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§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI: Anrechnungszeiten - Krankheit

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Aufnahme von Gremienbeschlüssen im Abschnitt 3.4.

Dokumentdaten
Stand07.03.2016
Erstellungsgrundlage in der Fassung des AVmEG vom 21.03.2001 in Kraft getreten am 01.01.2002
Rechtsgrundlage

§ 58 SGB VI

Version001.00
Schlüsselwörter
  • 4

  • 0601

  • 0603

  • 0610

  • 7-60

Inhalt der Regelung

§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI regelt, dass Zeiten der Krankheit, die nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr liegen, unter bestimmten Voraussetzungen als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen sind.

Anwendbarkeit der Regelung

§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI ist zum 01.01.2002 in Kraft getreten. Anrechnungszeiten wegen Krankheit sind daher erst für Renten mit einem Rentenbeginn ab 01.01.2002 berücksichtigungsfähig.

Die Regelung ist auf alle Zeiten einer Krankheit anzuwenden, unabhängig davon, ob die Krankheit vor dem 01.01.2002 oder nach dem 31.12.2001 bestanden hat.

Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten der Krankheit als Anrechnungszeiten

Die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI setzt voraus, dass

  • Versicherte nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat krank gewesen sind und
  • die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind.

Der Tatbestand der Unterbrechung ist nicht erforderlich (§ 58 Abs. 2 S. 1 SGB VI).

Begriff der Krankheit

Der Begriff der Krankheit ist in § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI nicht definiert. Unter Krankheit ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand zu verstehen, der ärztlicher Behandlung bedarf. Eine Krankheit kann aber nur dann als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigt werden, wenn den Versicherten eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund dieser Krankheit nicht möglich gewesen wäre. Bagatellerkrankungen (zum Beispiel Schnupfen) sowie angeborene Gebrechen, die nicht behoben oder weitgehend gebessert werden können, sind grundsätzlich nicht als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigungsfähig.

Anders als bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kommt es bei einer Krankheit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI nicht auf eine zuletzt ausgeübte Beschäftigung/Erwerbstätigkeit an (vergleiche GRA zu § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI: Anrechnungszeiten - Arbeitsunfähigkeit, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben, Abschnitt 2.1). Ist jedoch Arbeitsunfähigkeit gegeben, liegt ohne weiteres auch Krankheit vor.

Von § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI werden Krankheitszeiten im Inland und Ausland erfasst.

Voraussetzung „nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr“

Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI können nur die Zeiten der Krankheit sein, die nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr liegen. Zeiten der Krankheit außerhalb dieses Lebensaltersabschnitts können nicht als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigt werden. Beispielsweise sind sie über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus selbst dann nicht als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen, wenn sie vor dem 25. Lebensjahr begonnen haben.

Siehe Beispiel 1

Wann das maßgebende Lebensalter vollendet ist, beurteilt sich nach den Vorschriften des BGB (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB). Danach wird das jeweilige Lebensjahr mit Ablauf des Tages vollendet, der dem entsprechenden Geburtstag vorausgeht. Sind Versicherte am Ersten eines Monats geboren, wird das Lebensjahr mit Ablauf des Vormonats vollendet (entsprechende Anwendung des Urteils des BSG vom 31.07.1969, AZ: 4 RJ 451/68, zu § 67 AVG in SozR Nr. 13 zu § 1290 RVO).

Siehe Beispiel 2

Steht das genaue Geburtsdatum von Versicherten nicht fest, vergleiche GRA zu § 99 SGB VI, Abschnitt 2.5, und GRA zu § 33a SGB I.

Mindestdauer

Krankheitszeiten können nur dann als Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigt werden, wenn sie mindestens einen Kalendermonat angedauert haben. Der Zeitraum „ein Kalendermonat“ umfasst die Zeit vom Ersten bis zum Letzten eines Monats.

Siehe Beispiel 3

Die Mindestdauer von einem Kalendermonat kann auch durch Einbeziehung „arbeitsfreier Randtage“ (Samstage, Sonn- und Feiertage) erfüllt werden, wenn an diesen Tagen ebenfalls Krankheit vorgelegen hat.

Für die Prüfung der Mindestdauer von einem Kalendermonat sind auch Krankheitszeiten mitzuzählen, die sich mit anderen Zeiten überschneiden. Als Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI sind jedoch nur die Krankheitszeiten berücksichtigungsfähig, die nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt ist (vergleiche Abschnitt 3.4).

Siehe Beispiel 4

Bei Versicherten, die nach dem Ersten eines Monats geboren sind und demzufolge das 17. beziehungsweise 25. Lebensjahr im Laufe eines Kalendermonats vollenden, sind die vor beziehungsweise nach Vollendung des jeweiligen Lebensalters in diesen Kalendermonaten zurückgelegten Krankheitszeiten bei dem Erfordernis „mindestens einen Kalendermonat“ mitzuzählen. Darüber hinaus können jedoch keine weiteren Krankheitstage in diese Prüfung einbezogen werden.

Vorangehende oder anschließende andere Anrechnungszeittatsachen im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2, 3 und 3a SGB VI zählen für die Mindestdauer nicht mit. Die zu den Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft und Arbeitslosigkeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 3 SGB VI entwickelten Grundsätze des § 252 Abs. 7 S. 2 SGB VI finden im Rahmen des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI keine Anwendung.

Zusammentreffen mit anderen rentenrechtlichen Zeiten

Anrechnungszeiten wegen Krankheit liegen nicht vor, wenn neben den Krankheitszeiten zeitgleich andere rentenrechtliche Zeiten zurückgelegt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn die andere rentenrechtliche Zeit nach § 74 SGB VI nicht bewertet wird. Die Prüfung ist dabei taggenau vorzunehmen (AGFAVR 3/2007, TOP 2).

