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12 RK 22/89

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte noch Ende Oktober 1985 verpflichtet war, freiwillige Beiträge des Klägers für die Zeit von Mai bis Dezember 1984 entgegenzunehmen, oder ob sie wenigstens die rechtzeitig für Januar bis April 1984 freiwillig entrichteten Höchstbeiträge auf sämtliche Kalendermonate dieses Jahres zu verteilen hatte.

Der 1940 geborene Kläger entrichtete bis August 1960 11 Pflichtbeiträge zur Arbeiterrentenversicherung, ferner bis April 1983 12 Pflichtbeiträge und 37 freiwillige Beiträge zur Angestelltenversicherung. Im Oktober 1984 übersandte ihm die Beklagte eine „Beitragstafel 1985“ mit „Hinweisen zur Beitragsentrichtung ab 01.01.1984 für Renten wegen Berufs- bzw. und Erwerbsunfähigkeit“. Am 11. Dezember 1984 überwies der Kläger - wie in den beiden Jahren zuvor - vier freiwillige Beiträge in der höchstmöglichen Beitragsklasse für das Kalenderjahr 1984. Am 29. Oktober 1985 beantragte er, die zuletzt eingezahlten Beiträge auf die zwölf Kalendermonate des Jahres 1984 zu verteilen, hilfsweise bat er um die Erlaubnis, die restlichen acht Monate des Jahres 1984 mit Mindestbeiträgen aufzufüllen. Beide Anträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 1986 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1986 ab. Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos.

In seinem Urteil vom 25. Mai 1988 führte das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen aus, daß der Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für das Jahr 1984 nach Ablauf dieses Jahres § 140 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) entgegenstehe. Anders als bei Pflichtbeiträgen eröffne das Gesetz auch bei fehlendem Verschulden des Versicherten oder in Härtefällen keine weiteren Fristen für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge. Diese müßten vielmehr auch dann innerhalb des Kalenderjahres, für das sie gelten sollten, entrichtet werden, wenn sie zum Zwecke der Erhaltung der Anwartschaft auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente entrichtet würden. Eine andere Auslegung des § 140 Abs. 1 AVG sei mit dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift nicht vereinbar, weswegen auch eine verfassungskonforme Auslegung im Sinne der Gleichbehandlung von freiwilligen und Pflichtbeiträgen hinsichtlich der Entrichtungsfrist ausscheide. Eine rechtzeitige Bereiterklärung des Klägers, für das Jahr 1984 durchgehend freiwillige Beiträge zu entrichten, liege nicht vor. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, dem Kläger für die Entrichtung weiterer freiwilliger Beiträge für das Jahr 1984 Nachsicht zu gewähren, da dieser die Entrichtungsfrist nicht ohne sein Verschulden versäumt habe. Auch ein Herstellungsanspruch führe insoweit nicht zur Zulässigkeit der Nachentrichtung, da die Beklagte ihre Beratungspflicht nicht verletzt habe. Die vom Kläger hilfsweise begehrte Umbuchung der für 1984 entrichteten vier Beiträge sei ebenfalls nicht zulässig.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung des „Art. 2 § 6 Abs. 2“ des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) i.V.m. § 140 Abs. 1 AVG und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Entgegen der Ansicht des LSG hätte § 140 Abs. 1 AVG so ausgelegt werden müssen, daß freiwillig Versicherte hinsichtlich der Entrichtungsfrist jedenfalls dann den Pflichtversicherten gleichstünden, wenn die Beiträge entrichtet würden, um einen schon erworbenen Versicherungsschutz zu erhalten. Der durch die Neufassung der §§ 23 und 24 AVG durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 (HBegleitG 1984) erfolgte Eingriff in bestehende Rentenanwartschaften sei nur deswegen nicht wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG nichtig gewesen, weil die Versicherten auch nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung die Möglichkeit gehabt hätten, ihre bisher erworbene Anwartschaft durch die Entrichtung von freiwilligen Mindestbeiträgen zu erhalten. Es widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die zu diesem Zweck erfolgte Entrichtung von freiwilligen Beiträgen nur während des Kalenderjahres zuzulassen, für das sie gelten sollten. Außerdem verstoße eine solche Auslegung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da Pflichtbeiträge, welche dieselbe Wirkung hätten, auch noch bis zum Ablauf des auf den Gültigkeitszeitraum folgenden Kalenderjahres wirksam entrichtet werden könnten. Wenn das LSG eine verfassungskonforme Auslegung nicht für möglich gehalten habe, hätte es den Rechtsstreit wegen Verfassungswidrigkeit des § 140 Abs. 1 AVG dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorlegen müssen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  • das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Mai 1988, das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. März 1987 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1986 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zur Nachentrichtung von acht Beiträgen für das Jahr 1984 zuzulassen, hilfsweise, die für das Jahr 1984 geleisteten vier Beiträge in zwölf Beiträge umzubuchen.

