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IVb ZB 151/84

Gründe I.

Die Parteien haben am 25. Oktober 1973 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin) ist dem Ehemann (Antragsgegner) am 9. September 1982 zugestellt worden.

In der Ehezeit (1. Oktober 1973 bis 31. August 1982, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien auszugleichende Versorgungsanrechte erworben. Der Ehemann war zunächst bei der Landesversicherungsanstalt B. (LVA, weitere Beteiligte zu 2) pflichtversichert und ab 1. August 1974 Beamter, zuletzt Zollobersekretär, der Zollverwaltung in B. Seine ehezeitliche erworbenen Rentenanwartschaften bei der LVA sind mit 25,27 DM angenommen und der Ehezeitanteil seiner Anwartschaft auf Beamtenversorgung gegenüber der Oberfinanzdirektion B. (OFD, weitere Beteiligte zu 3) ist mit 411,32 DM bewertet worden - jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 1982. Die Ehefrau war bei der BfA (BfA, weitere Beteiligte zu 1) pflichtversichert. Daraus hat sie auf die Ehezeit entfallende Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 258,47 DM, bezogen auf den 31. August 1982, erlangt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil vom 20. Dezember 1983 die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß es zu Lasten der für den Ehemann gegenüber der OFD bestehenden Anwartschaft auf Beamtenversorgung auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 89,06 DM, bezogen auf den 31. August 1982, begründet hat.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat die OFD Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Ehemann sei nach dem Erlaß des Urteils des Amtsgerichts auf seinen Antrag vom 9. Januar 1984 mit Ablauf des 15. Januar 1984 aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden und werde gemäß § 9 AVG in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden. Deshalb sei der Versorgungsausgleich nicht im Wege des sogenannten Quasi-Splittings (§ 1587b Abs. 2 BGB), sondern durch Übertragung von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1587b Abs. 1 BGB) durchzuführen. Wenig später hat die OFD den Ehemann bei der BfA nachversichert, und zwar ohne eine Kürzung gemäß § 124 Abs. 8 AVG vorzunehmen. Die BfA hat jedoch mitgeteilt, für die Durchführung der Nachversicherung sei nicht sie, sondern die LVA als kontoführender Versicherungsträger zuständig; sie habe daher die Nachversicherungsunterlagen zuständigkeitshalber nach dort abgegeben. Eine daraufhin am 5. Juni 1984 erteilte Auskunft der LVA nennt als Wert der nunmehr - aus den Beitragszahlungen zu Beginn der Ehezeit und aus der Nachversicherung herrührenden - auf die Ehezeit entfallenden Rentenanwartschaften des Ehemannes bei ihr einen Betrag von monatlich 259,80 DM, bezogen auf den 31. August 1982.

Das Kammergericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts geändert. Es hat von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 89,06 DM übertragen, also das Quasi-Splitting durch ein Splitting in gleicher Höhe ersetzt.

Dagegen richtet sich die - zugelassene - weitere Beschwerde der BfA, mit der diese in erster Linie die Übertragung zu hoher Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei ihr beanstandet. Für den Fall jedoch, daß der Bundesgerichtshof wie das Kammergericht die Höhe des Versorgungsausgleichs nach dem Wert der bei Ehezeitende vorhanden gewesenen Anwartschaft des Ehemannes auf Beamtenversorgung bemessen sollte, erstrebt die weitere Beschwerde einen Versorgungsausgleich durch Begründung von Rentenanwartschaften gemäß § 1587b Abs. 2 BGB.

Gründe II.

A. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie bekämpft die Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 89,06 DM auf das bei der BfA geführte Versicherungskonto der Ehefrau. Damit wendet sich das Rechtsmittel gegen einen nach der Auffassung der BfA im Gesetz nicht vorgesehenen Eingriff in ihre Rechtsstellung. Deshalb bestehen gegen ihre Beschwerdeberechtigung keine durchgreifenden Bedenken (§ 621a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 20 Abs. 1 FGG; vgl. Senatsbeschluß vom 12. November 1980 - IVb ZB 712/80 - FamRZ 1981, 132, 133).