Rentenrechtliche Zeiten im Sinne dieser Vorschrift sind nicht Zeiten in anderen EU-/EWR-Mitgliedsstaaten oder in Vertragsstaaten.

Liegen Zeiten der Krankheit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten und kommt eine „Übergangszeit-Anrechnungszeit“ in Betracht, sind vorrangig Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI zu berücksichtigen, sofern die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Mögliche „Übergangszeit-Anrechnungszeiten“ sind dann nachrangig. Ein Zusammentreffen mit anderen rentenrechtlichen Zeiten ist insoweit nicht gegeben (AGFAVR 3/2007, TOP 2).

Siehe Beispiele 5 und 6

Beim Zusammentreffen von Zeiten der Krankheit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI mit Zeiten der Ausbildungssuche im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI sind die Zeiten der Krankheit vorrangig zu berücksichtigen, weil sie unter Umständen nach § 74 SGB VI bewertet werden (AGFAVR 1/2004, TOP 3).

Nachweis der Anrechnungszeittatsachen

Die Anrechnungszeittatsachen im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI sind nur zu berücksichtigen, wenn sie nachgewiesen sind. Der Nachweis kann durch alle geeigneten Unterlagen geführt werden (§ 21 SGB X). In Betracht kommen hierbei vorrangig Bescheinigungen des Arztes, des Krankenhauses oder der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankheit kann nicht durch Zeugenaussagen medizinischer Laien nachgewiesen werden.

Beispiel 1: Krankheit außerhalb des Lebensaltersabschnitts „nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres“

(Beispiel zu Abschnitt 3.2)

Versicherter geboren am 05.04.1970

Vollendung des 17. Lebensjahres am 04.04.1987

Vollendung des 25. Lebensjahres am 04.04.1995

Krankheitszeiten vom 01.03.1987 bis 31.08.1987 und vom 01.03.1995 bis 31.08.1995

Lösung:

Die Krankheitszeit vom 01.03.1987 bis 04.04.1987 ist nicht als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI zu berücksichtigen, weil sie vor dem vollendeten 17. Lebensjahr liegt.

Ebenfalls nicht als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI zu berücksichtigen ist die Krankheitszeit vom 05.04.1995 bis 31.08.1995, weil sie nach dem vollendeten 25. Lebensjahr liegt.

Beispiel 2: Voraussetzung „Vollendung des 17. beziehungsweise 25. Lebensjahres“

(Beispiel zu Abschnitt 3.2)

a) Versicherter geboren am 05.04.1970

b) Versicherte geboren am 01.02.1970

Lösung:

a) Der Versicherte vollendet das 17. Lebensjahr am 04.04.1987 und das 25. Lebensjahr am 04.04.1995.

b) Die Versicherte vollendet das 17. Lebensjahr am 31.01.1987 und das 25. Lebensjahr am 31.01.1995.

Beispiel 3: Mindestdauer „ein Kalendermonat“

(Beispiel zu Abschnitt 3.3)

Zeit der Krankheit

a) vom 15.05.1990 bis 02.07.1990

b) vom 15.05.1992 bis 20.06.1992

Lösung:

a) Die Zeit der Krankheit ist als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigungsfähig, weil sie mindestens einen Kalendermonat (Juni ist gleich ein Kalendermonat) angedauert hat.

b) Die Zeit der Krankheit kann nicht als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigt werden, weil das Erfordernis „mindestens einen Kalendermonat“ nicht erfüllt ist.

Beispiel 4: Mindestdauer „ein Kalendermonat“ bei Überschneidung mit anderen Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 3.3 in Verbindung mit Abschnitt 3.4)

Schulausbildung bis 25.06.1970, als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen

Zeit der Krankheit vom 01.06.1970 bis 20.07.1970

Lösung:

Die Zeit der Krankheit hat mindestens einen Kalendermonat (Juni ist gleich ein Kalendermonat) angedauert. Als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI ist nur die nicht mit der anderen rentenrechtlichen Zeit belegte Krankheitszeit vom 26.06.1970 bis 20.07.1970 zu berücksichtigen.

Beispiel 5: Zusammentreffen mit anderen Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 3.4)

Kinderberücksichtigungszeiten bis 25.10.1990

Zeit der Krankheit vom 21.04.1990 bis 31.05.1990

Lösung:

Die Zeit vom 21.04.1990 bis 31.05.1990 ist nicht als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI zu berücksichtigen, weil sie bereits mit einer anderen rentenrechtlichen Zeit belegt ist.

Beispiel 6: Zusammentreffen mit „Übergangszeit-Anrechnungszeiten“

(Beispiel zu Abschnitt 3.4)

Schulausbildung vom 05.04.1970 bis 25.06.1972, als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen

Zeit der Krankheit vom 17.07.1972 bis 31.08.1972

Zeit zwischen Schul-/Fachschulausbildung vom 26.06.1972 bis 31.08.1972

Fachschulausbildung vom 01.09.1972 bis 25.05.1974, als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen

Lösung:

Im Falle von Krankheitszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten sind vorrangig Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI zu berücksichtigen, auch wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer „Übergangszeit-Anrechnungszeit“ erfüllt sind. Ein Zusammentreffen mit einer anderen rentenrechtlichen Zeit ist insoweit nicht gegeben. Die Zeit vom 17.07.1972 bis 31.08.1972 ist somit Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 58 SGB VI