Die Beklagte beantragt,

  • Zurückweisung der Revision.

Sie hält eine Gleichstellung von freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten hinsichtlich der Beitragsnachentrichtungsfrist nicht für verfassungsrechtlich geboten. Die beiden fraglichen Personenkreise unterlägen auch sonst unterschiedlichen Regelungen. Insbesondere das HBegleitG 1984 habe tiefgreifende Unterscheidungen zwischen freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten eingeführt.

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zutreffend haben die Beklagte und die Vorinstanzen sowohl die Nachentrichtung von acht Beiträgen für das Jahr 1984 als auch die Umbuchung der bereits für dieses Kalenderjahr entrichteten vier Beiträge als unzulässig angesehen.

Beiträge für die bisher nicht mit Beiträgen belegten Monate Mai bis Dezember 1984 hat der Kläger bisher nicht entrichtet, sondern sich lediglich im Oktober 1985 zur Entrichtung von freiwilligen Beiträgen in der niedrigsten Beitragsklasse bereiterklärt.

Eine Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Monate Mai bis Dezember 1984 lag nicht schon in der Entrichtung der vier Beiträge für Januar bis April im Dezember 1984. Zwar hätte eine Bereiterklärung auch in schlüssiger Form erfolgen können (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 7. Dezember 1989 - 12 RK 5/88 -), die Umstände des Falles lassen aber eine Deutung des klägerischen Verhaltens in diesem Sinne nicht zu. Wie in den Vorjahren hat nämlich der Kläger auch im Dezember 1984 nur vier Höchstbeiträge für das laufende Kalenderjahr entrichtet, obwohl er mit geringerem Aufwand zum selben Zeitpunkt noch sämtliche Kalendermonate des Jahres hätte mit Mindestbeiträgen belegen können. Zudem spricht auch sein Verhalten in der Folgezeit nicht dafür, daß er im Dezember 1984 den Willen hatte, binnen angemessener Frist noch Beiträge für die Monate Mai bis Dezember 1984 zu entrichten, da er sich erst im Oktober 1985 wieder an die Beklagte wandte.

Die Bereiterklärung vom Oktober 1985 hätte unter bestimmten Voraussetzungen nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 AVG der Entrichtung von Beiträgen gleichgestanden. Eine Entrichtung der nunmehr für 1984 angebotenen freiwilligen Beiträge konnte im Oktober 1985 jedoch nicht mehr wirksam erfolgen. Nach § 140 Abs. 1 AVG können freiwillige Beiträge wirksam nur bis zum Ende des Kalenderjahres, für das sie gelten sollen, entrichtet werden. Entgegen der Auffassung der Revision gilt das auch für Beiträge, die die Anwartschaft auf eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente aufrechterhalten sollen.

Bis zum 31. Dezember 1983 waren diese Renten nach den §§ 23, 24 AVG, jeweils Abs. 1 in der seit der Rentenreform 1957 geltenden Fassung, bereits dann zu gewähren, wenn der Versicherungsfall der Berufs- oder der Erwerbsunfähigkeit eingetreten und die Wartezeit erfüllt war. Wer - wie der Kläger - bis zum 31. Dezember 1983 die Wartezeit erfüllt hatte, besaß insoweit schon vor Eintritt eines der genannten Versicherungsfälle eine feste Anwartschaft auf die genannten Rentenarten.