B. Die weitere Beschwerde ist begründet.

1. Das Kammergericht ist davon ausgegangen, daß sich die Form des Ausgleichs nach den bei der tatrichterlichen Entscheidung gegebenen tatsächlichen Voraussetzungen bestimmt. Demgemäß hat es dem Umstand, daß die Anwartschaft auf Beamtenversorgung durch die Entlassung des Ehemannes aus dem Dienst weggefallen und er gemäß § 9 AVG (§ 1232 RVO) nachversichert worden ist, dadurch Rechnung getragen, daß es die Ausgleichsform des Rentensplittings (§ 1587b Abs. 1 BGB) gewählt hat.

Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 81, 100, 123; 90, 52, 57). Es hätte entgegen der Ansicht der weiteren Beschwerde auch dann zu gelten, wenn mit dem Kammergericht wegen der Höhe des Ausgleichs auf den Wert der bei Ehezeitende vorhandenen Anwartschaft auf Beamtenversorgung abzustellen wäre. Wenn nicht mehr die ehezeitlich erlangte Anwartschaft auf Beamtenversorgung, wohl aber als Ersatz dafür durch Nachversicherung erworbene Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung zur Verfügung stehen, findet der Ausgleich im Wege der Übertragung von Rentenanwartschaften statt (Senatsbeschluß vom 11. November 1981 - IVb ZB 873/80 - FamRZ 1982, 154, 155; s. auch Senatsbeschluß vom 28. Mai 1986 - IVb ZB 85/83 - FamRZ 1986, 892, 894).

2. Ebenfalls unter Hinweis auf die genannte Rechtsprechung des Senats hat das Kammergericht angenommen, daß für die Höhe einer auszugleichenden Versorgung im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ihr am Ehezeitende erreichter Wert maßgebend ist. Daraus hat es gefolgert, bei dem Ausgleich sei von dem Wert der Anwartschaft des Ehemannes auf Beamtenversorgung auszugehen, wie er bei Ehezeitende bestanden habe.

Gegen diese Beurteilung richtet die weitere Beschwerde ihren Hauptangriff. Sie macht geltend, wenn zwischen dem Ende der Ehezeit und der tatrichterlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine Versorgungsanwartschaft i.S. von § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB untergegangen und - wie hier - an deren Stelle durch Nachversicherung eine wertniedrigere Rentenanwartschaft i.S. von § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB getreten sei, so müsse dem, insbesondere unter dem verfassungsrechtlich bedeutsamen Gesichtspunkt der Halbteilung, auch bei der Höhe des Ausgleichs Rechnung getragen werden. Damit hat die weitere Beschwerde Erfolg.

a) Das ergibt sich allerdings nicht aus dem zur Zeit der Entscheidung des Kammergerichts geltenden Recht. Dieses sah vielmehr, wie in dem angefochtenen Beschluß anhand der Rechtsprechung des Senats zutreffend dargelegt ist, außer im Falle des § 1587a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB eine Berücksichtigung von nach Ehezeitende eingetretenen Veränderungen der die Versorgungslage der Ehegatten bestimmenden tatsächlichen, individuellen Verhältnisse bei der Höhe des Ausgleichs nicht vor (BGHZ a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 13. Januar 1982 - IVb ZB 544/81 - FamRZ 1982, 362, 364 und vom 14. Juli 1982 - IVb ZB 865/81 - FamRZ 1982, 1005, 1006). Deshalb hat der Senat mit dem nicht veröffentlichten Beschluß vom 12. Juni 1985 - IVb ZB 566/81 - auch dem Umstand, daß ein Beamter nach dem Ende der Ehezeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden war, keine Bedeutung beigemessen, an diese individuelle Änderung der Versorgungslage in der Zeit nach dem Ehezeitende also nicht die in der Entscheidung BGHZ 82, 66 entwickelten rechtlichen Folgerungen für die Bewertung der Versorgung eines Frühpensionärs geknüpft. Maßgebend für diese Rechtsprechung des Senats waren die Vorschrift des § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie der Umstand, daß die in § 1587a Abs. 2 BGB enthaltenen Bewertungsregeln für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich - mit der bereits genannten Ausnahme in Nr. 3 Satz 3 der Vorschrift - im Sinne eines Stichtages auf das Ende der Ehezeit abstellen. Aus dieser Rechtsprechung haben außer dem Kammergericht in dem angefochtenen Beschluß eine Reihe weiterer Beschwerdegerichte den Schluß gezogen, daß danach auch in Fällen der hier vorliegenden Art, in denen ein Beamter nach dem Ende der Ehezeit unter Verlust der Beamtenversorgung aus dem Dienst ausscheidet und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert wird, der Bemessung des Versorgungsausgleichs weiterhin die bei Ehezeitende vorhanden gewesene Anwartschaft auf Beamtenversorgung zugrunde zu legen sei (OLG Stuttgart FamRZ 1984, 801; OLG Köln FamRZ 1985, 1050; OLG Hamm, 3. Familiensenat, FamRZ 1986, 1222). Andere Gerichte haben hingegen - insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer bei Ehezeitende bereits vorliegenden Gefährdung der beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft durch ein schon laufendes Disziplinarverfahren, das später zur Entfernung aus dem Dienst führt - wegen des im Regelfall deutlichen Absinkens der Versorgung des ausgeschiedenen Beamten dem Grundsatz der Halbteilung Rechnung tragen wollen und deshalb als auszugleichende Versorgungsanwartschaft nur diejenige berücksichtigt, die sich durch die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt (OLG Hamm, 7. Familiensenat, FamRZ 1986, 1112), dies auch dann, wenn die Nachversicherung zur Zeit der Entscheidung noch aufgeschoben war (OLG Hamm, 10. Familiensenat, FamRZ 1984, 1237).

