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§ 93 SGB VI Norwegen: Rente und Leistungen aus der Unfallversicherung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand17.08.2016
Rechtsgrundlage

§ 93 SGB VI

Version001.01
Schlüsselwörter
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Allgemeines

Diese GRA gibt einen Überblick über die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Norwegen. Sie erläutert ferner Besonderheiten, die sich bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes für eine norwegische Unfallhinterbliebenenrente ergeben (vergleiche Abschnitt 9).

Einzelheiten zur Vergleichbarkeit und Anrechnung ausländischer Unfallrenten auf eine Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung enthält die GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 6.2.

Die Sozialversicherung in Norwegen umfasst auch Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (vergleiche GRA zu Organisation der Sozialversicherung Norwegen', Abschnitt 1).

Norwegische Leistungen wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit werden

  • im Nationalen Volksversicherungssystem auf der Grundlage des Volksversicherungsgesetzes (folketrygdloven) vom 28.02.1997, Kapitel 13, sowie
  • aus der zusätzlichen obligatorischen Arbeitsunfallversicherung (yrkesskadeforsikring) nach dem Gesetz Nr. 65 vom 16.06.1989 über die Arbeitsunfallversicherung (Lov om yrkesskadeforsikring)

erbracht (vergleiche auch Erklärung Norwegens zu Art. 9 VO (EG) Nr. 883/2004).

In Norwegen gibt es keine gesonderten Unfallrenten. Aus dem Nationalen Volksversicherungssystem (folketrygden) wird im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eine Berufsschadensrente (uføretrygd ved yrkesskade) gezahlt, die eine Sonderform der Invalidenrente darstellt (vergleiche Abschnitt 2). Ist der Tod der versicherten Person Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, werden Unfallhinterbliebenenrenten erbracht (vergleiche Abschnitt 3). Darüber hinaus können aus dem Volksversicherungssystem auch Entschädigungsleistungen (ménerstatning) gezahlt werden (vergleiche Abschnitt 5).

Im Nationalen Volksversicherungssystem sind alle Arbeitnehmer gegen das Risiko von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten gesetzlich abgesichert. Für Selbständige und Freiberufler ist eine freiwillige Unfallversicherung möglich (beachte dazu GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 7.5).

Die Verwaltung des Nationalen Volksversicherungssystems (folketrygden) obliegt NAV (vergleiche GRA zu Organisation der Sozialversicherung Norwegen', Abschnitt 1).

Die aus dem Nationalen Volksversicherungssystem aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit geleisteten norwegischen Unfallrenten sind mit einer Rente aus der deutschen Unfallversicherung vergleichbar und somit nach § 93 SGB VI auf eine deutsche Rente anzurechnen (siehe GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 6.2.1, und Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.10.1999, AZ: L 4 RJ 194/98, und vom 18.12.2000, AZ: L 3 RJ 119/97 R).

Die Vergleichbarkeit in diesem Sinne liegt insbesondere deshalb vor, weil die norwegische Unfallrente - wie die deutsche Verletztenrente - ebenfalls darauf ausgerichtet ist, den Verletzten, seinen Angehörigen und Hinterbliebenen nach Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit in Geld zu entschädigen. Unfallrenten an nicht registrierte Lebenspartner, Geschwister, Eltern oder Großeltern des Verstorbenen können nicht angerechnet werden, da es sich nicht um gleichartige Renten im Sinne des § 93 Abs. 1 SGB VI handelt (siehe GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 2.1).

Neben der Versicherung im Nationalen Volksversicherungssystem sind alle Arbeitnehmer parallel von der zusätzlichen obligatorischen Arbeitsunfallversicherung (yrkesskadeforsikring) gegen das Risiko von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten erfasst. Träger der zusätzlichen obligatorischen Arbeitsunfallversicherung sind private Versicherungsgesellschaften. Dennoch handelt es sich bei dieser Versicherung um eine gesetzliche Unfallversicherung. Entscheidend ist, dass es sich hier um eine auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten handelt (vergleiche GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 6.2.1).

Aus der zusätzlichen obligatorischen Arbeitsunfallversicherung können nur Entschädigungsleistungen (ménerstatning) gezahlt werden (vergleiche Abschnitt 5).

Leistungen für Versicherte

Wenn eine Arbeitsunfähigkeit Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist, besteht zunächst Anspruch auf Krankengeld (sykepenger). Diese Leistung ist einem Verletztengeld aus der deutschen Unfallversicherung vergleichbar und deshalb bei der Anwendung des § 93 SGB VI nicht zu berücksichtigen.

Liegt aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 30 % vor, so wird eine Berufsschadensrente (uføretrygd ved yrkesskade) gezahlt, die eine Sonderform der Invalidenrente darstellt. Im Gegensatz zur „normalen“ Invalidenrente, die nur geleistet wird, wenn bestimmte versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 50 % gemindert ist, ist für die Berufsschadensrente keine Mindestversicherungszeit erforderlich.