Erst seit 1. Januar 1984 knüpfte der Gesetzgeber durch Änderung des Abs. 1 und Einfügung von Abs. 2a in die §§ 23, 24 AVG im HBegleitG 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1532) die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit an weitere versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Im allgemeinen setzt der Anspruch auf eine dieser Renten seitdem voraus, daß der Versicherte von den letzten 60 dem Versicherungsfall vorausgehenden Kalendermonaten 36 mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt hat. Im Regelfall erfordert das die überwiegende Ausübung einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit im Fünfjahreszeitraum vor Eintritt des Versicherungsfalles. Um nach altem Recht erworbene Rentenanwartschaften zu schützen, traf der Gesetzgeber in Art. 2 § 7b Abs. 1 AnVNG eine Übergangsregelung. Nach dieser steht Versicherten, die bereits vor dem 1. Januar 1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hatten, unter bestimmten Voraussetzungen auch nach dem 31. Dezember 1983 ein Rentenanspruch zu, ohne daß die durch das HBegleitG 1984 eingeführten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorzuliegen brauchen. Zur Aufrechterhaltung seiner Rentenanwartschaft hatte der Versicherte jedoch in der Regel Beiträge zu entrichten, und zwar in der Weise, daß jeder Kalendermonat in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalles mit Beiträgen - ggf. auch freiwilligen - belegt war (Art. 2 § 7b Abs. 1 Satz 1 Nr.. 2 AnVNG). Wer also, wie der Kläger, nach dem 31. Dezember 1983 nicht mehr in einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit gestanden hat, konnte und kann seit dem 1. Januar 1984 seine Rentenanwartschaft in der Regel nur durch die lückenlose Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für alle auf Dezember 1983 folgenden Kalendermonate - oder durch die Zurücklegung bestimmter gleichgestellter Zeiten - aufrechterhalten. Daß diese Regelung verfassungsgemäß ist, insbesondere nicht gegen Art. 3 und 14 GG verstößt, hat das BVerfG in seinem Beschluß vom 8. April 1987 (BVerfGE 85, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr.142) entschieden.

Auch bei einer Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zum Zweck der Anwartschaftserhaltung gilt jedoch § 140 Abs. 1 AVG - nicht anders als bei der Entrichtung von sonstigen freiwilligen Beiträgen. Auch dann ist also eine Beitragsentrichtung nur bis zum Ablauf desjenigen Kalenderjahres wirksam, für das die Beiträge gelten sollen und nicht - wie bei Pflichtbeiträgen - bis zum Ablauf noch des folgenden Kalenderjahres. Die für Pflichtbeiträge getroffene Regelung kann nicht im Wege einer „verfassungskonformen Auslegung“ auf freiwillige Anwartschaftsbeiträge übertragen werden. Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte der Vorschrift lassen diese von der Revision geforderte Auslegung zu. Ausgangspunkt und Grenze jeder Auslegung ist der Wortsinn des Rechtssatzes: Was jenseits des möglichen Wortsinns liegt, d.h. mit ihm auch bei weitester Auslegung nicht mehr vereinbar ist, kann - jedenfalls im Regelfall - nicht als Inhalt des Gesetzes gelten (vgl. Larenz Methodenlehre, 5. Aufl. S. 305 und 329). Das gilt auch für die sogenannte verfassungskonforme Auslegung (Larenz a.a.O. S. 326; BVerfGE 54, 277, 299; 55, 134, 143). Der Wortsinn des § 140 Abs. 1 AVG („freiwillige Beiträge sind unwirksam, wenn sie nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie gelten sollen, entrichtet werden“) ist eindeutig; die darin bestimmte Entrichtungsfrist wird durch die vorausgehende Bestimmung einer längeren Frist für die Entrichtung von Pflichtbeiträgen noch bekräftigt.