Für die zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltende Rechtslage ist der Auffassung des Kammergerichts zuzustimmen. Wie der Senat in BGHZ 90, 52 (59 f.) dargelegt hat, ist der Grund dafür, daß das Gesetz im Sinne einer „Momentaufnahme“ auf die am Ende des der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgehenden Monats (§ 1587 Abs. 2 BGB) bestehenden Verhältnisse abstellt, ein rein praktischer: An sich wäre als „Ehezeit“ die Zeit bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils zu rechnen gewesen. Da jedoch nach dem Grundsatz der Entscheidungskonzentration (§ 623 Abs. 1 Satz 1 ZPO) über den Versorgungsausgleich möglichst zusammen mit der Scheidungssache verhandelt und bei Ausspruch der Scheidung entschieden werden soll, ergab sich die Notwendigkeit, das Ende der Ehezeit auf einen früheren Zeitpunkt festzulegen. Sonst hätten während des Scheidungsverfahrens schon wegen der Ungewißheit über den künftigen Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils und damit des Ehezeitendes die „in der Ehezeit“ erworbenen und daher nach der nach der Regel des § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB auszugleichenden Versorgungsanrechte nicht festgestellt werden können.

Die auf dieser Notwendigkeit beruhende Stichtagsregelung konnte auf die Berücksichtigung der tatsächlichen, individuellen Umstände beschränkt werden, weil davon auszugehen ist, daß dem Gericht Änderungen der Rechtslage, auch solche aus jüngerer Zeit vor seiner Entscheidung, rechtzeitig bekannt werden (BGHZ 90, 52, 60). Andererseits mußte aber an dem Grundsatz der Unerheblichkeit von Veränderungen der individuellen Umstände, die die Versorgungslage der Ehegatten bestimmen, festgehalten werden. Denn anderenfalls wäre es je nachdem, ob dem Gericht zwischen dem Ehezeitende und der Entscheidung eingetretene individuelle Änderungen in der Versorgungslage der Parteien bekannt wurden und ob es erst erwartete, mehr oder weniger wahrscheinliche Entwicklungen bereits berücksichtigte oder nicht, beim damaligen Fehlen einer rechtlichen Möglichkeit zur späteren Korrektur zu endgültig unterschiedlichen Regelungen des Versorgungsausgleichs gekommen. Daher ist auf der Grundlage des zur Zeit der angefochtenen Entscheidung geltenden Rechts dem Standpunkt des Kammergerichts der Vorzug vor der von der weiteren Beschwerde vertretenen gegenteiligen Auffassung zu geben.