Die Höhe der Berufsschadensrente ist abhängig vom prozentualen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Berechnungsgrundlage für die Berufsschadensrente ist das geschätzte jährliche Erwerbseinkommen zum Zeitpunkt des Unfalls oder - falls günstiger - der Durchschnitt der 3 Jahre mit dem höchsten Einkommen innerhalb der letzten 5 Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung. Bei einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 % beträgt die Leistung 66 % dieser Berechnungsgrundlage. Sofern der Versicherte nicht die volle Erwerbsfähigkeit eingebüßt hat, wird die Berufsschadensrente proportional gekürzt. Besteht beispielsweise eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 %, so werden 70 % von der Vollrente gewährt.

Die Berufsschadensrente ist einer Verletztenrente aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung vergleichbar und deshalb im Rahmen des § 93 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB VI auf die Rente aus der deutschen Rentenversicherung anzurechnen.

Die Berufsschadensrente wird längstens bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres geleistet und anschließend in eine Altersrente umgewandelt.

Leistungen für Hinterbliebene

Ist der Tod der versicherten Person Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, können folgende Leistungen erbracht werden:

Im Gegensatz zu den „normalen“ Hinterbliebenenrenten muss für die Unfallhinterbliebenenrente weder die Mindestehedauer beziehungsweise Mindestpartnerschaftsdauer von 5 Jahren erfüllt sein noch müssen gemeinsame Kinder vorhanden sein. Eine Mindestversicherungszeit ist ebenfalls nicht erforderlich.

Die Unfallhinterbliebenenrenten setzen sich in der Regel aus

  • Grundrente (grunnpensjon),
  • Zusatzrente (tilleggspensjon) und
  • Zulagen (vergleiche auch Abschnitt 4)

zusammen. Lediglich Halbwaisenrenten werden ausschließlich in der Form einer Grundrente erbracht.

Die Unfallhinterbliebenenrente wird längstens bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres geleistet.

Ist ein Elternteil auf Grund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben, besteht Anspruch auf Unfallwaisenrente (barnepensjon) bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Waise. Bei Waisen, die eine Ausbildung absolvieren, besteht Anspruch bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (anstatt des 20. Lebensjahres bei einer „normalen“ Waisenrente - vergleiche auch GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Norwegen, Abschnitt 5.4).

Basis für die Höhe der Unfallhinterbliebenengrundrente ist ein sich jährlich verändernder Festbetrag, der sogenannte Grundbetrag (grunnbeløpet). Witwen/Witwer, registrierte Partner, geschiedene Ehegatten erhalten bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres die volle Unfallhinterbliebenenrente, also die Grundrente in Höhe des Grundbetrages und darüber hinaus zusätzlich 55 % der fiktiv berechneten oder tatsächlich bezogenen Zusatzrente der verstorbenen Person, die sich aus den individuell erworbenen Rentenpunktjahren des Verstorbenen berechnet. Im Gegensatz zur „normalen“ Hinterbliebenenrente erfolgt keine proportionale Kürzung der Grund- und Zusatzrente, wenn tatsächlich weniger als 40 Jahre Wohnzeiten beziehungsweise weniger als 40 Rentenpunktjahre zurückgelegt wurden.

Für die älteste Halbwaise wird die Rente aus 40 % des Grundbetrages ermittelt, für jede weitere Halbwaise wird die Rente aus 25 % des Grundbetrages ermittelt. Der Gesamtbetrag der Halbwaisenrenten wird gleichmäßig auf alle Halbwaisen aufgeteilt.

Die Rente für die älteste Vollwaise berechnet sich aus der vollen Hinterbliebenenrente des Ehe- beziehungsweise Lebenspartners (also Grund- und Zusatzrente), die als höchste zu gewähren gewesen wäre. Für die übrigen Vollwaisen wird die Unfallwaisenrente aus dem Grundbetrag ermittelt: die Rente der zweitältesten Vollwaise berechnet sich aus 40 % des Grundbetrages, die Rente für jede weitere Vollwaise berechnet sich aus 25 % des Grundbetrages. Der Gesamtbetrag der Vollwaisenrenten wird gleichmäßig auf alle Vollwaisen aufgeteilt.

Die Summe aller Unfallhinterbliebenenrenten wird nicht auf einen Höchstbetrag begrenzt.

Die norwegischen Unfallrenten an Witwen, Witwer, geschiedene Ehegatten, hinterbliebene Partner einer registrierten Partnerschaft und Waisen sind mit einer Hinterbliebenenrente aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung vergleichbar und daher nach § 93 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB VI bei der Anwendung des § 93 SGB VI zu berücksichtigen (vergleiche GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 6.2).

Unfallhinterbliebenenrenten an nicht registrierte Lebenspartner, Geschwister, Eltern oder Großeltern des Verstorbenen können nicht angerechnet werden, da es sich nicht um gleichartige Renten im Sinne des § 93 Abs. 1 SGB VI handelt (vergleiche GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 2.1).

Zulagen und Zusatzleistungen

Ergänzend zur Unfallrente können Zulagen und Zusatzleistungen gewährt werden.

