche Leistungsansprüche eines Wanderarbeitnehmers aus der Gemeinschaft verpflichtet sind, von den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Urkunden und ähnliche Schriftstücke über den Personenstand zu beachten, sofern deren Richtigkeit nicht durch konkrete, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Anhaltspunkte ernstlich in Frage gestellt ist (EuGH-Urteil vom 02.12.1997, Rechtssache C-336/94, Dafeki).

Sie knüpft darüber hinaus an die EuGH-Rechtsprechung zur Entsendebescheinigung A1 (ehemaliges Formblatt E101) an, die für den zuständigen Träger und die Gerichte des Gaststaats bindend ist, solange sie nicht von den Behörden des Ausgangsstaats zurückgezogen oder für ungültig erklärt wurde (EuGH-Urteile vom 16.02.1995, Rechtssache C-425/93, Calle Grenzshop Andresen; vom 10.02.2000, Rechtssache C-202/97, Fitzwilliam; vom 30.03.2000, Rechtssache C-178/97, Banks und andere und vom 26.01.2006, Rechtssache C-2/05, Herbosch-Kiere).

Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 bezieht sich nach seinem Wortlaut auf den „Status“ einer Person für die Zwecke der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung. Mit dem „Status“ einer Person ist aber nicht nur der versicherungsrechtliche Status einer Person (zum Beispiel das Vorliegen einer Entsendung im Sinne von Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004) gemeint. Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 gilt für alle Angaben zur Person, die von einem Träger eines anderen Mitgliedstaates in einem Dokument ausgestellt wurden (zum Beispiel Personenstandsdaten, Geburtsdaten, Angaben zur Staatsangehörigkeit, sonstige persönliche Daten).

Zur Feststellung des maßgebenden Geburtsdatums für Zwecke der Deutschen Rentenversicherung ist jedoch die abstrakte Beweisregel nach § 33a SGB I - unabhängig von Art. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 - anzuwenden, sofern Zweifel an dem in einem Dokument eines anderen Mitgliedstaats eingetragenen Geburtsdatum bestehen oder dieses bescheinigte Geburtsdatum von einem anderen Geburtsnachweis des Versicherten abweichen sollte (vergleiche GRA zu § 33a SGB I). Die Vorschrift beinhaltet eine Regelung, die die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen vermeidet, in denen aufgrund einer nach den nationalen Rechtsvorschriften eines anderen Staates möglichen Änderung von Geburtsdaten

  • ein längerer Bezug von Sozialleistungen (zum Beispiel Waisenrente) oder
  • ein früherer Bezug (zum Beispiel der Rente wegen Alters)

beantragt wird.

Andere Zweifel zu Dokumenten oder Sachverhalten können nach dem in Abschnitt 3 beschriebenen Verfahren in Abstimmung mit dem mitgliedstaatlichen Träger ausgeräumt werden.

Verfahren bei Zweifeln an der Gültigkeit des Dokuments oder der Richtigkeit des bescheinigten Sachverhalts

Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 behandelt Zweifel, die die Gültigkeit eines Dokuments oder die Richtigkeit des Sachverhalts, der den im Dokument enthaltenen Angaben zugrunde liegt, betreffen. Zur Aufklärung dieser Zweifel wendet sich der Träger des Mitgliedstaates, der das Dokument erhalten hat („ersuchender Träger“), an den Träger, der das Dokument ausgestellt hat („ausstellender Träger“). Als Ergebnis bestätigt der „ausstellende Träger“ das Dokument/den zugrunde liegenden Sachverhalt (bei Bedarf unter Angabe der Gründe) oder er widerruft das Dokument/den zugrunde liegenden Sachverhalt und übermittelt ein neues Dokument.

Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 betrifft Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit eines Dokuments/Belegs oder der Richtigkeit des Sachverhalts, der den im Dokument enthaltenen Angaben zugrunde liegt, wenn sich diese Zweifel aus den Angaben der betreffenden Person ergeben. In diesen Fällen nimmt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts der betreffenden Person auf Verlangen des zuständigen Trägers die notwendige Überprüfung der Angaben oder des Dokuments vor. Als Ergebnis bestätigt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts der betreffenden Person die Angaben/ das Dokument oder er übermittelt dem zuständigen Träger die zutreffenden Angaben der betreffenden Person (bei Bedarf unter Angabe von Gründen).

Das Verfahren zur Überprüfung der in einem Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente (im Folgenden: Dialogverfahren) wird ergänzend im Beschluss Nr. A1 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 geregelt. Danach gilt Folgendes:

  • der „ersuchende Träger“ muss seinen Antrag begründen, vorhandene Beweisunterlagen beifügen und seine Ansprechpartner benennen.
  • der „angegangene Träger“ hat spätestens innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Eingang der Anfrage eine Eingangsbestätigung sowie seine Ansprechpartner per e-Mail oder Fax an den „ersuchenden Träger“ zu senden.
  • der „angegangene Träger“ hat den Antrag spätestens innerhalb von 3 Monaten nach Eingang abschließend zu bearbeiten. Ist dies nicht möglich, muss dies dem „ersuchenden Träger“ spätestens eine Woche vor Ablauf der 3-Monats-Frist mitgeteilt werden. Dabei ist ein neues Erledigungsdatum zu benennen; die Bearbeitungsfrist darf jedoch um längstens weitere 3 Monate verlängert werden.
  • ausnahmsweise und nur im Einvernehmen zwischen „ersuchendem“ und „angegangenem Träger“ kann diese Frist weiter verlängert werden, wenn dies nach den individuellen Umständen des Falles gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.
  • sofern Antragsinhalte während dieses Dialogverfahrens Gegenstand eines nationalen Widerspruchs- oder Sozialgerichtsverfahrens werden, muss das Dialogverfahren ausgesetzt werden.

Erzielen die betreffenden Träger innerhalb der vorstehenden Fristen keine Einigung, so wird nach Abschnitt 4 verfahren.

Anrufen der Verwaltungskommission

Wird von den betreffenden Trägern im Dialogverfahren keine Einigung erzielt (vergleiche Abschnitt 3), können die zuständigen Behörden (für die Deutsche Rentenversicherung das Bundesministerium für Arbeit und Soziales) frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt, zu dem der das Dokument erhaltende Träger sein Ersuchen vorgebracht hat, die Verwaltungskommission anrufen (Vermittlungsverfahren). Die Verwaltungskommission bemüht sich binnen sechs Monaten nach ihrer Befassung um eine Annäherung der unterschiedlichen Standpunkte (Art. 5 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009).

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: ABl. (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Artikel 5 VO (EG) Nr. 987/2009 ist eine neue Vorschrift, zu der es in der VO (EWG) Nr. 574/72 keine vergleichbaren Regelungen gab.

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