b) Inzwischen hat sich die Rechtslage jedoch mit dem Inkrafttreten des § 10a VAHRG am 1. Januar 1987 geändert. Die Änderung hat der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nach allgemeinen Grundsätzen zu beachten. Die Vorschrift des § 10a VAHRG, die Ergebnisse verhindern soll, welche mit dem Grundsatz der Halbteilung der ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte unvereinbar sind, sieht - auf Antrag und beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen - u.a. dann eine entsprechende Abänderung der Entscheidung des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich vor, wenn ein im Zeitpunkt des Erlasses der Abänderungsentscheidung ermittelter Wertunterschied von dem in der abzuändernden Entscheidung zugrunde gelegten Wertunterschied abweicht (Abs. 1 Nr. 1 der Vorschrift). Wenn ein Lebenszeitbeamter nach Ehezeitende aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert wird, liegt in aller Regel ein solcher Fall vor (Bergner SozVers 1987, 85, 92; Dörr NJW 1988, 97, 100; Hahne FamRZ 1987, 217, 225; Ruland NJW 1987, 345, 349; Wagenitz JR 1987, 53, 54). Denn dann ergibt sich rückwirkend eine Minderung des Wertes der ehezeitbezogenen Versorgung, weil der Wert der Nachversicherung den Wert der Beamtenversorgung regelmäßig nicht erreicht. Da das Gesetz die Abänderungsmöglichkeit nicht auf nachträglich eingetretene Wertänderungen beschränkt, besteht sie auch dann, wenn der die Bewertung ändernde Umstand bereits vor dem Erlaß der Erstentscheidung eingetreten ist (s. nur Johannsen / Henrich / Hahne Eherecht § 10a VAHRG Rdn. 14).

Allerdings kann eine solche Abänderung nur auf einen Antrag erfolgen, dessen Zulässigkeit nach Maßgabe von § 10a Abs. 5 VAHRG zeitlich hinausgeschoben ist. Gleichwohl hat der Senat es in einem Hinweis in dem zur Veröffentlichung vorgesehenen Beschluß vom 1. Juni 1988 (IVb ZB 58/86) für zulässig gehalten, daß der Tatrichter Veränderungen in der Versorgungslage von Ehegatten, die sich aus individuellen Umständen bis zur letzten Tatsachenentscheidung ergeben und unter den Voraussetzungen des § 10a VAHRG zu einer - späteren - Abänderungsentscheidung führen würden, bereits im Erstverfahren berücksichtigt (ebenso Bergner a.a.O. S. 100f.; s.a. Hahne FamRZ a.a.O. S. 231). Dies ist damit begründet worden, daß es dem Grundsatz der Prozeßökonomie widerspräche, solche Veränderungen bei der (ersten) tatrichterlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich auszuklammern. Daran hält der Senat fest.

aa) Er entnimmt der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 10a Abs. 1 VAHRG, daß von einer solchen „Durchbrechung des Stichtagsprinzips“ als einer „Folgewirkung“ der Vorschrift (in der Fassung des Entwurfs) bereits zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens ausgegangen worden ist. Als Voraussetzung dafür wurde nur angesehen, daß die Änderungen aus allgemeinen prozessualen Gründen berücksichtigt werden könnten, was dann nicht der Fall sei, wenn sie zwischen dem Ehezeitende und der (fälschlich: „rechtskräftigen“) Erstentscheidung erst im Verfahren der weiteren Beschwerde einträten (BT-Drucks. 10/5447 S. 17).

bb) Die gegen ein solches Verständnis des § 10a VAHRG von Dörr (a.a.O. S. 104) erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Daß weitere künftige Eingriffe des Gesetzgebers in das Versorgungsrecht, die in der Tat nicht fernliegen, für den Versorgungsausgleich nicht ohne Auswirkung bleiben werden, hat den Senat schon früher nicht daran gehindert, eine jedenfalls für den Zeitpunkt der Entscheidung dem Grundsatz der Halbteilung der während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte möglichst nahe kommende Lösung zu suchen (BGHZ 90, 52, 61f.). Auch dem Einwand, daß § 10a VAHRG in seiner Geltung befristet sei, vermag der Senat eine ausschlaggebende Bedeutung nicht beizumessen. § 10a VAHRG ist - vorerst - bis zum 31. Dezember 1994 befristet, um Erfahrungen mit seiner Handhabung zu gewinnen (vgl. Johannsen / Henrich / Hahne a.a.O. § 13 VAHRG Rdn. 3). Eine Zurücknahme des Gesetzes auf die frühere Unabänderlichkeit von Versorgungsausgleichsentscheidungen, die erheblichen, auch im Gesetzgebungsverfahren zu § 10a VAHRG zur Sprache gekommenen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen müßte (vgl. nur Bergner a.a.O. S. 86), ist eher unwahrscheinlich.