Die unterschiedliche Fristenregelung für Pflichtbeiträge und für freiwillige Beiträge wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1980 durch das 20. Rentenanpassungsgesetz (20. RAG) eingeführt. Bis dahin galt für beide Arten von Beiträgen dieselbe Entrichtungsfrist von zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie gelten sollten. Der Senat verkennt nicht, daß dem Gesetzgeber seinerzeit bei der Verkürzung der Entrichtungsfrist für freiwillige Beiträge nicht bewußt sein konnte, daß sich diese auf die Erhaltung bestehender Rentenanwartschaften auswirken konnte, da sich die Notwendigkeit, zu deren Erhaltung freiwillige Beiträge zu entrichten, erst aufgrund der durch das HBegleitG 1984 geschaffenen Rechtslage ergab. Das rechtfertigt es aber nicht, nachträglich § 140 Abs. 1 AVG nach Inkrafttreten des HBegleitG 1984 entgegen seinem Wortlaut unterschiedlich auszulegen, je nachdem, ob es sich um anwartschaftserhaltende oder um sonstige freiwillige Beiträge handelt. Eine derartige Umgestaltung der fraglichen Regelung muß, sofern sie sich als notwendig erweisen sollte, dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

Der Senat sieht auch keinen Anlaß, den Rechtsstreit nach Art. 100 GG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Denn er hält - anders als die Revision - die Regelung in § 140 Abs. 1 AVG auch in Verbindung mit den Bestimmungen des HBegleitG 1984 nicht für verfassungswidrig.

Insbesondere sieht er keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG darin, daß Pflichtbeiträge länger als freiwillige Beiträge entrichtet werden können. Der Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, vergleichbare Sachverhalte willkürlich ungleich zu behandeln, d.h. an sie unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen, ohne daß dafür ein objektiver Differenzierungsgrund vorhanden ist (st Rspr des BVerfG, vgl. zuletzt BVerfGE 74, 182, 200; 78, 104, 121). Für die verschiedene Regelung der Beitragsentrichtungsfrist bei freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten sprechen aber sachliche Gründe. Der Gesetzgeber erstrebte, als er im 20. RAG die - früher für Pflichtbeiträge und freiwillige Beiträge gleiche - Entrichtungsfrist für freiwillig Versicherte um ein Jahr mehr verkürzte (vgl. Art. 2 § 2 Nr. 41 des 20. RAG), „eine Gleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten“ (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 8/165 S. 48 f.). Offenbar hatte er dabei den Umstand im Auge, daß Versicherungspflichtige, insbesondere abhängig Beschäftigte, ihren Beitrag laufend zu entrichten haben, während freiwillig Versicherten der gesamte Zeitraum, in welchem Beiträge wirksam entrichtet werden können, zur Verfügung steht. Da den freiwillig Versicherten die Wahl des Zeitpunktes der Beitragsentrichtung weiterhin offenstehen sollte, wurde, um willkürliche Verzögerungen der Beitragsentrichtung einzuschränken, die Entrichtungsfrist für sie um ein Jahr verkürzt.

Daran hat die Neufassung der §§ 23 und 24 AVG und die Einfügung des Art. 2 § 7b Abs. 1 AnVNG durch das HBegleitG 1984 auch für diejenigen freiwillig Versicherten nichts geändert, die seitdem Beiträge zur Erhaltung ihrer Anwartschaft entrichten. Denn auch bei ihnen muß eine ungerechtfertigte Beitragsverschiebung durch eine zu lang bemessene Beitragsentrichtungsfrist verhindert werden. Freiwillig Versicherte mit Anwartschaft auf eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sind dabei gegenüber den übrigen freiwillig Versicherten nicht stärker schutzbedürftig.