Das norwegische Recht sieht die Gewährung folgender Zulagen und Zusatzleistungen vor:

  • Bestattungskostenbeihilfe (erstatning av gravferdsutgifter)
    Die zusätzliche obligatorische Arbeitsunfallversicherung (yrkesskadeforsikring) zahlt eine Bestattungskostenbeihilfe (erstatning av gravferdsutgifter) in Höhe der Hälfte des Grundbetrags. Die Bestattungskostenbeihilfe ist keine anrechenbare Unfallrente nach § 93 SGB VI.
  • Grundbeihilfe zur Bestreitung zusätzlicher Aufwendungen wegen dauernder Krankheit, Verletzung oder Missbildung (grunnstønad)
    Bei Bedürftigkeit kann eine Grundbeihilfe zur Bestreitung zusätzlicher Aufwendungen wegen dauernder Krankheit, Verletzung oder Missbildung (grunnstønad) gezahlt werden. Bei dieser Beihilfe handelt es sich um Beträge, die eine besondere Bedarfssituation abdecken sollen. Die Grundbeihilfe stellt keine anrechenbare Unfallrente im Sinne von § 93 SGB VI dar.
  • Kinderzulage (barnetillegg)
    Zulagen für unterhaltsberechtigte Kinder (barnetillegg) werden entsprechend der Regelung des § 267 SGB VI bei der Feststellung der anzurechnenden norwegischen Unfallrente nach § 93 SGB VI nicht berücksichtigt.
  • Pflegegeld (hjelpestønad)
    Bei Pflegebedürftigkeit kann Pflegegeld (hjelpestønad) geleistet werden. Voraussetzung hierfür ist die Ausführung der Pflege durch nichtgewerbsmäßige Pflegepersonen. Das norwegische Pflegegeld ist wie das Pflegegeld nach § 44 Abs. 2 SGB VII keine Unfallrente (vergleiche GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitte 6.2.2 und 6.12) und wird nicht angerechnet.

Abfindungen und einmalige Entschädigungen

Ergänzend zur Unfallrente können noch Entschädigungsleistungen (ménerstatning) aus dem Nationalen Volksversicherungssystem sowie aus der zusätzlichen obligatorischen Arbeitsunfallversicherung (yrkesskadeforsikring) gezahlt werden.

Diese Entschädigungsleistungen werden in der Regel als einmalige Kapitalleistung festgesetzt. Sie gleichen lediglich den erlittenen Personenschaden aus. Sie besitzen keine Lohnersatzfunktion; ihnen kommt ausschließlich Entschädigungscharakter zu. Die einmaligen Entschädigungsleistungen stehen daher einer (abgefundenen) Verletztenrente oder Unfallhinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gleich. Sie werden deshalb von der Anrechnung nach § 93 SGB VI ausgenommen.

Kürzungsbestimmungen

Neben der Berufsschadensrente kann ein jährlicher Hinzuverdienst bis zur Höhe des Grundbetrages erzielt werden. Bei höherem Hinzuverdienst wird die Berufsschadensrente entsprechend gekürzt.

Sofern eine Unfallrente mit einer Zusatzversorgung der Kommunal Landespensjonskasse - KLP oder der Statens Pensjonskasse - SPK aus den gleichen Verdienstperioden zusammentrifft, wird die Zusatzversorgung um den Betrag der Unfallrente gekürzt.

Auf die norwegische Unfallhinterbliebenenrente wird eigenes Erwerbseinkommen angerechnet, wenn es den halben Grundbetrag übersteigt. In diesem Fall wird die Unfallhinterbliebenenrente um 40 % des diesen Grenzwert übersteigenden Erwerbseinkommens gekürzt.

Welche Auswirkungen die Kürzung der norwegischen Unfallrenten auf die Summenbildung nach § 93 Abs. 1 SGB VI und die Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes hat, ergibt sich aus der GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitte 6.2.2 sowie  6.2.3 und 6.2.4.

Zahlung und Anpassung der Unfallleistungen

Norwegische Unfallrenten werden monatlich gezahlt.

Die Unfallrenten werden jährlich zum 1. Mai eines jeden Jahres entsprechend der Lohn- und Preisentwicklung angepasst.

Steuern und Sozialabgaben

Norwegische Unfallrenten sind in der Regel steuerpflichtig, außerdem sind ermäßigte Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen. Für die Anwendung des § 93 Abs. 1 SGB VI ist der Bruttobetrag vor Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen maßgebend (vergleiche GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 6.2.2).

Besonderheiten bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes

Der Jahresarbeitsverdienst für eine ausländische Unfallhinterbliebenenrente wird nach § 93 Abs. 4 S. 3 und 4 SGB VI aus dem Monatsbetrag der Unfallhinterbliebenenrente pauschal errechnet (vergleiche GRA zu § 93 SGB VI, Abschnitt 6.2.4).

Das norwegische Recht sieht jedoch die Gewährung von Unfallhinterbliebenenrenten vor, die in keinem prozentualen Bezug zur Berufsschadensrente stehen (vergleiche Abschnitt 3).

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 93 SGB VI