cc) Das für die Abänderung geltende Wesentlichkeitserfordernis (§ 10a Abs. 2 VAHRG) schränkt - ähnlich wie in § 323 Abs. 1 ZPO - die Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen ein, indem für nur geringfügige Veränderungen ein neues Verfahren nicht zur Verfügung gestellt wird. Für die Berücksichtigung individueller Änderungen der Versorgungslage der Ehegatten nach dem Ende der Ehezeit schon in der Erstentscheidung sind ihm schon deshalb Einschränkungen nicht zu entnehmen (im Ergebnis ebenso Hahne FamRZ a.a.O. S. 231).

dd) Ähnliches gilt für das Erfordernis des Antrages, der im Grundsatz an das Erreichen des 55. Lebensjahres durch einen der Ehegatten geknüpft ist (Abs. 4 und 5 der Vorschrift). Daß die Abänderung einer rechtskräftigen Versorgungsausgleichsentscheidung einen Antrag voraussetzen mußte und die Zahl der durch solche Anträge eröffneten Abänderungsverfahren durch eine im Regelfall geräumige Wartefrist eingeschränkt worden ist, um auf diese Weise mehrere etwa im Laufe der Zeit eintretende Abänderungsgründe zu bündeln, lag nahe. Für die Berücksichtigung insoweit nach § 10a Abs. 1 VAHRG bedeutsamer Veränderungen schon im Erstverfahren läßt sich dem eine Sperre nicht entnehmen. Vielmehr spricht der Zweck dieser Regelung, nämlich die Vermeidung zu zahlreicher Abänderungsverfahren, für die Berücksichtigung und damit Erledigung von einschlägigen Umständen schon bei der Erstentscheidung.

ee) Es bleibt zu prüfen, ob § 10a Abs. 3 VAHRG der Berücksichtigung von individuellen Änderungen der Versorgungslage nach Ehezeitende schon im Erstverfahren entgegensteht. Danach findet eine Abänderung nicht statt, soweit sie unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere des Versorgungserwerbs nach der Ehe, grob unbillig wäre.

Die Vorschrift gibt dem Richter ein der Abänderung der früheren Entscheidung entgegenstehendes Billigkeitskorrektiv in die Hand. Dabei ist die Billigkeitsentscheidung nach dem Wortlaut und dem gesetzgeberisch Gewollten auf die Berücksichtigung der in der Bestimmung bezeichneten Umstände beschränkt (s. BT-Drucks. 10/6369 S. 22; allgemein zur Billigkeitsentscheidung auf der Grundlage gesetzlich begrenzter Sachverhaltselemente: Senatsurteil vom 21. März 1984 - IVb ZR 68/82 - FamRZ 1984, 660, 661). Somit scheidet die Beachtung sonstiger Umstände aus. Deshalb ist für - u.U. sonst auch im vorliegenden Fall nicht ganz fern liegende - Erwägungen etwa zum Verschulden eines Beamten an seiner Entfernung oder seinem Ausscheiden aus dem Dienst, wie sie zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen der in § 10a Abs. 1 des Regierungsentwurfs enthaltenen Härteregelung angestellt worden sind (BT-Drucks. 10/5447 S. 17) und in Teilen des Schrifttums weiterhin vertreten werden (Johannsen / Henrich / Hahne a.a.O. § 10a VAHRG Rdn. 31; Hahne FamRZ a.a.O. S. 225; Ruland a.a.O. S. 350), im Rahmen der Prüfung gemäß § 10a Abs. 3 VAHRG kein Raum (so zutreffend Bergner a.a.O. S. 97). Ob eine Abänderung wegen grober Unbilligkeit zu unterbleiben hat, richtet sich vielmehr allein nach den in Abs. 3 der Vorschrift genannten Umständen, also nach den beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere dem Versorgungserwerb nach der Ehe. Das schließt freilich nicht aus, im Extremfall einer bewußt in Schädigungsabsicht vorgenommenen Versorgungsverkürzung, der nach dem allgemein geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Erstverfahren ein Einfluß auf die Höhe des Versorgungsausgleichs nicht eingeräumt werden könnte, einen solchen Einfluß auch im Abänderungsverfahren zu versagen. Derartiges scheidet hier jedoch aus.