Wenn die Revision geltend macht, daß es gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Grundgesetzes (vgl. dazu Herzog in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Art. 20, VII Rz 76) verstoße, wenn nunmehr zum Jahresende nicht nur regelmäßig das Recht zur Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für das abgelaufene Kalenderjahr, sondern damit auch die von der Entrichtung dieser Beiträge abhängige Rentenanwartschaft verlorengehe, so kann dem nicht gefolgt werden. Das BVerfG hat in der zitierten Entscheidung vom 8. April 1987 die Regelungen des HBegleitG 1984 unter allen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft. Es hat insbesondere auch (a.a.O. S. 98 ff.) ihre Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles sowie ihre Zumutbarkeit ausführlich geprüft und ausdrücklich die „Gelegenheit“ zur Aufrechterhaltung der Rentenanwartschaft durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge für ausreichend gehalten, u.a. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Soweit die Revision eine Beeinträchtigung der Rentenanwartschaft als eines eigentumsgleichen vermögenswerten Rechts (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG; BVerfGE 53, 257 = SozR 7610 § 1587 Nr. 1 und BVerfGE 69, 272 = SozR 2200 § 165 Nr. 81) darin sieht, daß diese ggf. teilweise verlorengeht, wenn der Versicherte die für die Entrichtung freiwilliger Beiträge geltende Frist versäumt, ist auf die Entscheidung BVerfGE 70, 278, 285 f. zu verweisen. Darin ist ausgesprochen, daß eine Regelung, nach der ein eigentumsgleicher öffentlich-rechtlicher Anspruch bei Versäumung einer Antrags- oder Ausschlußfrist erlischt, nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum zu verstoßen braucht.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deswegen geboten, weil der Gesetzgeber inzwischen im Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung zum 1. Januar 1992 in § 197 Abs. 2 und 3 SGB VI die Entrichtungsfrist für freiwillige Beiträge bis zum 31. März des dem Geltungszeitraum folgenden Kalenderjahres verlängert und für den Fall eines drohenden Anwartschaftsverlustes eine Härteregelung vorgesehen hat. Diese künftige Erleichterung bei der Entrichtung von freiwilligen, insbesondere anwartschaftserhaltenden Beiträgen läßt das geltende Recht unberührt, macht es insbesondere nicht lückenhaft.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Kläger wegen der versäumten Beitragsentrichtungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 Abs. 1 SGB X) zu gewähren. Der Anwendung dieser Bestimmung stünde hier zwar nicht entgegen, daß es sich bei der Beitragsentrichtungsfrist um eine materielle Ausschlußfrist handelt (vgl. das Urteil des Senats vom 25. Oktober 1988, BSGE 64, 153 = SozR 1300 § 27 Nr. 4). Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 SGB X liegen jedoch nicht vor. Es fehlt nämlich jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger ohne sein Verschulden gehindert war, die Beitragsentrichtungsfrist einzuhalten.

Die Beklagte brauchte auch nicht nach den für den sog. Herstellungsanspruch geltenden Grundsätzen dem Kläger für die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für das Jahr 1984 eine über den 31. Dezember 1984 hinausreichende Frist einzuräumen. Der Herstellungsanspruch setzt voraus, daß der Leistungsträger - ggf. auch schuldlos - Pflichten aus dem Sozialleistungsverhältnis verletzt und dadurch einen Schaden bewirkt, den er durch eine - gesetzlich zulässige - Amtshandlung ausgleichen kann (BSGE 55, 261, 262 m.w.N.). Eine solche Pflichtverletzung ist insbesondere in einer Verletzung der Beratungspflicht i.S. des § 14 SGB I zu sehen. Hier hat die Beklagte jedoch ihrer Beratungspflicht genügt. Unstreitig hat sie dem Kläger rechtzeitig (im Oktober 1984) die Beitragstafel 1985 mit den „Hinweisen zur Beitragsentrichtung ...“ zugesandt. Damit hatte sie ihn ausreichend über die Folgen unterrichtet, die eine lückenhafte Beitragsentrichtung für das Jahr 1984 auf seine Rentenanwartschaft haben würde. Unter diesen Umständen brauchte die Beklagte die Beitragsentrichtung für 1984 im Dezember des Jahres nicht zum Anlaß für eine weitere Beratung zu nehmen.

Auch die vom Kläger beantragte Umbuchung der noch rechtzeitig für 1984 entrichteten vier Höchstbeiträge hat die Beklagte zu Recht abgelehnt. Eine derartige Umbuchung ist nämlich nur unter den - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch möglich (vgl. die Urteile des Senats BSGE 59, 60; und 190; Urteil des 1. Senats SozR 1200 § 14 Nr. 25).

Nach allem konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben.

Im Kostenpunkt beruht das Urteil auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

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