Mit der in § 10a Abs. 3 VAHRG vorgesehenen Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere des Versorgungserwerbs nach der Ehe, gebietet die Vorschrift eine Prüfung der zur Zeit der Abänderungsentscheidung vorliegenden Verhältnisse. Daraus ist gefolgert worden, sie hindere mittelbar eine an sich naheliegende Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, die nach der Ehezeit eingetretene tatsächliche Veränderungen nicht berücksichtige. Denn solche Veränderungen könnten zwar nunmehr eine spätere Abänderung der Entscheidung rechtfertigen, dies aber nur, wenn die nachträgliche Versorgungsentwicklung der Ehegatten die Abänderung nicht grob unbillig erscheinen lasse. Eine verfrühte Berücksichtigung der tatsächlichen Versorgungsänderungen würde dieses Billigkeitskorrektiv außer Kraft setzen (Wagenitz a.a.O. S. 55). Auch diese Überlegung von freilich erheblichem Gewicht (a.A. Bergner a.a.O. S. 101) bietet aber jedenfalls in der Regel keinen hinreichenden Anlaß, von einer Berücksichtigung der genannten Veränderungen im Erstverfahren abzusehen.

Der Regierungsentwurf zu § 10a Abs. 3 VAHRG (BT-Drucks. 10/5447 S. 6) sah vor, daß eine Änderung nicht stattfinden sollte, soweit sie zu einem Ergebnis führt, das einem nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses der Abänderungsentscheidung berechneten Versorgungsausgleich nicht entsprach. Er stellte also bereits, insoweit ähnlich wie die Gesetz gewordene Fassung des § 10a Abs. 3 VAHRG, auf die Verhältnisse zur Zeit der - zunächst aufgeschobenen - Abänderungsentscheidung ab. Gleichwohl hielt die dem Entwurf beigegebene Begründung der Bundesregierung, wie dargelegt (oben aa), es für angezeigt, nach Ehezeitende eingetretene tatsächliche Änderungen schon im Erstverfahren zu berücksichtigen.

Gleiches gilt - jedenfalls regelmäßig - auch nach der geltenden Fassung des § 10a Abs. 3 VAHRG. Die zum Zeitpunkt einer späteren Abänderungsentscheidung vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere der Versorgungserwerb nach der Ehe, sind allerdings bei der Erstentscheidung noch nicht bekannt. Sie sind auch regelmäßig nicht sicher vorhersehbar. Wenn die in § 10a VAHRG sonst aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, ist jedoch die Abänderung die Regel, ihr Unterbleiben nach den in § 10a Abs. 3 VAHRG genannten Umständen die Ausnahme. Das zeigt sich auch darin, daß die Abänderung nur bei grober Unbilligkeit unterbleibt. Die insoweit maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere der Versorgungserwerb nach der Ehe, sind Umstände, die dem System der Bemessung des Versorgungsausgleichs an sich fremd sind. Die Beurteilung, ihre Berücksichtigung lasse die verfassungsrechtlich gebotene Halbteilung des während der Ehe erworbenen Versorgungsvermögens, deren Verwirklichung die Abänderungsentscheidung dient, als grob unbillig erscheinen, wird nur zurückhaltend getroffen werden können. Daß es später im Abänderungsverfahren aus den Gründen des § 10a Abs. 3 VAHRG zu einer Ablehnung der beantragten Abänderung kommen wird, wenn im Erstverfahren der alte, in Wahrheit durch die eingetretene individuelle Änderung der Versorgungslage bereits überholte Wertunterschied zugrunde gelegt wird, ist daher jedenfalls für Ehegatten in durchschnittlichen Einkommens-, Vermögens- und Versorgungsverhältnissen wenig wahrscheinlich. Bei ihnen sind Ausschläge in ihrer nachehelichen wirtschaftlichen Entwicklung, die einen hälftigen Ausgleich der während der Ehe erlangten Versorgungsanrechte als grob unbillig erscheinen lassen, in der Regel nicht zu erwarten. Das erlaubt es, jedenfalls für den Regelfall der verfahrensökonomischen Berücksichtigung von nach dem Ende der Ehezeit eingetretenen, der Regelung des § 10a Abs. 1 VAHRG unterfallenden individuellen, tatsächlichen Änderungen der Versorgungslage schon im Erstverfahren den Vorzug zu geben. Anderenfalls wäre der Richter gehalten, unter Mißachtung eines bereits vorliegenden Umstandes, der den Wertunterschied der beiderseits in der Ehezeit erlangten Versorgungsanrechte rückwirkend verändert hat, eine im Ergebnis nicht hälftige Aufteilung vorzunehmen und die dadurch betroffene Partei darauf zu verweisen, dieser Benachteiligung später durch einen Antrag auf Abänderung zu begegnen.

Allerdings kann es Fälle geben, in denen schon zur Zeit der Erstentscheidung eine Entwicklung hin zu wirtschaftlichen Verhältnissen im Gange oder jedenfalls abzusehen ist, die voraussichtlich der Berücksichtigung der eingetretenen Änderung des Wertunterschiedes der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte in einem späteren Abänderungsverfahren, insbesondere im Blick auf nachehelichen Versorgungserwerb, gemäß § 10a Abs. 3 VAHRG entgegenstehen würden. In solchen Fällen mag es geboten sein, die Änderung des Wertunterschiedes nach tatrichterlichem Ermessen nicht bereits im Erstverfahren zu berücksichtigen, sondern ihre Würdigung dem zeitlich noch hinausgeschobenen Abänderungsverfahren zu überlassen. Dem braucht hier indessen nicht weiter nachgegangen zu werden, denn so verhält es sich im vorliegenden Fall nicht.

ff) Der Berücksichtigung schon im Erstverfahren kann schließlich auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß dann der Tatrichter nicht nur die Möglichkeit habe, sondern sogar verpflichtet sei, in jedem Falle bis zu seiner Entscheidung zu ermitteln, ob sich derartige Änderungen ergeben hätten. Es obliegt in erster Linie den Beteiligten, neu eingetretene Umstände zur Kenntnis des Gerichts zu bringen. Die Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt weiter aufzuklären, findet dort ihre Grenze, wo der Verfahrensbeteiligte es allein oder in erster Linie in der Hand hat, die notwendigen Erklärungen abzugeben, dies aber unterläßt (vgl. Keidel / Kuntze / Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit 12. Aufl. § 12 FGG Rdn. 88 und 89 m.w.N.). Zudem können nunmehr im Erstverfahren übergangene Änderungen des Wertunterschiedes der beiderseitigen Versorgungsanrechte noch später im Abänderungsverfahren - freilich nur unter dessen Voraussetzungen - Berücksichtigung finden. Das nimmt den rechtlichen Folgen einer unterlassenen Beachtung solcher Veränderungen im Erstverfahren jedenfalls regelmäßig die Schärfe.

3. Das Kammergericht hat aufgrund der Auskunft, die die LVA am 5. Juni 1984 erteilt hat, bereits die Feststellung getroffen, der Ehezeitanteil der von dem Ehemann durch Beitragsleistungen und Nachversicherung erworbenen Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der LVA betrage monatlich 259,75 DM, bezogen auf das Ehezeitende. Damit ergibt sich eine Übertragung von Rentenanwartschaften von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA auf das der Ehefrau bei der BfA in Höhe von (259,80 DM - 258,50 DM): 2 = 0,65 DM. Entgegen der von dem Beschwerdegericht bereits in FamRZ 1981, 680, 681 vertretenen Rechtsauffassung sind die Beträge der auszugleichenden Anwartschaften (259,75 DM und 258,47 DM) mit den vorgenommenen Aufrundungen auf zehn Deutsche Pfennige anzusetzen. § 1297 Satz 1 RVO (§ 74 Satz 1 AVG) schreibt eine solche Rundung nach oben für die Auszahlung vor. Die Regelung gilt nach § 1304 Abs. 2 Satz 4 RVO (§ 74 Abs. 2 Satz 4 AVG) entsprechend für die Ermittlung des für den Wertausgleich von Rentenanwartschaften nach § 1587a Abs. 2 BGB maßgebenden Betrages an Renten und Rentenanwartschaften. Deshalb runden die Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen in ihren Auskünften die auf die Ehezeit entfallende Rentenanwartschaft zu Recht auf (ebenso Johannsen / Henrich / Hahne a.a.O. § 1587a Rdn. 165).

Ob § 3c VAHRG es rechtlich ermöglicht, den hier ermittelten Ausgleich wegen geringer Höhe auszuschließen, kann offen bleiben. Der Senat sieht jedenfalls zu einer Anwendung der Vorschrift keinen Anlaß.

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